Fotografie und Klimawandel

Mittwoch abend lief im SRF eine Folge „Kulturplatz“, Titel „Klimasünderin Fotografie“. In dem Streifen geht es im Wesentlichen um drei Dinge: Den Silberverbrauch der analogen Fotografie (die zu den Hochzeiten der Filmknipserei die Hälfte der Weltsilberproduktion verbraten hat) , die aktuelle Smartphoneproduktion mit der Coltan-Förderung und den Stromverbrauch der Clouds, in die die Smartphones ihre Bilder hochladen.

Wir Systemkamerafotografen wurden nicht mal erwähnt.

Stellen wir die Zahlen trotzdem mal in einen Zusammenhang. 2022 wurden weltweit knapp 6 Millionen Kameras mit Wechselobjektiven verkauft. Im gleichen Zeitraum wurden 1,2 Milliarden Smartphones verkauft. Der Anteil der Kameras mit Wechselobjektiv liegt also bei flotten 5 Promille. Wenn man dann noch rechnet, dass derzeit im Jahr weltweit etwa 30 Millionen Drohnen verkauft werden – und zwar nur private/gewerbliche Drohnen, (Gesamtmarkt 34,5 Mrd Euro) und dass der Markt von Überwachungskameras längst bei weit über 100 Mrd liegt und man weiß, dass der Gesamtkameramarkt weltweit bei knapp unter 4Mrd liegt, dann kann man sich ausmalen, wo die Auswirkungen der Knipsen für die Umwelt liegen.

Der BLS für die kleinen Kameras hat bei 7,2V 1200mAh. Eine Handy-Akku liegt bei 3,75V und etwa 4000 bis 5000mAh. Das entspricht etwa dem Akku der OM-1. Nur dass der problemlos austauschbar ist.

Und was noch: Der Stromverbrauch der Cloud. Die allerwenigsten Kameras haben direkten Internetzugang, ein direktes Hochladen aus der Kamera auf externe Server scheidet also bei den meisten Kameras aus. Es gibt Fotografen, die tatsächlich komplett „in der Cloud“ arbeiten, das betrifft vor allem Adobe-Abonnenten, aber die meisten Systemkamerafotografen arbeiten lokal. (Über den Sinn oder Unsinn, seine Daten einem kommerziellen, ausländischen Anbieter unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, dafür auch noch zu zahlen und keinerlei Sicherheit zu haben, dass diese Daten nicht geklaut, missbraucht, zerstört oder überhaupt für längere Zeit gesichert sind, kann man an anderer Stelle diskutieren.)

Also: müssen wir uns Sorgen machen? Im Zweifel ist der Fototrip nach Südamerika umweltschädlicher als das Equipment, das wir dafür verwenden und das Handy, auf dem die OiShare-App läuft, dreckiger als die Kamera.

Ja, man sollte sich Gedanken machen. Ob man eine neue Kamera kaufen muss, wenn man die alte noch nicht beherrscht. Ob man eine Kamera braucht, wenn man in drei Jahren gerade 2000 Bilder damit macht. Ob es nicht vielleicht sogar eine Gebrauchte tut. Und ob ein Systemwechsel zielführend ist. Kann man sich Gedanken machen.

Aber wieder mal sind es die anderen, die den wirklich großen Mist machen. Die Typen mit dem Smartphone…..

Ach, das haben wir auch? Ach was…..

Das Titelbild ist übrigens aus der TG-1….

2 Replies to “Fotografie und Klimawandel”

  1. Vermutlich muss mensch nicht einmal nach Südamerika reisen, damit die Reise selbst umweltschädlicher ist als das Foto-Equipment…
    …und ich fürchte, die Rechner-Systeme und deren Betrieb, mit denen wir unsere Bilder bearbeiten, sortieren, speichern, etc. sind auch nicht ohne.
    Trotzdem tut es (mir) gut, nicht immer die neusten Modelle kaufen zu müssen, sondern nach wie vor mit meinen alten Kameras zu fotografieren.
    grübelt
    Martin

    PS.: Hast du irgendwoher halbwegs verlässliche Daten über den Öko-Fußabdruck von Gebrauchs- und Konsum-Gütern?

    1. Ich forsche alle paar Monate nach solchen verlässlichen Daten. Es gibt eine Liste der Co2-Fußabdrücke von Bürodruckern. Die ist aber schon etwas älter aber so ziemlich die einzige, halbwegs brauchbare Quelle. Die Werte, die zum Beispiel Autohersteller angeben sind blanke Phantasie. Auch die Werte, die von Umweltorganisationen angegeben werden, sind – leider – in den allermeisten Fällen bestenfalls (!) „begründete Schätzungen“. Also rein politische Zahlen. Deshalb werden da auch nie ernsthafte Berechnungsgrundlagen mitgeliefert, sondern immer nur, „Wir haben den CO2-Fußabdruck berechnet“.
      Der Kauf und die Weiterverwendung von Gebrauchtgeräten ist – verblüffenderweise – Carbon-Negativ. Sobald etwas produziert ist, ist der Umweltschaden bereits angefallen. Wird es nun entsorgt, fallen weitere Umweltschäden an. Wird die Entsorgung nun hinausgezögert, weil es weiterverwendet und im Idealfall sogar unter Einsatz von kleinen Ersatzteilen repariert wird, fällt dieser Umweltschaden nicht an.
      Mal ein Beispiel wie komplex das ist: Es gibt den Benzin-CO2-Rechner. Pro Liter Sprit fallen 2,4 Kilo CO2 an. Ein Auto mit 8 Liter Verbrauch produziert auf 100.000km also 19 Tonnen CO2. Kaufe ich ein neues Auto mit 2 Liter weniger Verbrauch, so spare ich auf 100.000km etwa 5Tonnen CO2 ein. Stimmt diese Rechnung? Nein. Denn der Sprit muss überhaupt erstmal aus Öl hergestellt und bis an den Tankeinfüllstutzen geliefert werden. Um das exakt zu berechnen, müssen alle Folgen der Produktion berechnet werden. Bis hin zu der Erwirtschaftung der Steuergelder, die den Mineralölkonzernen als Subvention zufließen. Auch das verursacht CO2. Und dem Bau der Milliardärsvillen der Bosse. Dann ist ein neues Auto umweltfreundlicher? Äh – Nein. Denn genau den gleichen Rattenschwanz zieht die Produktion des Autos nach sich. Bis hin zum Bau des Schiffes, mit dem diese Fahrzeuge vom Produktionsstandort zum Kunden transportiert werden. Und der Luxusjacht des Reeders, der da dran verdient. Sobald ich ein neues Produkt erwerbe, wird der CO2-Fußabdruck sehr schnell unübersichtlich. Der einzige Ausweg ist, so wenig neue Produkte wie möglich zu erwerben.
      Und um mich jetzt gleich vollends zum Horst zu machen: Hoch verarbeitete Lebensmittel (highly processed food) werden gerne als besonders klimafreundlich behauptet, weil die Grundstoffe eben pflanzlicher Natur sind. Der Bau, Wartung und Betrieb der dafür notwendigen Maschinen, Gebäude, Lieferinfrastruktur usw wird aber gerne unterschlagen. Warum? Weil das dann eben sehr komplex wird und man draufkommt, dass eben nicht der einzelne Konsument an der Misere schuld ist – sondern mutlinationale Konzerne, die ausreichend Geld, Mittel und Hebel hätten, Hunger und Klimakatastrophe von heute auf morgen zu stoppen. BP ist aber in den späten 70ern auf die geniale Idee gekommen, den schwarzen Peter dem Endkunden zuzuschieben, der weder Mittel noch Wege hat, seinen CO2-Fußabdruck für das Klime entscheidend zu reduzieren. Und seitdem rennt die Story rum, der Endverbraucher wäre schuld weil er das Neueste, energiesparende Gadget nicht gekauft hat.

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