Über professionelle Fotografie

Noch ein alter Artikel. Vom Januar 2019. Damals war gerade „People-Fotografie“ „in“ – jetzt ist es anscheinend Vogelfotografie. Aber sonst hat sich nichts geändert.

In den letzten Jahren haben es viele Autodidakten geschafft, den Begriff „professionelle Fotografie“ umzudeuten. Ein „Profi“ ist nicht mehr der, der seine Handwerksleistung oder seine journalistische Leistung verkauft, sondern ein Profi ist der, der möglichst viel Aufhebens um seine Bilder macht und sie in möglichst vielen sozialen Medien postet.

Profi wird man dadurch, dass man „mit professionellem Anspruch“ fotografiert. Die Bilder werden mit viel Aufwand aufgebretzelt und veröffentlicht. „Kuck mal da, was bin ich für ein Held“.

Klappern gehört zum Handwerk, und Werbung muss sein. Alles klar.

Aber mittlerweile wird ein Fotograf nicht mehr ernst genommen, der nicht serienweise People-Knipsereien veröffentlicht. Mit dem „phantastischen Model A“ und der „unvergleichlichen B“. Da frage ich mich dann immer, wer das eigentlich gezahlt hat. Also welcher Auftraggeber denn diese Bilderchen zahlt? Und dann das OK dafür gibt, dass seine teueren Bilder für Eigenwerbung von Fotograf und Model verwendet werden? Und warum?

Der Effekt ist, dass auch Kamerahersteller auf diese Leute reinfallen – denn das sind ja die Profis. Mit den Followern.

Ich kenne hervorragende Fotografen, Profis, die haben nicht mal nen Instagram-Account. Die haben keine Zeit für solchen Unfug. Ich mache Kinderbilder und Familienbilder und Hochzeitsbilder und Firmenporträts und Produktfotografie und so weiter. Nichts davon steht bei mir im Netz, weil das Auftragsarbeiten sind. Ich kriege Geld, der Kunde kriegt die Bilder, Ende der Geschichte. Gelegentlich kriege ich von den Katalogen dann Belegexemplare, oft genug aber auch nicht.

Das Bild oben ist ein Titelbild eines Katalogs. Von vor zehn Jahren. Ja, ich habe mal mein Geld damit verdient, Käse zu fotografieren. Und Wurst.

Das sind Rohlinge für Bürostuhlmechaniken. Hat weder Busen noch Hintern, die Fotos werden aber bezahlt. Die Firma ist jetzt nicht sooo klein.

Herr Kago mit Gattin im Vierspänner – als Kago noch Kamine baute. Damals war ich als Journalist unterwegs, habe aber ein ganzes Eck meiner Ausbeute dieses Events in Zweitverwertung verkauft. Da Herr Kago ne Person der Zeitgeschichte ist (war), darf ich das hier zeigen.

Das dagegen ist nicht professionell. Das ist blankes Hobby. Hat keiner gezahlt und wird auch nie jemand zahlen. Aber ist definitiv Insta-tauglich. Im Gegensatz zu den Fotos oben.

Es gibt in Deutschland eine Handvoll Naturfotografen, die tatsächlich von der Fotografie leben und nicht von den Kameraherstellern, die sie promoten um den anderen Naturfotografen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Gibt es also einen Markt für eine Kamera, mit der es gelingt, Vögel perfekt zu fotografieren? Klar. Aber nicht im professionellen Bereich.

Ich will hier nicht Amateure abfällig beurteilen. Frank Rückert von Pen3.de macht faszinierende Bilder und ist bekennender Hobbyist. Es gibt da einige, die es wirklich drauf haben. Und Handwerkskollegen, die Anfängerfehler machen. Die Diskussion ist uralt und soll nicht aufgewärmt werden.

Es geht mir darum, dass man im Internet angeblich die Qualitäten eines Fotografen anhand seiner Bilder beurteilen kann. Wenn da keine Hochzeitsbilder sind, dann kann es sein, dass er sowas nicht macht – oder dass er keine Kundenbilder ins Netz stellt.

Ich habe letzthin erst wieder einen ganzen Schwung Videos aus dem Netz nehmen müssen, weil das Label der Band einen Imagewechsel haben will und da die alten Videos nicht mehr dazu gepasst haben. Der Kunde ist König, auch wenn man manchmal mit den Zähnen knirscht. Aber genau das ist es eben auch, was professionelles Handeln ausmacht.

5 Replies to “Über professionelle Fotografie”

  1. Da ich die OM-5 Mark I I/II (1,5 in römisch) Beta-testen darf, kann ich Entwarnung geben. Mit People-Fotografie ist es eh vorbei. Die Erkennung menschlicher Gesichter wurde aus der Firmware genommen. Dafür wurde in enger Zusammenarbeit mit Phony eine phönomenale Baum-und-Holz-Erkennung implementiert, die zuverlässig auf Astaugen scharf stellt. Hühneraugen werden konsequent nur noch am Tier erkannt, nicht am menschlichen Fuß. Piraten können nur noch fotografiert werden, wenn sie Affen oder Papageien auf der Schulter tragen, auf die dann auch scharf gestellt wird. Wenn das integrierte GPS in Gebäuden kein Signal empfängt, bleibt die Kamera aus. Soviel zu Studio- und Keller-Knipsern. In der Umgebung von Arenen und Sportplätzen geht die Kamera in Sleep-Mode. Wenn die KI merkt, dass man Gebäude oder Autos knipsen will, schüttelt sich der Sensor vor Ekel und produziert unscharfe Bilder. Bein zwanzigsten Versuch, Nicht-Wildlife Fotos zu machen, erscheint eine Warnung mit Verweis auf die 520-seitigen Nutzerbedingungen. Beim 50. Versuch wird vor ernsten Konsequenzen gewarnt. Was genau die sind, ist mir nicht klar, könnte aber was mit der knetartigen Masse in der seitlichen Aussparung im Batteriefach zu tun haben, in die ein schwarzer und ein roter Draht führen. Eine Offenbarung ist die neue „Titanic“-Edition der OM-5-MI I/II, die bis 1500m Tauchtiefe salzwasserresistent ist. Zum Anlocken passender Motive hat sie fünf verschiedene Walgesänge implementiert, die sie von sich gibt, sofern man das neue M.Zuiko.UWA.UWA (Under Water Ultra Wide Angle) angeschraubt hat. Das ist mit 0,05 super lichtstark, und wegen dem vielen Glas dank integrierter Schwimmkörper nur unter Wasser gut zu manövrieren. Den optionalen wiederbefüllbaren Blutbeutel zum Anlocken von Haien konnte ich noch nicht testen, da der Schutzkäfig wegen Qualitätsproblemen noch nicht geliefert werden konnte. Aber das hole ich sicher noch nach. Fazit: OMDS setzt ihren Fokus auf Wildlife noch konsequenter um, alles andere ist Geschichte. Hätte ich jetzt alles nicht erzählen dürfen, wegen der Verschwiegenheitsklausel. Aber wir sind hier unter uns. Kriegt ja keiner mit. Und was ich noch… Moment… es klingelt an der Tür… hmmm… ein bunt tätowierter Japaner mit einem schwarzen Köfferchen… was mag der wollen… vielleicht hat er sich verfahren und will nach dem Weg fragen… in welcher Richtung liegt Tokio… wo ist mein Kompass… Ich bin gleich zurück…

  2. „Der Martin fotografiert nackte Mädels!“
    Stimmt! So 0 bis 3 eher weniger bekleidete Damen fotografiere ich im Jahr. Zum beiderseitigen, rein fotografischen (!) Spaß. Und manchmal ist davon sogar etwas insta-tauglich. Sonst landet es in der MK oder fc.
    Sehr selten werde ich sogar dafür bezahlt, dass ich nackte Frauen fotografiere. Das Ergebnis landet dann ausschließlich dort, wo die Damen es gerne hätten. Z.Bsp. als Hochzeitsgeschenk beim frisch gebackenen Ehemann auf dem Kopfkissen.
    Die Bilder der 10.000 bis 15.000 Menschen, die ich seit über einem Jahrzehnt pro Jahr angezogen fotografiere, erscheinen natürlich nicht im Netz. Zumindest nicht durch mich.
    Und wenn ich bei ganz besonderen Aufträgen sogar die Freigabe bekomme, davon etwas im Netz zu zeigen, dann bekommt das kaum Aufmerksamkeit. Banale Portraits unbekannter Personen sind für die klickende Masse genau so interessant wie Rohlinge für Bürostuhlmechaniken. Aber sie sind mein täglich Brot…
    Und ist der Ruf erst ruiniert (s.o.) lebt es sich ganz ungeniert!
    🙂

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