Excire – Nochmal.

Mein Lieblingsspruch von Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren“.

Vor ein paar Tagen habe ich eine Mail von Excire bekommen. Die haben ein bisschen google bemüht und sind auf meinen Beitrag zu ihrer Software vom letzten Jahr gestoßen. Aber anstatt dass sie beleidigt waren, haben Sie mir angeboten, mir Infos und neue Versionen zur Verfügung zu stellen, Affiliate-Programm und pipapo. Wenn ich mir ankucke, wie Clonehersteller oder Kamerahersteller auf berechtigte Kritik reagieren, dann kann ich nur sagen: Hut ab. Dazu hat Excire ein vernünftiges „Über uns“ auf der Website, wo man sich ankucken kann, wer hinter der ganzen Sache steckt. Ich habe also Excire in der aktuellen Version 1.1.1. gestern abend auf meine Bilder von 2020 losgelassen und war dann doch etwas erstaunt. 2020 hatte ich etwa 34000 Bilder gemacht, die ich alle auf einem NAS habe. Während Excire im Hintergrund geackert hat, konnte ich im Vordergrund problemlos weiterarbeiten. Das habe ich bei anderer Software schon deutlich anders erlebt – da war die Kiste erst mal für nen Tag außer Gefecht gesetzt. Bei Excire kein Problem.

Nach den Erfahrungen mit der letzten Version dachte ich, dass das die ganze Nacht brauchen würde, bis die mal eingelesen sind. In fünf Stunden war der Käse aber gegessen. (i5-4460S 2,9Ghz, 16GB) Und ab diesem Zeitpunkt geht das Scrollen und verschlagworten und Zoomen Ratz-Fatz. Nachdem ich Windows beigebracht hat, dass es doch bitte ORFs mit Workspace aufmachen soll (was aus dem Explorer nicht funktioniert) bietet mir Excire das auch sofort – und zwar ohne Neustart im Kontextmenü der Bilder an – und siehe da, von Excire heraus funktioniert der direkte Aufruf prima.

Die automatische Verschlagwortung – da habe ich mich ja schon beim letzten Test etwas mokiert. Wenn aus Frauen Männer werden und so. Sagen wir so: 80% der automatischen Schlagwörter sind überflüssig oder falsch. Aber die 20%, die die Software korrekt liefert, sind dafür ziemlich nützlich. Bei einer Tasse geht die Software automatisch von „Kaffee“ aus – die weiß natürlich nicht, dass da Tee drin ist. Bei der Walhalla erklärt sie die Säulen zu einer „Wand“. Und ein Hund wird auch nicht zuverlässig erkannt.

Aber immerhin wird er in anderen Bildern erkannt. Was aber wirklich unglaublich gut funktioniert, ist die Gesichtserkennung. Man gibt ein Gesicht in einem Bild vor und Excire sucht sich alle Bilder in dem vorgegebenen Verzeichnis samt Unterverzeichnissen, die die gleiche Person zeigen. Und das in einer unglaublichen Geschwindigkeit und Präzision. Picasa findet in einem Verzeichnis 97 Bilder, Excire 146. Und alle korrekt.

Das Bessere ist des Guten Feind. Denn natürlich kann die Software auch nach Kamera, Brennweite, Objektiv und dergleichen suchen.

In Summe: schnell, stabil und unglaubliche Gesichtserkennungsraten. Klar – die Software arbeitet nicht wie bei Picasa mit einer Personendatenbank, die am besten mit Adresse, Telefonnummer und Kontostand hinterlegt sind, sondern sucht einfach die Leute raus und dann gibt man den Namen halt dem gesamten Bilderhaufen als Schlagwort mit. Fertig.

Klar- man muss sich im Workflow ein bisschen umgewöhnen und im Endeffekt muss man alle Personen neu verschlagworten – aber das ist mit zwei Bildschirmen relativ schnell erledigt, und man hat hinterher eine weit bessere Datenbank als bei Picasa. Bei der letzten getesteten Version ging das mit der Massenverschlagwortung noch nicht, jetzt kann man einfach mal tausend Bilder markieren und mit einem eigenen Schlagwort versehen. Ultraeinfach und schnell.

Was Excire nicht hat, sind Bildbearbeitungstools. Bei Picasa kann man Collagen machen, Vignetten, Hautretusche, alles, was man so für ein schnelles Ergebnis braucht. Bei Excire muss man dafür ein externes Programm starten. Die Übernahme von bisheriger Verschlagwortung aus den IPTC-Tags ist möglich, wenn man bei den Einstellungen – Metadaten – Stichwörter aus analysierten Fotos laden aktiviert. Sollte man also VOR dem Import dran denken.

Was bei Excire – zumindest bei den ORFs – ein Fail ist, ist die 1:1 Ansicht. Excire arbeitet komplett mit den eingebetteten Vorschaubildern. Will man ernsthaft reinzoomen, muss man extra eine 1:1-Ansicht erstellen. Und das funktioniert nur im Querformat anständig. Sind die Bilder im Hochformat, wird das Bild um 90° gekippt und dann in die Höhe gezogen.

Ich habe das gleich an Excire weitergeleitet und sie werden sich das ankucken und fixen. (Kontakt zum Kunden! Doppelplusgut! )

Excire kümmert sich auch nichts um Objektivkorrekturen. Die Tonne des 17mm 1,8 wird gnadenlos mitentwickelt. Im Vorschaubild ist alles gerade, im 1:1 gebogen. Für mich ist das prima, weil ich dadurch natürlich genau sehe, wo es beim Objektiv hakt. Aber jeder, der aus den RAWs entwickelt, braucht einen externen RAW-Entwickler. Dazu entwickelt Excire zwar die ganzen RAWs, aber halt mit automatischem Weißabgleich und ohne jede Einflußmöglichkeit. Für meine Zwecke ideal – ich mache meine RAW-Entwicklung mit Workspace – aber andere werden andere Entwickler nutzen wollen.

Excire ist also absolut kein Lightroom-Ersatz. Aber eine verdammt leistungsfähige Retrievel-Software wenn jemand wirklich große Bildermengen verwalten will. 16GB sollte der Rechner aber haben. Und – ganz klar – das Programm ist dann interessant, wenn man sechsstellige Bilder verwalten will, die unter Umständen sogar auf Datenträgern liegen, die gar nicht am PC angeschlossen sind.

Frau auf Motorrad. Innerhalb von 30 Sekunden findet die Software das Bild aus 70.000 Bildern nach Klick auf einen Typen mit Roller auf einem Parkplatz „Ähnliche Bilder finden“. Goil.

Und nein, ich habe mich nicht zum Affiliate-Programm angemeldet. Ich bekomme keine Provisionen oder Werbe-Geschenke oder dergleichen. Aber der zuständige Mitarbeiter hat mir ein Goodie geschickt: Bis Ende April gibt’s noch eine Rabattaktion bei Excire, 15% Rabatt mit dem Code „OSTERN2021“. Nochmal, das ist nix, wo ich was dran verdiene, nur falls jemand von euch Excire ne Chance geben will. (Der Mitarbeiter von Excire hat mir folgenden Satz geschrieben: „Vorteil für Ihre Leser ( wenn es mit Ihrer Policy vereinbar ist):“ Das finde ich aufmerksam. Und ich habe nichts gegen Vorteile für meine Leser, solange ich eben keinen persönlichen Vorteil draus habe.)

Excire hat ne Testversion, die fast alles kann, was man braucht – nur den Export aus der Datenbank macht nur die Vollversion. Der funktioniert prima – sieht man an dem Bild von der Walhalla und von Moni auf ihrem Mopped. Man gibt die Kompression, das Format, den Zielpfad und die maximale Auflösung der langen Seite an und fertig. So gehört das. Wenn man von der Testversion auf die Vollversion will, soll man sich die Vollversion dann runterladen, die installiert sich über die Testversion und übernimmt alle Voreinstellungen und Daten, die man schon in der Testversion gemacht hat. Genauso funktionieren auch Updates.

Damit sind die Tage von Picasa bei mir gezählt. Endlich….

16 Replies to “Excire – Nochmal.”

  1. Hallo Reinhard,

    der Rabatt-Code lautet „OSTERN2021“ (ohne Bindestrich), ich habe das gerade einmal ausprobiert.

    Gruß Ralf aus Duisburg

  2. Das Programm macht zwar einiges richtig, jedoch auch einiges falsch. Bei einer Synagoge von innen erkennt es ein Fahrzeug, Boot. Ein blühender Lotus wird zum Gänseblümchen. Wenn man das Ding über zehntausende Bilder rennen lässt, muss man danach halt jedes Bild auf die korrekten Tags kontrollieren und anpassen.
    Bei HDR Belichtungsreihen versagt es komplett, da fehlt die Intelligenz die Belichtungsreihe zu erkennen.
    Aber schnell ist es, ohne Zweifel und wenn man sich die Mühe macht die anfängliche Arbeit zu investieren sicher auch sehr nützlich.

    1. Wie gesagt: 80% der gefundenen Tags sind Grütze. Da kann man sich tagelang amüsieren. Aber 20% sind ernsthaft nützlich – und damit kann man arbeiten.

  3. Grüezi Reinhard
    Vielen Dank fürs Testen. Bin an diesem Programm interessiert. Eigentlich das, was ich schon lange gesucht habe. Nun habe ich ein paar Fragen was die DB bzw. Ordnerstrukturen und Fotos anbelangt. Bleiben diese, die ich jahrelang angelegt habe, erhalten? Oder löscht Excire diese nach dem Import? Oder lässt Excire die Fotos und Ordnerstrukturen so stehen und importiert es in seine eigene DB, also dann alle Fotos doppelt (1x wie bisher/1x in Excire DB) vorhanden? Oder noch besser, arbeitet Excire mit diesen Fotos/Strukturen? Wenn ja, wie verhält sich dann Excire, wenn man die Ordnerstruktur mal ändert?

    Sorry, für die vielen Fragen. Habe aber im Excire Forum und auf deren Homepage leider nichts darüber gefunden.

    Grüsse von der Schweiz
    Helmi

    1. Also, die Ordnerstrukturen bleiben erhalten, da ändert sich gar nichts. Excire legt eine eigene Datenbank mit den Daten und Vorschaubildern an, die maximal 1280 Pixel an der langen Seite groß sind. (kann man einstellen) Diese werden aus den Vorschaubildern der JPGs und ORFs extrahiert, die die Kameras mit reinschreiben. Dadurch kannst Du auch Externe Festplatten einlesen und die dann abschließen, die Bilder bleiben aber in der Datenbank.
      Wenn Du die Ordnerstruktur änderst, meldet Excire, dass die Bilder da nicht mehr sind, solange Du die Bilder aber nicht aus der Datenbank nimmst, bleiben sie dort.
      Bei Picasa konnte man Bilder simpel per Drag and Drop zwischen den Verzeichnissen verschieben. Das geht bei Excire nicht.
      Wenn Du in Verzeichnisse, die Excire schon eingelesen hat, Veränderungen vornimmst, musst Du das Verzeichnis „Synchronisieren“.
      „Die Excire Datenbanken benötigen für 100.000 Fotos ca. 250MB. Der Vorschau-Speicher umfasst dann ca.25GB bei höchster Qualität, Raw-Formaten und wenn für jedes Foto eine Vorschau erstellt wird.“
      Ach ja, letzte Nummer: 16GB sollten sein, Mac: nur Intel-Prozessoren werden unterstützt. Win: Intel Core2 oder die alten AMD X4 und X6 werden nicht unterstützt.

      1. Dann passt es für mich! Stand zwar so auf deren Homepage, habe es aber nicht verstanden. Ich arbeitete früher mit Aperture und als Apple das Programm einstellte, hatte ich den Salat! Darum bin ich vorsichtig geworden und möchte meine jetzige Ordnerstruktur so beibehalten. So bleibe ich flexibel…

        Vielen Dank für Deine Antwort!

      2. So, habe mir Excire Foto auch gekauft. Eigentlich genau das, was ich seit langem gesucht habe. Nun weiss ich endlich, wieviele Fotos auf meiner Platte schlummern (und natürlich noch viele andere Infos mehr…).
        Für ~108‘000 Fotos benötigte Excire ziemlich genau 12 Std. und 15 Min. Für die Analyse der Fotos nochmals etwa gleich lang (MacBook Pro 2016, Dual-Core Intel Core i5 2,9 GHz, 16 GB RAM).

        Ich arbeite mit verschiedenen RAW-Konverter. Ein tolles Features von Excire Foto; mit Rechtsklick auf dem gewünschtem Foto, erscheinen im Menü all meine installierten RAW-Konverter und ich kann das gewünschte Programm so bequem starten.

        Danke Reinhard!

  4. Ich habe gestern mal die Testversion installiert. (Mac-Book). Ging problemlos, lief ein paar Stunden über die 21000 Fotos auf der Festplatte. Die Gesichtserkennung ist erstaunlich, mein jüngster Neffe wird vom Baby- bis Kindergartenalter erkannt, auch wenn er eher im Hintergrund ist. Und die Schlagwortsuche – hey, viel besser als nichts! Wenn ich Radsport-Fotos suche, bekomme ich auch welche geliefert. Sicher nicht vollständig, und wenn man in den Suchergebnissen nach unten scrollt, wird es lustig. Insgesamt bin ich aber positiv überrascht und werde mir wahrscheinlich die Vollversion gönnen.
    Kann man damit auch externe Bildersammlungen durchsuchen? Ich denke gerade an die Bildersammlung bei Flickr.

  5. Hab diese Woche mal meine ca. 120.000 Bilder aus 20 Jahren durchlaufen und war von der Qualität / Geschwindigkeit echt positiv überrascht.

    Einen kleinen Bug hat das ganze noch in Zusammenspiel mit Capture One und Photomechanic bei den Farblabels.

    Setze ich in Capture One das Farbflag Rot und Rating 3 dann schreibt Capture One:
    3
    Red

    In Excire sehe ich nach Aktualisierung der Metadaten nur das Rating mit 3 Sternen aber kein Farblabel.

    Setze ich in Excire das Label neu dann kommt folgendes dabei raus was Capture One nicht versteht, da die Farben in Deutsch geschrieben sind. Ähnlich verhält es sich mit PhotoMechanic.
    4
    Grün

    Hab das auch schon an die Entwickler von Excire gemeldet, sollte eigentlich eine Kleinigkeit sein hier die Sprache sauber zu setzen.

    Gruss & Danke an Reinhard für diese Empfehlung.
    Wolfgang

    1. Das Thema mit der Sprache der Farblabels ist gelöst.
      Unter Einstellungen -> Label findet man die 5 Farben (Rot, Gelb, Grün, Blau, Violett)
      Da habe ich einfach die Texte in geändert in Red, Yellow, Green, Blue, Magenta und das wars.
      Und schon versteht Excire die Englischen Labels von Capture One / Photomechanic.

      Gruss

  6. Wie machst Du das dass die Anzeige mit Workspace ’schnell‘ geht.
    Bei mir öffnet sich Workspace, dann dauert es ewig bis Workspace scheinbar alle Vorschauen der restlichen 2000 Bilder im Kasten hat.
    Und final lade ich dann nicht bei dem Bild das ich haben möchte sonder im zuletzte geladenen Ordner.

    1. Keine Ahnung. Ich habe die ORFs für Workspace registriert, und die Sache geht ratz-fatz. Vielleicht liegt es daran, dass ich in Workspace grundsätzlich keine Bearbeitungen speichere?

  7. Hallo, bin gerade auf den Beitrag gestossen. Ich arbeite schon ewig mit Picasa und bin immer wieder am schauen, ob es Alternativen gibt, da ich viel mit der Personenerkennung arbeite. Hab mir die Testversion installiert. Bin gespannt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert