Gleich mal zu Beginn: ich werde in diesem Post nicht alles unterbringen können, was die Kamera neues kann. Allein aus dem Grund, weil ich die Kamera vor drei Stunden wieder abgeben musste und deshalb keine Kamera hier neben dem Notebook habe.
Ich werde ein paar Fotos zeigen und ein paar Dinge dazu erzählen. Und ich werde versuchen, das zu transportieren, was ich heute gefühlt habe, als ich mit der Kamera unterwegs war.
Wir waren in Prag in der alten Kläranlage Bubenec, die 1906 gebaut wurde, und bis Anfang der 80er Jahre in Betrieb war, um als Backup der neuen Kläranlage au Cisarsky zu dienen. Seit 1991 steht die Anlage unter Denkmalschutz und wird nun als Ökologisch-technisches Museum und „Location“ genutzt. Unter anderem wurde hier „Mission Impossible“ gedreht. Soweit erstmal, um die ganze Sache zu verorten. Das Foto oben kennt Frank Rückert – kein Wunder, er ist einer der Olympus-Visionaries. Jetzt aber erstmal zu den Kameras: Wir bekamen die Kameras auf „Null“ eingestellt – und dann ging’s sofort los zur ersten Fotolocation. Mein erster Griff war erst mal, bei der E-M5II das RAW einzustellen.
Aber bevor es dann so richtig los geht: Erstmal noch ein paar Gadgets:
Das ist das Lichtpunktvisier für die E-M5II. Es hat eine eigene Stromversorgung und passt auf jede Kamera mit Standard-Blitzschuh. Für Leute, die mit langen Brennweiten auf Vogeljagd gehen, eine feine Sache.
Und hier das nächste Goodie, das aber leider auch nur in der Vitrine zu besichtigen war:
Das 1,8er Fish – ein Preproduction-Sample. Links daneben ein voll funktionsfähiges 7-14 f/2,8. Leider habe ich zu spät erfahren, dass das eben nicht nur ein Mockup war, sonst hätte ich in einem unbeobachteten Augenblick…..
Aber zurück zur Kamera: ich hatte die Kamera mit dem neuen Batteriegriff in der Hand. Das ist etwas tricky: der Griff ist wieder zweigeteilt und der „kleine“ obere Griff ist nun extra zu erwerben, er besitzt einen abgedichteten Anschluss für einen Kopfhörer. Der „Alte“ Batteriegriff für die E-M5 passt darunter. Wer also schon hat, muss nicht extra kaufen.
Da sind wir schon bei der Ergonomie: Speziell das Handling des Batteriegriffs sollte man vor dem Kauf unbedingt testen – ist Geschmackssache. Und was mich am meisten „genervt“ hat, war, dass man das Display nicht abklappen konnte. Klar, wie bei der E-3 und E-5, man kann es zur Seite klappen und auch falsch rum einklappen, so dass das Display geschützt ist – aber ich habe mich jetzt so an das Display hinter der Kamera gewöhnt, dass ich den Blick neben die Kamera mittlerweile seltsam finde.
Das war’s aber auch schon mit den Nickeligkeiten.
Der AF mit mFT-Objektiven ist gewohnt schnell, der AF mit FT-Objektiven am Adapter ist nicht schneller als bei der E-PL7. Hier hat sich nichts getan.
Auch der Sensor ist der gleiche geblieben und auch den im Internet behaupteten Rauschvorteil bei höheren ISOs habe ich jetzt nicht feststellen können. Gegenüber der alten E-M5 natürlich ja, aber gegenüber meiner gewohnten E-M1 bietet die E-M5II von der blanken Bildqualität keine Vorteile.
Die Vorteile der E-M5II liegen auf anderen Gebieten:
– Der Verschluss ist unglaublich leise. Und zwar nicht nur im lautlosen elektronischen Modus, sondern auch im mechanischen Modus. Beim Modelshooting musste ich jedesmal „Klick“ sagen, damit das Model wusste, wann es die Pose ändern sollte.
– Der HighRes-Modus. Wenn man nicht gerade im tiefen dunklen Keller fotografiert, geht das extrem fix und völlig lautlos – der Highres-Modus funktioniert nur mit elektronischem Verschluss. Man sollte aber aufpassen: ich habe mir einige Fotos versaut, weil ich nicht sauber scharfgestellt habe. Ich dachte mir – Fish auf 5,6 einstellen und Hyfo – das geht schon. Pustekuchen. Im HighRes-Modus ist exaktes Arbeiten gefragt. Und ein RAW liefert mal locker 100MB. Große Speicherkarten sind von Vorteil.
Und das hier ist der Tunnel aus Mission Imposssible – wenn ich mit LiveComposite und einem Blitz in der Hand durchwandere. Ja. LiveComposite hat die Kamera – und gleich noch ein paar Handlingsgimmicks dazubekommen: LiveTime und LiveBulb kann man jetzt auch ohne „Live“ haben – also einfach die LiveFunktion abschalten. Überhaupt ist wieder mehr einstellbar geworden: zum Beispiel kann man nun die LiveView Erweiterung für M, Art, P/A/S getrennt einstellen – und das auch noch in zwei Stufen. So dass man in M die Erweiterung mit Funkblitz hat, in A dann wieder die korrekte Belichtungsvorschau. Und der Restlichtverstärker legt mit der zweiten Stufe nochmal ne Schippe drauf.
Fokus-Peaking gibt’s jetzt in vier Farben und drei Stärken – und man kann sogar einstellen, ob man die Display-Abdunklung für das Peaking haben will.
Und jetzt zum Hauptpunkt: Video.
Video hat nun:
– Livetonaussteuerung. Also Aussteuerungsanzeige während der Aufnahme mit Nachregelmöglichkeit über das Display. Während der Aufnahme.
– Blende, ISO, Verschlusszeit, elektrischer Zoom. Alles während der Aufnahme änderbar.
– HDMI-Output
– Timecode.
– Vorhöre des Tons über Kopfhörer.
– unglaublich verbesserter Video-Stabi.
– natürlich Anschluss von externem Mikro direkt in der Kamera
– Phantomspeisung in der Kamera.
– 24,25,30,50,60p
– 77MB/s Codec.
Und für alle, die kein Schnittprogramm haben: ein eingebautes Schnittprogramm, mit dem man kurze Clips in der Kamera bereits mit Bildern mischen und überblenden kann, ein Sepiafilter oder anderer Effekt drüber und der Video ist in der Kamera fertig. Das klingt jetzt etwas – naja – albern. Schließlich sitzt unsereiner ja mit Freuden stundenlang vor der Schnittsoftware. Aber manchmal ist das halt schon ganz lustig, wenn man gleich aus der Kamera was zeigen kann und die Ergebnisse sind verblüffend gut.
Hut ab, Olympus, da habt ihr was auf die Beine gestellt. Auf mich kommt nun wieder viel Arbeit zu: Denn diese Kamera zu verstehen und alles, was in dieser Wundertüte steckt, auszugraben, wird wieder dauern. Denn in den wenigen Stunden, in denen ich die Kamera hatte, konnte ich sie weder optimal einstellen, noch auch nur annähernd alle Möglichkeiten der Kamera erforschen.
Soweit für’s erste. Ich bin von der Kamera erschlagen – die Möglichkeiten der Kamera sind immens und die kreativen Möglichkeiten gar nicht abzuschätzen. Versuchen wir, damit Fotos zu machen.
Zum Thema Stabi und Stativ zwei Worte: Der neue Stabi ist die Schau – verwackeln des Fotografen ist eher nicht mehr das Problem- meistens verwackelt das Motiv. Und für den High-Res-Modus braucht man ein gutes Stativ und einen guten Kopf. Definitiv.
Kleines Update, nachdem ich jetzt drei Stunden drüber geschlafen habe:
Ich werde mir die Kamera bestellen – die Videomöglichkeiten sind einfach zu gut – und der HighResModus ist für Kugelpanos ein Gamechanger – 6 Bilder aus dem Fisheye und man hat ein 180MP-Bild. Das ist schon fein. (Hohe Auflösung ohne Schlepperei hat was. Und was diese 40MP wert sind, kann man ja schon in diversen Vergleichstests im Netz bewundern.)
Für wen ist die Kamera ein „Must“? Videofilmer, die mit kleinem Equipment unterwegs sein wollen. Der Stabi der E-M1 ist schon fein – der der E-M5II ist einfach die Schau.
Wer in akustisch sensiblen Bereichen arbeiten will: Kirchen, Hochzeiten, klassische Konzerte. Die Kamera ist in allen Modi unglaublich leise.
Wer braucht sie nicht? E-M1-Fotografen. Ganz klar: die Ergonomie der E-M1 ist besser. Der Phasen-AF der E-M1 ist besser. Auch wenn die E-M5II bis zu 11 Bilder/Sekunde im elektronischen Modus macht, und 5 fps in RAW schießen kann, bis die Speicherkarte voll ist (sofern man eine Speicherkarte mit mindestens 90MB/s drin hat) – der C-AF der E-M1 ist vornedran. Und mit FT-Objektiven stellt sich die Frage sowieso nicht.
Wem empfehle ich sie auch nicht: Einsteigern. Das Ding ist im „Pro“-Segment zuhause. Die Kamera ist komplex und man sollte sich ausführlichst mit der Thematik befasst haben, bevor man eine solche Kamera zur Hand nimmt. (Ich weiß, dass ich da tauben Ohren predige. Die Kamera ist unglaublich gut und viele werden wieder denken: kaufe ich mir, macht gute Fotos.)
Falls ihr die Kamera kauft: plant erstmal eine Woche ein, in der ihr die Kamera kennenlernt, auf eure Art zu fotografieren einstellt und erforscht, was alles geht. Ich werde – natürlich – wieder ein Buch schreiben – aber das wird dauern, weil – wiedermal – ganze Kapitel, von denen ich dachte, sie wären schon fertig, auf den Müll wandern müssen.