Ich habe es wieder gelesen: Je größer die Lichtquelle, desto weicher das Licht. Boah ey. Sooooo simpel und soooo falsch.
Und um die Nummer komplett zu machen:
Die Farbtemperatur des Lichts kann auch den Charakter des Lichts verändern. Es ist wichtig, die richtige Farbtemperatur für den jeweiligen Zweck und den jeweiligen Raum auszuwählen. Bei vielen LED-Dauerlichtlampen kann man die Farbe des Lichts einstellen. Vor Blitze musst du eine farbige Folie davor setzen.
Ich habe bewusst den Autor nicht genannt – weil ich ihn nicht dissen will. (Und das Zitat sinnerhaltend so verändert, dass er damit nicht gefunden wird.)
Es gibt eine schnelle Methode, die „Farbe des Lichtes“ ganz ohne Farbfolien zu ändern. Sogar im Nachhinein. Nennt sich Weißabgleich. Schon mal gehört? Hat jede Kamera drin und ist ein extrem cooles Feature.
Zur Geschichte, dass große Lichtquellen weiches Licht machen. Wir kennen alle eine ziemlich große Lichtquelle. Die Sonne. Das ist ein Rundstrahler mit einem Durchmesser von 1.400.000.000 Metern. Da stinkt eine 1,2 Meter Softbox etwas dagegen ab. Warum ist dann aber Sonnenlicht hart und das Licht der Softbox weich? Weil Dein Model direkt vor dieser Softbox steht.
Warum ist Licht überhaupt „weich“? Weiches Licht gibt es nicht. Licht oder Dunkel – was anderes ist nicht. Das Licht wirkt weich, wenn es eine schattenarme Ausleuchtung bietet. Und die gibt’s nur, wenn es gleichmäßig aus vielen Richtungen kommt.
Bei einer Softbox leuchtet die gesamte vordere Fläche. Wenn ich mit der Nase vorne dran bin, kriege ich Licht von oben, unten und von der Seite. Schatten haben keine Chance.
Abstand Nasenspitze Softbox 16cm.
So. Wenn ich nun zehn Meter von der Softbox wegstehe. Dann kriege ich das Licht nur noch aus einer Richtung. Da wo die Softbox steht. Und Bämmmmm ist es vorbei mit dem „weichen Licht“. Obwohl die Softbox doch so groß ist, würde eine 40cm Softbox die ich vor der Nase habe, ein weicheres Licht produzieren.
Deshalb gibt es eine Faustregel: Eine Softbox wirkt maximal in einer Entfernung vom eineinhalbfachen der Diagonale. Eine 20cm-Softbox für den Systemblitz ist in einem Meter schon nur noch albern. Für nen Meter Reichweite muss die Box mindestens 50cm Seitenlänge haben. Eine 100er Oktabox reicht eineinhalb Meter weit. Und jetzt wissen Sie, warum große Studios Softboxen mit zwei Metern Höhe haben.
Denn bei einer zu kleinen Softboxen ist die Versuchung da, den Abstand zu minimieren. Was passiert dann? Der Lichtabfall zwischen Vorder- und Hinterseite des Motivs wird dramatisch. Die Nase überstrahlt und der Pferdeschwanz ist abgesoffen. (Siehe oben: Das Licht endet kurz hinter dem Ohr.)
Hier mal eine Reihe, bei der man genau diese Effekte sehen kann. Der Kinnschatten und der Schatten in den Haaren wird immer härter und der Lichtabfall nach hinten wird immer schwächer.
Lichtquelle ist eine quadratische Softbox mit 60cm Kantenlänge. Blende und Leistung des Blitzes wurden zwischen den Bildern variiert, um eine halbwegs gleichmäßige Belichtung des Gesichtes zu bekommen.
Wer schon mal bei mir war, weiß, dass ich keine großen Softboxen habe, aber trotzdem butterweiches Licht kann. Wie macht der Wagner das? Ich habe mein Studio Neutralweiß gestrichen und unter dem Dach eingerichtet. Ich richte meine Blitze auf die Dachschräge und kriege wunderbar große, weiche Ausleuchtung.
Wer nur kleine Studios hat, bei denen mit Müh und Not die Pappe ausgerollt werden kann, ohne dass die Wand im Weg ist, der kann das alles nicht feststellen. Die Softboxen machen in jedem Abstand weiches Licht. Überraschung – das sind die Reflexionen von den Wänden. Das nennt man vagabundierendes Licht – sehr praktisch wenn man es beherrscht, wenn nicht, kann es graue Haare machen. Die ganzen supertollen Blitzkochbücher beschränken sich immer bei ihren Setups auf die Pappe und die Blitze – aber nie wird eingezeichnet, wie hoch die Decke ist, wie weit die Wand weg ist und welche Farbe sie hat.
Wer das dann im Wohnzimmer nachknipsen will, stellt fest „der ist wohl ein Profi, ich habe alles so gemacht, aber es kuckt ganz anders aus. Sicher habe ich nur die falsche Kamera/Blitzanlage/Objektiv.“ Nein. Du hast das falsche Buch gekauft.
Ob die Lichtquelle eine Softbox, eine Wand, ein Fenster ist, ist egal. (Außer wenn die Sonne ins Fenster knallt, dann sollte man weiße Tücher davor hängen.) Die Reichweite einer leuchtenden Fläche für weiches Licht ist eineinhalb mal die Diagonale, und die Lichtleistung sinkt mit dem Quadrat des Abstandes. Damit ihr eine schattenfreie Beleuchtung bekommt, müsst ihr also mit dem Motiv möglichst nah an die Lichtquelle ran, damit ihr eine gleichmäßige Beleuchtung habt, müsst ihr möglichst weit weg. Und irgendwo dazwischen ist euer Bild.
Ach ja – hier habe ich mit drei großen Abschattern gearbeitet, um das vagabundierende Licht aus dem Studio loszuwerden. Und das Titelbild hat mit Softboxen nichts zu tun. Das ist der Artfilter „Weiches Licht“…..
Sooo einfach und sooo falsch:
„die Lichtleistung sinkt mit dem Quadrat des Abstandes“
Die Lichtleistung ist eine umgangssprachliche Bezeichnung und kein Fachbegriff, in jedem Fall aber unabhängig von der Entfernung, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Lichtleistung
Du meinst sicherlich die Beleuchtungsstärke, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Beleuchtungsst%C3%A4rke
Diese nimmt bei punktförmigen Lichtquellen in der Tat mit dem Quadrat der Entfernung ab. Bei leuchtenden Flächen (und darum geht es hier ja) muss jedoch über die leuchtende Fläche integriert werden, was zu einer deutlich geringeren Entfernungsabhängigkeit führt. Man sieht den Effekt deutlich auf dem ersten Bild, der Lichtabfall wäre bei einem Blitz ohne Softbox aus 16cm Entfernung viel krasser.
Ahhh. Die Fachleute sind wieder unterwegs. Darf ich Dich darauf aufmerksam machen, dass es im Real Life keine punktförmigen Lichtquellen gibt? Auch ein Systemblitz ist keine punktförmige Lichtquelle. Und warum ist die Entfernungsabhängigkeit bei einer leuchtenden Fläche im Nahbereich geringer? Weil die Entfernungen der einzelnen Punktlichtquellen der Oberfläche zum Motiv unterschiedlich sind. Je weiter nun aber das Motiv von der Fläche entfernt ist, desto geringer ist der Einfluss der unterschiedlichen Entfernungen. Hast Du ein flächiges Motiv, spielt das überhaupt keine Rolle. Und Du darfst gerne die Beleuchtungsstärke in Abhängigkeit von der Motivoberfläche, des Anstellwinkels des Leuchtkörpers und der Entfernung berechnen. Da gibt’s sogar Programme, die das machen, nennen sich Raytracer. Du brauchst nur noch für Dein Model und Deine Softbox ein 3D-Model erstellen und schon rendert Dir der Raytracer das alles. Total easy. Ich mache derweil mit meinen Daumenregeln meine Bilder und geh mit dem Model Kaffee trinken.
Wieso so empfindlich?
Eigentlich wollte ich diesen Beitrag zu den „braucht die Welt nicht“-Kommentaren tun. Keinerlei Sachausssagen, rein persönlicher Angriff, nicht mal Unterhaltungswert. Troll halt. Aber das Problem ist ein Grundsätzliches, aber für einen extra Beitrag dazu habe ich gerade keine Lust. Ich fotografiere. Und zwar auf einem professionellen Level. Da spielen Dinge, über die sich in Foren meilenlange Diskussionen entladen, keinerlei Rolle. Und andere Dinge, über die in Foren keiner redet, sind tägliches Brot. Aber genau über fotografisch völlig irrelevante Dinge hauen sich die Leute die Köpfe ein. Und genau das ist das, was Menschen an Foren so nervt. Und genau das will ich hier nicht haben. Ein guter Kommentar enthält eine relevante Berichtigung eines Fehlers, eine zusätzliche, relevante Sachinformation, oder einen Text mit Unterhaltungswert. Ein schlechter Kommentar enthält all das nicht. Wer hier kommentiert, ist Teil des Projekts „pen-and-tell“, das Menschen unterhalten, die Fotografie nahe bringen und Dinge rund um mFT berichten will. Wenn Ihr was dazu beitragen wollt – freue ich mich. Sehr.