Verlorenes Wissen: Das Waschbrett

Manchmal macht sich ein Punkt von ganz alleine. Da postet man ein Foto und denkt sich nichts dabei und dann kommen Kommentare, die erklären, was an dem Foto falsch ist. Auch das ist normal. Wenn das dann allerdings unter einem Artikel über den Verlust von Alltagswissen steht, dann ist das richtig cool.

Das Foto oben sind zwei Mädels aus den frühen Vierzigern des letzten Jahrhunderts, die Wäsche waschen. Mit Waschbrett. Auf einem Bauernhof. Die linke davon ist meine Mutter. Die Nummer ist also ziemlich authentisch.

Das hier ist Elke von vor ein paar Jahren: Was ist nun falsch an diesem Foto? Der Wäschestampfer. Der hat da nichts verloren, weil er für die Kochwäsche zuständig ist. Waschbrett ist Handwäsche mit kaltem oder bestenfalls lauwarmem Wasser von empfindlicher Wäsche. Alles was man kochen konnte, wurde gekocht. (Eventuell fällt dem geneigten Leser die Wellenstruktur der Glocke des Stampfers auf. Dazu weiter unten.)

Der Stuhl. Wie man oben sieht, gehört der Waschzuber auf ein spezielles, niedriges Gestell aus unbehandeltem Holz – idealerweise mit Ablage für Seife und Bürste. Durch die Wasserschlacht mit Seife hält sich auf Dauer kein gestrichenes Holz.

Die Wiese. Niemand kommt auf die Idee, den Waschzuber in die Wiese zu stellen. Waschen ist eine feuchte Angelegenheit und wenn der Boden nass wird, dann sackt der Stuhl bzw der Ständer ein und alles wird matschig.

Die Schürze. Die Waschschürzen waren gewachst, sonst war man innerhalb kürzester Zeit nass bis auf die Knochen.

Was aber richtig ist, ist die Verwendung des Waschbretts. Das Waschbrett dient nicht dazu, den hartnäckigen Schmutz mit viel Kraft aus der Wäsche zu rubbeln. Im Gegenteil, auf manchen Waschbrettern wurde vom Hersteller extra draufgeschrieben „Nicht mit Druck waschen“. Das Waschbrett dient dazu, im kalten Wasser mit der damals verwendeten Seife zu Schaum zu kommen. Hartnäckige Flecken wurden mit der Waschbürste entfernt, nicht mit dem Waschbrett. Wenn man da zu viel Druck ausübte, verbog sich das dünne Blech des Brettes, eventuelle Knöpfe an der Wäsche wurden abgerissen die Verzinkung wurde beschädigt und das Ding fing das Rosten an – RIP. Durch das „rubbeln“ über die gewellte Oberfläche wurde Schaum erzeugt, der die Reinigungsleistung der Seife steigerte, mit der man vorher die Wäsche eingerieben hatte. Genauso könnte man die Wäsche eintauchen und auswinden. Das ist aber weit anstrengender – deshalb das Waschbrett. Zudem ist das Waschbrett bei richtiger Handhabung auch schonender für’s Gewebe.

Dass meine Mutter mit zwei Händen wusch, hat nichts mit dem Druck zu tun, den sie damit auf das Waschbrett ausüben konnte, sondern dass sie damit mehr Wäschefläche über das Brett ziehen und damit auch mehr Schaum erzeugen konnte. Heutige Seifen erzeugen von alleine mehr Schaum und deshalb sieht das hier heftig eingeseift aus. Im Gegenteil, wie man sieht, wurde mit flacher Hand gewaschen – minimaler Druck.

Ich habe natürlich nach Waschanleitungen für Waschbretter gegoogelt und war erschüttert, dass dieses Wissen tatsächlich fast schon verloren scheint. Selbst Trachtenvereine, die „alte Handwerkstechniken“ demonstrieren, können mit dem Waschbrett nicht mehr umgehen. Eine Folge „Wissen macht Ah“ des WDR ist geradezu grotesk falsch. Vom Freiluftmuseum am Kiekeberg habe ich einen guten Beitrag gefunden, in dem auch der korrekte Gebrauch des Wäschestampfers gezeigt wird. (Aber auch bei denen ist die Verzinkung des Waschbretts schon abgerubbelt. Da wollte es wohl jemand besonders gut machen. Die im Video gezeigte Waschbürste ist allerdings mehr so die Reiseversion. Die Dinger waren früher amtliche Geräte, die man gut anfassen konnte, teilweise mit Stiel.) Hier wird allerdings nur gezeigt, wie Kochwäsche gewaschen wurde. Baumwollklamotten und vieles, was gefärbt war, musste komplett mit dem Waschbrett gemacht werden.

Sehr gefreut habe ich mich über den Kommentar von Achim zu Elke: „junge Frau“. Hier ein weiteres Foto von Elke. Frontal.

Das Alter von Elke verrate ich nicht, macht man nicht….. (Es sei lediglich gesagt, dass Sie eine dieser „weisen Frauen“ ist, die den ganzen alten Kram noch können.) Was Sie auf dem Rücken hat, ist übrigens eine Trage für Brotkörbe, mit denen die heißen Brote vom Dorfbackofen geholt wurden. Auch hier stimmt natürlich ganz viel nicht. Rocksdorf ist kein Freiluftmuseum. Aber ich denke, im Rahmen der Möglichkeiten kommt das ganz gut hin.

7 Replies to “Verlorenes Wissen: Das Waschbrett”

  1. Also beim Waschbrett meiner Oma im Keller ist die Verzinkung auch in der Mitte abgerubbelt. Lag wohl daran, dass damit nur noch die schmutzigste Arbeitskleidung gewaschenen wurde, Opa war Putzer. Dafür war die teure Waschmaschine, siehe unten, viel zu schade, und hier wurde auch mit Druck gerubbelt. (Ich war als kleiner Junge dazu zu noch nicht stark genug, das weiß ich noch)

    Wir hatten übrigens auch noch so einen Waschkessel mit Holzfeuerung darunter zum Wäsche kochen im Keller stehen – daneben stand die Constructa Waschmaschine und die separate Schleuder (die war wichtig denn mit der haben wir auch den rohen geriebenen Kloßteig geschleudert für die Halb-und Halb Klöße, das war – deswegen! – die gute Schleuder mit 2800 Touren, nicht die billigere mit 1400. Die Waschmaschine war die meiner Mutter, da durfte Oma nicht ran, aber die Wäsche wurde natürlich mitgewaschen.

    Und heute? Ist ein Waschbrett ein Musikinstrument.

    1. Jau, sobald die Waschmaschinen da waren, sind die Waschbretter runtergeritten worden. Und bei den Berufsklamotten war die Zeit nicht da, die Dinger einen Tag einzuweichen und der Zementputz lässt sich von Einweichen auch nicht beeindrucken. Da hilft nur brutale Gewalt.

  2. Der Waschkessel mit Holzfeuerung stand bei meinen Großtanten nicht im Keller sondern in der Küche. Klar fürs Wäschewaschen, dafür wurde der auch noch bis Mitte der 70er Jahre genutzt, aber außerdem war der Kupferkessel – eingehängt in eine aufgemauerte Umrandung, im Herbst für das Wurstkochen nötig. Mein Opa väterlicherseits stammte aus einer kinderreichen Kleinbauernfamilie am Rand des Westerwalds. Meine Großtanten mästeten bis in die 1970er Jahre selbstverständlich den Sommer über ein Schwein, dass dann im Spätherbst per Hausschlachtung für den Wintervorrat geschlachtet wurde. Da war ein Kessel für´s Wurstkochen wichtig. Das eine Schwein und ein paar Hühner waren für meine Großtanten praktisch überlebensnotwenig, da die drei zusammen in den Mitte der 1980er Jahre auf etwa 600 Mark Monatsrente kamen.
    Im Westerwald wurde bei Todesfällen alles gleichmäßig auf die vorhandenen Kinder verteilt. Das gab dann Acker-und Wiesenstreifen aus der Kategorie „Zum Leben zuwenig und zum Sterben zuviel“ waren.

  3. Im Musuem haben wir da das gleiche Problem. Maschinen die jetzt noch laufen und Vorgeführt werden könnnen werden in Zukunft bald nicht mehr im Funktion gezeigt werden können. In einigen Bereichen haben wir Leute die das noch sehr gut beherrschen. Aber andere wie zb. Strickmaschinen,da hilft uns ein Rentner der sein Leben lang als Servicetechniker gearbeitet hat. Er gibt sein Wissen zwar an unsere Mitarbeiter weiter aber 50 Jahre erfahrung kann man nicht vermitteln.
    So gibt es tausend Beispiele
    -Programmiersprachen
    -Alte Maschinen
    usw.
    Und zu guter Letzt „Wie haben die Ägypter die Pyramiden gebaut“ 😉
    Grüße Gerd.F

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