Deplatforming

Twitter hat es getan – sie haben den heldenhaften Verteidiger des freien Amerikas von ihrer Plattform geworfen – und gleich auch noch ein paar seiner Kumpels.

Das nennt man „Deplatforming“. Wenn man eben lästigen Nasen die Plattform entzieht, auf der sie ihren Scheiß verbreiten.

Seit Jahren streiten die Fachleute darüber, wie man dem Müll im Netz am besten begegnet. Und bei einer Untersuchung ist jetzt herausgekommen, dass Deplatforming die einzige praktikable Methode ist. Die einzig andere Methode hat seinerzeit Böhmermann initiiert, nämlich eine Freiwilligen-„Troll“-Armee, die den Vollpfosten Paroli bieten und allein aufgrund der zahlenmässigen Übermacht gewinnen und den Hass marginalisieren kann. Leider ist das bei über 80 Millionen Followern nicht mal ansatzweise zu leisten.

Also wech.

Müllwerker in Dubrovnik 1988

Ich verfolge diese Strategie auf oly-e und hier seit Jahren. Unbelehrbare Stänkerer werden gekickt. Am Anfang versuche ich es noch im „Guten“ aber wenn das nicht fruchtet – Und Tschüss.

Klar – die meist anonymen Helden wandern dann in andere Foren ab, denen es wichtiger ist, Traffic zu haben, als ein gutes Klima. (Und beschweren sich dort über mich.) Deswegen ist Deplatforming auch umstritten, weil die bösen Buben ja dann zu anderen Plattformen gehen und dort Unfug anrichten könnten. Nur – ein Faschist, der von Twitter vertrieben wird und zu Parler geht, verliert auf dem Weg die Hälfte seiner Follower. Mindestens. Und die Parler-App wird seit gestern nicht mehr von Google vertrieben. Und Apple. Und Amazon hat Parler von seinen Servern gekickt. Wenn Parler weg ist, ist schon die nächste Plattform parat – aber die ist nochmal kleiner. Und auch die muss sich von irgendwas finanzieren.

Der Trick dabei ist nämlich, dass Hater meistens gratis haten. Sobald das ernsthaft was kostet, sind die Hater draußen. Die „Normalen“ finanzieren also die Hater. Also ist die Strategie, den Hatern einfach die kostenlose Unterstützung zu entziehen, die einzig erfolgreiche.

Sogar Olympus verfolgt diese Strategie. Warum gibt es beim Facebook-Account von Olympus DACH so selten Kritik und nur weichgespülte Kommentare? Weil alle Kritiker sofort „geshadowt“ werden. Sprich: Sie sehen ihre eigenen Kommentare noch – aber niemand anderes sieht sie. Auf die Art verhindert man erfolgreich Shitstorms unter den eigenen Posts.

Und nein, das hat natürlich nichts mit Zensur zu tun. Denn man kann ja gerne seinen Hate/Kritik auf der eigenen Website/Profil/Plattform raushauen – nur eben kann niemand gezwungen werden, seine eigene Reichweite zur Verfügung zu stellen. Noch dazu gratis.

Ich habe mich irgendwann entschlossen, Typen, die mich auf anderen Plattformen verleumden oder beleidigen, hier zu sperren. Wenn andere Plattformen das gut finden, wenn Leute beleidigt oder verleumdet werden, dann ist das deren Problem. Und ja, Hater sorgen für Traffic. Twitter hat Unsummen mit Trump verdient.

Ich verdiene hier nichts. Ich kann es mir leisten, Hater, Querdeppen und Faschisten zu kicken. Sofort. Und nicht erst nach vier Jahren.

32 Replies to “Deplatforming”

  1. Das mit dem „Sofort. Und nicht erst nach vier Jahren.“ hätte, hätte, hätte im Falle von Twitter & Co. wohl Amerika und der Welt einiges an Kummer erspart – aber hinterher ist man immer klüger!
    🙁

    1. Naja, der Herr in Washington ist ja nicht der Einzige, der sich über das Internet produziert. Es kann auch Heinz-Georg aus Oberkleinöd mit Hateposts Unheil anrichten. Sehr viel Unheil. Und natürlich konnte ich nicht Twitter veranlassen, Trump zu sperren. Aber jeder kann halt das tun, was er tun kann – und wenn es auch nur darum geht, ein paar Kumpels zu „entfreunden“, die Mist verbreiten. Auch damit wird die Plattform kleiner. Denn eines hat sich eben rausgestellt: Die wenigsten Menschen können ihre Meinung ändern.

      1. Interessant finde ich zu lesen, das die wenigsten Menschen ihre Meinung ändern können.
        Ich bezeichne mich selber als altmodischen Sturkopf.
        Von sehr vielen Sachen habe ich erst einmal meine selbstgewählte Meinung.
        Im Gespräch, oder durch Lesen (auch in Foren) erfahre ich so viele andere / ähnliche Sichtweisen, das ich meine Meinung öfters überdenke und somit weltoffener werde.
        Schade ist nur, das eine Handvoll dümmlicher Trampeltiere und Anhänger so unbelehrbar sind.
        Sind die jetzt unfähig zu lesen?, lernen? denken? andere Sichtweisen zu akzeptieren?
        Oder schlicht Gemeingefährlich?
        Ich für meine Bescheidenheit bin froh, das es noch mitdenkende Menschen wie Reinhard und sehr viele bekannte hier im „pen-and-tell“ gibt, die einen auch mal Gedanklich aufrütteln.

        LG Andreas

        1. Das halte ich auch so, ich bilde mir eine Meinung oder ändere diese auch, wenn ich mich durch Lesen, Gespräche usw.informiert habe und dadurch auch andere Sichten und Positionen kennen gelernt habe. Aber das Problem der „Nicht-Denker“ (so nenne ich die jetzt mal) ist, dass diese sich nicht informieren, um sich eine Meinung zu bilden, sondern die suchen gezielt nur nach solchen Informationen, die ihre vorhandene oder vorgefasste Meinung bestätigen (könnte man auch als selektive Wahrnehmung bezeichnen). Da passen dann andere, gegenteilige Meinungen überhaupt nicht rein. Darum sind die auch nicht von ihrer Meinung abbringen und verbreiten dies dann im Zweifel weiter, damit auch der nächste wieder seine Meinung bestätigt sieht.

          LG Manfred

  2. das ist jetzt aber keine Einladung an Donald T. seinen Schwachsinn hier zu verbreiten?
    Obwohl das gar nicht so schlecht wäre, da hätte man ihn wenigstens unter Kontrolle.

      1. das wollte ich hören
        sollten Twitter und Co. auch einführen, das läßt sich aber leider mit KI noch nicht machen und für biologische Intelligenz fehlt denen das Geld.

  3. Das erscheint mir alles ein wenig zu einfach, ich bin sicher die Situation ist wesentlich komplexer, mit Sperrungen alleine lassen sich Meinungsströme nicht lenken. Speziell im Falle D.Trumps, dessen Zeit nun mit dem Sturm des Pöbels vorbei ist, ist meine Fassungslosigkeit noch so hoch dass ich noch nicht in der Lage bin, die Fragen zu formulieren die, die wirklichen Verantwortlichen, die die diesen Menschen in dieses Amt positioniert haben, sich ihrer Verantwortung für die Demokratie zu stellen.

    1. Dieses Problem wurde eben genau in der verlinkten Studie untersucht. Es gibt da einen klassischen Spruch dazu: „Don’t argue with idiots. They drag you down to their level and beat you with experience“ (Greg King) Wenn jemand der Meinung ist, er sei ein Opfer der Weltverschwörung, brauchst Du mit dem nicht reden. Wenn jemand denkt, dass Du niedere Beweggründe hast, etwas zu tun – den kannst Du nicht vom Gegenteil überzeugen. Nicht übers Netz. Als ich oly-e.de übernommen habe, gingen Gerüchte rum, ich würde mir damit ne goldene Nase verdienen. Wie will ich diese Leute vom Gegenteil überzeugen? Als Obama seine Geburtsurkunde veröffentlicht hat, liefen sofort die Posts rum, die sei gefälscht. „Du bist ein Arschloch.“ „Wie kommst Du da drauf?“ „Das sagen alle!“ Dagegen gibt es kein Mittel.
      Deshalb Deplatforming.
      Das ist ja gar keine Erscheinung unserer Zeit – Gutenberg hat die Druckerpresse erfunden, womit jemand mit ausreichend Geld beliebige Mengen Leute erreichen konnte. Der Effekt, der „Hexenhammer“, oder die „Protokolle der Weisen von Zion“. Tödliche Bücher voller Lügen. Da kannst Du nicht diskutieren. Da kannst Du als Verleger nur sagen: „Mache ich nicht.“ Habe ich schon mehrmals gemacht – ich habe mich geweigert, Bücher zu veröffentlichen, die voller Lügen waren. Deplatforming.

  4. Wir hatte anno … (noch zu meinen Schulzeiten vor fast 50 Jahren, oh Gottogott) mal versucht, einen Schüler unserer Klassenstufe von seinem Nazidenken abzubringen … chancenlos.
    _
    Nur „Deplatforming“ ging damals leider nicht.

  5. Bei Typen wie Trump ist es auch relativ einfach, weil man halt die Quelle für den ganzen Mist nicht lange suchen muss. Hier lag es an der Geschäftemacherei der Plattformen und vielleicht auch an Hemmungen, weil es ja den eigenen Präsidenten betraf.

    Schwieriger finde ich es dann, wenn z.B. RKI Chef Prof. Dr. Wieler berichtet, dass die geringe Bereitschaft unter den Pflegekräften sich impfen zu lassen, zum Teil aus Angst vor möglicher Unfruchtbarkeit bestehe. Klar kann man darauf verweisen, sich doch bitte nur aus vertrauenswürdigen Quellen zu informieren. Aber hier besteht das Problem, dass der Ursprung für diese Aussagen kaum auszumachen ist, dass man das aus den Köpfen auch wieder herausbekommen muss und sich zudem auch noch viele andere Leute daran orientieren werden, eben weil sie glauben, dass medizinisches Personal das besser beurteilen kann als die Presse. Zudem bei solchen Beispielen auch diverse Journalisten offensichtlich Bammel haben, klar dagegen zu argumentieren.

    Unruhestiftern so den Boden zu entziehen, um spontane Aktionen von ihnen zu verhindern mag funktionieren und kann sogar Leben retten. Wenn man sich aber anschaut, wie weit verbreitet Verschwörungstheorien sind und wie bereitwillig diese derzeit aufgenommen werden, dann ist das doch längst nicht mehr ein SocialMedia-Phänomen. Wir haben/ mussten Pegida in Dresden einfach machen lassen. Diese Typen rennen hier nun in Berlin im Wochentakt zu den unmöglichsten Demos/ Versammlungen und viele zahlen sogar brav ihre Mitgliedsbeiträge in den entsprechenden Organisationen/ Parteien. Die Hoffnung, dass denen ein kalter Winter die Lust an dem Käse nimmt, haben wir uns ja schon lange abgeschminkt. Klar war mir bewusst, dass im Web viele Irre unterwegs sind, auch Wahlergebnisse kann man sich schön reden, wenn die große Mehrheit noch immer Demokraten wählt. Aber gerade in Zeiten von Corona, kann man den Pöbel nicht mehr ausblenden, es ist erschreckend tagtäglich solche Begegnungen zu haben, und das oft mit Leuten denen man das nicht zutrauen würde.
    Ich weiß, dass das eine Demokratie aushalten muß. Aber immer nur freundlich appellieren sich mal bei seriösen Quellen zu informieren? Ich kann mich noch erinnern wie viele Talkmaster meinten sie könnten den Jörg Haider vorführen und dabei gescheitert sind. Nach jeder Wahl die Beteuerungen das Problem mit Überzeugungsarbeit schon in den Griff zu bekommen. Wir hatten bisher noch Glück, dass das hier in Deutschland offensichtliche Hirnis sind und selbst die finden erschreckend viele Anhänger. Ich denke wir müssen uns endlich mal alle eingestehen, dass wir ein ernstes Problem haben, das bereits aus dem Ruder gelaufen ist.

    1. Ich weiß aus erster Hand, was in den Kliniken und Altenheimen rumgeht. Das sind alles, durch die Bank, Facebook- und Insta-Weisheiten. Seltener dann noch YouTube. Und dann wird es über WhatsApp weiterverbreitet. Leider trauen sich die großen Plattformen nicht, dagegen vorzugehen, weil sie der Meinung sind, dadurch einen signifikanten Teil der User zu verlieren. Ja. Würden sie. Aber sie würden andere gewinnen, die jetzt die Finger von Zuckerberg und Konsorten lassen.
      Wie Du schreibst: Überzeugungsarbeit ist rausgeworfene Zeit. Wenn jemand ner Krankenschwester weisgemacht hat, die Impfung würde unfruchtbar machen, dann brauchst Du ihr nicht mehr erklären, dass eine COVID19-Erkrankung eine ernste Gefahr für ihr Kind ist, weil sie zu Placentainsuffizienz führen kann – und leider in verdammt vielen Fällen auch dazu führt. Kind tot. Das glaubt sie Dir nicht mehr.
      Diese Leute, die da bewusst Falschinformationen verbreiten – weil’s Spaß macht, weil sie mit der Angst der Leute Geld machen wollen, oder einfach weil sie denken, sie könnten endlich die Macht übernehmen – sind keine harmlosen Spinner, sondern Kriminelle. Und solchen Leuten sollte jede Möglichkeit genommen werden, Multiplikatoren zu benutzen. Deplatforming.
      Mir gehört kein großes SocialMedia-Portal. Ich betreibe nen Blog, ein Forum und ein Mediawiki. Ich habe im Monat 1, 8 Millionen Pageviews. Aber immerhin diesen bescheidenen Rahmen versuche ich sauber zu halten.

    2. Das Ruder kann leider niemand wieder ins rechte Fahrwasser lenken!
      Wer ist bei unserer Informationsflut in der Lage „seriöse Quellen“ zu finden?
      Von Politikern wird man seit es sie gibt nur belogen?
      Der Egoismus ist in der breiten Masse normal geworden. Jeder sieht nur noch sich?
      Realistisch sind wir gerade in der Endzeit angekommen.
      Besser wird es nie wieder.
      Der Menschheit sollte mal drei Monate der Strom Stecker gezogen werden.
      Das wäre „Delatforming“!

      LG Andreas

      1. Das wünsche ich niemandem. Drei Monate ohne Strom ist nicht witzig. Keine Wasserversorgung mehr, keine Krankenhäuser mehr, keine Lebensmittel mehr, weil wir nicht mehr auf Lebensmittelherstellung ohne Strom eingerichtet sind. Wir sind auch nicht darauf eingerichtet, Fässer mit haltbaren Lebensmitteln im Keller zu haben. Es gibt keine Kühlungen mehr, weil wir keine Sommerkeller mit Eisblöcken drin mehr haben. Kein Verkehr mehr, weil die Kraftstoffpumpen alle mit Strom laufen.
        Doch. Wir können etwas machen. Lügnern kontra geben und Plattformen, die solchen Lügnern Raum geben, meiden. Wenn Facebook nur 10% der Nutzer verliert, weil sie die Lügner nicht bannen, dann werden die ratzfatz umsteuern. Und wir können Leuten, die aufstehen und Kontra geben, den Rücken stärken. Viel zu oft stehen diese Leute allein. Weil die anderen sich nicht einmischen wollen, weil man sich nicht exponieren will, weil man es nicht nötig hat, sich da „rumzuprügeln“. Weil es Mods gibt, die tatsächlich auf der Seite der Lügner eingreifen.

        Damit die Sache hier jetzt aber etwas unernster wird, zum Thema Facebook hätte ich den hier:
        https://youtu.be/WZgJX2FethU

  6. Ich glaube, es war Gadamer, der Hermeneutikprofessor, der zum Thema Voraussetzung sinnvoller Diskussion gesagt hat:

    Zumindest sinngemäß hat er es so gesagt…. und mir gibt dieser Satz auch heute noch sehr viel!

    1. seltsam, die aussage war in gesetzt und ist entfallen.
      Der Satz lautet: Eine wissenschaftliche Diskussion macht nur dann Sinn, wenn ich grundsätzlich für möglich halte, daß der andere Recht hat.

  7. So. Parler ist Offline. Weil nicht nur Amazon abgeschaltet hat, sondern auch alle Serveranbieter abgewunken haben, als die Rechten an die Tür geklopft haben.
    Ich würde mir jetzt nur noch wünschen, dass das in Zukunft früher passiert, und nicht erst, wenn der Obermufti am Ende seiner Amtszeit angekommen ist.

    1. Klasse!

      Es besteht also doch noch Hoffnung auf eine bessere Menschheit.
      „Obermufti“ und ein Paar weitere Geistesgrößen gehören mit dem Lasso eingefangen und in der stromlosen „Klapse“ für immer weggeschlossen.

      LG Andreas

    2. Das erscheint jetzt natürlich erstmal praktisch, aber zumindest ein gewisses Gschmäckle hat das schon, daß da ein paar Konzerne prinzipiell einfach die Tür zu machen können. Da geht es nicht nur ums Hosting.

      1. Das ist jetzt einigen aufgefallen, dass sie auf einmal abhängig von Konzernen sind. Überraschung! Ist ja nicht so, dass da nicht schon seit vielen Jahren davor gewarnt wird. Nur – die EU hat’s bis heute noch nicht auf die Reihe gekriegt, Alternativen zu den großen Plattformen auf die Beine zu stellen. Wenn die ganzen Politiker auf Insta, Twitter und Facebook posten und ihre Videos auf YT stellen, dann ist nicht etwa die Plattform schuld, sondern die Politiker. Baut eine europäische, steuerfinanzierte, öffentlich-rechtliche Plattform auf. Dann funktioniert das. Zu teuer? Ihr müsst nur Amazon, Google und Zuckerberg besteuern – und Bingo, schon ist das Geld da….

        1. Da wäre ich sofort dabei, diese Unternehmen zu besteuern. Aber eine EU-Plattform halte ich nicht unbedingt für die beste Lösung, zumindest je nach Gestaltung. Wenn ich das Wort öffentlich-rechtlich höre, dann keimen in mir erstmal keine Hoffnungen. Eine Finanzierung durch Steuern müßte man erstmal juristisch prüfen. Und dann müßten sich EU-Staaten einig werden. Good night, and good luck.

          Ich würde eher sagen, die Gesellschaft in Europa hat es bis jetzt leider einfach nicht für nötig befunden, sich weniger abhängig zu machen. Es gibt sofort Initiativen zu gewissen Reizthemen, aber viele andere wichtige Themen bleiben weitestgehend unbeachtet. Wenn, dann braucht es Einzelpersonen, denen das wichtig ist, und die da Zeit reinstecken (können!) und irgendwie Geld sammeln (Mitgliedsbeiträge, Förderungen, Spenden, …).

          Die EU wird sich als »Freund« der USA vielleicht auch gar nicht so leicht tun, Alternativen zu befürworten.

          1. Ich war jahrelang in der Gründerszene aktiv und weiß, wie die Finanzierungsströme sind. Eine privatwirtschaftlich organisierte Alternative zu Facebook & Co wird es in der EU nicht geben. Die entprechenden VC-Gesellschaften stecken da keinen Cent rein. Gerade weil einige Versuche in diese Richtung für blutige Nasen bei Burda und Bertelsmann/Mohn gesorgt haben. (Die beide auch nicht netter als Zuckerberg sind.) Sevenload, das die bessere Alternative zu YouTube war, wurde sogar mit Anlauf gegen die Wand gefahren. Nur eine europäische, öffentliche Alternative hat noch Chancen. Europäisch deshalb, weil sie dann von den einzelnen Regierungen der Staaten unabhängig wäre. Das hätte den Vorteil, dass man die europäischen Standards durchsetzen könnte. Facebook müsste sich dann entweder dran halten, oder zumachen. Im Augenblick kann Europa nicht gegen „BigTech“ weil „BigTech“ die Herrschaft über die Kommunikation hat.
            Aber wenn Du eine öffentliche Lösung nicht für die Beste hältst: Was ist dann die beste Lösung? Jede privatwirtschaftliche Lösung kann aufgekauft und pervertiert werden.

            1. Ich habe ja auch nichts von Gründerszene, Privatwirtschaft, VC, Burda (um Gottes Willen!) geschrieben. Auch nicht von öffentlich (was soll das sein?) sondern von öffentlich-rechtlich, und nicht davon, daß ich einer öffentlichen Lösung skeptisch gegenüberstehe sondern einer EU-Plattform. Eine privatwirtschaftliche Lösung wäre einfach nur noch ein Facebook/Google/$sh1c3. Es gibt ja noch Modelle neben Privatwirtschaft und öffentlicher Hand, siehe CCC und andere. Und wenn das passende Modell nicht existiert: Erfinden. Keiner sagt, daß es einfach ist. Aber: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

              Das Problem ist nicht, daß man nicht weiß, wie man es machen soll. Das Problem ist, daß der politische Wille dafür fehlt etwas zu ändern. Über das Wie muß man an der Stelle noch gar nicht sprechen. Solange die meisten Leute alles toll finden, was es jetzt schon gibt, wird sich kaum etwas ändern. Es gibt ja schon Mastodon und andere Plattformen, aber die spielen keine besonders große Rolle. Alternativen zu WhatsApp gibt es auch schon seit Jahren, aber die große Masse nutzt weiter WhatsApp. Es ist schon lange bekannt, wie Amazon tickt. Wenn juckt’s? Diejenigen, die jetzt mit Ich! antworten, werden höchstwahrscheinlich von vielen ihrer Bekannten deswegen für Spinner gehalten. Ich habe den Eindruck, in zu vielen Köpfen steckt die Mentalität Never change a running system. Egal, wohin es läuft. Hallo Lemminge! Wartet, wir kommen mit!

              Was ich von der öffentlichen Hand bzw. der Politik allerdings sehr wohl erwarte (mal als Beispiel): Endlich mal eine bundesweite Infrastruktur aus Hardware und freier, quelloffener Software für Schulen. Das hätte man spätestens im März einfach beschließen und seit März auch schon sehr weit umsetzen können. Stattdessen darf man sich von jungen Eltern anhören, wie stolz sie auf die Schulen ihrer Kinder sind, weil dort jedes Kind ratzfatz einen Teams-Account bekommen hat. Lemminge.

            2. Der CCC ist toll – aber er kann die notwendige Infrastruktur nicht bezahlen. Es tut sich leicht zu sagen „Ist nicht einfach, erfindet es einfach.“ Um ein europaweites Portal a la FB oder YT oder Twitter zu betreiben und zu promoten, reicht Idealismus und Nerdtum nicht aus. Da sind riesige Rechenzentren zu betreiben. Mit tausenden von Leuten. Und damit das halbwegs unabhängig von nationaler Parteipolitik ist, muss das bei der EU angesiedelt werden. Klar, man kann sagen, „Das will ich nicht!“ – aber dann bitte nen besseren Vorschlag machen. Ganz konkret. Woher man die halbe Milliarde nehmen will, die man da als Anschubfinanzierung braucht. Für die EU ist das Portokasse. Für Idealisten ist das unerreichbar. Es gibt nur die Möglichkeit, Politiker davon zu überzeugen, dass das ne gute Idee wäre.

            3. Ja, man müßte Politiker überzeugen, und es sollte ein europaweites Projekt sein. Aber vorher muß man die Leute überzeugen, daß es überhaupt etwas grundlegendes am status quo auszusetzen gibt. Der CCC würde sowas gar nicht zahlen sollen, aber er könnte es vielleicht entscheidend mitorganisieren. Die EU halte ich nicht für ausreichend vertrauenswürdig und unabhängig. Die darf das gerne finanzieren, aber Entscheidungen sollten Leute treffen, die sich damit auskennen. Das schließt gefühlt 97% aller Politiker aus. Der CCC war außerdem nur ein Beispiel.

              Vielleicht muß sowas ja auch nicht zentral aufgebaut sein. Man könnte Dienste und Hardware-Infrastruktur in unterschiedliche Hände geben (analog zu Straßen und Lieferverkehr). Überwachung sollte aber nicht als Feature gleich mit drin sein.

              Anmerkung an der Stelle: Es wäre auch ganz schön, mal von diesen CDNs wegzukommen.

              Ich sagte jedenfalls nicht Erfindet es einfach. Vielleicht ist das auch gar nicht nötig. Das viel größere Probleme wäre vermutlich, es langfristig filzfrei zu halten. Ein erster Schritt wäre mal, daß sich Interessierte zusammentun und sich überlegen, welche Anforderungen überhaupt zu stellen wären (nicht nur technische, aber auch, zum Beispiel: Kompatibilität zwischen konkurrierenden Plattformen? Offene Standards für Schnittstellen dafür?). Ich könnte mir gut vorstellen, daß sich da die europäische Wissenschaftsgemeinschaft einbringt und in diesem Zuge mal endlich eine (lautere) öffentliche Stimme als Gegengewicht zu den Alternativfaktlern (und Politikern, wenn wir schon dabei sind) entwickelt.

              Gleich am Anfang schon zu fordern, daß man konkrete Vorschläge zur Finanzierung macht, ist mir schon zuviel Neinsagerei.

            4. Ich denke, ich beende die Diskussion von meiner Seite hier. Ich bin der Meinung, so ein Projekt ergibt nur Sinn, wenn man auch das Geld hat, das umzusetzen. Du bist der Meinung, es geht auch ohne Geld. Ich hab sowas mal probiert – trust me – es geht NICHT ohne Geld. Bezos hat erstmal mehrere Milliarden anderer Leute verbrannt, bevor er jetzt Geld damit macht. Und damals musste er sich nicht gegen einen Platzhirsch durchsetzen. Wenn Du meine Erfahrung in diesem Bereich nicht akzeptierst – was Dein gutes Recht ist, dann drücke ich Dir alle Daumen, dass Du Mitstreiter für Dein Projekt findest.

              Ich versuche hier in meinem kleinen Rahmen unabhängig von Zuckerberg, Bezos und Alphabet zu bleiben. Ich hoste nicht auf Amazon-Servern, ich habe keine Affiliate-Links, verkaufe meine Bücher nicht über Amazon, streame nicht auf Twitch, hoste meine aktuellen Videos nicht auf YT – und wenn, dann monetarisiere ich sie nicht -, habe kein Instaprofil, kein FB-Profil und besitze kein WhatsApp. Ich schenke damit gewaltig Reichweite = Geld her. Aber wenn wir Kleinen nicht dammit anfangen – wer soll das sonst machen?

              Aber eine Alternative zu Zuckerberg und Co aufzubauen und durchzusetzen – das erfordert das ganz große Kaliber. Da braucht es Zugriff auf Legislative und Exekutive und Judikative um ein „Level Playing Field“ herzustellen. Und das geht nur über Brüssel. Aber das ist ein anderes Diskussionsthema, das hier den Rahmen sprengt.

          2. Es gibt Alternativen – nur das Problem ist: versucht mal, auch nur Euren engsten Freundeskreis davon zu überzeugen. Das Sugarmountain Dark Empire ist doch so praktisch und alle benutzen es …

            Alternativen? Ich habe sein 2+ Jahren weder Fratzenbuch noch WhatsAb.

            Wer mit mir „Chatten“ möchte, der benutzt Threema – wem die 0,99 / 1,99 / 2,99 eine zu große Investition in seinen Datenschutz sind, der darf im mich auch per Signal kontaktieren.

            Statt Fratzenbuch benuzte ich ex-OpenBook – Okuna. An dem Projekt sieht man übrigens, wie schwer die „freie“ Finanzierung sein kann. Falls jemand eine Einladung braucht – melden.
            Außerdem habe ich noch eine tolle, deutsche App namens Dogorama für das Netzwerken zwischen Hundebesitzern – noch recht neu aber sehr nützlich!

            Also … traut Euch einfach beim nächsten Mal: WhatsApp? Habe ich nicht …

          3. WhatsApp habe ich an dem Tag auf meinem Smartphone gelöscht, als es Herr Zuckerberg aufgekauft hat. Das sind doch schon einige Jahre her. Und das Beste: es geht auch ohne! Ein paar Freunde taten dies mir gleich, weil sie wussten, dass ich ein bisschen IT- Affinity bin. Facebook hatte ich nie und ich werde einen Teufel daran tun. Leider meint meine bessere Hälfte, dass die Vorteile (der Druck der family lässt grüssen) von WA, FB, etc. für sie doch überwiegen.

            Aber jedem das Seine…

  8. Das Abschalten der Trumpisten ist doch eine rein betriebswirtschaftliche Entscheidung und nicht aus irgendwelchen moralischen Gründen. Vorher haben sie an Trump prächtig verdient, jetzt wo er die Wahl verloren hat, geht das Pendel in die andere Richtung. Man verzichtet auf auf xxx Trumpisten, dafür erhält man das mehrfache an Demokraten. Ganz einfache Anpassung an den Mainstream.
    Es ist schon bedenklich, wenn solche Medien eine solche Dominanz erreichen und dann ohne demokratisch legitimierte Kontrolle Fakten schaffen. So viel zur Meinungsfreiheit.

  9. Moral und BIG TECH?
    Ich verachte Trump und seine Konsorten, aber mir wäre es lieber man schaut nach den Ursachen warum das nun so gekommen ist. Ist es Zufall das Trump nach 8 Jahren Obama gekommen ist? Warum nimmt die Anzahl von Menschen die unter den Begriff „White Trash“ geführt werden stetig zu? Wie fühlen sich Menschen die ohne Diskriminierungsvorwürfen so bezeichnet werden dürfen? Man stelle sich vor, man würde in der politischen Diskussion den Begriff „Black Trash“ verwenden …. Man schaltet Twitter und Facebook ab. Dann gehen sie zu Parler oder Telegramm und werden dadurch noch radikaler und schwerer Diskussionen zugänglich, weil sie dort nun endgültig in ihrer eigenen Blase leben. Endgültig abgeschirmt von der Wirklichkeit. Ich sehe darin eine weitere Anleitung zur Radikalisierung und Gewaltbereitschaft. Ich bin sicher es gibt viele Gegenargumente gegen meine Meinung, die habe ich selber in mir. Aber dieser Gedankengang sollte legitim sein. Auch wenn er daneben liegt.

    1. Dieser Gedankengang ist absolut legitim. Und die Vorstellung, dass Zuckerberg oder Bezos irgendwas aus Menschenfreundlichkeit tun, ist absurd. Da sind wir uns einig.
      Auch die Tendenz, alles was alt und weiß ist, erstmal zu Rassisten zu erklären, oder der „Boomer“-Generation erstmal pauschal das Hirn abzusprechen oder, was auch zunimmt, Frauen zu diskriminieren, die ein Problem damit haben, dass Männer, die sich gerade zur Frau erklärt haben, in den Damentoiletten rumstrolchen. Das ist alles ziemlich schräg und ich habe streckenweise das Gefühl, dass sich gewisse Dinge verselbstständigt haben. (Und die Menschen, die versuchen, auf den tatsächlichen Missständen ihr privates Süppchen zu kochen, machen das alles nicht einfacher, denn oft geht es vor allem darum, wer zuerst den anderen in eine üble Schublade stecken kann, um die Deutungshoheit zu behalten.)
      Dass die Faschisten in eine Blase abtauchen und dann nicht mehr zugänglich sind – das Argument ist alt. Und absolut korrekt. Aber genau das ist wünschenswert. Wenn man Hitler seinerzeit die Veranstaltungsmöglichkeiten genommen hätte, seine Aufzüge verboten hätte – dann wäre der Welt verdammt viel erspart geblieben. Aber die Wirte haben mit den Nazis jede Menge Kohle gemacht und denen eben eine Plattform geboten, auf der sie ihre Anhänger gewonnen haben. Solange die nur in Hinterzimmern und auf Stammtischen aktiv waren, da war das ein dumpfer Laberhaufen ohne Relevanz. Aber je mehr Du denen Zugang zu „normalen Menschen“ gewährst, umso mehr Zulauf haben sie.
      Wir können „Big Tech“ nicht davon abhalten, mit Faschisten Geschäfte zu machen. Aber wir können es in unserem Bereich vermeiden, menschenverachtenden Ideen Raum zu geben.

  10. Mir ist klar, das ich mich als Ausländer in spezifische Altlasten der BRD einbringe.
    Aber eine Schlüsselrede im deutschen Bundestag habe ich nicht vergessen. Heiner Geißler, seines Zeichen gewiß kein linksgrünversiffter Politiker , hat am 15.Juni 2008 bei einer bis heute als Skandalrede eingestuften Stellungnahme in etwa gesagt:“ der Pazifismus der Bourgeoisie der 30er Jahre hat Auschwitz erst ermöglicht.“
    Teutonisches Problem? Nein! Genauso international, genauso wiederholt und genauso jetzt. Die Lethargie und Bequemlichkeit unser aller ermöglicht den Aufstieg der Narzissten, Faschisten, Nationalisten und üblichen Sezessionisten und Kriegstreiber. Und genauso müssen wir alle jetzt dem mit aller Kraft entgegenstehen und dazu gehört auch die Kontrolle und gegebenenfalls Demontage der diesbezüglichen Propagandamaschinerie.

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