Luminar vs Picasa

Die aktuelle Version von Luminar ist „3“, die aktuelle – letzte – Version von Picasa ist 3.9.141.

Ich arbeite seit 2006 mit Picasa. Ich hatte damals so ziemlich alle Programme auf dem Markt durchprobiert, welches davon meine Bedürfnisse als Journalist am besten erfüllt. Das Programm sollte große Mengen an Bildern verwalten können, es musste Olympus RAWs von neuen Kameras vom ersten Tag an verarbeiten können – und es musste extrem schnell beschneiden, skalieren und Basis-Korrekturen ausführen können. Und ich musste jederzeit innerhalb von Sekunden sämtliche Bilder einer bestimmten Person finden – ohne die alle vorher einzeln einzugeben. Das einzige Programm, das all das konnte, war Picasa.

Vor ein paar Jahren hat Google die Unterstützung von Picasa eingestellt, so dass es niemals eine 64-bit-Version gab. Das ist ein bisschen lästig, wenn man eine Million Bilder zu verwalten hat, weil man dann doch merkt, dass diverse Stacks nicht mehr ausreichen. Gelegentlich klemmt es dann – Vorschaubilder werden fälschlicherweise aus der Gesichtserkennung geholt, RAWs werden nicht mehr dargestellt. Also bin ich auf der Suche nach einem aktuellen Ersatz.

Da kam Skylum mit Luminar. Der RAW-Entwickler hat einen guten Ruf, der Skyenhancer ist eine prima Sache und seit Dezember soll eine wunderbar schnelle Bildverwaltung an Bord sein.

Her damit.

Ist Luminar schneller? Nein. Ich habe Luminar mein 10TB-NAS gefüttert, nach 8 Stunden hatte Luminar 4% der Bilder eingelesen. Dann kam dummerweise ein Windows-Update, das Luminar beim Einleseprozess gestört hat – Datenbank beschädigt, Neuinstallation.

Also nur noch die 45000 Bilder von 2018 eingelesen. Das ist nach ein paar Stunden erledigt. Kleines Problem: Luminar braucht nun mehrere Minuten (!) zum Starten. Und wirklich schnell ist die Verwaltung nicht. Während ich in Picasa mit dem Scrollrad verzögerungsfrei durch zigtausend Bilder und die gesamte Festplatte scrollen kann, zeigt mir Luminar immer nur das aktuelle Verzeichnis an. Bei den RAWs werden die eingebetteten Vorschaubilder angezeigt, so dass man nicht unterscheiden kann, welches Bild nun JPG und welches RAW ist – denn eine Bildunterschrift gibt’s bei Luminar nicht. Im Gegensatz zu Picasa, das eine lokale Datenbank mit allen Vorschaubildern anlegt, (die dann auch mal locker mehrere Dateien a 4GB umfassen kann.) , produziert Luminar in den „eigenen Bildern“ einen Ordner mit einer riesigen Struktur, in der ein Cache liegt und für jedes Verzeichnis ein 15kB Preview-Bild. Für knapp 50.000 Dateien umfasst dieses Verzeichnis bei mir 323MB, 11152 Dateien in 8663 Ordnern. Nachdem ich etwa 15 Bilder bearbeitet habe.

Wenn man jetzt denkt, bei soviel Cache-Dateien würde die Vorschau des Verzeichnisses Ratz-Fatz gehen – Nein. Das Verzeichnis baut sich gemütlich auf, wenn man in einem Verzeichnis 1000 Bilder im NAS hat, kann man sich erstmal nen Kaffee holen, denn Luminar verlässt sich anscheinend auf den Cache von Windows- und der cachet mein Linux-NAS nicht. (Lokal kann das deutlich schneller gehen, das hilft mir aber nichts. Ich habe keine 10TB Bilder lokal.)

Ruft man ein RAW auf, wird erstmal für gut einige Sekunden das Vorschaubild angezeigt, und dann erst das RAW. Man sieht für eine ganze Zeit ein freundliches „Bild wird verarbeitet“. Und dann – peng – sieht man das RAW in voller Pracht, leider wird das Vorschaubild nicht aktualisiert und wenn man denkt, man könnte auf das RAW Objektivkorrekturen anwenden, hat man sich geirrt. Das ist bei Teleobjektiven nicht so dramatisch, bei mFT-Weitwinkel ist das nicht mehr lustig. OK, Picasa kann das auch nicht.

Das ist ein Bild aus der E-M1II mit dem Panasonic 12mm 1,4. Direkt aus der Kamera.

Das hier ist das Bild mit Luminar aus dem RAW entwickelt und ein bisschen Zucker drübergestreut. Man sieht, was die Kamera alles abschneidet um die Tonne des 12mm zu beseitigen. Zum Objektiv gibt’s einen Extra-Artikel.

Dass man für die Verwaltung schlicht keine Tools hat, ist allerdings wirklich peinlich. Es gibt keine Stichworte, keine IPTC-Tags, und selbst „Farbtags“ muss man selber vorgeben. Eigentlich sollte man denken, eine Software kann die vorherrschende Farbe eines Bildes alleine erkennen. Picasa macht das seit einem Jahrzehnt.

Dass man bei den vordefinierten Filtern immer zuerst auf die Luminar-eigenen Standards geleitet wird und es keine Möglichkeit gibt, die eigenen Looks als Default vorzugeben ist auch so ein Ding. Das verzeiht man Gratisprogrammen wie Picasa und dem Olympus Viewer. Aber Luminar kostet Geld – und für Bezahlprogramme sind abkoppelbare Menüs und einstellbare Arbeitsoberflächen seit 20 Jahren Standard.

Wirklich lästig ist, dass die Vergrößerungsstufe nicht gehalten wird. Damit sind Ausschnittvergleiche zwischen zwei Bildern unmöglich. Das können sogar unsere Kameras. Und ein Verzeichnis oder ein Album in der Anzeige nach Gusto umsortieren geht auch nicht – was ein bisschen lästig ist, wenn man eine Diashow vorbereiten will, was übrigens Luminar auch nicht kann.

In Summe: Die Bildverwaltung von Luminar ist eigentlich nur dafür da, damit man endlich die Bilder raussuchen kann, die man mit Luminar verarbeiten will, quasi ein nicht sonderlich komfortabler und langsamer Bildbrowser. Eine Bildverwaltung ist das nicht. Noch nicht mal im Ansatz. Nächstes Jahr soll Luminar dann IPTC-Tags bekommen und noch ein paar andere Dinge, eventuell sogar Gesichtserkennung.

Nächstes Jahr. Die Bildverwaltung sollte ja auch im Frühjahr 2018 kommen.

Vernichtende Kritik? Für die Bildverwaltung, ja. Die ist eine Katastrophe. Der Rest ist praktisch. Bildern ein bisschen Candy verpassen ist ultraeinfach, der SkyEnhancer wirklich genial. Und im Zweifel kann man auch mit Ebenen rumspielen. Für mich hat sich’s rentiert, auch wenn ich wohl noch auf absehbare Zeit mit Picasa leben muss.

Ach ja, das Titelbild habe ich mit dem mitgelieferten Filter „Remarkable“ versehen. Kann man so lassen.

Update 29.12.: Und Zack gibt’s das erste Bugfix.

11 Replies to “Luminar vs Picasa”

  1. Ich kann diese Bewertung nur bestätigen. Bei mir konnte L3 nach dem Einlesen meiner Ordnerstruktur mit 70000 Bildern nicht mehr starten. Beim nächsten Programmstart meldet es eine defekte Datenbank. Die Bildverwaltung ist so nicht nutzbar, die Bildbearbeitung ist super einfach und schnell … auch im Stapelbetrieb. Picasa ist … nun ja, sehr schade dass es aufgegeben wurde. Ich nutze primär Digikam als Katalog.

  2. Evtl. kan ja digiKam helfen? Das ist kostenlos und unter aktiver Entwicklung. Es kommt aus der KDE(Linux)-Ecke, funktioniert aber zumindest bei mir auch unter Windows ganz gut.
    Installieren wuerde ich es ueber https://chocolatey.org, weil man da auch evtl. noetige Tools installieren kann.

    Joerg

  3. Hallo Reinhard,
    schön zu hören, dass auch andere Picasa nachtrauern. Zum Glück bin ich noch nicht bei 1 Mio Bildern angekommen, sondern nur bei ca. 300.000 und die Performance ist noch gut. Mir graut vor dem Augenblick, wo mir WIN 10 nach irgendeinem Update sagt, dass Picasa leider nicht mehr läuft. ;-(((
    Ich habe auch festgestellt, dass ich für die Brot&Butter-Dinge mit den Fotobearbeitungsmöglichkeiten von Picasa auskomme.

    Auf der Suche nach einem anderen Fotoverwaltungstool bin ich auch noch nicht sehr weit gekommen. Probiert habe ich Lightroom (nix „…CC“) zusammen mit Excire. Könnte ggf. was werden. Lightroom hat den Vorteil, dass man da auch die EXIF-Parameter zum Filtern benutzen kann, was Picasa leider nie gelernt hat.

    Früher habe ich mal IMATCH benutzt. Vielleicht ist das auch eine Lösung.

    Mit leicht traurigen Grüßen
    Jürgen

    1. Das Problem sind die riesigen Datenmengen. Adobe empfiehlt Lightroom nur bis 200.000 Bildern, darüber Bridge. Digikam habe ich gleich mal versucht – das weigert sich noch bei mir. Ich habe es auch schon mal mit AftershotPro probiert, wenn schon „Pro“ dransteht. Hat echt geile Features, Geschwindigkeit bei der Bildverwaltung gehört nicht dazu. Wenn ich mir überlege, was ich schon in Bildverwaltung gesteckt habe, weil ich auf die Versprechungen reingefallen bin. Die nächste Software kaufe ich, wenn sie auf meinem System gezeigt hat, dass sie das kann, was ich brauche. Und nicht vorher.

      1. Hallo Reinhard,
        dann warte mal noch ein Weilchen. Bin grade am bauen eines Verwaltungstools. Das läuft aber mangels Zeit auf Sparflamme. Das kann dann auch nichts anderes als verwalten. Zum bearbeiten können da allerdings alle gewünschten und verfügbaren Programme eingebunden werden. Wenn du was spezielles braucht, läßt sich das noch berücksichtigen. Schreib mir mal deine Anforderungen.

        Gruß Rudolf

        1. Im Augenblick durchforstet Digikam mein NAS. Mal sehen, was passiert, wenn das durch ist. Bislang ist es unschlagbar schnell. In 8 Stunden 36% – das ist schon ziemlich gut. Vor allem, weil ich den Rechner nebenher noch völlig normal genutzt habe.

          1. Digikam ist durch und auch nicht schneller als Luminar. Wenn ich ein Verzeichnis durchscrollen will, warte ich hauptsächlich. Und ein kompletter Scroll durch den Bestand geht gar nicht. Allerdings hat Digikam natürlich Schlagworte und IPTC und EXIF und was man alles braucht.

    2. Hallo,
      habe mal IMATCH 2019 zur Probe installiert. Die Funktionsbeschreibung klingt ja mal ganz gut.
      Die Erstaufnahme von 250.000 Fotos in 5.500 Verzeichnissen brauchte 2 x 7 Stunden (2 Phasen). Ein normaler Programmstart braucht ca. 2-4 Minuten.
      Das erneute Aktualisieren aller Verzeichnisse dauert ca. 6-7 Minuten.
      Das Suchen, auch über EXIF-Felder (z.B. Suche nach „E-330“) funktioniert, geht auch gefühlt schnell. Angezeigt werden alle Fotos mit „E-330“ in den EXIFs und Vorkommnisse von „E-330“ in Verzeichnisnamen.
      Von PICASA Identifizierte Gesichter werden angezeigt, neue können aber nicht identifiziert werden.

      Mehr weiss ich noch nicht.
      Gruß Jürgen

  4. Ich wollte weg vom Adobe Abomodell, was ich nach der Installation von Luminar bereue.
    Da ich nicht mit der hier genannten Menge an Fotos arbeite, bei mir sind es „nur“ 6000, war ich verwundert, dass das einlesen in den Katalog von einer lokalen SSD bereits 3 Stunden dauerte. Das starten des Programm nahm dann nochmals ca. 4 Minuten in Anspruch. Letztendlich komme ich aber mit dem Workflow in der Bibliothek und den bereits von Reinhard beschriebenen Unzulänglichkeiten nicht klar. Auch in der Entwicklung bin ich wohl zu sehr LR gewöhnt und habe mich entschlossen doch weiterhin in der „Abofalle“ zu bleiben.

  5. Ich bin gerade von Luminar 3 auch etwas genervt. Die Bildverwaltung ist alles andere als luxuriös, das ist gerade besser als gar nichts. Dafür startet das Programm jetzt unglaublich langsam und stürzt ständig ab. Insgesamt sind die Fortschritte gegenüber Luminar 2018 marginal, die Rückschritte eklatant.

  6. Ich verwende ACDSEE. Das Programm gibt es eigentlich schon ewig und bietet eine gute Verwaltung der Bilder. In der neuen Version ist auch eine Gesichtserkennung enthalten.

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