Die Zukunft von Four/Thirds

Auch dieser Artikel wurde bereits Ende 2019 geschrieben, aber nie veröffentlicht. Es ist immer so ein Problem mit Voraussagen, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Aber in der Rückschau ist es dann doch wieder interessant, wie man damals gedacht hat. Das Panasonic-Kleinbildsystem lebt noch, wenn auch nicht bei den Profis. Die E-M1X war der erwartungsgemäße Flop für Olympus.

Seit Panasonic ihre Kleinbildkamera vorgestellt hat, stirbt Four-Thirds mal wieder. Diverse Videoblogger fühlen sich bemüßigt, ihre Meinung zum Thema abzugeben und in den Foren schlagen die Wogen hoch. Nachdem ich nun seit dem Jahr 2000 digital mit Olympus unterwegs bin, bin ich das gewohnt – das System stirbt seitdem ununterbrochen .

Ich bin berüchtigt dafür, falsche Voraussagen zu treffen. Ich dachte eigentlich, APS würde spätestens 2015 keine Rolle mehr spielen. Das war ein Irrtum. Ich dachte, Kleinbildkameras würden billiger werden – das Gegenteil ist der Fall.

Bei anderen Dingen habe ich recht behalten, aber das ist eben so bei Hellsehern, wenn sie nur genügend prophezeien, irgendwas davon trifft aus blankem Zufall ein.

Wie kuckt also der Markt aus? Es gibt Leute, die kaufen alles, Hauptsache, es ist aus irgendwelchen Gründen angesagt. Die Qualität und der Nutzen ist nebensächlich. Ich habe mal Regionalia verlegt und festgestellt, dass man absolut jeden Quark in 500er Auflage verkaufen kann, wenn nur „Nürnberg“ draufsteht, schlicht weil es anscheinend in Nürnberg 500 Sammler gibt, die alles kaufen, was es zu Nürnberg gibt. Nur kann man mit einer Auflage von 500 keine vernünftige Qualität finanzieren.

Den Kameraherstellern geht es ähnlich. Die gehen davon aus, dass die Kunden den Kram kaufen, weil ihr Name draufsteht, weil es eben Leute gibt, die das immer machen. Nur funktioniert das auf Dauer eben nicht. Genauso wie die Münzsammler und Briefmarkensammler langsam dahinter kommen, dass das Hobby alles, nur keine Geldanlage ist, kommen auch die Kamerasammler langsam dahinter, dass die Vitrinen immer voller und das Bankkonto immer leerer wird.

Man ist nun bei den Herstellern auf den revolutionären Trichter gekommen, nicht mehr alles in die Kameras einzubauen, was technisch machbar ist – sondern nur noch so viel, dass es einen Unterschied zur vorherigen Kamera gibt. Und nachdem Profi-Kameras gekauft werden und „Profi“ sich vor allem durch „kann sich der Depp von nebenan nicht leisten“ definiert wird, werden die Kameras immer teuerer. Premium-Segment.

Olympus hat das mit der E-M10III auch in die Einsteigerklasse gebracht. Man hat einen Kunden definiert, der zu viel Geld aber keine Ahnung hat – und für den eine Kamera rausgebracht, die zwar teuerer als der Vorgänger ist, dafür aber weniger Möglichkeiten hat.

Muss man erst mal bringen. Welch Wunder, die Verkäufe sind – naja, unbefriedigend.

Panasonic hat es auch gebracht – eine Kleinbildkamera. Für wen und wozu? Welcher Profi steigt auf ein System um, in dem es keine Optiken gibt, bei dem man nicht weiß, ob es morgen noch existiert? Die einzigen, die sich freuen, sind Forennerds und Journalisten – endlich wieder was zu schreiben.  Ein Profi verdient nicht damit Geld, dass er neue Systeme ausprobiert, sondern damit, dass er mit einem Kamerasystem, das er im Schlaf beherrscht, gute Bilder macht. Ein Profi, der mit einem unerprobten System auf einen bezahlten Termin geht, ist einfach nur professionell bescheuert. Und – ehrlich – ein Profi, der die Zeit hat, mal kurz ein paar Wochen in den Gulli zu schieben um ein neues System zu testen – der ist wohl eher nicht darauf angewiesen, auch Umsatz zu machen.

Und jetzt Olympus: Eine Kamera für den „Profi“-Markt, deren Keyfeature es ist, dass man damit Dampfloks im C-AF halten kann. Oder mit der man bei Motorradrennen auf den Helm fokussieren kann. Oder bei Flugzeugen auf das Cockpit.

Leute, jemand, der sein Geld mit solchen Fotos macht und das nicht mit jeder auf dem Markt befindlichen Kamera hinkriegt, den gibt es gar nicht.

Es gibt einen ganzen Haufen wirklich geile Features, die einem Profi das Leben leichter machen. Eine Motiverkennung für den chinesischen Transrapid gehört definitiv nicht dazu. (Sollte ein Kamerahersteller Ideen brauchen, ich hätte da ein paar. An Olympus: Schaut mal in euren Eingangsordner…)

Die Zukunft von mFT?

mFT ist ein geniales System. Es ist von Anfang an richtig gedacht worden. Es ist technologisch allen anderen weit voraus, simpel weil da vor 20 Jahren mal ein Techniker dran war, der sich sehr genau überlegt hat, was rein physikalisch geht – und was nicht.

Es ist die Zukunft der Fotografie.

Wenn – ja, wenn wieder die Ingenieure und die echten Profi-Fotografen die Kameras bauen dürfen. Und nicht Marketingleute, Controller und „Influencer“. Es ist – absolut scheißegal, ob eine Profi-Kamera 3000, 5000 oder 10.000 Euro kostet. Wenn man damit die Investition wieder reinholt und der Umsatz steigt, wird sie von Profis gekauft – und dann irgendwann auch von den Endkunden. Aber Fake-Ware fällt euch langfristig auf den Fuß. Und da ist es piepegal, wie billig das Zeug ist. Für eine Fotoproduktion sind die Kosten für die Kameras irrelevant. Ein gutes Model kostet 200 Euro die Stunde aufwärts. Zwei Assis, Locationmiete, Licht, Visa, Catering, Hotels – so eine Produktion kostet pro Tag 2k Euro. Dagegen ist die Abschreibung für die Kamera in Höhe von 3 Euro täglich lächerlich. Wenn das Zeug aber nicht das macht, was ich brauche, dann kann mich das am Tag mal schnell einen Tausender kosten. Oder mehr. Und Kunden.

Also, wenn ihr für mFT wieder an die Kunden denkt. Wenn ihr Kameras mit Mehrwert baut. Wenn ihr es ermöglicht, Bilder zu machen, die mit anderen Kameras nicht gehen. Dann. Und nur dann. ist mFT die Zukunft.

12 Replies to “Die Zukunft von Four/Thirds”

  1. Ein schöner Blick aus der Vergangenheit. Aber die Frage, was mit einem Kamerasystem geht und was nicht, ist leider physikalisch nur objektiv und aus Sicht der Käufer meist nur subjektiv zu beantworten. Objektiv bietet VF die theoretisch beste Bildqualität, die höchsten nutzbaren ISO Werte, das beste Bokeh und bei Sony wohl den klassenbesten Autofokus. Aber für die allermeisten Bilder braucht man nichts von alledem und das mft-System ist zudem dicht auf den Fersen. Trotzdem haftet das dem mft Format bei Amateuren als Nachteil an. Für die meisten Amateure geht es nicht oder nicht nur um das Bild. Dieses wird dann am hochauflösenden Monitor angeschaut und man kann sich an den Cropmöglichkeiten einer 60 Megapixelkamera berauschen. Ernüchterung könnte erfolgen, wenn die Bilder auf DinA4 oder im Fotobuch gedruckt oder am 65 Zoll Fernseher in 4K genossen werden. Oh Wunder macht jetzt selbst ein älteres iPhone mächtig bis nicht unterscheidbar Konkurrenz. Das tut weh und das möchte man sich nach der oft riesigen Investition auch nicht eingestehen. – Aber zu der Frage, warum denn mft? Was sollte mit dem Format künftig zusätzlich gehen, was VF nicht gehen würde? Ich bin überzeugt davon, dass die Antwort „nichts“ lauten muss, den neue technische Features würden über kurz oder lang auch bei anderen Herdtellern realisiert werden. – Im Amateurmarkt müsste das Haben-Wollen-Gen aktiviert werden. Bei einer OM1 Mark II ist das aber für mich definitiv nicht der Fall, weil man sich kurz nach dem Kauf des Vorgängers ausgenutzt fühlt. Denn wenn physikalisch mft in Bezug aus nutzbare ISO und der Auflösung nicht mithalten kann, ist das bei dem Leistungsvermögen des AF unverzeihlich.

      1. Naja, was meint Roland17? Er meint, dass man mit einem Kleinbild-Sensor einfach einen geringeren Schärfebereich erzeugen kann, also eben auch mehr Unschärfe im Hintergrund.
        Und das ist nun einmal ein ganz wesentlicher Vorteil von Kleinbild/Vollformat ggü. MFT.
        Mit einem günstigen 50mm-f/1.4 auf KB/VF lässt sich eben mehr Unschärfe erzeugen als mit einem 25mm-f/1.4 auf MFT. Und ein 25mm-f/0.7 gibt es nicht.

        Ich sehe also nicht, warum man Roland17s Aussage korrigieren müsste.

        1. Bokeh ist etwas anderes als Hintergrundunschärfe. Hintergrundunschärfe erzeugt man nicht mit einem Sensor, sondern mit langer Brennweite, offener Blende und – vor allem – Abstand. Es hilft gar nichts, wenn man über ultraoffene Blenden hofft, besser freistellen zu können, wenn dafür das Motiv dann nur noch zur Hälfte scharf ist. Lange Brennweite verwenden. Abstände im Griff haben.

  2. Die Zukunft gehört dem Digital Imaging. Fotorealistische Bildgenerierung, KI unterstützt usw. David Hockney sagte es bereits, vor 20 Jahren, „Die Fotografie ist am Ende“, sprich ausgereizt. Er hat das u.a. anhand der Gursky „Fotos“ begründet. Was Gursky mit Großformat und viel manuellem Photoshopping generiert hat, kann jetzt quasi jeder mit Hilfe von KI.

    Und auch wenn sie am Ende ist, muss das ja nicht heißen, dass sie nicht weiter betrieben werden muss, geschweige denn kommerziell weiter ausgeschlachtet. Der Genuss am Knipsen kann doch weiter bestehen bleiben.

    1. Die Diskussion über die Fotografie als Kunstform ist so alt die wie die Fotografie. (Denn im Sinne des Festhaltens von Dingen wird sie nie am Ende sein, weil dauernd neue Dinge passieren.) Die Kunst ist eigentlich seit den Readymades, ArtistShit und den weißen Bildern von Fontana ebenfalls ausgereizt. KI macht nichts anderes, als das wiederzukäuen, was Menschen vorher gedacht haben.

      1. Zum Festhalten von Dingen, was brauch man dazu? Welche Features sind noch nicht entwickelt, damit der Konsument etwas festhalten kann, was er bislang nicht konnte? 😉
        Ja es gibt immer was. Deswegen ja auch Marketing.

        1. Was „echten Kameras“ noch fehlt haben die Handys schon lange: mehr dynamic range durch multiple exposure, fake bokeh (depth mapping), Verbesserung von Gesichtern, AI noise reduction, AI shake reduction, korrektur von sturzenden Linien, Verbesserung vom Himmel. Ich denke computation kan die Nachteile von MFT wegmachen. Die Vorteile eines kleinen und leichten Systems bleiben, abgesehen von der EM1X.

  3. Wenn Kleinbildformat der Renner wäre, würden es alle kaufen. Stattdessen schrumpft der Markt für Fotoapparate, weil immer mehr Menschen nur noch mit einem Smartphone fotografieren und diese Smartphones haben Sensoren, die noch viel kleiner sind als bei mFT. Doch man kann keine Objektive wechseln, meist wird nur noch im Vollautomatikmodus fotografiert und die Leute sind zufrieden.

    MFT steckt so in der Mitte, zwischen großen Sensoren der Kleinbildkameras und den kleinen Sensoren der Smartphones. Die Bildqualität ist mehr als ausreichend für die Mehrheit der Fotos, aber es braucht eine gute Geschichte, mit der die Kunden eingefangen werden.

    Da ich auch Pentax-DSLRs habe, kenne ich seit Jahren diesen Abgesang auf das eigene System. Es nervt mich und schreckt potenzielle Käufer ab. Ja, mFT kann nicht alles besser. Aber der Untergang kommt nur, wenn ich mich nur noch um die negativen Unterschiede zwischen mFT und KB-Systemen drehe und das überall betone.
    Seien wir stolz auf die vielen Vorteile und überzeugen damit Freunde, Bekannte und Fremde, auch in den sozialen Medien und dann kommen wieder mehr zum mFT, weil sie sehen, wie gut das System zu ihren Bedürfnissen passt.

  4. Es gab mal ein Video von Coca Cola. Dafür war es notwendig, eine Kamera mit ausreichender Bildqualität und sehr wasserdicht an eine Flasche zu montieren, die weiter gegeben wurde. Hat echt gut ausgesehen. Gemacht wurde das mit einer mFT Kamera im Unterwassergehäuse. Die hatte gerade den richtigen Kompromiss zwischen Gewicht und Bildqualität, die den Dreh möglich gemacht hat. Bei den gesamten Kosten war die Kamera vernachlässigbar. Selbst, wenn sie sonst für nichts mehr verwendet wurde.
    Ich kenne eine Firma, die macht Time-Laps mit mFT Kameras in Spezialgehäusen. Weil es sich anscheinend rechnet.
    Für Profis zahlt nur, ob das Werkzeug für den Job taugt und ob es sich rechnet.
    Ich hab einen Industriefotografen getroffen, der hatte ein digitales Rückteil für seine Hasselblad im Koffer weil die Kunden das von seinem Chef gefordert hatten. Benutzt hat er Film und davor ein Polaroid für den Licht-Check, weil ihm keiner die Zeit zum Lernen gezahlt hat. Nach der Nacht, in der wir zusammen einen Roboter fotografiert haben hatte er genug Übung, um damit in Zukunft selbst sinnvoll weiter zu kommen.
    Amateure ticken anders, aber sie machen wahrscheinlich den größeren Umsatz. Also raus g hrn und Bilder machen, solange es noch vernünftige Kameras zu bezahlbaren Preisen gibt!

  5. Moin, moin

    danke für den Blick zurück..

    Und nur mal so :

    Manchmal fühle ich mich als Amateur wie ein Angler der einen Fisch wieder reinschmeisst, der Weg ist das Ziel und ich freue mich an einem weitgehend selbstgemachtem Foto. Die Freude ist bei einem Handyfoto und dessen massiver Bildbearbeitung eher gering. Dabei ist mir nach Analog, Nikon, Panasonic und seit >10 Jahren Olympus das Equipment nicht mehr so wichtig, ich mag MFT einfach.

    KI, das Buzzword
    Noch gibt es wohl keine KI, keines der Programme hat Weltwissen – Ethik – Kreativität.
    Es sind „nur“ massentaugliche Expertensysteme/Sprachmodelle die sehr gut nachschlagen und raten können.

    Vor einigen Monaten hat CG bei einem unserer Tests anstandslos eine Zusammenfassung von Goethes „Schimmelreiter“ mit Bezug auf Goethe geschrieben (Schimmelreiter ist von T.Storm) und für eine wissenschaftliche Betrachtung Quellenangaben einfach erfunden. Ja, wir haben es gemeldet, vielleicht wird es besser, aber in vielen Bereichen ist der Prüfaufwand höher als die Zeitersparnis (außer bei Spam :-))

    Sorry, musste mal sein.

    Grüße
    Tom

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