Briefkastengeschichten

Ich bin ja immer mit der Kamera unterwegs und gelegentlich fotografiere ich auch unscheinbare Dinge. In diesem Fall stand ich vor einem Gartenzaun an einer Hauptstraße in Neumarkt Opf und knipste mit meiner PEN-F den obenstehenden Briefkasten, als es am dazugehörigen Haus an einem Fenster klopfte. Eine ältere Dame winkte mir zu, ich winkte zurück und wartete, bis sich die Dame, auf ihren Stock gestützt, den tadellos geputzten Weg von der Haustür zum Gartentor bewegt hatte.

Was ich da mache? Ihren Briefkasten fotografieren. Warum das den? Den fände ich so nett.

Woraufhin sie mir erklärt hat, dass den erst vor kurzem ihr Neffe eingebaut habe, weil den früheren Briefkasten schon zweimal junge Leute aus dem Pfeiler gerissen hätten. Nachts, wenn sie aus der Disko nach Hause gingen. Und ihren Gartenzwerg hätten sie auch geklaut. Und eine Haube des Pfeilers – weg.

Das Ganze nicht etwa in einer menschenleeren Gasse, sondern direkt an der Hauptstraße.

Die jungen Leute sollten gefälligst was arbeiten, dann kämen sie nicht auf solche Ideen. Aber die bekämen ja alles reingeschoben…

Eine kleine, unbedeutende Geschichte. Passiert jeden Tag. Warum erzähle ich das überhaupt? Weil natürlich der erste Impuls, wenn man gefragt wird, was man da macht ist, zu vermuten, man habe etwas Unrechtes getan. Hat man aber nicht. Es gibt kein „Recht am Bild der eigenen Sache“. Also locker durch die Hose atmen und mit den Leuten reden – oder, besser, die Leute erzählen lassen. Und wenn man irgendetwas fotografiert hat, was wem peinlich ist – dann halt ohne viel Gezacker löschen.

Das nächste Bild war mal die Taxi-Zentrale in Neumarkt. Es gab Zeiten, zu denen man solch eine Benz-Karossiere an die Wand gehängt hat. Heute wären die Teile vermutlich auf einer Classic-Car-Messe. Die Werkstatthalle ist irgendwann vom ortsansässigen Gold-Mogul für seinen eigenen Fuhrpark übernommen worden. Deshalb kann man die Halle auch nicht von vorne fotografieren – denn da ist überall großflächig die Werbung drauf. Aber immerhin hängt der Benz noch. Und sogar die alte Taxen-Tanke haben sie gerettet.

Noch ist das alles da. Wer weiß, wie lange noch.

One Reply to “Briefkastengeschichten”

  1. Hatte ich auch schon vor einigen Jahren. Gehe friedlich durch eine Gartensiedlung und fotografiere Blumen mit dem 50mm Macro.
    Weit und breit niemand zu sehen. Plötzlich kommt die Polizei, verlangt einen Ausweis und will die Fotos sehen. Dann noch die Frage, warum ich in einem anderen Bezirk fotografiere als in dem, wo ich wohne. Klar, wer in einem fremden Bezirk in einer Siedlung fotografiert, bereitet Einbrüche vor. Gut, dass es achtsame Bewohner gibt die sowas melden.
    Helge

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