Farbtemperatur und Farbspektrum sind zwei grundlegende Dinge für die Fotografie. Und interessanterweise werden sie von vielen Fotografen beharrlich ignoriert.
Fangen wir mit der Farbtemperatur an. Die wird in Kelvin gemessen und in den Olys kann man die unter „CWB“ numerisch einstellen. Aber das kommt im Kapitel „Weißabgleich“ später…
Warum Kelvin? Weil die Farbtemperatur definiert ist als die Strahlung, die von einem theoretischen „schwarzen Strahler“ bei einer bestimmten Temperatur ausgeht. Ein ziemlich guter „schwarzer Strahler“ ist der Wolframdraht einer Glühbirne mit etwa 3000 Kelvin. Die Sonne mit einer Oberflächentemperatur von knapp 5800 Kelvin ist allerdings besser.
Je heißer der schwarze Strahler ist, desto „blauer“ ist das Licht. Tatsächlich ist es so, dass bei einem schwarzen Strahler eben nicht nur, wie beim Laser, Lichtwellen einer Frequenz ausgesandt werden, sondern das gesamte Spektrum, also Lichtwellen aller Frequenzen. Glühbirnen etwa senden elektromagnetische Strahlung nicht nur im Bereich des sichtbaren Lichtes aus, sondern vor allem Licht, das so langwellig ist, dass wir es nicht mehr sehen können. Infrarot. Wärmestrahlung. Deswegen werden Glühbirnen heiß.
Die Sonne ist da besser als die Glühbirne, der intensivste Teil deren Strahlung liegt im sichtbaren Bereich. Leider liegen zwischen uns und der Sonnenoberfläche unsere Atmosphäre, viel Nichts und dann wieder die Photosphäre der Sonne. Und deshalb kommt bei uns erheblich weniger an, als die Sonne eigentlich losschickt. Deshalb hat das Sonnenlicht auf der Erde nicht mehr 5800 Kelvin, sondern nur noch etwa 5300 Kelvin – und das variiert je nach Sonnenstand und Teilchen in der Luft.
Warum ändert sich nun die Farbtemperatur? Die Sonne wird ja abends nicht kühler. Die Farbtemperatur ändert sich dadurch, dass bestimmte Teile der Strahlung herausgefiltert werden. Wenn man die blauen – kurzwelligen – Anteile eines Lichtes wegnimmt (etwa durch mehr Luft zwischen Sonne und Erdoberfläche (Abends) ) dann steigt der Rotanteil, das Licht wird „Wärmer“. Aber – und das ist wichtig – die Farbtemperatur sinkt.
Wie absorbiert man blaue Anteile? Nicht durch einen Blaufilter. Eine Blaue Folie absorbiert alles außer Blau, lässt also nur das kurzwellige Licht durch, die Farbtemperatur steigt! Um die kurzwelligen Strahlen zu absorbieren, braucht man einen Orange-Filter. Solche Filter werden verwendet, um Systemblitze auf die Farbtemperatur von Glühbirnen zu bringen.
Solange wir von einer Lichtquelle alle Wellenlängen haben, sind solche Spiele mit Absorptionsfiltern easy – man dämpft, was einem nicht passt, hat eine andere Farbtemperatur und kann weitermachen.
Nun gibt es aber Lichtquellen, die gar nicht alle Frequenzen abstrahlen, sondern nur Teile davon, oder nur eine Einzige. Wenn man einem Laser eine Farbfolie vorhält, dann passiert gar nichts, solange man nicht gerade die Frequenz des Lasers blockiert. Man kann also die „Farbtemperatur“ eines Lasers nicht verändern.
Es gibt nun nicht nur Laserlichtquellen, die nicht alle Frequenzen ausstrahlen, sondern so ziemlich alle Lichtquellen strahlen nicht im gesamten elektromagnetischen Spektrum gleich. Wenn wir nur im UV-Bereich sehen könnten, wären Glühbirnen für uns ziemlich dunkel – die Dinger geben fast kein UV ab.
Da Glühbirnen einen Großteil der Energie im Infrarot-Bereich (Wärmestrahlung) verbraten, ist man auf „Neonröhren“ und dann auf LEDs gekommen – die deutlich weniger Infrarot abstrahlen.
Das Problem ist, eine Gasentladung wie in der Leuchtstoffröhre macht zwar hell – aber die Farbwiedergabe ist lausig, weil das Licht durch glühende Gasteilchen erzeugt wird – und die haben ein sehr enges Spektrum. Das kennt man aus dem Chemieunterricht, wenn man aus der Flammenfarbe das verbrannte Metall erkennen sollte . (Das ist auch der Grund dafür, dass Blitze – also die aus der Natur, die dann Donner machen – keine Farbtemperatur haben. Blitze sind Gasentladungen. Es gibt keinen korrekten Weißabgleich bei einem Gewitter.)
Was passiert, wenn man das einfach so lässt, sieht man an den orangenen Lampen, die an Fußgängerüberwegen stehen. Die haben sehr einfarbiges Licht – und da kann man auch mit Farbfiltern nichts machen. Also hat man Leuchtstoffe auf die Röhren aufgebracht, die durch die UV-Strahlung der Gasentladung zum Leuchten angeregt werden. Und je mehr Aufwand man damit treibt, um so genauer kann man damit die Farbe und das Spektrum des Sonnenlichtes emulieren.
LEDs sind ebenfalls keine schwarzen Strahler – LEDs emittieren von Haus aus genau eine Wellenlänge, die durch das Material und die Konstruktion bedingt ist. Damit das trotzdem brauchbar wird, werden wie bei den Leuchtstoffröhren Leuchtstoffe beigemengt – im Allgemeinen Phosphor. Das ist ziemlich aufwendig – und Aufwand kostet Geld und das ist bei großen Firmen grundsätzlich knapp.
Da man lange Zeit LEDs vor allem nach Helligkeit gekauft hat, hat man nur so viel rote und blaue Farbe in die LEDs eingebaut, als unbedingt notwendig, damit man etwa ein Stopschild auch mit Taschenlampe erkennen konnte. Richtige Farben gibt’s damit nicht. Und um messen zu können, wann man richtige Farben hat, hat man den CRI – Color Rendering Index erfunden.
Der wird dadurch ermittelt, dass 8 Pastellfarben von Altrosa über Hellgrün bis Fliederviolett Soll/Ist verglichen werden. Man vergleicht also, wie eine Farbe auskuckt, einmal mit Normlicht, einmal mit dem Prüfling. Und aus den Abweichungen wird ein Index gebildet, der idealerweise 100 ist – also keine Abweichung. Auf Leuchtstoffröhren steht dieser CRI in der Typenbezeichnung. 860 bedeutet einen CRI zwischen 80 und 89 und 6000 Kelvin Farbtemperatur. Bis vor wenigen Jahren waren LEDs, auch für Fotoanwendungen, kaum über CRI 85 zu kriegen. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Jetzt protzen selbst LEDs von Discounter mit CRI >95.
Haben die in China auf einmal festgestellt, wie sie urplötzlich hochwertigste LEDs für einen Witzpreis fertigen können? Nee. Sie haben nur gelernt, die LEDs genau auf den CRI auszulegen. Sie verwenden dazu lediglich diese 8 Pastellfarben. In Deutschland gibt es die DIN 6169, die den CRI mit sechs weiteren Farben aufpeppt. Da ist jetzt gesättigtes Rot dabei, Hautfarbe oder auch knackiges Blau. Alles Prima nun? Nö. Denn die LED-Hersteller kümmern sich recht wenig um die deutsche Norm. Der 8-Farben-CRI ist das Maß der LEDs, zumindest was Consumer betrifft. Für Film gibt es den Television Lighting Consistency Index mit 24 Farben. Und auch in der Medizin kommt man mit der „Billig-Variante“ nicht durch. Entsprechend kosten die Lampen für solche Anwendungen immer noch ein Vermögen.
Der CRI (8) wurde ja 1931 erfunden – da ging es vor allem um Glühbirnenlicht. 1976 gab’s dann die zusätzlichen sechs Farben für die Leuchtstoffröhren. Der TLCI mit 24 Farben kam 2012. Und als die LEDs richtig durchstarteten, wurde vor fünf Jahren, 2015, der TM-30-15 mit 99 Farben entwickelt.
Wie relevant ist das in der Praxis? Erheblich. Wenn man LED-Dauerlicht verwendet, kuckt man natürlich zuerst auf den CRI. Und wenn da „>95“ steht, ist man beruhigt und verschrottet die prähistorische Blitzanlage. Nur sagt halt der CRI-Wert ernsthaft nur aus, dass acht Pastellfarben, von denen unter Umständen nicht eine in Deinem Bild vorkommt, halbwegs korrekt dargestellt werden. LED-Dauerlicht kann richtig Geld kosten. Man sollte da also a) gegen Sonnenlicht bzw die vorhandene Blitzanlage gegenchecken oder zumindest kucken, ob der Hersteller einen TM-30-15 Wert angegeben hat. Blitzanlagen sind bezüglich Farbwiedergabe nicht perfekt, aber im Allgemeinen allem überlegen, was nicht Normlicht heißt. (Die Firma Just stellt Leuchtstoffröhren her, die tatsächlich dem Spektrum der Sonne im Bereich des sichtbaren Lichts extrem nahe kommen – inklusive UV-Bestandteilen, die für UV-aktive Farben notwendig sind. Die Normlichtleuchten sind aber vor allem für die Druckvorstufe und die Druckerei notwendig.)
Warum sind aber LED-Panels dann der neue heiße Scheiß in der Studiofotografie? Alles knipst doch mit Dauerlicht! Nun – Dauerlicht hat im Studio einen großen Vorteil: Es können mehrere Fotografen gleichzeitig arbeiten. Man sieht immer direkt, was man hinterher bekommt. Es ist also schlicht einfacher, damit zu arbeiten.
Es gibt auch tatsächlich LED-Leuchten, die ziemlich brauchbar sind, Tecpro und Jinbei geben immerhin den TLCI an. Natürlich sind das Strahler, die im oberen dreistelligen Bereich liegen. Aber man sollte darauf achten – denn Hersteller sind im Allgemeinen zu Recht stolz auf gute Messwerte. Und schreiben die dann ins Datenblatt.
Lichtqualität ist am Ende nicht nur bei professioneller Produkt- und Modefotografie wichtig, sondern auch bei Hauttönen und Food. Klar, es ist im Privatbereich völlig egal, wie eklig das Schnitzel mit Pommes von der Imbissbude ums Eck auf dem Bild aussieht. Aber wenn’s so aussieht, wie es ausgesehen hat, dann ist das Bild halt doch aussagekräftiger.
Hallo Reinhard,
ist das dritte Foto nicht in der Breiten Gasse entstanden?
VG
Carsten
Du hast völlig recht. Das ist die Breite Gasse von der Pfannenschmiedsgasse aus. Ich habe es korrigiert. Danke!
Super erklärt; ich habe zwei LED Leuchten (Acebeam-EC65) mit extra hohem CRI Faktor und ich muss sagen, dass gerade in der Naturphotographie die Farben deutlich natürlicher hervor kommen.
… und dann noch eine Bitte: Glühlampe und nicht … birne! 😉
Im Südn sagt ma Birne (Birndl, eigentlich).
Danke, der Artikel war hochinteressant. Ich habe bisher auch immer geglaubt, daß es einfach reicht, einen hohen CRI zu haben.