GfO: beugungsbegrenzte Objektive

Es gibt Dinge, die ich irgendwann mal in einem Buch erklärt habe und sie dann per Copy and Paste in einem Dutzend weiteren Büchern untergebracht habe und mir dann gedacht habe „Das hat jetzt echt jeder intus, das muss ich nicht noch mal breittreten.“

Und dann stelle ich fest: Nö.

Ich könnte jetzt dann natürlich sagen: „Kuckt in meine Meisterschule, da habe ich das schon im Jahre 2010 ausgewalzt.“ Macht natürlich keiner. Gedruckte, lektorierte Bücher sind in unserer heutigen Zeit keine Quellen mehr. (Ich habe anno 2000 die erste Crowdfunding-Plattform auf der Buchmesse in Frankfurt präsentiert. Wir hatten eine Pressekonferenz und dutzendweise Zeitungsartikel. Die sind nur alle nicht im Netz auffindbar, also denkt jeder „der Wagner erzählt wieder die Story vom Pferd.“) Genug der Vorrede. Was hat es mit beugungsbegrenzten Objektiven auf sich?

Das Titelbild ist eine lustige bunte Grafik, mit einer gelben Linie und einer blauen Linie. Die gelbe Linie sind die Abbildungsfehler eines guten Objektivs, die blaue Linie die Abbildungsfehler eines schlechten Objektivs. Bei beiden Objektiven gehen die Abbildungsfehler durch das Abblenden zurück.

Die rote Linie ist der Abbildungsfehler durch die Beugung. Die geht mit dem Abblenden immer weiter nach oben.

Die orange Linie ist die Summe aus gelb und rot, die lila Linie die Summe aus blau und rot.

Das Objektiv liefert die beste Abbildung, wenn die Summe aus beiden Fehlern am geringsten ist. Diese Kurven kennt man aus den diversen Lenstip-Grafiken. Und wie man sieht, wird das „gute“ Objektiv bereits bei f/4 wieder „schlechter“, das schlechte Objektiv erst bei f/11.

Bei einem „beugungsbegrenzten“ Objektiv ist der Anstieg des Fehlers durch die Beugung höher als die Verbesserung der Abbildung durch Abblenden. Das Objektiv wird also mit jedem Abblenden „schlechter“.

Ja, gibt es nun überhaupt solche Objektive? Ja, im Fachkamerabereich hat zum Beispiel Rodenstock so ein Objektiv rausgebracht. Es hat Blende 5,6. Was ein simpler Weg ist – einfach die Offenblende so weit runtersetzen, dass man bereits wieder auf dem ansteigenden Ast ist.

Die Grafik ist übrigens sehr „pi-Daumen“, in der Meisterschule habe ich die noch mit einem Maßstab für den Zerstreuungskreisdurchmesser versehen – und da kommt auch die Nummer her, dass ich mal geschrieben habe, dass die Grenze bei mFT bei 6,3 liegt. Das war für 12MP. Bei 20MP liegt die Grenze bei etwa 5,6, ab der sich die Beugung auswirkt. Da das eine Funktion des Pixelabstandes ist, sind wir auch bei Kleinbild und 40MP bei Blende 6,3…..

Sehe ich da Leser hyperventilieren? Glücklicherweise gibt es einen coolen Trick, wie man verhindert, dass das mit der Beugung irgendwem auffällt: Man macht schöne Bilder. Dann kuckt da keiner hin.

Deswegen bin ich so ein Fan von mFT und Olympus-Optiken. Die sind alle offenblendentauglich. Die Schärfentiefe reicht auch offenblende meistens aus, die Beugung interessiert mich dann nicht und ich kann ganz entspannt meine Bilder machen. Aber auch an dieser Grafik sieht man, was passiert, wenn man auf FT auf einmal 47MP unterbringen will – die Bilder werden nicht mehr besser.

Und man sieht auch, wie wichtig es ist, lichtstarke Zooms zu haben. Gerade bei mFT. Man kann natürlich die Effekte der Beugung in Grenzen rausrechnen, aber wirklich gut wird das nie. Und auch bei Kleinbild kommen die nicht um die Physik rum – nur ist es da nochmal viel aufwendiger, lichtstarke Zooms zu bauen. Die Idee, bei Kleinbild 60MP auf den Sensor zu packen um dann das Objektiv auf 8 abzublenden, weil es erst da seine beste Leistung hat – mehr so halbgut….

One Reply to “GfO: beugungsbegrenzte Objektive”

  1. Danke für die Auffrischung unserer Kenntnisse! Mir war nicht bewusst, dass Beugung schon derart früh die Bildqualität mindern kann. Ich habe die Rattenschärfe von 12-40 und 12-100 bei Blende 4.0 bis 5,6 einfach auf die Güte des Objektivs und eine präzise Scharfstellung meinerseits geschoben.

    Was die Offenblendtauglichkeit von mFT und Olympus-Optiken angeht, ist das aber wohl kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Seit Einführung der Spiegellosen bei C+N scheinen auch deren Objektive und die von Sony und sogar die von Drittherstellern von Viltrox und Samyang immer besser zu werden, wenn man Testern/Influencern glaubt. Ich hatte von Sony das FE 24-105 f4.0 ca. 6 Monate im Praxiseinsatz und war ziemlich baff, was das schon bei Offenblende konnte.

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