Ich bekomme jetzt Mails zu Kameradesinfektion, teilweise mit Hinweis auf eine Desinfektionsanweisung für Funkgeräte von Motorola.

Ich habe den großen Vorteil, dass ich ne Hygienefachkraft im Hause habe. Ich spreche mal die verschiedenen Möglichkeiten durch:

  • Spirituosen. Vom Bacardi bis zum Franzbranntwein. Franzbranntwein, den man normalerweise in der Apotheke erhält, enthält unter 50% Alkohol und ansonsten irgendwelche Öle und Wasser. Der meiste Schnaps, den man kriegt, liegt ebenfalls unter 50% und ist damit kein Desinfektionsmittel. Hilft gar nichts. Was die Kamerabelederung und die Abdichtung zu den ganzen Ölen sagt, ist nochmal ein Ding. Also: keine Spirituosen oder Franzbranntwein auf die Kamera. Echt nicht. Wenn Motorola seine Funkgeräte in Franzbranntwein tunkt, ist das denen ihr Ding. Stroh Rum 80% wirkt tatsächlich desinfizierend – aber auch da haben die restlichen 20% echt nichts auf der Kamera zu suchen.
  • desderman oder octeniderm. Das ist derzeit stark gesucht, das ist Hautdesinfektionsmittel, das tatsächlich gegen Bakterien und Viren wirkt. Desderman enthält neben Alkohol noch Biphenyl, das gegen Schimmelpilze wirkt. Das ist ein Kohlenwasserstoff, der sich über die Belederung hermacht. Octeniderm hat vor allem Propanol (2-Propanol = Isopropanol) drin – und ein paar Zusatzstoffe..
  • Octenisept ist Wunddesinfektion. Das hat als Wirkstoff Octenidindihydrochlorid drin – und dann noch 98% anderes Zeug, das nicht wirklich was auf Kameras verloren hat.
  • Ethanol. Simpler, 90- oder 95% iger Ethanol. Alkohol. Apotheke. Hilft gegen Viren, tut der Belederung nicht mehr als notwendig weh. Kann man auch zum Reinigen des Sensors verwenden. Es wird teilweise behauptet, 70% reicht – 90% ist besser. Auch vor dem Hintergrund, dass Alkohol aus dem Wasser verdunstet, mit der Zeit ist also immer mehr Wasser im Alkohol.
  • Brennspiritus. Ist ein wunderbares Desinfektionsmittel – leider mit irgendwelchen Sache vergällt, die ebenfalls auf der Kamera nichts verloren haben.

Anwendung: den Alkohol (nochmal: Ethanol. Nix sonst!) reichlich auf ein sauberes, frisch gewaschenes (60°!) und gebügeltes ( Bügeln desinfiziert!) Tuch geben und dann die Kamera damit einsauen. NICHT trockenreiben sondern den Alkohol verdunsten lassen. Es geht nicht drum, die Viren abzuschrubben, sondern die Viecher zu killen. Die Leichen pappen dann auf der Kamera. Das soll so.

Es geht dabei nicht darum, dass man Viren des Vorbesitzers beseitigt, denn das Corona – Virus überlebt keine 24 Stunden in trockenem Medium. Es geht dabei vor allem darum, dass man Viren loswird, die man selbst drangeschmiert oder die jemand anderes gerade draufgehustet hat. Weitere Vorsichtsmaßnahme: Nicht durch den Sucher fotografieren. Nutzt das Display, dafür haben wir es. Lasst die Kamera vom Gesicht weg.

Nochmal: Lasst die medizinischen Desinfektionsmittel denen, die sie brauchen: medizinischem Fachpersonal. Für uns Fotografen ist simples Ethanol definitiv die beste Lösung.

Update vom 19.9.2020:

Der Spiegel hat Virulogen befragt. Als hätten die hier abgeschrieben….. 😉

16 Replies to “Desinfektion”

  1. Da stimme ich im Großen und Ganzen zu. Vor allen Dingen ist es bei der Sensorreinigung richtig, möglichst hochprozentigen, also ca. 96% Ethanol zu verwenden. Für die bakterizide und viruzide Wirksamkeit von Ethanol oder Iso-Propanol stimmt das so nicht ganz, dass 90% besser wäre. Wohl löst sich in sehr hoch % igem Alkohol die äußere Lipidschicht von Keimrn gut auf und sie lassen sich mit sehr hoch konzentriertem Alkohol gut von Haut und Oberflächen enfernen. Für die Durchdringung der äußeren Zellmembran von Keimen und somit deren sicheren Abtötung ist hingegen ein Wasseranteil von 20-30 % notwendig um ins Innere zu diffundieren. Hat was mit Diffusionsfähigkeit und im weitesten Sinne mit Osmose zu tun. Zumindest galt das für Keime in der Zeit als ich noch als MTA in mikrobiologischen Laboren gearbeitet habe. Und meines Wissens hat sich da nix grundlegend geändert.
    Gruß aus HH
    Achim
    PS: Ich hab ganz gute Erfahrungen mit dem glibberigen Cyber Clean gemacht. Nimmt sichtbaren Dreck sowie Keime auf. Ist alkoholisch und meine Belederungen haben es nach nunmehr einjährigem Einsatz gut vertragen.

    1. Virionen wie das SARS-COV-2 Virion haben keine Zellmembran. Deshalb: viiiel Alkohol. Und da der Alkohol ja zuerst verdunstet, reduziert sich der Alkoholgehalt der Lösung von alleine. Deshalb soll man ja die Desinfektionslösung einwirken lassen – und nicht abwischen.

      1. Gerade nochmal nachgelesen. RKI empfiehlt Stand 23.3.2020 zu SARS-CoV-2: Zur Desinfektion sind Mittel mit nachgewiesener Wirksamkeit, mit dem Wirkungsbereich “ begrenzt viruzid“ (wirksam gegen behüllte Viren) anzuwenden.
        Auch Wikipedia (ich weiß, ist keine medizinische Bibel) beschreibt unter taxonomischen Merkmalen des Virus: Hülle vorhanden
        Wie dem auch sei, wir sind uns einig: Alkohol hilft.
        Gruß aus HH Achim

        1. Jo – Hülle vorhanden, aber eben keine Zellmembran. Aber das ist – Du hast recht – Korinthenkackerei. Reinen Alkohol drauf: Tot. Und ja, bei Händedesinfektion und auch Flächendesinfektion in Kliniken kann man das übliche Instrumentarium nehmen. Unsere Knipsen mögen aber ziemlich viele von den Stoffen, die in den Medizinprodukten sind, nicht. Deshalb auch wieder: Ethanol. (Und definitiv nicht Franzbranntwein….)

          1. So isses. Ob Membran oder Hülle, der Schnaps muss da durch um die Eiweiße der DNS zudenaturierenund damit den kleinen Bösewicht unschädlich zu machen.

  2. Guten Morgen,
    Wenn es um diese Nachricht geht.
    https://www.oly-forum.com/topic/25382-wg-corona-virus-kamera-desinfizieren-mein-tipp/?tab=comments#comment-351431
    Der im dritten Thread enthaltene Link ist von mir eingebracht, kommt von Digitalfunk Brandenburg.In der geöffneten PDF Datei ist tatsächlich ein Motorala Funkgerät abgebildet.
    Dieser Link, wie auch andere Link oder Themenverwaise in anderen Themen werden gerne benutzt um das ganze Thema aufzureiben , etwas Sinnvolles bleibt dann selten zurück. Aufklärung und Information spielt dann keine Rolle mehr.
    Das von dir eröffnete Thema geht sachlicher zu Werke.
    Meine Einstellung zu dem Link sagt, der Kunstoff von Funkgeräten und Kameras dürfte sich in der machart nicht gross unterscheiden.
    Ergo: für die Zukunft, eine bessere Genauigkeit in der Textformulierung. Ganz aus dem Thema heraus halten und sich zurück ziehen, die Zeit sinnvoller nutzen.
    Sollte der Tag kommen wo an einer Selbstwaschanlage der Hinweis angebracht ist, die Sprühlanze nur zur Aussenanwendung am PKW zu benutzen, dann geht es mit der Menschheit endgültig bergab.
    Grüße Wolfgang

    1. Das große Problem – schon früher bei der Kamerareinigung – ist, dass man nicht weiß, was drin ist. Franzbranntwein kann die verschiedensten ätherischen Öle enthalten. Von Eukalyptus bis Orange. Wenn man Pech hat, pappt die ganze Kamera hinterher elendiglich. Handdesinfektionsmittel enthalten Öle unbekannter Zusammensetzung für die Hautpflege. Nicht gut. Flächendesinfektionsmittel enthalten meist Tenside (z.B. Alkylaminopropylglycin) – das ist für die Dichtungen in unseren Kameras und Objektiven tödlich. Und wir wissen nicht – und Olympus rückt da auch nichts raus – aus welchem Kunststoff die Belederungen sind. Das ist bei den Kameras unterschiedlich. Wir haben also zwei Stoffe – Reinigungsmittel und Kamerabelederung – mit unbekannter, chemischer Zusammensetzung. Was da passiert, ist unvorhersehbar. Deshalb mein Rat, zumindest eine Unbekannte rausnehmen und auf Alkohol und Aqua Dest setzen. Ich habe zudem fast alle Olympus-Kameras schon mit genau dieser Zusammensetzung geputzt und in den letzten 15 Jahren keine Schäden festgestellt. Ob das mit Canons oder Panasonic oder Nikon geht – keine Ahnung. Das ist aber hier nicht das Thema.

  3. https://www.tagesschau.de/faktenfinder/coronavirus-oberflaechen-101.html

    Wenn man nun davon ausgeht, dass ein verantwortungsvoller Fotograf neben Händeschütteln vermeiden und Abstandhalten auch das Herumreichen seiner Kamera bleiben lässt, sollte es eigentlich reichen die Kamera abends einfach für ein paar Stunden beiseite zu legen. Wer sicher gehen will, gönnt Ihr eine dreitägige Auszeit (z.B. bei Gebrauchtkauf).

    Ob Berufsfotografen bei einer Sicherheitskontrolle ihre Kamera aus der Hand geben müssen oder welche anderen Gründe derzeit noch für eine Desinfektion sprechen (Berichterstattung aus Krankenhäusern/ Pflegeheimen) mal unbeachtet gelassen, scheint mir eher die Unterbrechung des möglichen Übertragungswegs vorrangig zu sein. Wenn das nicht möglich erscheint, sollte man zuerst sein Handeln hinterfragen. Im zweiten Schritt meinetwegen dann die Desinfektion.

    Aber es kommen ja hoffentlich auch wieder Zeiten nach Corona und bei den Veranstaltungen wo dann das Equipment gemeinsam begrabbelt wird, sollte man sicher als Eigentümer über eine anschließende Desinfektion nachdenken, auch wenn während der Veranstaltung Einweghandschuhe die bessere Wahl wären.

    Mein persönliches Fazit jedoch bleibt, wer sich bezogen auf die aktuelle Lage genötigt fühlt, seine Kamera in Alkohol zu tunken, macht prinzipiell was verkehrt.
    Viele Grüße
    Frank

  4. Volle Zustimmung. Den Hinweis auf den Franzbranntwein finde ich auch befremdlich . Würde mir und hier kann ich nur für mich sprechen, nicht einfallen dies an einer Kamera etc. zu benutzen.
    Wenn man mittlerweile seinen geschriebenen Text im Forum vor dem absenden behandeln muss als würde man eine Verfahrensanweisung oder ein Sicherheitsdatenblatt ausarbeiten…hmm.
    Quatsch und ungenauigkeiten soll sich durch meinen Beitrag im Forum nicht verbreiten, lasse mich auch korrigieren, lerne gerne dazu, geht es dem gegenüber aber nur ums draufhauen, das ist mir dann zuviel.
    Ich bin hier aus dem Thema aus Zeitmangel jetzt draussen.
    Bleibt gesund.
    Grüße Wolfgang

    1. Im Augenblick ist so viel Mist unterwegs – weil es Leute lustig finden, Blödsinn zu verbreiten, weil Leute mit Corona Clickbait machen, oder weil vielleicht ein paar Leute einfach nichts zu tun haben – dass es leider notwendig ist, Fehlinformationen, die im besten Fall nur eine Kamera ruinieren und im schlimmsten Fall Menschen das Leben kosten, richtig zu stellen.
      Ich mache da niemand einen Vorwurf draus. Selbst medizinisches Personal fällt auf FakeNews rein – und ich auch. Aber deswegen versuche ich, immer zuerst Leute zu fragen, die sich mit sowas auskennen.

  5. Bei übertriebener Virenangst empfehle ich das Desinfektionsmittel in der großen Flasche zur innerlichen Anwendung.
    Die Übertragung über Oberflächen ist bei Corona nun wirklich nicht das Hauptproblem.

    1. Achtung. Nur weil jemand mal Arzt war, bedeutet das nicht, dass er eine aktuelle Hygienefachausbildung hat. Soweit ich beurteilen kann, erzählt er aber keinen Unfug – außer: Seife hat auf unseren Objektiven nichts, aber auch gar nichts verloren. Seife enthält Tenside und Tenside sorgen dafür, dass die Dichtungen unserer Objektive unterwandert werden. Und die Tenside haben IM Objektiv nichts, überhaupt nichts verloren. Das mag sein, dass das bei Canon- oder Nikon-Objektiven kein Problem ist. Aber bei den Olys bitte nicht! Ich hatte in einigen Büchern mal ein Foto eines Objektivs, bei dem sich die Tenside einen Weg ins Innere des Objektivs gebahnt hatten. Schaum hinter der Frontlinse. Geil.
      Und: er warnt davor, die Kameras mit Alkohol „einzuweichen“. Das ist bei den Olys, zumindest bei den abegedichteten Olys, kein Problem. Wenn’s nicht so teuer wäre, könnte man die Olys unter ne Alkoholdusche stellen. Also ruhig viel Alkohol auf den Lappen tun.
      Die von ihm angesprochene Studie über die Haltbarkeit von Viren auf Oberflächen ist bekannt – allerdings ist diese Studie eben unter Laborbedingungen mit wässriger Lösung vorgenommen wurden. Details sind dazu nicht bekannt, deshalb ist die Übertragbarkeit der Studie auf das reale Leben zweifelhaft. Selbst wenn die Studie korrekt sein sollte.
      Achtung. ALLE Studien die derzeit veröffentlicht werden, sind nicht „reviewed“. Bis so eine Studie durch den Review-Prozess geht, dauert das Monate. Bis dahin ist alles, was da veröffentlicht wird, mit ausgesprochener Vorsicht zu genießen. Und wenn da hundertmal ne renommierte Uni dransteht.
      Derzeit ist derjenige, der sich am Besten mit der Lage auskennt, Christian Drosten. Ich empfehle den NDR-Podcast mit ihm. KEINE Zusammenfassungen aus zweiter oder dritter Hand. Nur das Original ist original.

  6. Muß in meinem Job ein bißchen aufpassen. Verwende für die periodische Oberflächendesinfektion von notwendigen Tools wie persönliche Sehbrille, berufliches DECT-Telefon, alte Oly-TG4 (zur geleg. nützlichen Fotodokumentation) reinen Putzalkohol (90-96% je nach Hersteller). Hohe Viruzidität für behüllte Viren (beginnt eigentlich schon bei 62-70%), aber je höher, desto besser. Gute Wirksamkeit für evtl. zusätzliche unbehüllte („Läuse und Flöhe“; alles ist Belastung für Immunsystem).
    Keine Rückstände oder Schäden an den Geräten bis jetzt festgestellt, penetranter Geruch verfliegt bald. Zwei Tips: Einwirkzeit beachten (und Putzpapier voll fett getränkt; klotzen statt kleckern), sowie Verschluß der Ethanolflaschen kontrollieren (einige sind undicht, damit rasante Verflüchtigung).
    Derzeit verzichtbar für mich zusätzliche Virusrefugien bzw. -schleudern wie Armbanduhr und Handy

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