Joop: Good Old Times…

Wolfgang Joop hat in seinem letzten Spiegelinterview über Typen in lässigen Klamotten gelästert – wer sich schlampig kleide, denke auch schlampig. Und er hat den wunderbaren alten Zeiten nachgeweint, in denen alles käuflich war. „Die Agenturen gaben die Schlüssel zu den Zimmern der Models, die nicht so viel Geld brachten, an reiche Männer. Und wenn sich ein Mädchen beschwerte, hieß es: Wir können auch auf Dich verzichten.“

Als er daraufhin den verdienten Shitstorm kassierte, ruderte er auf Insta und Facebook zurück. Das sei alles so nicht gemeint gewesen, und er wolle sich bei denen entschuldigen, die er verärgert oder verletzt hatte……

Er fand damals auch toll, dass man Presseleute noch mit Nerzmänteln bestechen konnte….. Jetzt kommt das ein bisschen doof – bei Nerzmänteln. Dafür heißen die hauptberuflich Bestochenen nicht mehr „Journalisten“ sondern „Influencer“ – und da muss meistens Cash geliefert werden.

Leider leben große Teile der Fotobranche noch heute von nackten Tatsachen. Fotobücher gehen vor allem dann gut, wenn nackte Frauen drin sind, „Aktworkshops“ sind blitzartig ausgebucht. Belästigungen von Models sind „völlig normal“. Wenn man sich mit professionellen Models unterhält, erfährt man Dinge, die selbst einem Glatzkopf wie mir die Haare zu Berge stehen lassen.

Und auch mit der Korruption in der Fotobranche. Vor kurzem hat mir ein Kontakt erzählt, er habe mal gerade Ware im Wert von 70k Euro zugeschickt bekommen, damit er den bevorzugten Hersteller wechseln würde. Die Bandagen werden härter. Und auch auf den Markt der Foto-Influencer drängen immer mehr, die denken, das wäre leicht verdientes Geld – auch hier wird die Luft dünner – die Marketingbudgets werden kleiner

Naja, ich werde weiter meine Fototermine ohne Krawatte, ohne Jackett und in Jeans wahrnehmen. Hochzeit hin oder her, ich muss mich bewegen können und der blöde Lappen unter dem Kinn darf mir nicht im Weg rumhängen. Und wenn ich mich in ner Kirche ins frisch gekalkte Eck drücke, dann ist das der Tod eines schwarzen Jacketts….. Meine Novoflex-Jacke grinst da nur drüber.

Ich werde meine Models weiter mit allem Respekt behandeln – gerade wenn ich, was selten genug vorkommt, Akt fotografiere.

Ich werde mich weiterhin von nichts und niemandem bestechen lassen.

Und ich werde weiterhin mit pen-and-tell kein Geld machen……..

Ach ja: das Mädel am Titelbild sitzt auf einer Eisenkugel. 3920 Gramm. Eine Frauenkugel.

9 Replies to “Joop: Good Old Times…”

  1. Zu viel Aufmerksamkeit für Joop.
    Zu viel Aufmerksamkeit für den Spiegel.
    Shitstorm ist nicht verdient, sondern einkalkuliert.
    Damit wird das Geschäft gemacht…

    1. Was kann der Spiegel dafür, wenn Joop Schwachsinn erzählt? Oder stehst du mehr auf Bild? Leute wie Joop halten sich für was besonderes, für die gelten keine Gesetze.

  2. Also, Reinhard, dass du jetzt schon zweimal ein Model mit monstermäßigen Silikonbrüsten gebucht hast, enttäuscht mich ja schon ein wenig…
    ;-p
    lg, Martin

  3. Bezüglich einigen Foto(lehr)bücher mit Nackedeien gebe ich Wolfgang Recht. Bei diesen läuft wirklich einiges schief. Da hilft wohl nur übergehen und im Netz negativ bewerten.

  4. Vielleicht bin ich ja zu naiv, aber ich verstehe solche Journalisten einfach nicht. Wolfgang Joop hat sich Zeit seines Lebens gegen sexuellen Missbrauch von Kindern eingesetzt und Menschen von der Straße geholt. Er hat sich dorthin begeben, wo so mancher Politiker einen großen Bogen macht, weil man damit keinen Blumentopf gewinnen kann.

    Joop selbst lag mehrfach am Boden und daher ist es für mich schon verwunderlich, dass man sich nicht vorab mit seiner Biographie beschäftigt, wenn man ihn für ein Interview für ein renommiertes Magazin bekommt. Ich kritisiere nicht, dass man die Äußerung abgedruckt hat, aber ich erwarte von einem fähigen Journalisten, dass er sein Gegenüber auch mal darauf hinweist, wie solche Aussagen in der heutigen Zeit ankommen und diese auch mal hinterfragt.

    Ich selbst bin Jahrgang 1969 und wer sich damals auch nur etwas für Mode und Fotografie interessierte an dem sind einige Dinge nicht unbemerkt vorbeigegangen:

    – Die Reportage „Frischfleisch für Mailand“ lief im Fernsehen rauf und runter. Mädels die in die Modemetropolen ziehen, es innerhalb einer Saison nicht schaffen und sich ihr Scheitern nicht eingestehen. Versacken, prekäre Jobs annehmen um sich ihr Bleiben zu ermöglichen und die Verwirklichung ihres Traumes zu erzwingen. Was Joop beschreibt hat es ohne Zweifel gegebenn (z.B. Vorwürfe gegen Elite – Europa gingen durch die Presse), was die Reportage zeigt war vermutlich aber eher die Regel. Hallo Titten- und Rudelknipser auch Ihr seid ein Teil der Geschichte.

    – Das Interview von Hellmuth Karasek mit Tatjana Patitz zeigte zu der Zeit deutlich, dass auch Spiegel-Autoren ein Problem damit hatten Models als eigenständige Persönlichkeiten zu betrachten.

    – Patricia Hartmann rebellierte und zwar nicht erst nach dem Ende ihrer Karriere. Blieb aber nicht nur vom Spiegel unbemerkt, auch die Emma hat es ihr nicht gedankt. Models mit Hirn, das passte auch nicht in die Welt einer Frau Schwarzer.

    – Was haben die Kampagnen von Dove mit den Mädels aus der Nachbarschaft und H&M mit Anna Nicole Smith bewirkt, was ein vorgeschriebenes Mindestgewicht für Models?

    – Oliviero Toscani wies mit seinen Aufnahmen von Isabelle Caro auf das Problem Magersucht in der Modebranche hin. Diskussionen waren leider nur über die Gage und das Verbot der Kampagne in Frankreich (angebliche Verletzung der Menschenwürde) zustande gekommen.

    Heute erleben wir wie „Me too“ von erfolgreichen Schauspielerinnen verwendet wird, um ihre früheren Peiniger vor Gericht zu stellen. Ja, es ist wichtig, dass sich Opfer auch noch nach Jahren wehren und die USA sind da auch noch eine ganz andere Baustelle als Deutschland. Das blöde daran ist halt nur, dass man dabei vergisst, dass Me Too eigentlich denen eine Stimme geben sollte, die sich bisher kein Gehör verschaffen konnten.

    Ich finde den Spruch von Joop auch blöde. Allerdings beschreibt er auch ehrlich was war. Wo hätte ich selbst die Grenze gezogen? Dabei muss es nicht um Vergewaltigung oder Nötigung gehen. Wer von uns hätte (damals) ein Model von seiner Bettkante getreten? Sich eine Birne darum gemacht, ob das Mädel nur aus Fun mit dir in die Kiste geht oder sich auch einen Karrieresprung erhofft?

    Habe ich als Freier das Recht Prostitution im Web zu verteufeln? Nein, sicher nicht. Trotzdem tuen das halt sehr viele. Genauso werte ich das Entsetzen über die Aussage von Joop. Ja, die Ethik-Schulungen am Arbeitsplatz und der Wandel der Gesellschaft zeigen auch eine Wirkung auf uns ältere Generationen. Die meisten von uns hätten auch für ein korrektes Verhalten im Job sicher keiner Anleitung bedurft. Auf der anderen Seite gibt es da auch diese Faszination, die mal harmlos betrachtet jährlich tausende Touristen auf die Reeperbahn lockt. Ich kann mich nicht dagegen wehren, aber bei dem Shitstorm, und sei er noch so berechtigt, schwingt eine ganz eklige Doppelmoral mit.

    Es gibt Leute, wie Reinhard, die hohe Moralvorstellungen seit jeher vertreten und ihr Gegenüber wertschätzen. Das wird in seinen Schriften und besonders seinem fotografischen Werk mehr als deutlich. Für diese Leute sind solche Aussagen ein Schlag ins Gesicht. Ich glaube aber nicht, dass sehr viele Leute mit diesen Wertevorstellungen mithalten können. Ich selbst darf den ersten Stein hier jedenfalls nicht schmeißen.

    1. Danke für die Blumen, aber der Spiegelreporter hat Herrn Joop tatsächlich im Interview darauf hingewiesen, dass das eine ziemlich krasse Aussage ist – und Herr Joop darauf: Ohne Sünde macht die Mode doch keinen Spaß… Wegen dem Model und der Bettkante: Hier ging es nicht drum, dass das Model auf der Bettkante sitzt, sondern der Typ mit Geld. Genauer: es ging um Zwangsprostitution. „Entweder Du pennst mit dem, oder ich werfe Dich raus und sorge dafür, dass Du in dem Business kein Bein mehr auf den Boden kriegst.“ Es geht um Taten, die nicht umsonst auch heute noch Straftaten sind. Es ging mitnichten darum, dass ein Model sich einen Millionär geangelt hat, sondern dass ein reicher Pinkel ficken wollte und jemand ihm abnhängig Beschäftigte dafür zur Verfügung gestellt hat. Die Firma Joop hat sich übrigens bis heute nicht gültig dazu geäußert, unter welchen Bedingungen ihre Klamotten in Bangladesh hergestellt werden. Das ist ein gut gehütetes Geheimnis….

      1. Dass das zumindest nach unserer heutigen Rechtsprechung strafbar ist, zweifle ich auch nicht an.

        Nur geht es dabei eben nicht um eine alleinerziehende Mutter in einem prekären Job, die keinen anderen Ausweg für sich sieht.

        Bei der Diskussion wird halt vieles in einen Topf gekippt und den Opfern von Vergewaltigung und Zwangsprostiution eben nicht gerecht.

        Genau das ist das Problem an der Debatte, dass da nicht mehr differenziert wird. Wie es eben der Shitstorm zeigt.

        Ich möchte den Mädchen und jungen Frauen von heute eben gerade nicht vermitteln, dass solche Nötigungen am Arbeitsplatz eine ausweglose Situation wie Vergewaltigung oder Zwangsprostitution darstellen.

        Ja, die Karriere ist vielleicht hinterher im Arsch, wenn ich solch ein Verhalten zur Anzeige bringe, aber das ist der richtige Weg. Wir sollten uns mal fragen warum diesen Frauen weit weniger Beachtung geschenkt wird, als denen die sich auf den Scheiss, der Karriere willen, eingelassen haben und dann an deren Ende damit an die Öffentlichkeit gehen (Vergewaltigung ist ein komplett anderes Thema – da kann ich diese Zeitspanne bis zur Anzeige durchaus nachvollziehen).

        Es ist das selbe Schema wie so oft beim Kindesmissbrauch. Du bekommst die Hauptrolle bei der Theateraufführung, wenn Du lieb zum Onkel bist. Wir müssen als Gesellschaft auch mal lernen diese Denke zu durchbrechen. Das funktioniert besonders mit Opfern, die meinen um jeden Preis ein zu hoch gestecktes Ziel erreichen zu müssen. Wir als Gesellschaft sind es aber die, die diesen Leistungsdruck oft erst verursachen.

        Sorry, aber wer sich als Erwachsener auf sowas einlässt, der pinkelt nicht nur seinen Kollegen oder Mitbewerbern ans Bein, der sorgt auch dafür dass Nachfolgende immer wieder in die selbe Situation geraten.

        Wolfgang Joop ist übrigens weder für das Label Joop noch Wunderkind tätig.

        1. Das Problem ist, dass ich sehr viele Frauen kenne, die Opfer von sexualisierter Gewalt im Modelbereich sind. Das „Wer sich als Erwachsener auf sowas einlässt“ argumentiert an der Wirklichkeit vorbei. Ich kenne einen Fall, bei dem die Frau mit einem Fotografen in einen Raum gesperrt wurde und erst wieder rausdurfte, als der Fotograf fertig war. Und das war nicht vor 30 Jahren….. Ich kenne Fälle, wo Frauen „aus den Klamotten gequatscht“ und dann mit den Fotos erpresst wurden. Ein Model hat mir mal erzählt, wie das funktioniert, mit dem aus den Klamotten quatschen. Man braucht da einen verdammt guten Kompass und den Mut, sich gegen körperlich überlegene Männer durchzusetzen. Wenn man nur noch Unterwäsche anhat und gegen einen doppelt so schweren, mit schwerer Kamera oder Stativ bewaffneten, voll bekleideten Gegner in unbekannten Räumlichkeiten antreten muss, dann braucht es schon krasses Selbstbewusstsein. Dummerweise wird man auf solche Situationen nicht vorbereitet. Man/Frau glaubt nicht, dass es in unserer zivilisierten Welt solche Abgründe gibt. Und Zack, sitzt frau in der Patsche.
          Viele dieser Frauen sind traumatisiert. Leider ist das vielen Männern überhaupt nicht klar zu machen.
          Herr Joop hat tatsächlich alle Anteile an Joop und Wunderkind verkauft. Er ist jetzt für vanLaack tätig – das sind die, die sich über Laschets Sohn einen lukrativen Auftrag für Schutzkittel in der Pandemie besorgt haben – von denen 80.000 Stück entsorgt werden mussten, weil sie beim Anziehen in Fetzen gingen.

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