Tattoos knipsen….

Es gibt sogenannte Tattoo-Models. Die lassen sich von oben bis unten tätowieren und dann gegen Cash abfotografieren, und es gibt sogar Fotografen, die sich bei einem Model vor allem für die Bilder auf der Haut interessieren.

Ich persönlich bin kein Fan davon, weil das Bildwerk vor allem ablenkt. Wenn ich eine klare Aussage transportieren will, stören die Kringel oder die Schrift. Mittlerweile sind aber ziemlich viele Models entsprechend geschmückt und da muss man dann drumrum fotografieren. In der Werbebranche ist das eher ein NoGo – im Allgemeinen will der Auftraggeber sein Produkt promoten und nicht die Bemalung des Models. Ausnahmen bestätigen die Regel, wenn ein Undergroundmodelabel auf Volltätowierte steht.

Nun gibt’s da einen kleinen Fallstrick, wenn man die Fotos veröffentlichen will: Je nach Schöpfungshöhe ist auf den Bildern nämlich ein Urheberrecht drauf. Genauer: wenn der Tattookünstler das Bild selbst entworfen hat, dann hat er da die Rechte dran, wenn das mehr als ein paar Kringel sind. Es spielt dabei keine Rolle, dass das Bild ziemlich untrennbar mit dem Kunden verbunden ist. Das ist vergleichbar einem Architekten, der auch noch die Rechte am Design des Hauses hat, wenn das Ding längst steht und vom neuen Eigentümer bezogen ist. Das geht so weit, dass etwa im Südklinikum in Nürnberg Türklinken oder ein neuer Anstrich auch nach Jahren mit dem Architekten abgesprochen werden mussten. Ob dem das in sein Kunstkonzept passt.

Es kann sogar passieren, dass der Tätowierte mit einem urheberrechtlich geschützten Werk dekoriert wird, bei dem das Urheberrecht gar nicht beim Tätowierer liegt, sondern der es entweder selbst geklaut hat, oder eine geklaute Vorlage vom Kunden verwendet hat. Dann ist das natürlich auch für den Fotografen ein Problem. Bringt dagegen der Kunde das urheberrechtlich geschützte Werk, das sich in seinem Eigentum befindet, mit, dann ist das eine Art „beauftragte Privatkopie“, bietet das der Tätowierer selbst an, dann ist das eigentlich eine verbotene gewerbliche Nutzung.

Solange Privatpersonen gestochen werden, so muss der Tätowierer mit der normalen Nutzung durch Selfies und deren Veröffentlichung in sozialen Netzwerken rechnen. Da kann der Urheber nichts dran machen. Etwas anderes ist es, wenn die Werke kommerziell genutzt werden. Eben etwa durch die angesprochenen Tattoo-Models. Dann kann auch der Fotograf solcher Werke in ein Problem rennen, wenn er das Ergebnis eines solchen Shoots dann auf kommerziellen Plattformen oder zu Werbezwecken veröffentlicht.

So absurd es ist, wenn man aber tatsächlich Tattoos knipsen will, so sollte man sich von der tätowierten Person für jedes Motiv bestätigen lassen, dass die Ablichtung und Veröffentlichung vom Urheber erlaubt wurde. Die Formulierung ist ähnlich wie die, die Fotografen unterschreiben müssen, wenn Sie ihrerseits Fotos an Verlage schicken. Die wollen auch immer von der Haftung freigestellt werden.

Das Bild ist von Mitte 2015 – da war auch schon Krieg. Wie eigentlich seit 1732 ununterbrochen. 1730 bis 1732 ist der letzte Zeitraum für den die Wikipedia keinen Krieg listet. Davor war der englisch-spanische Krieg, danach der polnische Thronfolgekrieg. Ich habe das natürlich wegen des Oberarmtattoos rausgesucht.

Wie man sieht – im Prinzip funktionieren die Bilder auch ohne Tattoo, aber die Tattoos fügen den Bildern ein weitere Dimension hinzu. Kann man gut finden oder es lassen. Bei den Bildern hier ist das Tattoo aber immer Beiwerk, es wird nicht als Wiedergabe eines Kunstwerkes empfunden, sondern als Information über das Mindset des Abgebildeten.

Bisweilen ist das Tattoo auch sehr dezent.

Wer mehr zu dem Thema wissen will, dem sei der Artikel bei iRights empfohlen, die beleuchten noch einige weitere Aspekte.

Und ja, die Wahrscheinlichkeit, dass man durch das Abbilden eines Tattoos eine Abmahnung frei Haus geliefert kriegt, ist jetzt nicht hoch, aber wenn dann doch, dann ist es halt lästig. Also lieber vorher checken. Es geht ja nicht drum, dass man alle Tattoos überschminken oder wegretuschieren muss. Es geht ja vor allem darum, dass ein bestimmtes, urheberrechtlich geschütztes Tattoo als bildbestimmendes Element genutzt wird.

That’s all.

5 Replies to “Tattoos knipsen….”

  1. Hallo Reinhard,
    ich finde es prima, dass Du immer mal wieder die rechtlichen Aspekte bzgl. Urheberrecht hier in Deinem Blog hast.
    Vielen Dank und
    herzliche Grüße
    Thomas

  2. Wenn ich in den Wald gehem und jemand hat eine besoderes Muster oder dergl. In den Baum geschnitzt, darf ich dan auch nicht mehr den Baum/Wald knipsen? 😉
    Bernd

    1. Es geht in diesem Artikel ja nicht darum, ob man das Tattoo überhaupt knipsen darf!

      – Das Urheberrecht gilt ohne Frage für die Vorlage auf Papier oder digitalen Medien.
      – Das Motiv darf nicht ohne Genehmigung von einem anderen Tätowierer eingesetzt werden.

      Soweit ist das sicher unumstritten.

      Schwieriger wird es dann, wenn es darum geht, was der Tätowierte damit anstellt. Hier wird es auch auf Urheberrecht.de ziemlich schwammig. Ich denke die Argumentationen bei alleiniger Betrachtung des Urheberrechts sind schlüssig, nur wirken hier in der Praxis auch noch andere Gesetzgebungen mit hinein und jeder Fall ist somit eher individuell zu betrachten.

      – In Deutschland lassen sich z.B. von Biologen veränderte menschliche Zellen kaum patentieren. Auch dürfte noch immer umstritten sein, ob eine Tätowierung auf menschlicher Haut, also ein Teil eines lebenden Körpers, als Kunstwerk definiert werden kann.
      – Es geht auch um Fragen der Selbstbestimmung und der menschlichen Würde, welche durch die Tätowierung (also der Definition als geistiges Eigentum) nicht beschnitten werden dürfen.

      Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Ansprüche des Künstlers hier erfolgreich umzusetzen sind, wenn man gezielt Fotos für entsprechende „Fachzeitschriften“ macht. Privatfotos (nicht kommerziell) dürften kaum Ansprüche rechtfertigen. Schwieriger wird es bei Werbeaufnahmen, die gezielt auf ein Tattoo aufbauen. Ich hätte da auch gar keine Vorstellung, was angemessen wäre. Fair wäre aus meiner Sicht ein Honorar, vergleichbar mit einem Friseur, Visagisten, wenn deren Arbeiten einen gewichtigen Anteil am Foto haben. Diese Leute werden ja auch oft in Modemagazinen erwähnt. Damit würde ich zumindest erstmal auf den Künstler zugehen, unter Berücksichtigung, dass da auch ein höherer zeitlicher Aufwand dahinter steht.

      Die etwas provokante Frage mit der Erlaubnis zum Foto (Vergleich mit bildender Kunst) würde ich verneinen. Es geht hier nicht um ein Fotoverbot, wie vielleicht bei einem Ausstellungsstück. Solche Einschränkungen wird ein Urheberrecht bei einer Tätowierung nicht über einen Menschen verhängen können, dem stehen andere Rechte des Betroffenen entgegen. Man stelle sich nur mal die Personen vor, welche sich von Kopf bis Fuß tätowieren lassen. Wenn diese in ihrer Berufswahl eingeschränkt werden, weil ein Tätowierer meint, dass sein Werk zu deren wirtschaftlichen Erfolg beiträgt, hielte ich das zumindest hier in Deutschland für eher bedenklich und kaum durchsetzbar. Ein Tattoo-Künstler muss sich auch darüber im Klaren sein, dass sein Kunde ein Stück weit die eigene Haut zu Markte trägt. Das ist noch komplizierter als bei Architekten, welche ihre Objekte teils in den öffentlichen Raum stellen.

  3. Spannendes Thema.
    Probleme kenne ich selbst bisher nur damit, dass Tätowierer meinne Bilder ungefragt als Vorlage verwenden. Da dann i.a. weder Model noch Tätowierer in der EU sitzen, kommt man mit Urheberrecht leider nicht sehr weit.

    Der Hinweis darauf, dass man wenn man Tattoo Models für kommerziell verwendete Bilder engagiert, unbedingt einen Vertrag abschließen muss, der einen selbst vor Schadensersatzansprüchen schützt, ist auf jeden Fall wichtig. Das Model muss dann selbst dafür sorgen, dass es alle benötigten Freigaben besitzt und die Nutzungsrechte auch wirklich gewährt werden können. Bin mal gespannt, wann es da das erste Mal richtig Ärger gibt.

    Danke dafür, dass Du das Thema hier angesprochen hast!

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