Shooting

Alle deutschen Fotografen und Models, die was auf sich halten, haben regelmäßig „Shootings“ miteinander.

Bitte gewöhnt euch das nicht an – und wenn ihr dieses Wort in diesem Sinn verwendet, gewöhnt es euch wieder ab.

Aktueller Anlass für diesen Post ist ein Tweet des mächtigsten Geisterfahrers der Welt. („When the looting starts, the shooting starts.“ – Wenn die Plünderungen beginnen, wird geschossen. ) Ein „Shooting“ ist das, was Gangster machen, wenn sie sich gegenseitig an den Kragen wollen. Oder was in Amerika gelegentlich weiße Polizisten mit unbewaffneten Afroamerikanern machen. Twitter hat folgerichtig den oben genannten Tweet als gewaltverherrlichend markiert. Denn nein, die vermeintlichen Plünderer werden nicht fotografiert, sondern erschossen.

Also: „Shooting“ für einen Fototermin ist nicht cool und lässig sondern schlicht falsch. Wenn euch kein deutscher Ausdruck dafür einfällt, nehmt „Shoot“. Wir vereinbaren also kein „Shooting“ sondern einen „Shoot“. Check?

Und ja, natürlich unterliegen Anglizismen einem Bedeutungswandel, wie die gesamte Sprache. Und der „Oldtimer“ bezeichnet ja auch im Original einfach nur einen älteren Mann und kein Auto. Korrekt wäre „Vintage Car“. Das „Shooting“ ist also ein „Scheinanglizismus“, wie das BaseCap, das eigentlich eine Fußleiste bezeichnet. Wenn man aber zu einem Native Speaker, mit dem man fesch auf schwofen gehen will, sagt „Augenblick, ich hol nur noch schnell mein BaseCap“ dann wird man halt etwas komisch angekuckt – aber mit einem Amerikaner ein „Shooting“ vereinbaren kann schief gehen.

Also: Cool ist der „Shoot“, und eXtracool ist ein „Aufnahmetermin“. Und wenn wir schon bei der Ausrottung von Anglizismen im Fotobereich sind: „uuuuuund Äktschn!“ beim Video ist zwar mörderlässig – aber „Ich bitte jetzt die Schauspieler…“ erstens höflicher und zweitens erinnert einen das jedes mal an den korrekten Ablauf. Denn ich habe x-mal erlebt, dass ein Regie-Held vor lauter „Äktschn“-Rufen vergessen hat, dass da noch was vorneweg kommt. Und dann war die eine Kamera noch nicht korrekt fokussiert, der Ton noch nicht justiert oder im Hintergrund lief noch wer mit nem Stativ rum. Mega-Cool ist halt manchmal der kleine Bruder von Mega-Fail. Und damit habe ich ausreichend Anglizismen in diesem Absatz untergebracht um zu zeigen, dass ich kein prinzipielles Problem mit Lehnwörtern habe…. 😉

Radarbunker in Blavand – LiveComposite

Und wenn wir schon dabei sind: Es heißt nicht „Laif Komposait“ sondern Laif KompOsit, mit Betonung auf dem zweiten O. Und ja, selbst Vertreter von Olympus können sich das nicht abgewöhnen. Falsch ist es trotzdem.

6 Replies to “Shooting”

  1. Also “composite” betont man laut Cambridge Dictionary auf dem ersten O und laut Merriam-Webster wahlweise auf dem ersten O (britisches Englisch) oder dem zweiten (amerikanisches Englisch). Jedenfalls nicht auf der letzten Silbe, das stimmt.

    Nur weil ich die Seite gerade sowieso offen habe: Was “Shooting” angeht, bietet Merriam-Webster die drei Bedeutungen “the act of shooting a gun”, “an instance of gun violence directed toward a person or group of people” und “the act of photographing or filming someone or something”. Demnach nicht wirklich ein “Scheinanglizismus” auf der Stufe von “Handy” oder “Beamer”. Der Vorbehalt ist trotzdem nachvollziehbar.

    1. »und “the act of photographing or filming someone or something”. Demnach nicht wirklich ein “Scheinanglizismus” auf der Stufe von “Handy” oder “Beamer”«

      Doch, ich glaube schon: shooting–jemanden (gerade im Moment) fotografieren/filmen vs. shoot–Ablichtungssitzung/-termin. Gerundium (?) vs. Nomen.

      1. Naja, es gibt immerhin eine Verbindung zur Fotografie. Das ist mehr, als man für Handy (Adj., “nützlich”) und Beamer (BMW-Auto) sagen kann.

  2. Besonders lustig finde ich immer das bei uns verwendete public viewing. Da gehen dann Zuschauer beim Fußball zur öffentlichen Leichenaufbahrung.

  3. Hey ich bin Beeinflusser auf deiner Röhre. 🙂
    Wir leben schon in einer lustigen Zeit.
    Aber die Anglizismen sind halt auch ganz geschickt die Wahrheit zu verbergen.
    Da ist es auch witzig wieviele Menschen freiwillig irgendwelchen Beeinflussern hinterherrennen und sich so manipulieren lassen.
    Kauft man was aus der Back Factory kann man davon ausgehen dass er der letzte Scheiß(Shit) ist.

  4. Was ich neben doofen (nicht allen) Anglizismen äußerst nervig finde: Seit ein paar Jahren ist alles „bei“. „ich habe dir bei WhatsApp geschrieben“, „das habe ich bei 3sat/Sat1/Pro7/xyz gesehen“, „das habe ich bei Facebook gelesen“ usw. WTF?!

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