Pastiche – Memes unlimited

Es hat sich ein bisschen was getan, bezüglich des Urheberrechtes in Deutschland. Und zwar wurder der §24 Urheberrechtsgesetzt abgeschafft. Der hat früher festgelegt, dass ein selbstständiges Werk, das in freier Benutzung eines anderen geschaffen worden ist, auch ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes verwertet werden durfte.

Häh? Man darf also das Werk eines anderen nicht mehr verwenden um etwas Neues, selbstständiges draus zu machen? Wenn ich also eine Collage aus Toilettenprospekten mache, ist das verboten?

Nein, der Gesetzgeber hat sich was Neues ausgedacht, was dieses Problem jetzt regelt.

Ein Meme – oder ein Filmplakat. Oder was?

Der §23 wurde neu gefasst. Es gilt jetzt neu:
Ist das benutzte Werk im neuen Werk nur noch rudimentär vorhanden, greift das Urheberrecht gar nicht mehr. Ich kann also aus einer Fotografie von wem anderes irgendwelche Elemente rausnehmen und was Neues bauen, Hauptsache, man erkennt das Ursprungswerk nur noch „wenn man’s weiß“.

Und dann kommt der $51a dazu: Man kann prinzipiell jedes Werk hernehmen und durchaus auch erkennbar reproduzieren, wenn es zur Karikatur, zur Parodie oder zum „Pastiche“ verändert wurde.

Dabei muss aber das ursprüngliche Werk eindeutig erkennbar sein. Ist es nicht erkennbar, sondern nur noch in Rudimenten vorhanden, ist nach §23 das Urheberrecht gar nicht mehr zuständig. Die Verwendung ist aber tatsächlich nur eben zur Karikatur etc. zu verwenden. Und dabei muss es zwar umgestaltet oder in einen anderen Kontext gestellt werden, darf aber nicht so verändert werden, dass ein Mensch, der das ursprüngliche Werk kennt es nicht sofort erkennt.

Und jetzt kommt die Gummiabteilung: Es muss eine Interessensabwägung zwischen den Rechten des Urhebers und der Kunst/Meinungsfreiheit erfolgen. Wär ja auch zu einfach, wenn man mal ein genau definiertes Gesetz hätte.

Und was ist jetzt „Pastiche“? Das ist eigentlich ein Kunstwerk, das offen den Stil eines früheren Künstlers imitiert. Kennt jeder vom Kunstunterricht, wenn man ein Bild „wie van Gogh“ malen sollte. Kleines Problem: ein „Stil“ ist urheberrechtlich gar nicht schützbar, das hat also gar keinen Sinn.

Das Original

Also ist von Bedeutung, was die Gerichte daraus machen. Die setzen folgende Dinge voraus: Das Pastiche muss sich mit dem Ursprungswerk auseinandersetzen. Einfach ein Comic nehmen und die Sprechblase austauschen, giltet nicht. Ein Spruch, der auf das Bild Bezug nimmt, gilt. Er muss allerdings eine kreative Eigenleistung des Erstellers aufweisen, auch wenn er gesellschaftspolitisch keinerlei Relevanz aufweisen muss.

Das „Meme“. Legal?

Und noch eine Einschränkung gibt es: Das Pastiche darf die Verwertung des ursprünglichen Werkes nicht durch Verwechslungsgefahr beeinträchtigen

Bei Pastiches ist übrigens keine Quellenangabe notwendig.

Größtes Problem an der ganzen Nummer: das Ganze liegt wieder im Ermessen des Richters.

10 Replies to “Pastiche – Memes unlimited”

  1. Naja, so ganz brandheiß neu ist das jetzt nicht. Das entsprechende Gesetz (“Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts”) ist am 7. Juni 2021 in Kraft getreten, also vor gut zwei Jahren, soll heißen noch in der Ära der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD unter der Führung von Angela Merkel. FDP, Linke und AfD waren im Bundestag dagegen, die Grünen haben sich enthalten.

    Wie man am langen Titel sieht, sind diese Ideen auch nicht ursprünglich auf dem Mist des deutschen Gesetzgebers gewachsen, sondern dienen der Umsetzung der EU-Richtlinien 2019/789 und 2019/790, vulgo der seinerzeit vieldiskutierten und hochumstrittenen EU-Urheberrechtsreform, mit der der Bundesgesetzgeber sich praktisch bis zum allerletzten möglichen Moment Zeit gelassen hat. Darin stehen auch noch ein paar andere faszinierende Sachen, zum Beispiel mal wieder das berühmt-berüchtigte “Leistungsschutzrecht für Presseverleger”, das in Deutschland ja vorher schon mal mit mäßigem Erfolg versucht wurde, bis der EuGH es 2019 aus formellen Gründen kippte, oder die nicht minder berühmt-berüchtigten “Uploadfilter” für digitale Inhalte im Internet.

    1. Es ist bekannt, dass das nicht neu ist. Aber mittlerweile sind eben ein paar Urteile zu diesem Gesetz draußen und es wird klarer, um was es geht. Das Gesetz definiert Pastiche nämlich extrem schwammig.

    1. Zitat Achim Meier: Pastiche… nie gehört vorher. Jetzt weiß ich endlich wie das heißt von dem ich während des ersten Lockdowns eine ganze Serie „Kunstköpfe“ fotografiert habe… Darf ich hier auf’s Oly Forum verlinken?

      Da kannst Du offenbar ganz unbesorgt sein, denn Reinhard hatte ja auch gesagt, Zitat: Das Pastiche darf die Verwertung des ursprünglichen Werkes nicht durch Verwechslungsgefahr beeinträchtigen.
      HG, Hermann

  2. Ich hoffe, lieber Reinhard, die junge Dame im Wald hat in Realität keinen Einzelfuß à la Monopod, sondern Dein Foto sieht nur so aus. Gruß, Hermann

      1. Das “Bein” vom Pilz ist eher sowas wie ein Hals. Der eigentliche Pilz ist bekanntlich unten drunter in der Erde.

        (Was die Person in dem Foto angeht, so hatte ich gedacht, die rennt. Was man halt so macht im Wald, jedenfalls in Film und Fernsehen, es ist ja doch meistens irgendwer oder irgendwas hinter einem her. Und das andere Bein ist einfach verdeckt.)

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