Another pile of shit

Wir hatten es vorgestern: Die Kinderkliniken kollabieren. War abzusehen, man hat deshalb zuerst die Ausbildung zur Kinderkrankenschwester abgeschafft und dann die Kinderstationen geschlossen – denn die haben zu wenig Gewinn gemacht – und dann die Kinderkrankenschwestern während Corona gefickt – weil die zwar den Stress, aber wenig kleine Corona-Patienten hatten, gab’s keinen Bonus. Also: Mission accomplished, all fucked up.

Jetzt ist der nächste Taifun im Anrollen – auch mit jahrelanger Ansage: die Kita-Fachkräfte haben Hals. Die alten Kräfte sind ausgebrannt und sterben buchstäblich weg, die jungen Kräfte sagen sich nach nem halben Jahr Erzieherausbildung „Fickt euch ins Knie!“ und wechseln den Job. Die Abbrecherquote liegt im ersten halben Jahr bei 50%.

Der Neueste Trick aus „The Länd“ ist jetzt, den kompletten Nachmittagsbetrieb durch ungelernte Hilfskräfte abzudecken, die von einer Fachkraft, die im Büro sitzt, als Backup überwacht werden. Dadurch könnte in jeder Gruppe eine Fachkraft „frei“ werden, die dann in andere Einrichtungen verschoben werden kann. Die „Zu Verschiebenden“ sind davon eher nicht so angetan, aber das ist für „Human Ressources Manager“ in der Politik eher nebensächlich.

Den Trägern ist das piepegal, Fachkräfte werden mit solchen Stellenanzeigen gesucht:

Die gute Luft ist wichtig, weil der entsprechende Kindergarten teilweise nicht heizbar ist, die Wände sind marode und die verrottete Dämmung samt Mäusenestern wurde vom örtlichen Bauhof durch Bauschaum ersetzt. Hebt doch. Das individuelle Extra ist ein Dienstrad, das man auf Raten abzahlen kann. Erfahrung wird bei der Einstellung nicht berücksichtigt, man fängt bei der Entlohnung wieder ganz unten an. Wenn jemand denkt, weil er es noch so kennt, in Kindergärten könnte man nur Kinder bringen, die gesund und „sauber“ sind – Nope. Windeln wechseln ist völlig normal und die Kinder werden mit fast jeder denkbaren Krankheit abgegeben. Es ist üblich, dass für – seit Neuestem 27 – Kinder nur noch eine Fachkraft da ist, das ist sogar zulässig, wenn im Haus (!) noch eine zweite Erwachsene ist.

Ausnahme? Nein. Regel.

Entsprechend ist für die nächsten Jahre ein Mangel von 300.000 Kita-Fachkräften festgestellt worden. Es wandern mehr ab, als dazukommen. KiTas müssen schließen, Gruppen werden zusammengelegt. Das löst einen Dominoeffekt aus: die Kinder aus der geschlossenen KiTa überfüllen die nächste KiTa bis auch dort die Kinderpfleger und Erzieher aufgeben. Das ist jetzt nichts, was erst im nächsten Jahrzehnt passieren wird. Es wird angenommen, dass das System im Herbst 2023 endgültig zusammenbricht wenn nicht bis zum Sommer radikal umgesteuert wird.

Die Statistiken schwärmen von einem 3%igen Zuwachs der in den KiTas tätigen Personen pro Jahr. Leider wird dabei übersehen, dass die KiTas mittlerweile die Aufgabe der integrativen Einrichtungen übernehmen sollen. Sprich, das was bisher spezielle – teuere – Einrichtungen für Kinder mit Einschränkungen geleistet haben, sollen jetzt die KiTas nebenher machen. Halt billiger. Dann noch ukrainische Kinder betreuen, die kein Wort Deutsch können, Elterngespräche in gefühlt zehn Sprachen führen und dauernd Krankheitsausfälle beim überlasteten Personal ausgleichen. In München ist die nominelle Zahl der Kita-Plätze zwar gestiegen – die Zahl der tatsächlich belegbaren ist aber gefallen. Die Träger kommen nun auf die gleiche Idee, die auch die Krankenhausträger schon hatten: Wir besorgen uns die billigen Fachkräfte im Ausland. Nur sind die im Ausland ja auch nicht bescheuert. Und deshalb hat es schon in den Krankenhäusern nicht geklappt.

Da eine drohende Apokalypse in den Kinderkliniken auch keinen interessiert hat, nehme ich an, dass bis Ende 2023 Geld vor allem in das Umbringen von Menschen gesteckt wird. Banken und Panzer haben Lobby. Kinder nicht.

Bevor ich jetzt wieder lesen darf „Ja, bei uns ist alles prima. Kann alles gar nicht sein.“ Es gibt tatsächlich Träger und Einrichtungen, in denen läuft es prima. Die haben auch keine Probleme, Personal zu finden. Sie sind halt gewaltig in der Minderheit. Die Bundesagentur für Arbeit tut auch ihr Möglichstes, die Statistiken so geradezubiegen, dass Erzieher „kein Engpassberuf“ ist. Die hohe Teilzeitquote habe ja genug Potenzial, damit aufgestockt werden könnte. Das Absurde daran ist, dass diese Teilzeitquote zum Teil eine Folge des komplizierten Mindestpersonalschlüssels ist. Da die Träger grundsätzlich nur nach Personalschlüssel einstellen, werden da teilweise Stellen zu 67,5% ausgeschrieben.

Wenn da, wie oben, eine Vollzeitkraft gesucht wird, bedeutet das oft, dass es in der Einrichtung bereits so weit ist, dass „the shit hits the fan“.

One Reply to “Another pile of shit”

  1. Wieso soll es in der Kita anders sein als in der Schule? Dort macht man auch lieber einen Zaun um die Turnhalle, damit keiner von fallenden Ziegeln erschlagen wird, als zu reparieren. Lehrerstellen werden mit Leuten besetzt, die nach offiziellen Angaben einen passenden Hintergrund haben sollten. Das kann für die Primarstufe (alle Fächer) aber auch mal ein ehemaliger Bäcker sein, der Veränderung sucht (und der nach zwei Wochen wieder abhaut, weil ihm der Lehrerstress zu viel ist). Die Schule offenbart die Missstände deutlicher als eine Kita, wenn die Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können wegen mangelnder Kompetenz auf allen Ebenen. Kita heisst ja für viele nur kleine Kinder, wo es nicht so drauf ankommen soll.

    Am Geld kann man diese Missstände nicht nur festmachen. In der Schweiz ist es genau gleich, vielleicht ohne die Mäusesiedlung. Für die Kita-Ausbildung werden oft drei Praktikantinnen eingestellt mit dem Versprechen auf EINEN freien Ausbildungsplatz. Das heisst, dass man drei Junge ein Jahr arbeiten lässt für einen kleinen Praktikantenlohn und zwei nach einem Jahr auf Anfang stehen. Eine bekommt dann vielleicht die Ausbildungsstelle. Verrechnet wird die Arbeit natürlich zum Volltarif. Weil diese Ausbeuterei dermassen flächendeckend angewendet wird, will man nun wenigstens solche Praktikumsplätze auf ein halbes Jahr definieren, was heisst, dass viele Kitas in Geldnot geraten. Dazu kommt, dass man Junge einstellt, die davon ausgehen, dass sie mit „normalen“ Kindern spielen können. Von Windeln, Krankheiten und Elternansprüchen wissen sie nichts, Deutschkenntnisse passen nicht ins Anforderungsprofil. Man kann nicht mal davon ausgehen, dass alle ums Alphabet wissen trotz dem Verbleib von elf Jahren im Schulzimmer. Meist sind die Interessentinnen aus dem tiefsten Schulniveau. Wenn sie Berichte schreiben und Budgets erstellen müssen, haben sie und der Betrieb ein Problem.

    Zum Heizen: Ich wurde informiert, dass ein Mensch 80 Watt abgebe und beitrage zur Raumwärme. Stimmt, bloss: die Wärme gibt man ab, wenn man nackt ist und das ist in der Schule nicht gern gesehen und wäre auch bei 17 Grad und Sitzbeschäftigung nicht erste Wahl.

    Bevor jemand mich apostrophieren mag: Ich habe auch frühzeitig den Job geschmissen und werde seitdem in den Medien beschimpft als einer, der die Kinder im Stich lässt und seine Vorlieben präferiert. Davor habe ich 20 Jahre als Sekundarlehrer Oberstufenschülerinnen (nur -innen für Kinderarbeit, Männer werden als erstes nach pädophilen Themen gecheckt) geholfen bei der Lehrstellensuche. Deshalb kenne ich dieses Thema nur zu gut. Eine Bekannte ist Hortleiterin und erzählt Schauergeschichten aus der anderen Perspektive. Hüte dich vor dem Hort!

    PS: 80% der Lehrer arbeiten Teilzeit in der Schweiz. Dies weil 100% gesundheitlich kaum zu stemmen sind. 50% sind nach fünf Jahren wieder weg. Das Stellenproblem wird „gelöst“, indem man Lehrer pushen will, das Pensum zu erhöhen. Weil das oft nicht angestrebt wird, behilft man sich mit Hilfskräften nach dem Motto „Hauptsache vorn steht einer der mindestens gleich gross wie die Kinder ist“. Fazit: Massive Zunahme von Krankmeldungen und Ausfällen bei den Ausgebildeten, weil die Ungelernten auch noch angeleitet werden müssen von den Restteams. Manch einer hat wohl vergebens gehofft, dass der Niklaus ihn in den Sack steckt und er so dem ganzen Unglück entfliehen kann. Ist aber auch nicht mehr so, das mit dem Sack. Auch mit dem Budget für den Niklaus, Naschereien spendiert heute der Lehrer wenn Bedarf.

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