Olympus 2019-2023

2019 war das lang erwartete Jubiläumsjahr, auf das alle Vertriebler von Olympus hinfieberten. „Ja, 2018 kommt nichts, alle Knaller sind für 2019 aufgespart. „

Anfang 2019 kam die E-M1X. Ein „Technologieträger“, in dem ein zweiter Bildprozessor drin war, der nichts anderes machte, als Motive erkennen. Ansonsten fand sich darin die Elektronik der E-M1II, ein angebauter Batteriegriff mit zwei Akkus und ein Sucher, bei dem man einfach nur eine andere Optik verbaut hatte, damit der Sucher größer wirkte.. Die Kamera war teuer und die angepeilten Stückzahlen wurden nie abgesetzt. Tatsächlich wurde die Kamera überhaupt nur gebaut, weil bei der Einführung der E-M1 in Deutschland absurde Mengen an Batteriegriffen abgesetzt wurden und man in Japan dachte, die wären verkauft worden und in Deutschland gäbe es demzufolge einen irren Markt für große mFT-Kameras. Hinterher stellte sich raus, dass der Batteriegriff als Werbegeschenk über den Ladentisch ging.

Ebenfalls in 2019 kam das 12-200 raus, ein Reisezoom, das am langen Ende einen unzuverlässigen AF aufwies und aus diesem Grund eine schlechte Presse bekam und mittlerweile kaum noch irgendwo in Erscheinung tritt.

Die E-M5III, eine abgespeckte E-M1II mit zu kleinem Akku als „Jubiläumskamera“ und die E-PL10, ein „Firmwareupdate“ für die E-PL9 waren ebenfalls nicht wirklich innovative Entwicklungen. Insgesamt kamen im Jubiläumsjahr also drei Kameras auf den Markt – zwar alle mit mehr oder weniger recycletem Innenleben, aber immerhin – drei Kameras. Und ein Objektiv.

Bereits im November 2019 liefen Gerüchte rum, Olympus werde innerhalb von zehn Monaten das Kamerabusiness einstellen. Ich habe das hier pflichtschuldigst dementiert – auch weil ich aus Japan Dementies bekommen habe. Die Gerüchte waren ziemlich genau. Denn tatsächlich wurde Olympus Imaging im Herbst 2020 ausgegliedert.

Im Februar 2020 kam aber erst mal der nächste E-M1II-Clone auf den Markt, die E-M1III. Eigentlich nichts anderes als ein Firmwareupdate für die E-M1II. Dazu ein neues Kitobjektiv, das 12-45, das anfangs aufgrund von Serienstreuung richtig schlecht war und erst mit der Zeit zuverlässig wurde. Allerdings als lichtschwache Kitoptik nach wie vor deutlich zu teuer.

Dann kam Corona. Und im Mai die Meldung, dass Olympus seinen Imaging-Vertrieb in Südkorea einstellt. In der schriftlichen Mitteilung dazu log Olympus den Kunden rotzfrech ins Gesicht, es gäbe „keine Bestrebungen“ den Imaging-Bereich zu veräußern. Im Juni dann ist die Bombe geplatzt, man plane Imaging an JIP zu veräußern.

Trotz der Unruhe um den Verkauf kam noch eine Kamera: Die E-M10IV. Eine Kamera, die noch im Jahr 2024 verkauft wird. Schlicht, weil man noch keine andere Einsteigerkamera entwickelt hat, Die Kamera hat den Sensor der PEN-F drin und die Features der E-PL-10. Dazu Sucher, Klappdisplay und UHS-II-Slot aber keine Unterstützung von FT-Objektiven mehr. Auch hier wieder. Resterampe ohne Innovation. Auch das zeitgleich vorgestellte 100-400 ist nichts anderes als ein gepimptes Sigma-Objektiv. Minimaler Aufwand.

2021 dann stolperte der Nachfolger von Olympus Imaging, OMDS ins Geschäft. Olympus Maitani Digital Solutions. Eine Firma, die im Wesentlichen gar keine Kamerafirma ist, sondern zwei Drittel ihrer Belegschaft mit Dingen beschäftigt, über die nicht gesprochen werden darf. Website, Service, Presseabteilung. Nichts funktionierte. Das Einzige, was funktionierte, waren Ankündigungen. Es wird von einer „Wow“-Kamera gemunkelt, die kommen soll.

Was aber endlich kommt, ist die schon zu Olympus-Zeiten angekündigte „weiße Göttin“, das 150-400. Zumindest wird das Objektiv vorgestellt, die Influencer jubeln und ganz wenige Leute bekommen das Objektiv tatsächlich – Lieferschwierigkeiten weil die Produktion nicht hochgefahren werden kann. Zuviel Handarbeit, die auch noch von Olympus-Mitarbeitern geleistet wird.

Eine Kamera folgt: die E-P7. Eine E.-M10IV ohne Sucher, dafür mit einem abgespeckten Creative Dial. Wieder Recycling.

Noch ein Objektiv: das 8-25. Das wurde nach kurzer Zeit wegen angeblicher Lieferschwierigkeiten vom Markt genommen und dann nach klammheimlicher Überarbeitung wieder rausgebracht. Seitdem ist es brauchbar,

Und damit war das erste Jahr von OMDS auch rum. Ein hervorragendes Objektiv, das nicht lieferbar ist, eine Kamera mit Technik von vorvorgestern und ein überteuertes Weitwinkelzoom mit Qualitätsproblem. Kein guter Einstand.

Das Jahr 2022 ging wesentlich besser los: Das 20mm f/1,4 ist ein solides, lichtstarkes Objektiv. Danach kam die OM-1. Nicht wirklich „Wau“, mehr so „Wuff“, aber immerhin mit neuer Technik, neuem Sensor, neuem Menü und dem bisher besten FT-AF. Leider musste man bis zur Firmware 1.2 warten, bis der Autofokus überhaupt praxistauglich war.

Im Herbst kam dann das 40-150 f/4. Wieder ein sehr teueres, lichtschwaches Objektiv, das „gelegentlich“ bei f/4 am langen Ende Randunschärfen hatte und unter brutaler Serienstreuung leidet – aber dafür fast parfokal ist.

Und es gab 2022 sogar eine neue Kamera: die OM-5. Wieder eine Recyclingkamera. Man packe eine E-M1II in das Gehäuse einer E-M5III, kastriere sie und klebe ein ambitioniertes Preisschild dran. Fertig. Immerhin ist sie die einzige Kamera, die endlos filmen kann UND den Zoomrahmen besitzt.

2023 dann kam – das 90er Makro und die TG-7. Letztere ebenfalls eine recycelte Vorgängerkamera.

Entsprechend ist der Marktanteil von OMSystem /OMDS im Kameramarkt im Sinkflug. Das Händlernetz schrumpfte in atemberaubender Geschwindigkeit, Probleme mit Service, Shop, Website und den Produkten sorgten dafür, dass das Neukundengeschäft in den Keller ging. Dazu kam noch, dass das Marketing auf die grandiose Idee kam, sich auf den umkämpften Markt der Wildlife-Fotografen zu konzentrieren. Als im Herbst 2023 Konkurrent Panasonic die G9II auf den Markt brachte, war OMDS überfordert. Man hatte auf bezahlte Influencer gesetzt, die mit fliegenden Fahnen zur Konkurrenz wechselten und nun deren Produkte bewarben.

18 Replies to “Olympus 2019-2023”

  1. Sie schreiben „ Noch ein Objektiv: das 8-25. Das wurde nach kurzer Zeit wegen angeblicher Lieferschwierigkeiten vom Markt genommen und dann nach klammheimlicher Überarbeitung wieder rausgebracht. Seitdem ist es brauchbar,“

    Haben Sie mir da nähere Informationen, was genau überarbeitet wurde und ob dies Auswirkungen die optische Qualität hatte? Ein Link tut es natürlich auch.

    Ich habe wohl ein relativ frühes Exemplar mit dem ich nicht wirklich warm werde. Das Gegenlichtverhalten empfinde ich, mit den Lens flares, sagen wir „sehr speziell“

    Vielen Dank und schöne Ostertage!

    1. Nach meinen Informationen war ein Plastikteil innen drin zu weich. Das hat bei dem heißen Sommer nachgegeben und damit war das Objektiv unscharf.

  2. Hallo Reinhard, danke für diese (schonungslose) Aufarbeitung der letzten Jahre.
    Mir ist beim lesen gerade der Kaffee im Hals stecken geblieben… Es entfuhr mir spontan ein „Wow!“
    Wenn man wie hier mal das grosse Gesamtbild der letzten 3-4 Jahre auf einen Blick sieht, kommt man schon echt ins Grübeln.
    Ergänzen möchte ich noch, dass die OM-5 zwar endlos filmen kann, Zoomrahmen besitzt und einen Mikrofonanschluss hat, aber keinen Kopfhöreranschluss um den Ton zu kontrollieren. Und ob die Bodenplatte gegenüber der EM5 III verstärkt ist, wurde auch nie offiziell bestätigt.

  3. Mit der E-M1 III kam der Multiselector (Joystick) auf vielfachen Wunsch derer, welche das Ding bei der Konkurrenz gut fanden. Blöderweise sah man keine Notwendigkeit den Griff zu überarbeiten. Sich an den Stick gewöhnen und beim Portraitformat ins Leere fassen?

    Ich wollte unbedingt beide Belichtungsparameter auch im Videomodus haben – E-M1 II und PEN-F ließen diese aber vermissen – und so landete ich dann bei den beiden Xen.

    Schade, dass die E-M1 II nicht die Firmware der E-M1 III bekommen hat. Für mich war sie von der Bedienbarkeit die durchdachteste der klassischen 1er-Linie.

    1. Und beim Griff der OM-1 für 350 € haben sie den Joystick dann drangemacht – dafür aber das komplette Steuerkreuz weggelassen. Welches von jenem natürlich genausowenig ersetzt werden kann wie andersrum. Man denkt, sie finden da immer wieder genau die Kleinigkeiten zum Falschmachen, die in der Praxis zuverlässig zu einem erheblichen Ärgernis werden.

  4. Der Artikel passt zur Stimmung eines Karfreitags. Ich gebe die Hoffnung an die Auferstehung der Marke noch nicht auf. Allerdings ertappe ich mich schon gelegentlich beim aufmerksamen Lesen von Spezifikationen und Tests von Wettbewerbsprodukten.

  5. „Tatsächlich wurde die Kamera überhaupt nur gebaut, weil bei der
    Einführung der E-M1 in Deutschland absurde Mengen an Batteriegriffen
    abgesetzt wurden und man in Japan dachte, die wären verkauft worden
    und in Deutschland gäbe es demzufolge einen irren Markt für große
    mFT-Kameras. Hinterher stellte sich raus, dass der Batteriegriff
    als Werbegeschenk über den Ladentisch ging.“

    Diese Info ist für mich nicht neu (gab es ja schon beim FolyFos),
    aber mich wundert es, dass auch ein Weltkonzern im 21. Jahrhundert
    so unprofessionell arbeiten kann. Weiß die Zentrale in Japan denn
    nicht, ob die Ware (E-M1-Batteriegriffe) verkauft oder kostenlos
    zur Kamera mitgegeben wurde?

    Und unabhängig von der Tatsache, ob die Batteriegriffe verschenkt
    oder verkauft wurden: Heißt das etwa, dass die Existenz der E-M1X
    ausschließlich auf der Grundlage des deutschen Marktes basiert?

  6. Diese Story ist echt ein Trauerspiel – insbesondere dann, wenn man sich ansieht, wie die anderen Hersteller angesichts dramatisch eingebrochener Absatzzahlen im Kameramarkt haufenweise neue Sachen rausgehauen haben.

    Wenn OMDS nicht eine so unglaublich treue Fanbase hätte, wären sie längst weg vom Fenster. Denn dass sie noch nennenswert Neukunden anziehen, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

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