Die Berichte häufen sich, bei denen „Profifotografen“ von der „Vollformat“-Kamera zu einer Spiegellosen wechseln – und immer wieder ist es die gleiche Entschuldigung: Zu schwer, zu groß. Gerne wird dann zu Fuji oder Sony gewechselt und begeistert über die neue Freiheit philosophiert.
Dann kucke ich mir Fotos dieser Fotografen an und denke mir – drei Schnitzel und vier Bier weniger am Tag – und nach zwei, drei Wochen wäre das mit dem Kameragewicht kein Problem mehr. Indem man das Kamerasystem, und nicht sich selbst abspeckt schiebt man das Problem nur hinaus – man löst es nicht.
Olympus kann’s freuen, denn „wir kriegen euch alle“ – spätestens wenn den Umsteigern aufgeht, dass die Sony-Kleinbildoptiken genauso schwer sind und auch APS eben eine bestimmte Optikgröße erfordert…
Ich will jetzt niemanden runtermachen, weil er den Spiegel nur noch im Badezimmer haben will. Aber wenn man selbst seit bald zehn Jahren mit dem „Winzsensor“ von Olympus professionell gearbeitet hat, dann ist man versucht, all den Helden, die zwischenzeitlich von APS auf Kleinbild umgestiegen sind und nun wieder zurückwollen, zuzurufen „Guten Morgen, auch schon wach?“ Unsereiner knipst immer noch mit dem 14-54 von Anno Tobak konkurrenzfähig während die Kleinbildprofis zweimal den Objektivpark gewechselt haben. Das muss man erstmal finanzieren.
Für die Hersteller sind solche Wechsler natürlich „Opinion Leader“, die entsprechend hofiert werden. Blöd gelaufen, da habe ich keine Chance im Internet ne Welle zu machen, weil ich zu spiegellos wechsle. Aber vielleicht, wenn ich die Pentax K1….? Aber so wie ich Pentax kenne, muss ich da den ganzen Krempel selber zahlen, wenn ich ihn haben will. Aber wär doch was: „Reinhard Wagner wechselt zu Pentax-Kleinbild“ – aber dann müsste ich nochmal fünf Kilo abnehmen. Allerdings wäre Pentax der einzige Kandidat, weil die sich weigern, „Vollformat“ zu sagen. Bei denen heißt das ganz offiziell „35mm Kleinbild“. So ist’s richtig.
Dabei wäre ich ja um ein Haar seinerzeit bei Sony gelandet. Ich hatte damals eine analoge Minolta, die meine vollmechanische Exakta abgelöst hatte. Und da gab’s doch damals von Minolta schon eine Digitale Spiegelreflex mit Wackeldackel. Aber APS-C, also waren meine Minolta-Objektive am kurzen Ende auf einmal zu lang. Also sowieso komplett neu kaufen – und dann wurde es damals auf Tipp von Christian Joosten aus Westensee eine E-500. Und dabei bin ich dann geblieben. Habe so nach und nach alle Oly-Kameras, die es seitdem gab, im professionellen Betrieb geknechtet und natürlich auch mit den Kameras der anderen Hersteller gearbeitet. Das bringt der Job so mit sich, dass man sich’s nicht immer raussuchen kann.
Aber ich bin dabei geblieben. Klar – ich finde die Firma und die Produkte sexy (ich weiß, das ist das Vokabular von Paddy, aber ich bediene mich da heute mal.). Aber wirklich ausschlaggebend ist, dass ich die Olys alle bedienen kann. Kameras sind Werkzeug und wenn ich bei einer Bohrmaschine immer erst in der Betriebsanleitung nachkucken muss, wie ich den Bohrer wechsle und das Schlagwerk abstelle, dann dauert das ein bisschen, bis der Schrank an der Wand hängt.
Und genau deshalb bin ich so geflasht, dass da ein Pro einen kompletten Systemwechsel vornimmt – weil ihm die Knipse zu schwer wird. Wenn ich mir überlege, ich müsste mit einem komplett neuen System für einen Kunden vor Ort arbeiten – Sorry, das geht gaaaar nicht. Ich würde immer versuchen, damit die gleichen Fotos zu machen, wie mit meinem alten System. Und genau das geht über die Kreativität her.
Es gibt Gründe, einen Systemwechsel vorzunehmen. Genügend. Natürlich. Aber von einem Tag auf den anderen? Ich habe noch monatelang die E-5 neben der E-M1 zur Arbeit mitgenommen. Und die beiden haben nur eine etwas unterschiedliche Bedienung, kein unterschiedliches Sensorformat und keine unterschiedlichen Optiken.
Mein Appell also an all die Wechselwähler mit „Rücken“ da draußen. Überlegt euch, was ihr tut. Eventuell ist eine Diät die billigere Lösung. Oder mal eine kleine Festbrennweite drauf statt immer das 70-200 2,8 am Sunsniper rumzubaumeln. Lernt die eigene Kamera kennen und im Schlaf bedienen. DAS bringt bessere Bilder.
Und ja, natürlich muss man sich das freche Grinsen von Olyfanten gefallen lassen, die mit LiveTime und LiveComposite Fun haben, ohne Stativ unterwegs sind und locker aus der Hüfte schießen. Aber hey, ihr habt doch mal richtig Geld auf den Tisch gelegt um den „Größeren“ zu haben. Dann zeigt doch, was ihr draufhabt. „Rücken“ gilt nicht. Fotos gelten. Und die werden bei einem Systemwechsel erstmal nicht besser – sondern schlechter.
Und ja – es gibt Fotografen, denen ist schnuppe, was da vorne auf ihrer Knipse draufsteht. Hauptsache, sie beherrschen den Schnapperatismus und werden davon nicht in der Arbeit behindert. Mit denen unterhalte ich mich am liebsten. Da geht’s dann um Motive, Licht, Models und seltsame Auftraggeber….