Berufsgenossenschaft für Fotografen

2019 habe ich ja schon was zum Kammerzwang für Fotografen geschrieben. Wer sich partout mit der Kamera selbständig machen will, kucke sich das an. Und beherzige das.

Heute geht’s um die Berufsgenossenschaft, die ich damals ausgelassen habe.

Die Berufsgenossenschaft ist der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Für Fotografen ist die BG ETEM zuständig. Wichtig: Die Berufsgenossenschaften haben einen gesetzlichen Auftrag. Das ist also Gesetz. Soweit klar? In der Satzung der Berufsgenossenschaften wird festgelegt, für wen sie zuständig sind. Und für wen eine Mitgliedschaft verpflichtend ist und für wen das freiwillig ist.

In §2 legt die BG ETEM fest, dass sie für Unternehmen zuständig ist, die mit „Aufnahme und Herstellung von Fotografien (auch digital) mit und ohne Laborausführung einschließlich freiberuflicher und künstlerischer Fotografie sowie Mikroverfilmung“ beschäftigt sind. Das steht unter dem Abschnitt „Druck und Papierverarbeitung“. Und für Unternehmen dieses Abschnittes gilt die Pflichtversicherung. (Wer’s nicht glaubt, einfach die oben verlinkte Satzung lesen.)

So, nun gibt’s da aber eine ganz offizielle Hintertür in §46 Absatz 2: „Nach Absatz 1 versicherte Unternehmer und Unternehmerinnen, die selbst nicht mehr als 100 Arbeitstage (8 Stunden = 1 Arbeitstag) jährlich im Unternehmen arbeiten, werden auf schriftlichen Antrag von der Versicherungspflicht befreit.“ Achtung. Man muss sich zuerst bei der BG melden, am einfachsten über das Onlineformular, und sich dann befreien lassen. Auch dafür gibt’s ein Formular.

Und diese Befreiung dann auch aufheben. Die kann man nämlich mal brauchen.

Die Berufsgenossenschaft kann nämlich völlig unvermutet wichtig werden, das habe ich vor sechs Wochen feststellen müssen, als mir eine nette Dame in mein stehendes (!) Wohnmobil gefahren ist und ich blutend im Sanka saß. Der Polizist fragte mich, wo ich hinwollte – wenn ich denn gefahren wäre – und ich eben mitteilte, dass ich zum Kunden wollte, Fotos machen. Aha – da ist dann, weil beruflich bedingte Fahrt, die Berufsgenossenschaft zuständig. Und da ich eben als selbstständiger Autor NICHT in der BG ETEM bin (vor vielen Jahren mal befreien lassen.) hatte ich dann alle Probleme, das den Leuten erst mal klarzumachen und dann auch die Rechnung für den Krankentransport an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Das braucht man in so einer Situation wie einen Pickel am Hintern, das kann ich euch sagen.

Also, ich will hier niemandem ein schlechtes Gewissen machen oder zur Mitgliedschaft in der BG verdonnern, auch wenn viele sagen, die Unfallversicherung in der BG wäre unschlagbar günstig – weil umsatzabhängig. Aber jeder, der sich mit dem Gedanken trägt, sich mit der Kamera ein zweites Standbein aufzubauen, sollte sich mal mit diesem Thema ernsthaft befassen. Es geht bei der BG im Monat vielleicht um 25 Euro. Das sollte noch „drin“ sein….

Zum Titelbild noch. Das Ding ist von 2006 – damals war ISO 800 das Höchste der Gefühle mit der E-500, deshalb ging da nur was mit Blitz. Ich bin da oft als Journalist mitten in der Nacht bei Schnee, Eis und Sturm (Kyrill) unterwegs gewesen und bei so nem Scheunenbrand ist man mit 18mm Brennweite nicht wirklich weit weg. Kann immer was passieren. Und wie oft steht man bei der Hochzeitsknipserei auf irgendwelchen Leitern. Ach ja: die Schweine fanden es im brennenden Stall deutlich kuscheliger als draußen in der Novemberkälte, wo auch noch überall der Löschnebel hing.

7 Replies to “Berufsgenossenschaft für Fotografen”

  1. Habe den Sinn der Berufsgenossenschaft lange nicht verstanden.
    Bis ich einen „Arbeitsunfall“ hatte und die entsprechenden Tage einen Tagessatz als Erstattung erhalten habe.
    Seit dem zahle ich den Beitrag mit etwas Begeisterung. Etwas.

    1. Tagegeld ist das eine – Berufsunfähigkeitsrente ist das andere.

      Den Bruder eines Kollegen hat´s erwischt.
      Der hat jetzt ein Hätte – Wäre – Wenn:
      Die Mitgliedschaft bei der BG lag noch bis zum Unfall als ToDo auf seinem Schreibtisch. Die paar Hundert Euro Rente würde er jetzt extrem gut gebrauchen können. Hätte er kriegen können – wenn er sich rechtzeitig angemeldet hätte.

      Wegen meines Gemischtwarenladens ist für mich eine BG zuständig, bei der keine Mitgliedspflicht besteht. Habe mich jetzt aber entschlossen, zumindest für den Mindestbetrag Mitglied zu werden.
      Regenschirmprinzip!

      jm2c, Martin

      1. Hallo Martin, hab das gerade nachgelesen wegen Berufsunfähigkeitsrente.
        Ich muss zugeben das wusste ich gar nicht. Danke für den Hinweis.
        Da hast du natürlich Recht. Ich nehme mein Gemecker wegen der BG zurück.
        Markus

    2. Danke für den Beitrag!
      Ich habe mich heute als neuer Fotograf (als Nebenerwerb) bei der BG ETEM gemeldet und wollte mich nach der Höhe des Beitrages erkundigen, da ich mich befreien lassen könnte und dies aus den zugesendeten Dokumenten nicht ganz klar hervorging.
      Die nette Dame meinte zu mir, dass der Beitrag bei 800€ im Jahr liege! Nach einer Tabelle in den Dokumenten würden sich die Kosten auf mögliche 409€ belaufen… Darauf angesprochen meinte die nette Damen: „jaja die Beiträge verdoppeln sich bis 2022“ !!!
      Kann das sein? Habe ich eventuell einfach nur eine inkompetente Gesprächspartnerin am Telefon gehabt? Gibt es Alternativen für eine Unfallversichung für den Weg zum Kunden?

      1. Die Verwaltungs-BG hat den Satz von 3,9 auf 4,6 angehoben – und da laufen schon alle Sturm. Das mit der Verdoppelung – da hat die gute Frau nen Clown gefrühstückt.

  2. Als ich mich vor einigen Jahren selbstständig gemacht habe und mich bei der zuständigen BG wegen einer freiwilligen Mitgliedschaft erkundigt habe, kam von dem Mitarbeiter die Aussage „da sind Sie aber einer der ganz wenigen, die sich als Unternehmer (ohne weitere Mitarbeiter) freiwillig versichern“. Die meisten sparen sich wohl lieber die paar Euro im Jahr … bis mal was passiert.

  3. Erst einmal muss mir ja einer nachweisen, dass ich beruflich unterwegs war. Da ich als Berufssoldat bin, dabei der freien Heilfürsorge unterliege und privat sowieso versichert bin (sowie zusätzlich den Pensionsanspruch habe) kann ich dort alles in Anspruch nehmen, was das Herz begehrt.
    Daher werde ich keine Nachteile erleiden, wenn auf einer Kundentour was passiert. Unter 100 Arbeitstage im Jahr bleibe ich im Nebenerwerb allemal. Auch locker unter 20000€ Jahresumsatz, um auch Beitragsfrei in der Handwerkskammer zu bleiben.
    Ergo: im Nebenerwerb für mein Dafürhalten völlig uninteressant.

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