Die neue Mittelklasse OM-3

Die Colorfoto hatte sie im Märzheft ja schon angekündigt: Die OM-3. Mit dem Sensor der OM-1.

Im Endeffekt ist sie eine OM1- die Hauptplatine ist identisch, Prozessor und Sensor sind runtergetaktet, was natürlich Strom spart und es ermöglicht, mit dem kleineren Akku auszukommen. So wie die OM-5 eine kleine Schwester der E-M1III ist, ist die OM-3 ein Geschwisterkind der OM-1.

Auf den ersten Blick gibt es eigentlich keinen Grund, die OM-3 zu kaufen. Dann doch lieber eine E-M1III für weniger Geld? Oder eine E-M1X? Leider ist es nicht so einfach. Denn die OM-3 hat zwar die AI-Objekterkennung der OM-1 nicht an Bord, aber dafür ein paar andere Features, die die OM-1 nicht hat – bei der sind sie erst für das erste Feature-Update 2.0 geplant.

Klar- sie hat Vertical Video. Die YouTuber brauchen’s. Aber der Knaller ist etwas anderes: “iAutoWB”. Was das sein soll? Das ist eine KI-gesteuerte Weißabgleichsmethode. Der automatische Weißabgleich hat ja früher damit angefangen, dass man alle Farben zusammengeworfen hat und solange dran gedreht hat, bis der Durchschnitt aller Farben ein 18%-Grau war. Das hat eigentlich nie wirklich funktioniert, aber wenigstens so halbwegs. Deshalb hat man dann irgendwann Tabellen gemacht, die Ausnahmen definiert haben. Wenn ganz viel Grün im Bild war, hat man vermutet, dass es sich dabei um Wald oder Wiese handelt. Oder bei ganz viel Braun und Orange und miesem Licht, dass man sich gerade in der Kneipe befindet und deshalb eine gemütliche Atmosphäre praktisch wäre.

Das große Problem war Mischlicht. Denn es gibt nur einen Weißabgleich und der gilt für die ganze Datei. Wenn verschiedene Bereiche unterschiedliches Licht abkriegen, kann immer nur ein Wert berücksichtigt werden. Oft ist Mischlicht dekorativ -blaues Licht von Außen in das gemütlich beleuchtete Zimmer – Cool. Aber meistens ist es einfach nur lästig. Gerade wenn man Outdoor Personen fotografiert. Als ich Frau Winkler, seinerzeit Chefin von Smart, auf der Bühne fotografiert habe, bin ich halb wahnsinnig geworden. Die Frau ist dauernd vom Schatten in die Sonne gegangen. AutoWB scheiterte und auch ein fixer WB war immer schon wenige Sekunden später wieder falsch.

OMDS hat nun einen alten Zopf abgeschnitten und einen “BereichsWB” eingeführt. Der funktioniert natürlich nicht im RAW, sondern, wie viele Funktionen der “Computational Photography” nur im JPG, die Ergebnisse sind aber spektakulär. Im Prinzip entwickelt die Kamera das RAW intern mehrfach und erkennt über KI Falschfarben. Also zum Beispiel Schattenbereiche. Diese werden dann mit einem getrennten AutoWB entwickelt. Das funktioniert natürlich nicht immer, gerade weil der AutoWB gewisse Flächengrößen benötigt um sauber zu funktionieren. Wenn man in einem Motiv bunte Scheinwerfer quer durchs Bild leuchten lässt, dann ist der iAutoWB überfordert, im Extremfall produziert er Artefakte. Dafür ist der iAutoWB aber auch nicht gedacht und deshalb ist das auch kein Defaultwert. Man kann ihn aber auf einen Knopf legen – sollte das aber dann auch im Kopf behalten, dass er aktiv ist.

Hier Frau Winkler mit Weißabgleich Sonne. Der Himmel und der weiße Schirm im Hintergrund passen, Publikum und Frau Winkler haben einen Blaustich.

Hier mit Weißabgleich Schatten: Das Kleid und die Hautfarbe passen, der Himmel hat sein Blau verloren.

iAutoWB. Himmel passt, Kleid passt, So gehört das. Das sieht nicht spektakulär aus, weil das Bild einfach so aussieht, wie man es vor Ort wahrnimmt. Unser Gehirn passt die Farben an.

Es gibt natürlich noch mehr über die OM-3 zu reden: So feiert der Zoomrahmen beim Video die Wiedergeburt. Und ja, natürlich hat’s das neue Menü der OM-1. Ansonsten hat sie die Features der E-M1III – also ND-Filter, Starry Sky und natürlich 60fps und 15 Bilder beim Stacking. Durch den neuen Sensor dafür auch noch die 1/100s Synchronzeit beim Blitzen, der Rolling Shutter ist Geschichte, der schnelle C-AF und S-AF, die tolle Unterstützung der FTs – alles an Bord, inklusive unlimited Video. Nachteil: Es gibt keinen Batteriegriff dazu, keinen FL-LM3 und auch wieder kein Ladegerät. Und keinen PowerDelivery-USB-Port.

Eine kastrierte OM-1? Kann man sicher behaupten, aber im Augenblick wäre sie die bessere Wahl. Der iAutoWB ist ein Knüller, die 120fps braucht man dagegen eher weniger. Für mich ist der Zoomrahmen im Video ein starkes Argument.

Der Preis liegt bei 1899,- meiner Meinung nach zu eng an der OM-1, aber wenn man sich die Features ansieht, kann man damit leben, vielleicht könnte ja OMDS für den Preis noch einen FL-LM3 und eine Ladeschale dazupacken.

Und wann die ausgeliefert wird? Ich habe dazu noch keine Info, aber ich bleibe dran.

28 Replies to “Die neue Mittelklasse OM-3”

  1. Lieber Reinhard

    Die wow-2 Kamera ? Nicht übel; aber wieder kein Ladegerät dabei und auch kein PowerDelivery-USB-Port. Wird wenigsten die Kurbel für den Generator mitgeliefert ? Es gibt ja so Radios, die man mit Kurbeln wieder aufladen kann. Wär doch eine feine Sache an der Kamera !
    Warten wir’s ab, was da kommt.
    Gruss an Alle
    Georg
    PS: Reinhard, Mann, hast Du ne Fantasie !

    1. Hallo Georg,

      das mit der Kurbel gab’s doch schon mal. Also meine alte Praktica hatte eine Kurbel. Gut, die war dafür da, den Film wieder in die Filmrolle zurückzuspulen. Aber ein Minigenerator in der Größe einer 135er Filmpatrone in die Kamera eingebaut, Kurbel oben aufs Gehäuse und dann ordentlich drehen. Das wäre doch auch super für das Retrodesign und außerdem noch nachhaltig.

      Wer braucht da noch ein Netzteil oder Laden über USB. Dann ist es auch egal, ob Micro-USB- oder USB-C-Anschluss vorhanden ist und eine Powerbank braucht man auch nicht mehr mit sich rumzuschleppen.

      Viele Grüße
      Manfred

      1. Diese ausklappbaren Kurbeln haben einen Hebel von etwa 15mm. Ein Physiker kann sich ausrechnen, wieviel Leistung man über diesen Schnapperatismus mit der realistisch erreichbaren Geschwindigkeit ( ca 120 Upm) übertragen kann. Mehr als 60 Upm Dauerdrehzahl wird das Handgelenk aber nicht hergeben, man dürfte also Pi Daumen etwa 0,1Ws erreichen. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, lädt man dann den Akku mit etwa 15mA. Um den Akku mit 2000mAh aufzuladen ist man dann ein bisschen beschäftigt. Da hat die Woche Struktur.

  2. Das wäre zu schön gewesen. Zuerst hatte ich gedacht, da hat OMDS der Ankündigung sich nicht mehr an gegebene Produktlinien zu halten schnell Taten folgen lassen, dann sah ich das Datum . Der Hinweis was für ein Sucher verbaut ist fehlt in dem Artikel.

    1. “dann sah ich das Datum …” Ein genereller Fehler, der bei einschlägigen Beiträgen zu diesem Datum gemacht wird, ist, dass das Datum wie es ist angegeben wird – es springt dann direkt ins Auge. Wesentlich unverfänglicher wäre da der 32. März – fällt kaum auf 😉

      1. Man kann zwar bei WordPress ein beliebiges Datum für die Veröffentlichung des Posts angeben – aber es muss halt leider ein existierendes Datum sein…. 😉

  3. Ergänzung:
    Eine OM-3 basierend auf der OM-1 mit besserem Sucher, ohne die extremen Frame-Raten fände ich eine gute Ergänzung. Allerdings nicht im EM-1 Gehäuse, sondern im Gehäuse der EM-5 Mark2. Kompakt aber Metall, besser zu kühlen, und dem Batteriegriff mit besserer Videokonektivität.
    … man darf ja träumen.
    Wäre dann auch von der Wertigkeit klar zwischen OM-1 und OM-5. Also die Kamera, um im EM-5 Format auf OM-1 Technologie aufzuschliessen, ohne die Kompromisse, die man mit der OM-5 machen müsste, weshalb ich mir beim erscheinen der EM-5-3 lieber noch schnell die Mark2 geholt habe.

    1. Wenn irgendwas im Gehäuse der EM-5II käme, das würde ich sofort kaufen! Und wenn es ein Telefon ist. 😉

        1. Kunststoff vs Metall! Und nein, rationale und vernünftige Argumente sind hier nicht zielführend! 😉

        2. Ich hatte auf die EM-5 gespart, wenn diese den 20MP-PD-Af Sensor bekommt. Als das Modell dann erschienen ist, habe ich mich für die 5.2 entschieden und mir das 12-45 dazu geholt.
          Ich habe als Konstrukteur selbst Dinge von Metall auf Kunststoff umkonstruiert. Mal mit meinem Einverständnis, mal ohne.
          Nach betrachten der Dissassembly Videos: Die Stativplatte der OM-10 ist für Kameraklasse adäquat konstruiert. Die der 5.3 für diese nicht. Für mich sieht das aus, wie wenn sich Kostenoptimierer gegenüber der ursprünglichen Version durchgesetzt haben.

          Dann enttäuschte mich auch der Sucher. Dieselbe Auflösung, die vor gut 10 Jahren endlich befriedigende elektronische Sucher ermöglichen sind für mich noch in der EM-10 akzeptabel. Das mit der geringeren Sucherauflösung zu vertuschen mag zwar alte Herren mit dicken Brillen erfreuen, mich nicht.
          Muss nicht gerade der OM-1 Sucher sein, aber G9 Sucher Daten mit besserem Okular würde ich mir schon vorstellen.

          Ich sehe hier schon Platz für eine OM-3 Linie: OM-1 Sensor, weniger Speed, transportabbler, bessere Wertigkeit, und das im kompakten Format. An das Gewicht sehe ich nicht so heran, wie an das Packmaß.
          Könnte dann auch gerne USB-C bekommen, und einen Handgriff mit Kopfhörer-Anschluss.

  4. Es gibt noch eine „Revolution“ in der OM-3.

    Wie oben im Text erwähnt gibt es RAW, was ja jeder kennt und gerne benutzt.
    Der erste Buchstabe vom berühmten RAW ist dabei die 1. und steht für den Erfinder Reinhard.
    Somit stehen die Buchstaben RAW für Reinhard April Wagner…

  5. Ich hätte sie ja sofort genommen, aber die passenden Batteriegriffe habe ich leider beim Wechsel der E-M1 II auf die E-M1 X vertickt.

    Also prima für Leute die noch mit der E-M1 lll unterwegs sind. Alle anderen schauen in die Röhre, oder kaufen den Griff ein zweites Mal. Daher gehe ich mal davon aus, dass man der Kamera eher selten begegnen wird.

  6. Moin Reinhard,

    ich wüsche Dir auch einen schönen 1. April! Und danke für den kurzweiligen Start in den Tag! 😉

    Herzliche Grüße
    Martin

  7. Nette Features. Ich hätte eher eine OM-2 erwartet, da die ungeraden Zahlen ja wohl eher von irgendwelchen japanischen Mythologien beeinflusst sind. Zumal nun amerikanische Marketingmethoden eingeführt wurden und dort gerade Zahlen nicht verpönt sind. Der Gott der Umsatzzahlen zählt, sonst nichts. Aber egal: Hauptsache OMDS bleibt im Gespräch. Ich warte schon auf die weiteren Specs in der Rundmail.

  8. Sehr schönes Geschenk kurz vor Ostern. Würde meine analogen OMs mit der Zahl 3 perfekt ergänzen.

  9. He, he,
    das Gehäuse würde mir eh besser gefallen, als das von der OM-1, dass etwas anders geschnitten ist und wohl einen Tick höher ist. (Abspreizstellung des Zeigefingers).
    Den Body gibt es bestimmt auch im OM System Blau und YouTube Rot!
    Schöne Arbeit Reinhard. XD

    1. Da bist Du besser informiert als ich – aber ein paar knackige Farben wären es wirklich mal….

      1. Glaube, du hast noch ein wichtiges Feature übersehen. Die neue hat einen neuen Horizontausgleich bis zu 2°, der über den Mehrachsen IBIS realisiert wird.
        Heute gab’s sogar ein Firmware Update für die gängigen Modelle, wo das vorab für das neue Modell getestet werden kann. Ziel für die OM-3 sind final bis zu 5°….

  10. Gestern noch sagte ich mir: Aufpassen, was Reinhard wieder anstellt.
    Heute sah ich diese Traum-Kamera, habe sofort alle Vorsätze vergessen – und bin reingefallen!
    Großartig! Touché!
    LG Anselm

  11. Ich wollte schon fragen, mit welchem Tool denn die alten Bilder mit KI-WB nachbearbeitet wurden – glücklicherweise habe ich dann einen Post zugeleitet bekommen, den Dr. A. Prilscherz verfasst hatte und hab‘s dann auch geschnallt 🙂

    Viele Grüße

    Joachim

  12. „BereichsWB“: Arbeitet dieser mit der Gesichtserkennung / Motiverkennung / Spotmessungsfeld gekoppelt, um das Hauptmotiv in den korrekten Weißabgleich besser zu erfassen (und auch im Tracking Modus)? Gibt es dazu schon Erkenntnisse auch am Tag Deines Reports danach?
    Viele Grüße, Thomas

    1. Habe ich doch schon geschrieben – es gibt keine Objekterkennung in der Kamera. Die Kamera arbeitet mit KI. Das Wesen von KI ist, dass niemand nachvollziehen kann, wie der Computer auf die Idee kommt. Man zeigt dem Blechdepp ein Bild, sagt ihm “der Bereich braucht einen anderen Weißabgleich” und dann das nächste Bild und so weiter. Welche Schlüsse die KI daraus zieht, weiß man nicht. Man kann lediglich hinterher sagen “Das war falsch.” Verblüffenderweise kommt dabei meistens was Brauchbares raus.

      1. Danke Reinhard, das es komplett umgestellt ist, hätte ich mir doch nicht und so vorstellen können. Bin da auch auf weitere SW- Updstes gespannt. ;).

  13. Bis etwa 85% des Beitrags habe ich ungläubig gestaunt.
    Dann fiel endlich der Groschen. *augenroll* 🙂

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