Gekaufte Journalisten.

Derzeit marschiert ein Buch auf die deutschen Bestsellerlisten zu: „Gekaufte Journalisten“ von Udo Ulfkotte. Man kann von Ulfkotte halten, was man will, und man muss sein Buch auch nicht kaufen oder lesen – der Kopp-Verlag in dem das erschienen ist, ist jetzt auch nicht unbedingt für eine ununterbrochene Reihe literarischer Perlen bekannt. Sein Thema ist aber ernst und betrifft durchaus auch diesen Blog und auch mich persönlich.

Kurz zur allgemeinen Situation von Fotojournalisten:
Fotojournalisten gibt’s im Dutzend billiger. Die Anzahl der Blogger zu Fotothemen ist unüberschaubar und alle sind der Meinung, sie könnten es besser als die Leute, die bei Colorfoto oder FotoTipps oder Chip oder wie auch immer die Postille heißt, beschäftigt sind. Angebot und Nachfrage: Die Auflagen der Printmedien sinken, es gibt immer mehr „Fachleute“ und das bedeutet, die Gehälter (und Autorenhonorare) der Fotojournalisten sinken noch schneller als die Auflagen. Viele Tageszeitungen sind bereits dazu übergegangen, bevorzugt Pressemitteilungen abzudrucken, weil sie die honorarfrei kriegen. Einen freien Mitarbeiter müssten sie ja bezahlen. (7,50 pro Bild, 17 cent pro Zeile, manche zahlen mehr, andere noch weniger).
Die Gehälter sind mittlerweile so miese, dass sich kaum ein Fotojournalist privat eine anständige Kameraausrüstung zulegen kann, dazu kommt noch, dass die Pressehäuser in Metropolen beheimatet sind, wo die Lebenshaltungskosten so hoch sind, dass die Journalisten ernsthaft ein Problem haben. Nicht umsonst müssen bei jeder Pressekonferenz Häppchen gereicht werden. Mancher Journalist kriegt überhaupt nur auf solchen Events ausgewogene Ernährung ab.
So, eine Runde Mitleid also für die geschundenen Journalisten.

Nun gibt’s aber Hersteller, die glücklicherweise diese armen Schweine als Multiplikatoren brauchen. Also werden Pressekonferenzen mit Dinner veranstaltet, mit freier Anreise. Oder Produktvorstellungen in mehr oder weniger exotischen Locations mit Übernachtung im Sternehotel, Flug und Essen inklusive. Da wird auch mal nach Dubai geflogen. Das einzige, was der Journalist da selber zahlt, ist das Taxi zum Flughafen.
Blogger sind da übrigens nicht besser. Im Gegenteil, da werden auch schon mal „Anwesenheitsprämien“ für Events gefordert, wenn man glaubt, dass man eine ausreichende „Reichweite“ hat. (Mit Internetwerbung verdient nur einer richtig: Google. Blogger müssen andere Verdienstquellen auftun.)

Ja. Das kann man Vorteilsannahme nennen. Oder PR-Marketing. Oder Service für Freunde. Oder was auch immer. (Bestechung ist es nicht, ich bin kein Beamter.)

Was hat das nun mit mir zu tun? Ich werde von Olympus als Blogger und Forenbetreiber (oly-e.de) regelmässig zu Produktvorstellungen eingeladen. Amsterdam, Wien, Irland, Berlin, Köln. Geile Events und dort Kontakt zu Entscheidern bei Olympus, von denen man Infos aus erster Hand bekommt – und diese teilweise mit dem Vermerk „nicht weitererzählen.“ Das ist nichts anderes als die Methode, mit denen die Transatlantiker unter den Journalisten auf Linie gebracht werden. Man verpasst den Journalisten einen vermeintlichen Informationsvorsprung und streichelt damit ihr Ego. (Ist übrigens ausgesprochen nett, so ein gestreicheltes Ego.)

Die Mechanik ist also klar – ich bin, obwohl ich für diesen Blog hier keinen Cent bekomme, „gekauft“. Warum kann ich mich trotzdem noch in den Spiegel sehen? Weil ich mir noch von niemandem reinreden habe lassen, was hier steht. In dem Augenblick, in dem ich etwas vertreten soll, von dem ich nicht überzeugt bin, stelle ich das ein. Ich habe vor einigen Jahren meinen Job bei der Tageszeitung hingeworfen, als ich meine Texte nicht mehr „durchgebracht“ habe und die Zeitung anfing, auf Propaganda-Linie einzuschwenken.

Ich habe die Events, die von Olympus organisiert wurden, immer dazu genutzt, wirklich alles, was mir vorgesetzt wurde, zu hinterfragen. Ich war der letzte, der ins Bett ist und der erste, der wieder aufgestanden ist. Wenn Andere den örtlichen Whisky an der Bar eingefüllt haben, saß ich am Notebook und habe gebloggt oder war draußen und habe mit dem neuen Spielzeug fotografiert und alles, was ich an Objektiven hatte, an der neuen Kamera getestet.

Aber ich habe Schwierigkeiten, solche Events in Zukunft abzusagen. Natürlich könnte ich versuchen, die Flüge und die Hotelunterkünfte selbst zu zahlen. (Alles, was ich mit der Bahn oder dem Auto machen kann, zahle ich sowieso schon selbst. ) Aber – welche Überraschung: Ich kann es mir nicht leisten. Alternative: nicht hingehen. Keine Infos mehr. Dann habe ich als Journalist aber auch nichts gekonnt.

Also versuche ich es eben so: ich betrachte die Sache als Job. Mein Job ist, so viele Infos und so viele Fotos wie möglich zu ergattern und so schnell wie möglich zu berichten. Mein Job ist es nicht, auf anderer Leute Kosten eine gute Zeit zu haben.  Und mein Job ist es nicht, Pressemitteilungen weiterzugeben. Ja, als Blogger ohne Werbeeinnahmen werde ich nicht bezahlt. Und irgendwer muss immer bezahlen. Also bezahlt Olympus. Mit Events, mit Leihkameras und mit Streicheleinheiten für mein Ego.

Würde ich nun anders berichten, wenn ich die Vorteile von Olympus nicht annehmen würde? Ja – weniger. Ich hätte keine Leihkameras, weil ich mir selbst mit viel Geld keine Vorserienmodelle kaufen könnte. Ich wäre nicht auf Produktvorstellungen.  Ich wäre auf Informationen aus zweiter Hand angewiesen. Das ist aber nicht besser. Das ist schlechter.

Also bleibt mir nur übrig: so weitermachen wie bisher. Versuchen, ehrlich zu berichten und ansonsten sauber zu bleiben….

Ich weiß, dass das bei vielen nicht ankommt. Egal was ich schreibe, irgendwem trete ich anscheinend immer auf die Zehen oder er glaubt, er muss sein eigenes Ego pushen, indem er andere kleinmacht.
Stelle ich Fotos ein, aus denen hervorgeht, dass das Objektiv toll ist, glaubt mir keiner, weil ich doch „von Olympus bezahlt“ wäre. (Was gab es für Hate-Kommentare in den Foren, als ich das 75er beim Erscheinen gelobt habe.) Stelle ich miese Bilder ein um einen bestimmten Effekt zu demonstrieren, „Der kann sowieso nicht fotografieren“. Zeige ich, wo es Probleme mit einem Objektiv gibt: „Wie kann ein Werbeträger wie Herr Wagner nur solche Bilder einstellen.“ (Werbeträger? Ich?)

Also, was nu? Wollt ihr ehrliche Berichterstattung oder Beschiss? Klar liege ich ab und zu daneben – bei meinen ersten Untersuchungen zum Shuttershock zum Beispiel. So what? Hinterher, als wir dann Messergebnisse gezeigt hatten, und die ganzen kursierenden Mythen auf eine vernünftige Grundlage gestellt haben, waren auf einmal alle schlauer und wollten es schon immer gewusst haben.

Es ist mir auch klar, dass es jetzt wieder Spezialisten gibt, die Teile aus diesem Post nehmen um damit zu beweisen, dass ich „selbst zugegeben“ habe, bestochen zu sein. Lasst euch gesagt sein: Typen wie ihr sind daran schuld, dass Menschen nicht mehr ehrlich sind, sondern nur noch unangreifbare Fassaden aufbauen. „Ich sach net a su oder su, wall hinterher kommt anner daher und sacht, ich hätt a su oder su gsacht.“ hat Günter Stössel schon in den Achtzigern gesungen.

Das Spiel spiele ich aber nicht mit.  „Equipment Measurbators“ und „Online Experts“ (Schade, dass Kurt mittlerweile aus dem Netz verschwunden ist…) sollen ihr Hobby betreiben und damit im Rahmen ihrer Möglichkeiten glücklich werden. Ich kann nicht verhindern, dass die hier mitlesen und in ihren Foren dann in wunderbar gedrechselten Worten darüber ablästern. Macht doch – die Leute, die euch ernst nehmen, sind selbst schuld.

Ich schreibe meinen Blog für Leute, die an Fotografie interessiert sind. Für die, die auch meine Beiträge lesen, die nicht von 43rumors verlinkt werden und bei denen es simpel um Fotografie und nicht um irgendwelche neuen Technikspielzeuge geht.

Und jetzt mache ich mir eine gute Tasse Tee…
übrigens auch mit dem 40-150…. (Danke J. und M. Wir werden ihn nicht vergessen!)

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