KI: Die Implosion des Journalismus

Ich habe mal wieder einen Link zu einem Artikel bekommen, der sich mit KI beschäftigt. Und zwar hat anscheinend VMWare (eine amerikanische Firma für Cloud-Computing-Software) eine Studie abgeliefert, nach der die Erstellung der Anweisungen für die KI, das sogenannte „Prompt“ viel effizienter gleich von der KI selbst erledigt wird.

Der Artikel fängt so an:

Jo. Ein „Echter“ Redakteur hat das überprüft. Auf welchem Beruf ist der tätig?

In dem Artikel wird beklagt, dass der unglaublich wichtige Job des „Prompt-Ingenieurs“ („Engineer hier mit „Ingenieur“ zu übersetzen ist halt echt KI-Style.) schon wieder überflüssig sei, weil halt die KI viel bessere Prompts erstellen könne.

Ich habe mich am Kopf gekratzt und mich gefragt, wie ich denn der KI klarmachen soll, was ich will, wenn die KI das doch viel besser kann. Und vor allem, wie ich dann bewerten kann, was „besser“ ist? Also habe ich mich mal an die Studie von VMWare gemacht und mich bis zum Anhang durchgekämpft. Und siehe da: es geht um mathematische Probleme dieser Art:

Henry und 3 seiner Freunde bestellen 7 Pizzen zum Mittagessen. Jede Pizza ist in 8 Teile geschnitten.
Wenn Henry und seine Freunde die Pizzen gleichmäßig aufteilen wollen, wie viele Stücke kann jeder von ihnen haben?

Mal abgesehen davon, dass Henry und seine Kumpels echt Hunger haben müssen – oder die amerikanischen Pizzen sehr klein sind – war es keineswegs selbstverständlich dass die VMWare – eigene KI damit klarkam. Je nachdem ob man nett gefragt oder irgendwelche StarWars-Zitate eingebaut hat, kamen unterschiedliche Ergebnisse raus. Je kreativer die Fragestellung war, desto korrekter die Antwort.

Kommando, wir brauchen Sie, um einen Kurs durch diese Turbulenzen zu bestimmen und die Quelle der Anomalie zu lokalisieren. Nutzen Sie alle verfügbaren Daten und Ihr Fachwissen, um uns durch diese schwierige Situation zu führen. Henry und 3 seiner Freunde bestellen 7 Pizzen zum Mittagessen. Jede Pizza ist in 8 Teile geschnitten. Wenn Henry und seine Freunde die Pizzen gleichmäßig aufteilen wollen, wie viele Stücke kann jeder von ihnen haben? Atmen Sie tief durch und denken Sie gut nach. Ich brauche wirklich Ihre Hilfe!

Nun hat VMWare daraus aber nicht etwa den Schluss gezogen, dass es deutlich umweltfreundlicher wäre, dem eigenen Sohnemann Kopfrechnen beizubringen, sondern, man müsse nur eine weitere KI beauftragen, möglichst absurdes Bohei außen um die Frage rum zu bauen und schon werden die Ergebnisse richtiger. Nicht Richtig. Richtiger.

Knüller.

Business Insider (Überraschung, ein Laden von Axel Springer.) zieht daraus den Schluss: Niemand braucht noch Leute, die wissen, was der Computer machen soll. Das weiß der Computer viel besser selbst. Klar, wenn man Studien nicht mehr selbst liest, sondern von ChatGPT lesen und zusammenfassen lässt und den Mist, der da rauskommt, automatisch übersetzen und dann von einem „Redakteur“ überprüfen lässt…

Und ja, ich höre schon wieder „ja, aber die KI ist so kreativ!“. Leute. Es gab schon im 18. Jahrhundert musikalische Würfelspiele, mit denen sich die Leute vergnügt haben. Von Mozart gibt es da die „Anleitung zum Componieren von Walzern vermittels zweier Würfel…“ (KV 294d/516f) “ Das reichte für 760 Billionen Musikstücke. Nur Walzer.

Ganz ohne Internet.

Titelbild: Zellentür im Altbau der JVA Nürnberg. Hat mir Excire ausgeworfen auf der Suche nach „Leckere Pizza“. KI halt.

Die Zitate wurden mit Deepl aus der Studie direkt übersetzt und von einem Journalisten – mir – überprüft und korrigiert.

8 Replies to “KI: Die Implosion des Journalismus”

  1. Bekannte von mir ist Werbetexterin. In der Regel für kleine und mittlere Betriebe/Selbständige. 80 Prozent der Aufträge sind weg. KI killt ganze Berufszweige. Ist das neue Wundermittel für alles. Jeder meint er textet, übersetzt und recherchiert und kreiert. Dann wird’s auch noch als Kunst bezeichnet, wenn du den richtigen Prompt hast. Also was deine Haus KI dir geliefert hat. Ich denke es was das wird rollen und vieles überrollen. Ein Kurator mit dem ich was zu tun hatte, meint mit KI eine ganze Ausstellung zu organisieren. Ergebnis ist das alle menschlichen Intelligenzen die Zusammenarbeit gecancelt haben. Da übersehen halt viele das wichtigste: Sozialisation und Erfahrung und Emotionen. Das werden interessante Zeiten.

  2. Ich arbeite auch als Texter in der Werbung, wurde aber zum Glück noch nicht durch KI ersetzt – oder habe es einfach noch nicht gemerkt? Meine Versuche mit KI zeigen, dass man ganz interessante Inspirationen bekommt, aber wirklich zutreffende, brauchbare und eigenständige Texte eher nicht so entstehen. Vor allem ist es gefährlich, darauf zu vertrauen, dass alles inhaltlich korrekt ist.

  3. Solche wirren Prompts werden wahrscheinlich ausgefiltert und landen auf der Konsole eines Operators, der das bearbeiten soll.
    Je nach Schulbildung dieses Operators fällt dann auch das Ergebnis aus, das der KI zum Training und dem Fragesteller als Antwort retourniert wird. Das wird nur nicht publik gemacht, weil die Entwickler vertuschen, wie lahm die Systeme in Grenzfällen reagiert. 😉

    1. Ich kenne VMWare als SW zur Betriebssystemsimulation, mit der man z.B. auch virtualle Server erstellen und konfigurieren kann.
      Sehe grade nicht, was das mit Cloud und KI zu tun hat außer dass mittlerweile wohl jeder versucht, sich durch Buzzwording als State of the Art Unternehmen zu profilieren.

      Was die Ki angeht: Bei der zunehmenden Dummheit eines Großteils der Menschheit, die mittlerweile nur noch das sehen, lesen und hören will, was dem eigenen Meinungsbild entspricht, sehe ich da unglaubliche Manipulationsmöglichkeiten. Gruselig, weil irgendwann keiner mehr sagen kann, was jetzt „wahr“ ist und was nicht.
      Ich hätte mir gewünscht, dass wir den Einsatz von Ki auf das beschränken, wo sie sinnvoll ist (Irgendwo zwischen Alphafold und Birddetection 😉 aber die Gier wird immer siegen und damit wird auch weiterhin das Ersetzen von Menschen durch Maschinen (jetzt halt Rechenmaschinen) als 100% erstrebenswert betrachtet.

      1. Was möglich ist, wird auch gemacht. Das war schon immer so in der Geschichte der Menschheit. Das Kind muss immer zuerst in den Brunnen fallen. Also nichts Neues.

      2. VMWares Kerngeschäft ist die Virtualisierung von PCs Server u.s.w. Leider scheint sich der neue Eigentümer momentan in der Produktstrategie zu versteuern … bzw. die Zukunft wird es zeigen.

        Ich finde es ja sehr interessant, dass mit der aktuellen KI-Welle (in der IT gibt es immer wieder so Mode-Wellen) das gesamte IT-Thema aus der Nerdistan-Ecke herausgespült wurde und in ein kollektives Bewusstsein gerückt wurde. Nach dem Motto „Hupsi – jetzt scheint das ja wirklich zu passieren, was die IT Heinies seit den 80er Jahren“ mit uns vor haben. Und wie so oft in der Technologie-Welt rühren dann mehr oder weniger findige, aber fachfremde Leute den Brei für die Allgemeinheit an. Das wiederum führt zu dem, was Peter beschrieb. Wenn das Kind dann im Brunnen liegt, guckt sich selbiger Personenkreis mit großen Auge an und schlägt den nächsten Profit aus der Situation. …Altern ist echt was schreckliches

  4. Mozarts Würfelspiel ist nett, aber die Kreativität steckt natürlich in den Notenschnipseln (einzelne Takte), die sich fast beliebig kombinieren lassen. Ich habe mal ein kleines Programm geschrieben, das beliebig viele Notenblätter aus Mozarts Vorlage generiert und auf Wunsch auch gleich vorspielt. Es hört sich alles ganz nett an, aber doch irgendwie langweilig. Von Mozarts Genie ist wenig zu spüren. Wenn du es mal probieren willst, schicke ich es dir gerne.

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