Über lebensgefährliche Fotografie

Fotografie ist kein harmloses Hobby. Und zwar unabhängig von der Kriegsberichterstattung. Die Suche nach dem endgeilen Bild lässt einen manchmal die Vorsicht vergessen.  Das oben ist während einer Rallye gemacht worden. Ich war dort als Journalist akkreditiert und habe mich dort aufgestellt, wo es mir der Streckenposten genehmigt hat. Und ich habe die vorgeschrieben Warnweste getragen und mich anständig verhalten und lange Brennweiten verwendet.

Das hier war schon heikler. Da stand ich am Straßenrand, allerdings hinter einem Baum und bin mit 34mm auf den Porsche los.  Und vor lauter Langeweile habe ich dann das hier gemacht:

Das ist eine Fisheye-Aufnahme. Dabei stand ein leichtes Stativ am Straßenrand und ich habe mit Kabel-Fernauslöser aus der Deckung hinter einem dicken Baum ausgelöst.  Nochmal: Ich hatte eine Genehmigung. Ich stand in – relativer – Sicherheit. Dies ist keine Kurve, sondern eine gerade Strecke, die nur so aussieht. So etwas ohne Genehmigung und Anweisung des Streckenpostens aus der Hand zu machen ist Selbstmord. Und auch für den Fahrer extrem gefährlich. Wer mit so was keine Erfahrung hat, sollte so was nicht mal versuchen! Und nicht umsonst müssen akkreditierte Fotografen bei Rallies unterschreiben, dass sie den Veranstalter nicht haftbar machen, wenn sie überfahren werden.

Ich habe bei solchen Rallies immer wieder Hobbyisten gesehen, die über die Strecke gelaufen sind und sich von den Streckenposten nicht abhalten ließen sondern richtig pampig wurden, als man ihnen erklärt hat, dass sie gerade mit ihrem und dem Leben anderer spielen.

Fotografie ist aber nicht nur bei Rallies lebensgefährlich, sondern auch im Alltag. Hier habe ich eine Rafting-Veranstaltung fotografiert. Vom Land aus.

Man denkt, easy-peasy, lange Brennweite. Fertig. Nur dass halt der Weg zum Ufer etwas steil war und beim Wiederaufstieg der Baum, an dem ich mich festgehalten habe, aufgegeben hat. Und Zack lag ich rückwärts im Unterholz. Mitten in Norwegen. Allein.  Dass ich mir nichts gebrochen habe außer meinen Objektiv und meiner Selbstsicherheit ist ein blankes Wunder.

All diese lebensgefährlichen Fotos sind legal. Und auch dieses Foto ist es:

Fotografen und Models haben auf einem Flughafenvorfeld normalerweise absolut nichts zu suchen. In dem Fall durften wir, weil wir eine begrenzte Vorfeldgenehmigung hatten. So etwas auf eigene Faust zu tun, kann tödlich sein.

Es gibt Gegenden, in denen darf nicht fotografiert werden.  Ich hab’s schon mal vor zwei Jahren thematisiert, aber anscheinend muss man das öfter machen.  Diese Gegend nennt sich „Gleiskörper“.  Das ist das Ding, wo die Bahngeleise drauf sind. Das Betreten dieses Körpers ist verboten. Das kostet bis zu 5000 Euro. Und wenn aufgrund von „Personen in den Gleisen“ ein Zug angehalten werden muss, dann wird das erst richtig teuer.  Und wir reden noch nicht darüber, was passiert, wenn der Zug nicht rechtzeitig angehalten werden kann – und so ein ICE hat einen Bremsweg von lockeren 2 Kilometern.

Um es klar zu sagen: Es gibt von der Bahn keine Genehmigung von Fotos auf dem Gleiskörper. Keine, die irgendwer bezahlen will. Und die Bahn gibt auch keine Erlaubnis für vermeintlich oder tatsächlich stillgelegte Gleise. Es gibt ein paar Museums-Bahnhöfe, wo es im Rahmen eines Workshops erlaubt ist und Bahnfreaks werden bei manchen Museums-Eisenbahnen in den Gleisen toleriert, wenn die Bahn steht.

Aber auch wenn die Zittauer Schmalspurbahn jetzt nur 30km/h erreicht – in den Gleisen hat da keiner was verloren.

Nun ist es natürlich so, dass alles, was verboten ist, reizt. Und irgendwelche Helden denken, knapp bekleidete Models mit hohen Schuhen, die auf Schienen sitzen, wären sexier als ohne Schienen.  Denen sei gesagt: Ihr stellt damit nur eines unter Beweis: ihr seid ahnungslose Amateure. Euch fällt nichts Besseres ein, als eure belanglosen Fotos mit dem Hauch des Verbotenen zu würzen und riskiert damit euer und das Leben des Models.

Es gibt immer noch Workshops von Leuten, die Geld damit machen, anderen Leuten beizubringen, wie man auf Schienen knipst. Wow. Ich kann euch auch beibringen, wie man an einem Aluminium-Ofen fotografiert. Ist auch lebensgefährlich und deutlich exklusiver. Nur werdet ihr damit nichts anfangen können. Genauso wenig wie mit dem Wissen eines Gleisworkshops. Es sei denn ihr habt ne Privatbahn oder einen eigenen Alumiumschmelzofen.

Hier kommt übrigens absolut niemand auf die Idee, HighHeels und Strapse anzuziehen, weil es besser auskucken könnte….

Ich habe mal ein Model gefragt, warum Sie sich da auf den Schienen hat ablichten lassen. „Der Fotograf hat gesagt, das wäre OK“. Es wäre ihr schon mulmig gewesen, aber der Fotograf hätte drauf bestanden. Mädels, lasst euch von solchen Möchtegerns nicht verarschen. Im Zweifel gibt’s von euch ein Foto, wie ihr mitten auf dem Gleis steht. Da weiß die Bahn gleich, wo sie die Rechnung hinschicken kann.

 

 

13 Replies to “Über lebensgefährliche Fotografie”

    1. Ich schreibe es jedes Mal neu. Und anders. Und mit anderen Bildern. Dass sich die Themen gleichen – ja. Ist halt so. Die Fotografie-Themen sind nunmal immer wieder ähnlich.

      1. Oh, so war es nicht gemeint! Ich wollte zum Ausdruck bringe: leider lernen es manche nie, leider kommen immer wieder neue dazu, die den gefährlichen Unsinn auch ausprobieren müssen.

        1. Da hast Du auch wieder recht. Aber wenn wir es schaffen, den Leuten beizubringen, bei Rot – der Kinder wegen – nicht über die Ampel zu gehen, dann sollte es doch auch möglich sein, den Leuten einzuhämmern, sich von Gleisen fernzuhalten. Es gibt in Deutschland DOPPELT so viele Gleistote wie im Straßenverkehr getötete Fußgänger. Die Zahlen im Straßenverkehr sind seit 2003 fast auf die Hälfte runter. Das muss doch auch auf den Schienen möglich sein!

  1. „Aber wenn wir es schaffen, den Leuten beizubringen, bei Rot – der Kinder wegen – nicht über die Ampel zu gehen…“

    Schaffen wir ja leider nicht! – Aufgeben werde ich aber trotzdem nicht!

    jm2c, martin

    1. Was soll eigentlich dieses beknackte „der Kinder wegen“? Ich gehe nicht bei Rot, weil es ansonsten für mich gefährlich sein kann. Nicht für irgendwelche Kinder!

      1. Es ist ziemlich egal, ob man „der Kinder wegen“ nicht geht, oder wegen sich selber, oder weil man die Pause für einen schnellen Mailcheck verwenden kann. Hauptsache man bleibt stehen. Es ist mir auch egal, ob jemand nicht auf Schienen geht, weil es verboten ist, weil die dort entstehenden Fotos eh zum Gähnen sind oder weil er mir nen Gefallen tun will. Hauptsache er bleibt in sicherer Entfernung.

        1. Nur ist dieses „der Kinder wegen“ ja nicht Ihre Erfindung, sondern man sieht solche eigentlich illegalen Hinweise auch an Ampeln. Dadurch bekommt eine Regel der StVO eine gewisse Beliebigkeit und das ärgert mich. Es gibt schon einen Unterschied zwischen „Bei Rot muss gewartet werden.“ und „Verwende keine Fremdakkus.“.
          Ansonsten aber – volle Zustimmung zum eigentlichen Artikelthema. Ich fotografiere Sport und kann die Verärgerung komplett verstehen.

  2. Also: Grundsätzlich lässt sich in Deutschland für alles, was irgendwie physikalisch machbar und dabei keine Verfassungswidrigkeit und keine Straftat ist, eine Genehmigung einholen. Selbst bei verfassungswidrigen Dingen (Verwendung von Symbolen entsprechender Organisationen etc.) macht der Staat Ausnahmen – für künstlerische, wissenschaftliche oder bildende Zwecke. Da kann man auch eine Genehmigung für eine Aufnahmesession im normalerweise verbotenen Gleisbereich (ist ja etwas mehr als nur Gleiskörper) sehr wohl erhalten.

    Aber: es kostet! Es kostet Zeit, Aufwand – und Geld. Denn eine Fotosession auf den Schienen (oder neben ihnen) gilt rechtlich als „Arbeiten im Gleisbereich“. Für diese, gerade für „Betriebsfremde Personen“, gelten ganz klare Vorschriften – sonst erteilt tatsächlich niemand eine Genehmigung. Und diese Regelungen sind gar nicht ohne. So muss der Gleisabschnitt nach festgelegten Regeln weiträumig gesperrt und mit Posten gesichert werden. Entsprechend muss der sonst übliche Verkehr geregelt werden. Vor der Session ist eine Unterweisung aller Beteiligten vorgeschrieben. Nicht zuletzt ist im gesamten Gleichbereich entsprechende Arbeitsschutzbekleidung Pflicht – ich gehe nicht davon aus, dass es High Heels oder Pumps als Sicherheitsschuhe der Schutzklasse 2 bis 3 gibt (wobei es mittlerweile auch recht coole Sicherheitsschuhe auf dem Markt gibt). Und, und, und. Wer das alles zeitlich und finanziell leisten kann, bekommt auch eine Genehmigung. Bei der DB dürfte es etwas länger dauern und u.U. teurer sein als bei einer Regionalbahn, aber auch da gibt es Unterschiede.

    Ich war bereits mehrmals beruflich an Foto- und Filmarbeiten in Gleisbereichen beteiligt, u.a. für Lernmedien. Der Planungs- und Koordinierungsaufwand ist dabei enorm, um einiges Höher als „mal eben für Tatort eine Straße sperren“ (O-Ton eines im Bahnbetrieb Verantwortlichen). Wie gesagt: machen kann man es, nur zu einem Preis, den kaum ein Gespann Fotograf ./. Mannequin einfach so tragen würde. Insofern hat der Autor des Artikels natürlich Recht – von der rein praktischen Seite.

    1. Ich habe selbst schon Genehmigungen solcher Art beantragt und erhalten. Selbst eine simple Genehmigung für einen Fotoshoot auf einem Bahnhof außerhalb (!) des Gleisbereichs erfordert erheblichen Aufwand und etlichen Papierkrieg. Kein Hobbyist treibt den Aufwand. Aber wie Du schreibst – dieser Aufwand hat eben Sicherheitsgründe. Und das Problem ist eben das Beispiel, das man gibt. Dem fertigen Foto sieht man hinterher den Papierkrieg nicht an – und irgendwer denkt dann „was der kann, kann ich auch“. Darf er aber halt nicht.

      1. Gut, auf einem Bahnhof (HBf einer 200-Kiloeinwohner-Stadt) habe ich schon mit relativ wenig Aufwand Genehmigungen erhalten – sogar für ganze kleine Gruppen (meine Workshop- bzw. Kursteilnehmer –auch noch mit Stativen!). Einfach angerufen, mich zu dem Verantwortlichen durchstellen lassen, sachlich die Sache dargestellt und angefragt: „läuft“. Es gab natürlich Auflagen, aber keine einschränkenden. Die Bahn hat anschließend die besten Bilder als hochwertige Prints bekommen. Das alles war aber so um die 10 Jahre her; mag sein, dass es mittlerweile restriktiver geregelt wird.

        Wie Du absolut richtig sagst, es ist in jedem Fall Aufwand, und dieser kann sich lohnen – oder auch nicht. Betreiben muss man ihn in jedem Fall. Und, ganz wichtig: wissen, dass man ihn betreiben muss.

        viele Grüße

  3. No Risk – no geiles Bild…..
    Danke Reinhard.
    …. mir kommt immer wieder das große Kotzen, wenn ich diese wertfreien Gleisbilder sehen muss.

    Vielleicht sollten wir mal auf die Autobahn gehen… wäre doch mal was anderes. So Spritzbilder mit 200km/h von der Autobahn ….. naja der Modelverbrauch wäre aber doch recht hoch….

    Ich denke das kann noch so oft gesagt werden, es wird immer wieder Doofis geben die solche Bilder geil finden…..
    Aber es muss einfach immer wieder gesagt und geschrieben werden.

  4. Pingback: Rallye, Jets und Eisenbahnen – pen-and-tell

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