Interview Aki Murata

Murata-San, der mal der Chef der Marketing-Sparte Olympus Deutschland war – und den ich aus dieser Zeit kenne – hat für ein amerikanisches Magazin ein Interview gegeben. 99% davon sind absolut nichts Neues und der übliche Marketing-Bla. Aber bei drei Dingen hat bei mir ein Glöckchen geklingelt.

Dass R&D „remain“s. Nach meinen Informationen sollte die Forschung und Entwicklung von Imaging zumindest auf dem Papier ausgegliedert werden. Das ist offensichtlich jetzt vom Tisch – die vor ein paar Jahren erst zusammengeworfene Entwicklungsabteilung bleibt zusammen. Kameras und Objektive werden also weiter unter Medical entwickelt und an die ausgegliederte Gesellschaft lizensiert.

Und: Es ist nicht mehr die Rede davon, dass die Fab in Vietnam mitverkauft wird. Auch da hatten einige Quellen bei Olympus etwas anderes behauptet. Es wird die Sparte ausgelagert – aber von der Produktion ist nicht die Rede. Und gerade bei Japanern geht es weniger drum, was sie sagen, als was sie auslassen. Die Produktion wird also ebenfalls weiter bei Olympus passieren.

Auch der Service wird bei Olympus bleiben. Die mit Medical sehr stark verflochtenen Servicecenter werden also nicht zerschlagen.

Ausgelagert wird also lediglich Vertrieb und Marketing. Ein Move, der mich an das Volk von Golgafrincham erinnert.

Was hat das für Folgen? Wenn Vertrieb und Marketing von Imaging von der Muttergesellschaft ausgelagert werden, bedeutet das im Allgemeinen, dass Entwicklung und Produktion gestärkt werden. Denn wenn man ein geiles Produkt hat, dann kann man das im Notfall auch selber verticken, wenn die externe Firma es nicht gebacken kriegt. Dazu passt auch, dass Murata-San explizit davon spricht, dass die Produkte weiter unter „Olympus“ erscheinen werden. Die Marken Zuiko, OM-D und PEN werden zwar angeblich mit ausgelagert, „Olympus“ wird aber lediglich lizensiert.

Murata-San, Präsident Olympus Consumer USA und Ogawa-San, bis 4/2020 CTO bei Olympus Tokio.

Auch Murata-San betont wieder, dass Verträge erst nach der Due Dilligence gemacht werden. Gerade wird Imaging „hübsch“ gemacht, indem man zum Beispiel alle in Zwangsurlaub schickt, die noch Urlaub übrig haben. Resturlaubsansprüche machen sich in einer DD nicht gut, denn die sind Geld wert.

Auch JIP hat sich geäußert – aber mit keinem Wort bestätigt, dass die Produktion und R&D tatsächlich Teil der neuen Firma sein werden. Im Gegenteil – „Olympus“ entwickelt weiter – nicht die neue Company.

Was bei dem Konstrukt rauskommt – das ist reine Spekulation. Es kann sein, dass die ausgelagerte Vertriebsorga sang- und klanglos untergeht – wäre nicht die Erste – und dass Olympus sich die besten Leute von dort wieder zurückholt und dann ist alles wieder wie gehabt – nur schlanker und leistungsfähiger. Es kann auch sein, dass die neue Vertriebsfirma endlich durch die Decke geht, weil sie sich nicht mehr mit Medical rumprügeln müssen, die eine reine B2B-Firma sind, die mit Endkundenmarketing nix am Hut haben. Da ist der Kaffeesatz gefragt – aber das ist überall so.

Was aber so oder so passieren wird: Olympus Kameras und Objektive werden weiter entwickelt und verkauft werden. Von wem auch immer.

8 Replies to “Interview Aki Murata”

  1. Hier der Link zur Presseerklärung von JIP vom 16.7.:
    https://jipinc.com/wp/wp-content/uploads/Regarding-Olympus-Imaging-Business-Transfer.pdf
    Darin bestätigen sie dass die neue Firma eine Wachstumsstrategie auf Basis der Zuiko, OM und anderer Marken und der von Olympus entwickelten und aufgebauten Technologien verfolgen soll und Olympus-Kunden weltweit mit qualitativ hochwertigen und zuverlässigen Produkten und Services versorgen wird … und dass die Entwicklung neuer Produkte für alle Produktbereiche des Imaging-Geschäftsbereichs weitergehen soll.
    Keine Details dazu wie das in der Praxis ablaufen soll, kann man aber zum jetzigen Zweitpunk auch nicht erwarten.
    An den Formulierungen der Interview-Antworten von Murata-San hat wohl der Firmenjurist mitgeschrieben, das sind erstmal nicht-bindende Absichtserklärungen.
    Zum Thema Olympus-Markennanmen hat er genau gesagt: „… The Olympus brand name will remain at the time of transfer. The name will likely not be used forever, but that decision will be made in the final agreement between Olympus and JIP. …“

    1. Das mit der Marke kapiere ich bisher gar nicht. Wir kaufen dann also womöglich Produkte, die von Olympus entwickelt wurden, von Olympus produziert werden, in bester 100jähriger Olympus-Tradition stehen – aber es steht (möglicherweise) nicht mehr Olympus drauf?

      1. Es Produkte, da steht Olympus drauf, und es ist bei Sigma produziert. Es gibt Produkte, da steht Canon drauf, aber Olympus hat es produziert. Auf dem Sensor steht Sony drauf, aber Olympus hat ihn entwickelt.
        Namen sind Schall und Rauch.

  2. Hi Reinhard, was du schreibst, klingt für mich plausibel und hoffnungsfroh. Was ich nur nicht verstehe, ist, warum man mit den ganzen Wischiwaschi-Infos der letzten Wochen Olympus-Fachhandel und Olympuskunden so verunsichert, dass man riskiert, sich den eigenen kleinen Restmarkt völlig zu zerstören. Wenn es nur um die Auslagerung eines Leistungsbereiches geht, hätte man das nicht anders besser anpacken können? Oder geht es um den Wurf von Nebelkerzen für Druck machende Investoren? Falls letzteres, könnte das sehr teuer erkauft sein.

    1. Vielleicht sind diverse Punkte in den Verhandlungen deutlich flexibler, als wir Außenstehende uns das aus den offiziellen Verlautbarungen erahnen können.
      Um es mit Reinhards Worten zu sagen: alles ist im Fluss.

      1. Vielleicht noch mal. Die DD – „Due Dilligence“ – ist noch nicht durch. Das ist eine Art Doktorarbeit über den Zustand der Firma. Das ist eine Bilanz zum Stichtag, dazu alle (!) Verträge, zum Beispiel auch alle Verträge mit Visionaries, alle Verträge über IT-Dienstleister und Forenbetreuer. Alle Arbeitsverträge. Garantiebedingungen, Serviceverträge, laufende Gerichtsverfahren, alles. Weltweit. Erst wenn das alles auf dem Tisch liegt, weiß man überhaupt, worüber verhandelt wird. Das ist ein ganzer Aktenschrank voll. Das muss geprüft werden. Und erst wenn das alles geprüft ist, wird darüber verhandelt, was davon in die neue Firma übernommen wird, also was die eine Firma loswerden und was der Investor haben will. Je nach dem in welchem Stadium der Investor in die DD einsteigt, könnte es sogar sein, dass Olympus eine „cleane“ Firma hinstellt, komplett ohne Altlasten, sprich also auch mit einer DD, die nur eine Handvoll Aktenordner hat. Und erst dann, wenn die neue Firma fertig ist, darüber verhandelt wird, wie viel Kapital JIP in die Sache steckt. Klassisch wird man eine AG bauen, bei der sich der Investor mit 25% beteiligt und die Beteiligung in das Vermögen der AG überführt wird. Bei so einem SpinOff ist es unüblich, dass der Investor alles auf einen Rutsch kauft – wenn die Nummer gegen die Wand fährt, ist er sein Geld los und kann niemand anderem ans Bein pinkeln. Auch dass der Neuinvestor eine Mehrheitsbeteiligung erwirbt ist unüblich. Aber das ist alles Kaffeesatz, weil jeder Fall anders ist und die Handelnden einen Teufel tun werden und Details aus ihren Strategien im Internet ausbreiten.
        Dass diese Kapitalistenspielchen nun unseren bevorzugten Kamerahersteller betreffen, ist nun mal so. Bei anderen Kameraherstellern laufen ganz andere Spielchen, die nur nicht nach draußen kommuniziert werden. (Insider grinsen sich hier eines…)

        1. Typischer Weise wird eine Due Diligence nicht nur mal so und aus Neugier durchgeführt, um zu schauen, was die zu erwerbende Firma so alles in der Schatztruhe hat. Dafür ist das Ganze zu aufwändig und teuer. Neben der Einschätzung konkreter Risiken geht es um die finale Kaufpreisfindung und, vor allem nach amerikanischen Regeln, um eine Haftungsminimierung für den Käufer hinsichtlich grober Fehleinschätzungen.

          Man kann davon ausgehen, dass sich beide Parteien über ihre mit dem Deal verfolgten Ziele vorher verständigt haben und die Rahmenbedingungen abgesteckt wurden. Laut PRM soll der finale Vertrag ja bereits Anfang September stehen. Es ist unwahrscheinlich, dass man erst nach der DD anfängt, das Businessmodell und den Vertrag an sich zu verhandeln.

          Auch darf man annehmen, dass beide Parteien wissen, was für die Umsetzung zu tun ist, sonst wäre die Angabe 31.12. für den Übergang an die neue Gesellschaft welchen Namens auch immer kaum machbar. Übrigens hat JIP einige Spin-Offs recht erfolgreich gemanagt, z.B. bei NEC den Internetberech „Biglobe“ und bei Hitachi den Bereich Netzwerke.. Für Verbraucher und Fotofans eher uninteressant, aber es sind jedenfalls keine Nobodies oder dubiosen Abwracker“. JIP ist in die Mizuho Gruppe eingebunden, einen der größten Finanzgruppen Japans und weltweit. Von Kapitalbeschaffung verstehen die was.

    2. Wenn ich was gelernt habe in 21 Jahren Kommunikation mit japanischen Großfirmen – frage nie nach, warum etwas so und nicht anders kommuniziert wird. Es ist auch schwierig, Sachverhalte, die über den Erfahrungshorizont eines Supermarktkunden hinaus gehen, einem durchschnittlichen Journalisten so klar zu machen, dass er sie nach draußen kommunizieren kann. Selbst das blanke Abschreiben einer Pressemitteilung, wenn es über Copy and Paste hinausgeht, ist schon zu komplex. Man sieht’s ja. Olympus hat eine Absichtserklärung für Verhandlungen über einen Spin Off bekanntgegeben. Und Überall wird darüber berichtet, Olympus hätte seine Imaging-Sparte verkauft. Im Bestreben, der Erste mit der Nachricht zu sein, wird sie halt erfunden.

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