Causa Hingst

Du kriegst die Tür nicht mehr zu.

Relotius hat für den Spiegel allerlei Räuberpistolen geschrieben – und Preise gekriegt. Hingst hat das Blaue vom Himmel runter gebloggt – und wurde prompt Bloggerin des Jahres 2017.

Journalisten glaubt man nix mehr, hat man Bloggern überhaupt je geglaubt?

OK. Ich habe in den letzten Jahren eine lange Reihe an Fakes produziert. Jeweils zum 1.4. Aber ansonsten habe ich stets nach besten Wissen und Gewissen berichtet. Ich bin nicht allwissend, aber ich bemühe mich.

Wem Hingst nichts sagt, einfach bei archive.org nach readonmydear.com suchen. Betroffenheitsbloggerei. OK. Kann man prämieren. Und damit auf die Schnauze fallen.

Will ich so nen Preis haben? Nope.

Ich will Leuten, die den Job den ich mache, in Verruf bringen, in den Hintern treten. Ich kann auch massenkompatible Aufreger erfinden. (Einiges muss ich noch nicht mal erfinden.) Aber das ist doch billig – mich auf Kosten anderer in den Vordergrund spielen, auf die Tränendrüse drücken – WTF? Es langt doch, dass Kamerabuchautoren den Ruf billigster Kopisten haben – nämlich das Herstellerhandbuch bunt zu lackieren und für Schweinegeld zu verkaufen. Leidtragende sind die Autoren, die sich Mühe geben. Und die Buchkäufer, die nicht wissen, wem sie ihr Geld geben sollen – und deshalb meistens Mist kaufen und dann als Kunden für die guten Autoren ausfallen.

Gier frisst Hirn.

Es reicht doch, wenn Leute ihr Leben im Netz ausbreiten. Wenn sie es, damit es mehr Klicks gibt, mit erfundenen Bettgeschichten, Crime und ein bisschen Holocaust anreichern – FCK!

Musste ich loswerden.

5 Replies to “Causa Hingst”

  1. Wer braucht schon Wahrheit? Alles andere ist doch viel bequemer, spannender, erfreulicher, erotischer, berauschender, teuflischer, ruinierender, gefährlicher, trauriger, sinnfreier, läßt sich einfach besser verkaufen.
    Wahrheit ist langweiliger, unbequemer, unerfreulicher, unspannender, unerotischer, nicht berauschend, bringt Erkenntnis und ist schwieriger zu verstehen, Wer will das schon, wer kann das noch?

    ;-)))

    1. Hmmm, ich finde mein Leben schon spannend, erfreulich, berauschend, teils erotisch, etc…
      Trotzdem folgen sehr wenig Leute meinem Blog (zugegeben: ich bin kein großartiger Autor).

      Vielleicht liegt es aber auch nur an meiner Perspektive als Mit-Fünfziger?!
      *lol*

      Allerdings kann ich Reinhard sehr gut verstehen:
      Wer sich um Ehrlichkeit bemüht ist natürlich ausgesprochen angepisst, wenn Berufskollegen mit ihrer Unehrlichkeit die gesamte Zunft in Verruf bringen.
      Ich bin auch regelmäßig not amused, wenn mir als Geschäftsmann pauschal vorgeworfen wird, aus Prinzip Kunden übers Ohr hauen und mich über Gebühr zu ihren Lasten bereichern zu wollen. 🙁

      jm2c, Martin

  2. Kurze Info:
    Sophie Hings hatte, laut ihrer Mutter, erhebliche psychische Probleme. Mehrere Versuche einer Therapie blieben allesamt erfolglos. Die Irish Times hat aus diesem Grunde auf einen Artikel verzichtet.
    Nun ist sie tot.

    1. Es geht nicht drum, aus welchem Grund ein Autor sich profilieren will – ob aus Gewinnsucht oder weil er ohne den Ruhm nicht klarkommt. Es geht darum, dass Medien und Firmen solches Verhalten honorieren. Wenn Frau Hingst nicht so gehypet worden wäre, würde sie vermutlich noch leben. Wenn man Betroffenheitsblogs schreibt, dann macht das was mit einem. Und wenn man bei einem solchen Blog auch noch unter Erfolgsdruck gesetzt wird, weil das Publikum immer „mehr“ will, dann kommt man da nicht unbeschadet raus. Ich seh’s ja selber. Ich kann nicht jede Woche nen Knüller auf P-a-T bringen. Die Welt besteht nun mal im Wesentlichen aus stinknormalem Klein-Klein. Aber wenn man seine Zugriffszahlen ankuckt und genau sieht, ah – da hatte ich keinen Aufreger, da gehen meine Zahlen in den Keller – dann übt das Druck aus, man will seine Fans nicht enttäuschen. Techblogger machen dann halt den 50sten Shootout – und Betroffenheitsblogger haben auch ihr Standardrepertoire. Ob Hitler-Tagebücher, Relotius oder Hingst: Schuld ist die Nachfrage nach solchem Mist. Nur deshalb wird das produziert.

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