Wir sind am Arsch.

Das steht auf einem Aufkleber von Extinction Rebellion. Das ist die eingedeutschte Ausgabe von „We’re fucked“.

Die Bundesregierung hat heute im „Klimakabinett“ eine „Klimapostwurfsendung“ verabschiedet, die sie als großen Wurf feiert und dessen Auswirkungen katastrophal sein werden. Dieses alberne Papier wird nun noch wochenlang in den Instanzen festhängen und sowieso erst dann in Kraft treten, wenn es von der Wirklichkeit längst überholt ist.

Bei der Bankenrettung konnte die Kanzlerin innerhalb von 48 Stunden nahezu unbeschränkte Mittel zur Verfügung stellen. Jetzt, wo es um unsere schiere Existenz geht, geht gar nichts.

Ich habe in mehreren Posts und Kommentaren in den letzten Wochen darauf hingewiesen, wie dramatisch die Lage ist. Das ist kein Alarmismus, es ist wirklich so katastrophal. Und es ist nicht nur so, dass Kanada mit den Permafrostböden sich doppelt so schnell erwärmt wie der Rest der Welt. Dass in Sibirien die Seen „kochen“ weil die gefrorenen Methanvorkommen darunter schmelzen. In Spanien haben die Bauern kein Wasser mehr zum Bewässern der Felder – und die, die noch haben, müssen Im Oktober noch bewässern. In Frankreich und den Niederlanden gab es ebenso wie in Deutschland große Ernteausfälle. Die Bauern stehen europaweit vor dem Nichts – viele stehen nicht mal mehr davor. Das sind die, die dafür sorgen, dass wir was zu essen haben. Deutschland muss bereits große Mengen seiner Lebensmittel importieren. Und zwar nicht nur Zitronen und Bananen. Nein. Weizen.

Wenn wir so weitermachen, wird das noch viel, viel schlimmer werden. Nur wenn wir sofort, radikal umsteuern, wird es nicht noch viel schlimmer. Das wird nicht allmählich passieren, sondern in atemberaubendem Tempo. Die Energien, die die Sonne täglich in unsere Atmosphäre pumpt sind gigantisch – und es wird täglich mehr.

Rund um die Welt gibt es eine Bewegung, die mit kreativem, gewaltfreiem, zivilem Ungehorsam versucht, auf diese Probleme aufmerksam zu machen. Innerhalb von nur zwei Tagen sind weltweit über 1200 Aktivisten von XR verhaftet worden. In Deutschland konzentrieren sich die Aktionen auf Berlin.

Alle Berliner, die hier mitlesen. Geht hin, fotografiert, veröffentlicht. Hier findet ihr immer aktuell, wo die Proteste stattfinden. Die XR-Aktivisten stehen mit ihrem Gesicht ein für das, was sie tun. Seid dabei. Fotografiert. Postet in den Kommentaren die Links.

Damit unsere Enkel nicht irgendwann wieder so ums Überleben kämpfen müssen:

Nur, falls irgendwer der Meinung der AfD oder irgendwelcher Modepüppchen ist, dass das alles eine Erfindung der Chinesen sei, hier noch ein Bildchen, mal nicht von mir:

Das stammt von der UN. Wir haben seit 2002 0,6 Grad gewonnen. Und seit 2012, also in einem Drittel der Zeit, zwei Drittel der Temperatur. So beginnt eine exponentielle Kurve. Die Forscher haben festgestellt, dass der Kipp-Punkt in der Antarktis erreicht ist. Ein russisches Forschungsschiff hat in der Arktis die größte jemals entdeckte, unterseeische Methangasquelle entdeckt – da blubbert es gewaltig. Die war letztes Jahr noch nicht da. Falls ihr euch nicht erinnert: Man gedachte vor dreißig Jahren noch, das gefrorene Methan in der Tiefsee als Energiequelle für den Menschen nutzbar zu machen. Die dort lagernden Vorräte entsprachen etwa dem doppelten der damals bekannten Erdölvorräte. Man hat davon abgesehen, weil das Zeug zu schnell aufgetaut ist, wenn man es irgendwie anbohren wollte. Nun – jetzt kommt es von alleine hoch. Gegen das, was da unten liegt, ist der Permafrost ein feuchter Furz. Die Lunte an der Bombe brennt – und es gibt tatsächlich Leute, die behaupten es gäbe die Bombe gar nicht.

Exxon hat in den frühen 80ern intern eine Studie verfasst, in denen sie die Verdopplung des CO2-Gehaltes der Luft (auf 560 ppm CO2) bis 2060 voraussagen – und einen Anstieg der Temperaturen bis zu diesem Zeitpunkt auf 2° über 1960. 1988 hat das Shell auch gemacht – nur sind die für 2030 auf die gleichen Werte gekommen. Wir haben das Problem, dass wir bereits jetzt auf 450ppm sind. Und der Methangehalt der Luft steigt überproportional an – Das ist noch viel wirksamer als CO2. Wer’s nicht glaubt: Hier der Link.

Update: Vor vier Wochen ist der Bericht des International Monetary Fund zum Thema Klima rausgekommen. Wer XR, FFF und den Wissenschaftlern nicht glaubt – vielleicht den Wirtschafts-Think-Tanks?

Update Februar 2024: 5 Jahre später. Wir sind im Januar bei 1,5° angekommen. Gilt aber nicht, weil es erst dann gilt, wenn die Temperatur über mehrere Monate so hoch bleibt. Mittlerweile ist bekannt, dass der Anstieg des Methangasgehalts der Atmosphäre auf das amerikanische Fracking (Freedom Gas) zurückzuführen ist.

18 Replies to “Wir sind am Arsch.”

  1. “They claim their labours are to build a heaven yet their heaven is populated with horrors (…) It’s too late. Always has been, always will be…too late.” Dr Manhattan, Watchmen – by Alan Moore.

    1. Das sagt, wenn wir alle(!) jetzt(!) wirklich(!) handeln, könnten(!) wir es überleben. Wenn es der Menschheit den Versuch wert ist?

      Und ich nehme mich da persönlich beim überleben nicht aus, ich hatte vor noch 25-30 Jahre zu leben, dann wird Deutschland aber nochmal min. 2 Grad wärmer sein (nach heutigem Wissensstand, wird ja mit jeder Studie schlimmer). 3 Grad über normal sind katastrophal.

      Philosophisch sehen für den Worst Case: Wir führen Krieg gegen uns selbst! Hat sich nichts geändert im Laufe der Jahrtausende, nur die Methode, die ist diesmal wirksamer. Diesmal schaffen wir es! Die Natur/Erde wird sich erholen.

  2. Das Schöne ist der ganzen Angelegenheit ist und bleibt, das die Welt ganz gut ohne Menschen auskommt.

    Die Menschheit war halt ein Fehler der Evolution und wird jetzt entsorgt! Selber schuld.

    1. Mal abgesehen davon, dass mein Sohn definitiv nicht dran schuld ist – und meine Tochter auch nicht. Und größenordnungsmäßig auch 7 Mrd Menschen auf dieser Erde nicht. Die eine Million Tierarten die gerade ausstirbt, haben das auch nicht verdient. Es sind nicht 1 Mio Tiere. Es sind 1 Mio Tierarten! Also fahr mal auf die Halligen und sag den Leuten, sie sind selbst dran schuld, dass ihr Inseldingens demnächst weg ist. Das Problem ist: die, die wirklich an der Scheiße schuld sind, die sterben als Vorletztes. Als Letztes sind ihre Angestellten dran, die die hohen Herren gekillt haben um an die letzten Vorräte im Bunker zu kommen.
      Wir sind schuld. Unsere Generation und unsere Elterngeneration, die sich einlullen hat lassen. Und wir kriegen die richtige Katastrophe nicht mehr mit. Nicht die Menschheit ist schuld. Ein paar Millionen, meistens weiße, rücksichtslose, bequeme Leute, bringen gerade 7 Mrd Menschen um, die ihnen absolut nichts getan haben.
      Ich nehme mich da nicht aus. Ich war zu lange passiv.

      1. Sorry, demnächst verlinkst Du noch auf EIKI oder gleich auf die AFD. Lass es bleiben. Wenn das die Quellen sind, aus denen Du Deine Weltanschauung beziehst – dann brauchen wir uns über das nicht mehr unterhalten.

    1. Die Studie ist bekannt – und Schwachsinn. Sie enthält haarsträubende methodische Fehler. Kommt halt davon, wenn man Wirtschaftler an technische Dinge ranlässt. Das Postscriptum ist doppelter Schwachsinn. Er verbrät lediglich seine Lieblingstheorie aus seinem Buch – auch die ist längst als Blödsinn nachgewiesen worden.

        1. Es geht um die Idee, dass, wenn die Nachfrage nach Öl einbricht, das Öl billiger wird und anschließend woanders verbrannt wird – in den Entwicklungsländern.
          Das ist schlicht dadurch falsifiziert worden, dass genau das passiert ist: Die Nachfrage ist eingebrochen, der Ölpreis auf die Hälfte gefallen – und das hat überhaupt nichts geändert. Die Fördermengen werden entsprechend angepasst. Denn wenn ich in einem Land keine Autos habe, dann brauche ich auch kein Benzin dafür. Wenn ich keine Ölheizungen und Kreuzfahrtschiffe und keine Industrie habe, dann kann das Öl so billig sein, wie es will – es braucht keiner. Und um den Bedarf überhaupt zu wecken, braucht man irrsinnige Investitionen. Diese Idee, dass sich nicht benötigte Produkte über den Preis Ihren Weg suchen, stammt aus der Überflusswirtschaft. Die gibt’s im Rest der Welt aber nicht.

          1. Lieber Reinhard,

            bitte wirf den Gedanken nicht ganz so schnell als falsifiziert über Bord.

            Immerhin wird er m.W. von Ottmar Edenhofer, Chefökonom und Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (einer der Klimawandelleugnung gänzlich unverdächtigen Forschungseinrichtung) geteilt.

            Die Verschiebung des Ölkonsums durch niedrigere Preise hin zu anderen Abnehmern ist natürlich nicht ganz so schnell und 1:1 wie in einem naiven Modell angenommen. Dauerhaft niedrigere Preise werden aber sehr wohl mittelfristig dafür sorgen, dass ein Bedarf und die Verbrauchsinfrastruktur woanders entstehen – damit verzögert sich der CO2-Anstieg in der Atmosphäre etwas, aber das hilft ja nicht wirklich auf Dauer!

            M.E. hilft einzig, die Öl-, Gas- und Kohlequellen schrittweise direkt vor Ort abzudrehen bzw. die Förderung rechtzeitig bis auf null zu reduzieren, unter Abbau der Förder- und Verteilinfrastruktur. Keep it in the ground!

            „Der Markt“ findet dann Wege, damit umzugehen.

            Welches Förderland wäre so verrückt, auf die Ausbeutung seiner Rohstoffe zu verzichten? Eines, das ein unablehnbares Angebot bekommt: Lass den Dreck im Boden, dafür bekommst Du von einem UN-verwalteten Fonds Deine absehbaren Gewinne und Geld für den nötigen Strukturwandel. Deine Umwelt bleibt intakt, die Fossilen hätten eh nicht ewig gehalten und plötzlich bist Du nicht mehr von schwankenden Ölpreisen abhängig.

            1. Hier hat Herr Edenhofer über Sinns Theorie geschrieben: https://www.pik-potsdam.de/members/edenh/publications-1/edenhofer_kalkuhl_gruenes-paradoxon und er hat sich da halt geirrt. Der Ölpreis ist zwischenzeitlich rapide gefallen, so dass die amerikanischen Ölfirmen, die „nicht traditionelle“ Ölfördermethoden angewandt haben, Liquiditätsprobleme bekamen. Das haben weder Herr Sinn noch Herr Edenhofer für möglich gehalten. Und trotz billigem Öls hat sich der Verbrauch eben nicht verlagert. China hat 30 Jahre benötigt, um seine Wirtschaft so aufzubauen, dass sie überhaupt eine Autoindustrie haben. Vor 30 Jahren sind die Chinesen in Peking noch alle Fahrrad gefahren.
              Der „Witz“ ist, dass in 30 Jahren halb Afrika und Südamerika unbewohnbar seien werden. Es wird dort keine Massenmobilisierung geben. Keine Industrie. Weil es dort keine Menschen mehr geben wird. Es gibt keine Märkte für das Öl mehr. Nach dem Raketenangriff auf Saudi Arabien ist dort die Produktion auf die Hälfte eingebrochen. Noch vor wenigen Jahren wäre der Preis daraufhin durch die Decke – Der Preis liegt aber gerade bei 58 Dollar und fällt gerade. Das ist weniger als vor zehn Jahren als Edenhofer sein Papier geschrieben hat. Und das, obwohl die Türkei gerade Syrien angegriffen hat.

              Und welches Förderland so „verrückt“ wäre? Das Problem ist, das Zeug ist „Dreck“. Es stinkt und es kann nicht unbegrenzt gelagert werden. Wenn man es fördert, hat man es an der Backe. Wenn es keiner mehr kauft, dann bleibt man auf dem stinkenden Zeug sitzen. Das geht sehr schnell, dass dann eben nicht mehr gefördert wird – weil das Zeug mehr Kosten verursacht, als es einbringt. Und wenn Deutschland decarbonisert, dann machen das auch andere – aus dem simplen Grund, weil es einträglich ist. Sonne und Wind kostet nix. Deutschland ist ein Riesenmarkt – wenn Deutschland „fällt“ kommen die anderen automatisch.

          2. Lieber Reinhard,

            ich fürchte, der Grund für die stagnierenden bis fallenden Ölpreise trotz der Angriffe auf die saudischen Ölanlagen ist etwas komplizierter. Da spielen die großen Lagervorräte, eine sich durch denHandelskrieg abkühlende Weltwirtschaft und das schwache chinesische Wachstum hinein.
            Syrien spielt für die Ölproduktion kaum eine Rolle.

            „China hat 30 Jahre benötigt, um seine Wirtschaft so aufzubauen, dass sie überhaupt eine Autoindustrie haben.“
            Ja, aber jetzt _haben_ sie eine Autoindustrie – für potentiell 1 Milliarde Konsumenten. Deren Ressourcenhunger können die wesentlich schneller skalieren als in 30 Jahren.
            Und leg mal den Ölpreis und die Förderrate übereinander. Da ist zu sehen, dass ein Mangel an Öl den Preis nach oben treibt, aber ein fallender Preis kaum zu Veränderungen der Förderrate führt.

            Egal: Wir teilen das Ziel, dass so viel von dem Dreck wie möglich im Boden bleibt. Die sicherste Möglichkeit ist das Versiegeln der Lagerstätten.
            Persönliches Gewissen, mehr oder weniger starke Preissignale oder gar ein Zertifikatehandel, der schon dicht dran ist an einer absoluten Verknappung der Ressourcen, sind _indirekte_ Werkzeuge – m.E. haben wir dafür keine Zeit mehr.

      1. Danke Reinhard, nicht nur in der Fotografie findest du die richtigen Worte – ich schätze dein Engagement. XR wird sich in allen Berufsfeldern ausbreiten und überall zur Vernunft rütteln – meine grosse Hoffnung nach 50
        Jahren Engagement als Naturwissenschaftler …… am meisten schocken die Kriege rundherum. Abgesehen von der menschlichen Tragödie bleibt die « Ökobilanz » in der Öffentlichkeit ein Tabu. Jeder Krieg ist ein oneway Quantensprung Richtung Aussterben!

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