Stabilisierung…

Mich hat heute jemand angerufen und mich gebeten, doch mal was zu Sensorstabilisierung zu schreiben. Sie wünschen, wir spielen, und nachdem mir heute sowieso kein anderes Thema eingefallen ist….

Sensorstabilisierung gibt’s ja schon seit Minolta seinerzeit seine beiden letzten DLSRs, die 5D und 7D damit ausgestattet hat. Damals waren alle der Meinung, das braucht man nicht – und die paar Minolta-User hatten ja sowieso ein Rad ab. Als dann Olympus 2007 die erste FT-Kamera mit Stabi auf den Markt brachte, die E-510, war es nicht viel anders – sowas braucht kein Mensch. Kaum jemand nimmt heute die E-510 als Beginn einer neuen Zeitrechnung wahr. E-510? War da mal was? Sony hatte die Stabilisierung mit dem Aufkauf von Minolta übernommen und ihre Kameras von Anfang an damit ausgestattet – aber die damaligen Sonys waren ergonomische Unfälle und im C und N-Lager grinste man über die Wackeldackel-Knipsen von „So Nie“.

Die damaligen Stabis hatten fest montierte Sensoren, die von Motoren bewegt wurden. Wenn die Kameras mal heftigen Bodenkontakt hatten, pflegten die Stabis zu verrutschen, so dass die Sensoren schief in der Verankerung hingen. Im Allgemeinen funktionierten die Stabis allerdings leidlich zuverlässig und brachten im Alltag durchaus drei Blendenstufen Stabilisierung – man konnte also bis zu achtmal länger belichten als ohne Stabi, was ausgesprochen praktisch war.

Mit der E-M5 wurde die bisherige Methode komplett über den Haufen geworfen und der Sensor schwebte auf einmal in einem Magnetfeld – was bedeutete, dass er „klack“ machte, wenn die Kamera ausgeschaltet wurde – der Sensor fiel eben in seine Halterung. Wenn man eine ausgeschaltete E-M5 schüttelt, scheppert der Sensor. Abhilfe: nicht schütteln. Dazu „rauschte“ die eingeschaltete Kamera, weil die Sensoreinheit im Betrieb eben Rabatz machte. Die Diskussionen zu dem Thema waren endlos und man hatte zum Schluss den Eindruck, dass die Leute die Kamera öfter am Ohr als am Auge hatten.

Die Geräusche, die der Stabi macht, sind immer geringer geworden, die Sensorik besser und die Elektromagneten leistungsfähiger und schneller. Mittlerweile kann der IS über 6 Blendenstufen ausgleichen, was irre Wettbewerbe zur Folge hat – wer kann ohne Stativ am längsten verwacklungsfrei belichten. Selbst mit mehreren Minuten holt man da keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor.

Ist der Stabi also besser als jedes Stativ? Nein. Der Stabi ist und bleibt ein Notbehelf – wenn auch ein guter. Denn der Stabi verfährt den Sensor bis an den Rand des Bildkreises um dort die verwackelten Lichtstrahlen einzufangen, die eigentlich woanders auf dem Sensor hätten landen müssen. Kleines Problem: diese Randbilder kommen aus einem Bereich des Objektivs, der normalerweise zu Recht nicht berücksichtigt wird, weil er schlechter ist. Alle Objektive verlieren gegen den Rand Abbildungsqualität und jenseits des Randes werden sie eben nicht besser. Die Randabbildung wird also trotz aller Bemühungen des Bildprozessors schlechter. Vom Stativ geht das besser.

Kleinbild

Je größer der Sensor ist, desto schwerer wird er. Ein Kleinbildsensor ist nicht nur viermal größer als ein mFT-Sensor, er ist auch vier mal schwerer. In Wirklichkeit ist er noch deutlich schwerer, weil alle Komponenten nicht nur die vierfache Fläche haben, sondern auch entsprechend stabiler designet sein müssen. Dieser ganze Klopper muss bewegt werden. Und zwar nicht nur genau so schnell wie der mFT-Sensor – sondern doppelt so schnell, weil der größere Sensor auch den größeren Weg zurücklegen muss. Die notwendigen Beschleunigungen sind weit höher. Entsprechend hat es Sony mit den Kleinbildstabis bis heute nicht mal annähernd geschafft, an die Leistungen der mFT-Stabis ranzukommen. Die Physik ist einfach nicht zu schlagen.

Mittelformat

Die Mittelformatsensoren sind nochmal größer. Bisher gibt es nur die GFX100 mit einem Sensorstabi. Wenn man sich die Überlegungen bei Kleinbild ansieht, weiß man auch, warum. Denn selbst wenn man Monstermagnete und fetteste Spulen unter den Mittelformatsensor klatscht und ihn mit richtig Schmackes durch die Gegend schubst, wird das nicht toll funktionieren – schlicht weil sich der Sensor bei solchen Beschleunigungen verformt oder verkippt. Was sich nicht gut anhört und auch nicht gut aussieht.

Aber mittlerweile ist eine Lösung in Sicht: man ist auf den Trichter gekommen, an die vier Ecken jeweils synchronisierte Magnete anzubringen, die den großen Sensor in der Spur halten und trotzdem mit brauchbaren Beschleunigungen aufwarten können. Natürlich sind da nicht Stabilisierungsleistungen wie bei den mFTs zu erwarten, sie sind aber auch nicht nötig, da niemand ernsthaft auf die Idee kommen wird, ein wirklich langes Mittelformattele aus der Hand verwenden zu wollen. Das längste Tele für Fuji-Mittelformat hat gerade 250mm und noch dazu einen internen Stabi. Mit dem 1,4fach Telekonverter kommt das Objektiv auf 350mm – das entspricht vom Bildwinkel her etwa einem 100mm mFT-Objektiv.

Aussicht:

Auch Olympus ruht sich ja nicht auf seinen Lorbeeren aus und hat den großen Vorteil, die Physik auf seiner Seite zu haben. In Sachen Stabi wird also Olympus noch auf absehbare Zeit an der Spitze sein – und zwar, wenn nicht irgendwo ein Technologiesprung stattfindet – uneinholbar. Allerdings haben auch die anderen verstanden, dass Stabilisierung eine Schlüsseltechnologie ist und versuchen, ihre Produkte zu verbessern – mit durchaus interessanten Ansätzen. Gerade Mittelformat könnte im professionellen Bereich Kleinbild den Garaus machen. Fuji macht da mit der Doppelstrategie APS-C und Mittelformat gerade sehr viel sehr richtig und sie haben auch schon die ersten renommierten Fremdhersteller für ihr G-.Bajonett gewonnen – Kipon, Mitakon, Venus Optics.

Die Fotos? Die sind im Zirkus FlicFlac gemacht. Mit einer E-M1. Dort darf man ohne Blitz fotografieren – wenn man die Bilder hinterher veröffentlicht. Tue ich hiermit.

3 Replies to “Stabilisierung…”

  1. Die erste M-5 war die einzige Olympus, welche direkt nach Erscheinen seiner Zeit gekauft hatte: Und sie war wirklich laut – eingeschaltet und auf einen Holztisch abgelegt brummte es im Raum. Es gab dann in dichter Folge Firmware-Updates und mit einmal (war es das fünfte Update?) war das Problem gelöst.

    Beste Grüße, Andreas

  2. Hallo Reinhard,
    so weit ich mich erinnere hatte die Minolta A1
    https://www.digitalkamera.de/Testbericht/Testbericht_Minolta_Dimage_A1/1961.aspx
    lange vor D5 die AntiShake-Einheit eingebaut, allerdings ohne die Objektivwechselmöglichkeit.
    Aber sie hatte ja schon ne Premiumlinse verbaut, da waren kaum Wünsche offen…….
    damals jedenfalls 😉

    Für mich zusammen mit der E-1 die geilste Kamera die ich benutzt habe.
    Ihrer Zeit weit voraus sowieso.

    Gruß Uwe

    1. Es gab auch von Nikon schon noch früher nen Sensorstabi – aber in ner Kamera mit Wechselobjektiv war halt die 7D (nicht D7) die Erste. Vor allem hatte der Sensor in der 7D APS-Größe. Das ist ne andere Nummer als der Stabi in der A1 (2/3″-Sensor)

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