Vollformat = Kleinbild?

Nach Heiners Kommentar, dass doch die ganzen Kameras als „Vollformat“ verkauft werden, habe ich jetzt mal nachgesehen und war dann doch etwas verblüfft. Offensichtlich hinke ich der Marketingrealität meilenweit hinterher.

Das Kleinbildformat ist 24x36mm. Das ist das, was auf dem Film belichtet wird. Wenn man ein Dia rahmt, bleiben davon etwa 23×35 übrig, manchmal sogar weniger.

Aber bei den Sensoren passiert das nicht? Naja…

Manche Nikon- und Canon-Sensoren haben überhaupt nur 23,9 x 35,9 mm, der Lumix-Sensor 23,8 x 35,8 mm. Der alte Sony-Sensor der D800, der auch in der Pentax K1II verbaut ist (Jo, da ist ein 13 Jahre alter Sensor drin!) hatte 24 x 35,9 mm.

Will man volles Vollformat haben, dann greife man zur Canon R1 – die hat laut Datenblatt einen 24 x 36 mm -Sensor. Ähh – Nö. Auf der Fläche sind 26,7 Megapixel. Tatsächlich für das Bild verwendet werden 24,2 Megapixel. Das entspricht einer Bildfläche von 22,8 x 34,3 mm. Die nutzbaren Flächen anderer „Vollformat“-Kameras sind teilweise noch kleiner. Und wir reden hier noch nicht über Verzerrungskorrekturen und Randbereiche, die dann im JPG abgeschnitten werden und durchaus auch noch mal erhebliches ausmachen können.

Ein Beispiel: Der Sensor der R5II hat eine Größe von 24×36 und eine Auflösung von 50,3MP. Das RAW hat 47,9 Millionen Pixel. Das JPG 44,76 Millionen Pixel. Das entspricht einer nutzbaren Sensorbreite von 33,96 mm. Tatsächlich sind es aber noch weniger, weil die Kamera auch noch Verzerrungen und Randbereiche im RAW rausrechnet und das Endergebnis wieder aufbläst, so dass je nach Objektiv nur noch effektive 32 mm übrigbleiben. Deutlich weniger als beim gerahmten Dia.

Fazit: die meisten „Vollformat“-Sensoren sind kleiner als Kleinbildformat und die Fläche, die tatsächlich für die Bilderzeugung verwendet wird, ist überall erheblich kleiner.

Es ist also etwas ungeschickt, mit „Kleinbildformat“ zu werben. Nebulöses „Vollformat“ ist da besser.

Ich habe jahrelang „Vollformat“ mit „Kleinbild“ gleichgesetzt. Das war ganz offensichtlich falsch. Es ist beim Kleinbildformat genauso wie beim „Mittelformat“. Keine digitale „Mittelformatkamera“ macht tatsächlich 4,5×6, von 6×6 oder noch größer ganz zu schweigen.

Ich werde also mein „Wording“ umstellen und bei solchen Kameras in Zukunft auch von „Vollformat“ sprechen, da „Kleinbild“ oder „Volles 35mm Format“ schlicht falsch ist. Es sind „Cropknipsen“.

Und nein, ich habe nichts gegen „Cropknipsen“, ich fotografier ja selber mit einer. Mir ging’s nur darum, mal zu klären, was nun ein korrekter Ausdruck für das ist, was da in diesen Kameras drin ist.

Wer nun sagt „Das ist doch bei allen Sensoren so“ – völlig korrekt. Der FT-Sensor der OM-1 hat eine für JPG effektive Breite von 16,7 statt 17,3. Und bei einem 17mm f/1,8 und ähnlichen Objektiven schrumpft das durch die heftige Korrektur noch mal erheblich. Aber es ging ja hier nur um den Begriff.

30 Replies to “Vollformat = Kleinbild?”

  1. Woher kommt eigentlich Kleinbild?
    Mein Gedanke wäre jetzt, dass die ehemaligen Mittelformat und Großformat Kamera Hersteller, also Rollei, Linhof etc, sich von dem kleineren Filmformat abgrenzen und mit der Begrifflichkeit „Kleinbild“ die Unvollkommenheit von 24×36 mm hervorheben wollten.
    Insofern wiederholt sich die Geschichte und endlich können die „Kleinbild Kamera Hersteller“ voll Auftrumpfen und haben jetzt das Vollformat, welches natürlich besser ist als das andere kleine Gelump.
    Nur so meine Gedanken dazu.

    1. Meines Wissens stand am Anfang der 35mm Kinofilm. Der Film ist von Aussenkannte zu Aussenkannte 35mm breit. Abzüglich Perforation bleiben ca. 25mm übrig. Die 36mm ergeben sich aus der Verdoppelung des Kinoformates von 18mm. Der Film wird beim Fotografieren, im Gegensatz zum Kinofilm, „quer“ verwendet.
      Olympus übernahm das originale Querformat des Kinofilmes in seine berühmte Pen Halbformat Reihe.
      Übrigens entspricht mft dem alten Pocketfilm Typ 110.
      Wie Reinhard schon sagte, sind die 24×36 mehr oder weniger mit Toleranzen zu betrachten.

      1. erklärt aber nicht warum „Kleinbild“
        Und der Kinofilm kam sicher später als „Großformat“, weil Kinofilme so schlecht auf Glasplatte …

      2. Der Rollfilm war schon eher da für die Fotografie, mit den später in den Kommentaren genannten variablen Formaten bei 6cm Netagivbreite.

        Soweit ich weiss war es Oskar Barnack, der den 35mm (breiten) Kinofim als erstes für Fotoaufnahmen nutzte, da er eine kleine und transportable Kamera bauen wollte, wobei letztendlich und stark verkürzt die Ur-Leica im „Kleinbild-Format“ heraus kam.

  2. Am treffendsten scheint mir Fool-Format zu sein. Denn to fool someone heißt, jemand etwas vorzumachen. Hier wird einem bei den Sensor- bzw. Bildgrößen was vorgemacht.
    To frame ginge auch noch: jemanden hereinlegen.

  3. Zunächst, ich kann ich deiner Einlassung folgen – hier nun meine eigene Sicht darauf.

    Wenn ich vom Kleinbild spreche – dann nicht davon, welche tatsächliche Fläche des Sensors für das fertige Bild zuständig ist. Ich vergleiche das mit anderen Sensorgrößen und da entspricht die Sensorgröße in etwa dem des üblichen Kleinbildfilmes aus analogen Zeiten – nicht mehr und nicht weniger. Den Begriff Vollformat kann man natürlich auch benutzen, wenn man es dann lediglich in das Verhältnis zu den kleineren Sensoren setzt. Im Verhältnis zu einem Mittelformat Sensor wird es dann schon schwieriger. Vollformat wäre im analogen Bereich, die größte zur Verfügung stehende Filmgröße bzw. Plattengröße – wie groß das tatsächlich sein kann wissen wir, Stichwort IMAGO. Auch im digitalen Bereich sind wir dann bei 3,2 Gigapixeln.

    Von daher bleibe ich beim Begriff – Kleinbildsensor, neben APS-C und µFT.

  4. Ego – Format würde doch auch passen.
    Großes – Ego – Format ist das sagenumwobene Mittelformat
    Stolzes – Ego – Format trifft die oben erwähnte Vollformatfraktion.
    Pures – Ego – Format entspricht mFT
    Kindergarten – Format sind alle Smartphone Kameras.
    Schitzo – Format wer mehrgleisig knipst…

    LG Andreas

  5. Vollformt, da haben die Marketingfuzzis mal wieder dankbare Opfer gefunden.
    Vielleicht sollte man mal etwas über Filmformate und Vollformat nachlesen. Haben die Vollformatprediger vermutlich nicht gemacht oder gehen stillschweigend darüber hinweg. Könnte ja negativ für sie ausgelegt werden und hilft nicht ihrem Anliegen. Und Formatfragen haben nichts mit „guten“ Bildern am Hut, vielleicht mit der möglichen Vergrößerung.
    Also, Kamera nehmen und fotografieren, egal ob 9×12 oder Minox.

    Aufnahmeformat

    Vollformat

    Gruß Manfred E.

  6. Mal so nebenbei zur sprachlichen Differenzierung:
    Sollten nicht alle Kameras als Vollformat-Kameras bezeichnet werden, bei denen das maximal mögliche Format des jeweiligen Sensors voll genutzt wird?

  7. Betrachtet man das „Vollformat“ von einer anderen Seite sieht das Marketing auch nicht besser aus:
    „Im engeren Sinne steht Vollformat für ein Film- oder Sensorformat, welches den Bildkreisdurchmesser der an der fraglichen Kamera eingesetzten Objektive voll ausnutzt. (Aus Wikepedia „Vollformatsensor“)

    Somit kann jede Kamera eine Vollformatkamera sein, auch eine Minox. Geht man zurück in die Zeit vor Computer und Fotoprogramm, wie hat man da bei Aufnahmen stürzende Linien verhindert? Bei Plattenkameras wurde das Objektiv nach oben (meistens) geschoben.Als dies bei anderen Kameras aufgrund ihrer Bauart nicht mehr möglich war kamen vereinzelt Shift-Objektive um den gleichen Effekt zu erzielen.

    Aber was machte diese Vorgehensweise des Verschiebens möglich? Der Bildkreis des Objektivs musste größer Aufnahmeformat sein. Sonst wurde ein Bildteil abgeschnitten. War dann die Marketing-Vollformatkamera immer noch eine Vollformatkamera?

    Gruss Manfred

  8. Zum Mittelformat (auf Rollfilm):
    4,5×6=42×56
    6×6= 56×56
    6×7=56×67
    Idealformat(Linhof): 56×72
    6×9: 56×83
    Es wurde schon immer geschummelt …

      1. Hab in meinem Archiv noch drei Negative 88 x 118 mm, was dann lt. Andreas Feininger dem „Großen Filmformat“ Standard von 9 x 12 cm entspricht.
        Die Negative zeigen meinen Großvater (* 1892) und stammen wahrscheinlich aus der Zeit 1953/1954
        Hatte noch ein größeres Negativ von meinen Urgroßeltern, das ich jedoch schon vor längerer Zeit aus Sicherheitsgründen (Nitrofilm) vernichtet habe. Foto natürlich vorher gesichert 🙂
        Zu analogen Zeiten wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, 35 mm-Kleinbild als „Vollformat“ zu bezeichnen 😉

    1. Meine Linhof TK macht 57.3 x 73 mm mit dem originalen Rapid-Rollex-Magazin. Was noch viel übler als zu klein ist, denn ich musste eine Spezialanfertigung machen lassen für den Vergrösserer (Änderung gratis! von Kaiser), damit ich das ganze Bild vergrössern konnte. Alle heutigen Rollfilm-Hilfsmittel für den Kamera-Scan liefern das nicht mehr.

      Die passenden Objektive von 1990 brauchen keinerlei Aufhübschung der Ränder und Ecken – alles knackscharf und ohne Verzerrung, keine CAs. Auch nicht, wenn man mit Verschiebung arbeitet. Ging damals noch, weil es keine Möglichkeit gab, einen Objektivpfusch algorythmisch aufzubretzeln.

  9. In den ganzen Betrachtungen fehlt das „Quadratformat“ – welches zur Zeit im kommerziellen Forum gerade beworben wird für eine rege Bilderteilnahme.

    …nicht ganz Ernst gemeint…Jürgen

    1. Es gab analoge 6 x 9 Rollfilm-Kameras mit einer Metallschablone zum Einlegen. Damit konnte man das Format auf 6 x 6 cm umstellen und damit gleichzeitig die Anzahl der Bilder erhöhen.
      Hab noch so eine in der Vitrine stehen: Franka Bonafix, Made in Germany US-Zone.
      Objektiv: Radionar Schneider-Kreuznach 1:4,5 / 105 mm; Verschluss: 1/25, 1/75, 1/200 & B.
      Mit Brillantsucher und aufklappbarem Rahmensucher, sowie Drahtauslöser.
      Es war die erste Kamera meiner Mutter und die meisten meiner Kindheitsbilder wurden damit gemacht.
      Und auch ich durfte hin und wieder meine ersten Knipsversuche damit unternehmen, bevor ich meine erste eigene, eine Agfa Click 1 im 6 x 6 Format zu Weihnachten bekam 🙂

  10. solang das Endresultat von dem was aus der Kamera kommt plus/minus Nachbearbeitung dem entspricht was du haben willst ist oder das ist ganze Gebrumsel und das was man von Dir Deinen Bildern erwartet ist das ganz Formatgeqautsche und Öselbrörsel so was Wumpe wie nur irgendwas

    völlig entspannt
    Thorsten

  11. „Klein“ ist was vergrössert werden muss.
    Das Kleinbild Format (135) musste vergrössert werden; vom Rollfilm (120) konnten Kontaktkopien sogar im verdunkelten Badezimmer gezogen und ins Familienalbum geklebt werden. Natürlich nur in S/W.
    Für Kontaktkopien des Kleinbildfilms gab es Kopierrahmen um einen ganzen 36er Film auf einen Bogen Papier zu belichten. Diente zur Übersicht und Auswahl der Negative, denn die Bildnummer war ja auf dem Film mit drauf.
    Und ja, die alten Rollfilm Kameras waren echte Multiformat Geräte 6×9, 6×6, 6×4,5 mit entsprechenden roten Fenster in der Rückwand.
    Gut Licht

  12. Ein gerahmtes Dia als Vergleichsgröße heranzuziehen, ist aber auch ein ein Bißchen hinkender Vergleich. Das betrifft ja lediglich die Fotografen, die Diavorträge gemacht haben. Für den Druck wurden und werden Dias üblicherweise ungerahmt gescannt. Ich hatte lange genug damit zu tun, allerdings meist nur mit damals üblichen 24×36 KB und Rollfilm von meiner Mamiya 7. Allerdings, gelegentlich hatte ich auch Plattenkamera-Dias in der Hand. So eines schon mit bloßem Auge auf dem Leuchttisch zu betrachten, war ein Erlebnis für sich. Deswegen musste ich auch wie oben schon treffend beschrieben, oft genug das Gesicht verziehen, wenn vollmundig Vollformat oder Mittelformat bei heutigen Digitalkameras beworben wurde. Die Sensorengrößen und deren tatsächlich genutzte Fläche sind in mm nicht mit analogen Bildträgern vergleichbar.

  13. Man kann die Sache auch aus dem Blickwinkel der DSLR-Entwicklung sehen. Canon, Nikon, Pentax, Minolta hatten bei der Einführung der digitalen Fotografie ja umfängliche Spiegelreflex-Systeme fürs Format 24×36, deren Objektive dann auch auf die DSLRS passten, aber es war anfangs schwierig oder zu teuer, auch die Bildsensoren fürs gewohnte Format bereitzustellen. Es kamen kleinere Sensoren zum Einsatz, was auch ich damals als Übergangslösung ansah. Es gab dann natürlich auch spezielle, teils sehr billig gemachte Optiken fürs „Crop“-Format, die richtig guten Objektive blieben aber lange in der Produktion, bis dann mit der EOS 5D die erste einigermaßen erschwingliche Kamera auf den Markt kam, bei der die ganze traditionelle Objektivlinie wieder den gewohnten Aufnahmewinkel hatte. Da hatte man wieder das volle Format! Ich fand daher den Begriff „Vollformat“ immer ok. Sowohl im Diarähmchen als auch im Vergrößerungsapparat wurde ein klein wenig abgeschnitten vom Bild, ich finde daher ein paar fehlende Millimeterbruchteile am Sensor völlig wurscht.

  14. Richtig. Entscheidend ist und war die Qualität der Optik. Einmal um ein bestmögliches Dia zu erstellen, und dann dieses möglichst perfekt zu digitalisieren. Von einem Mittel- oder Großformat konnte ich leichter Druckvorlagen für Doppelseiten oder Poster machen, etwa mit einem hochwertigen Trommelscanner. Aber das Kleinbildformat reichte für eine Doppelseite auch. Heute fällt der aufwändige und teuere scanprozeß weg, und Entrauschungssoftware und Bildbearbeitungssoftwre ist ungleich besser. Da kommt es nicht auf wenige mm Unterschied vom Sensorformat an

  15. > Wer nun sagt „Das ist doch bei allen Sensoren so“ – völlig korrekt.
    > Der FT-Sensor der OM-1 hat eine für JPG effektive Breite von 16,7 statt 17,3.
    Hallo Reinhard. Ich glaube, das stimmt für FourThrids so nicht. Nimmt man z.B. das Datenblatt vom OM-1 Sensor von Sony, so kann man über den Pixelpitch und die Pixelanzahl die reale auslesbare Sensorfläche ermitteln. Es sind 17,57×13,29 mm, was geringfügig über der in FourThirds-Standard festgelegten Sensorfläche liegt.
    https://www.sony-semicon.com/files/62/pdf/p-13_IMX472-AAJK_Flyer.pdf
    Aus der OM-1 bekommt man mittels CaptureOne dann auch knapp 22 MP heraus. Diese zusätzlichen Reserven benötigt man zur Entzerrung für Optiken mit kissenförmiger Verzeichnung. 😉

    1. Ein paar Kleinigkeiten: der Pixel-Pitch ist nur mit drei Stellen angegeben. Ein Ergebnis mit vier Stellen (17,29) ist also fragwürdig.
      Ansonsten hast Du insofern Recht, dass es durchaus Sensoren gibt, die von Haus aus „Überformat“ haben. Aber gerade bei mFT ist es halt leider so, dass je nach Objektiv ein wesentlich geringerer Teil des Sensors für das fertige „verzerrungsfreie“ Bild genutzt wird. Und ja, ohne die „Verzeichniskorrektur“ hat man mehr auf dem Bild. (die entsprechenden Zahlen habe ich ja in meinen Büchern geschrieben. )Aber DXO zieht aus der OM-1 knapp 22MP raus? Das glaube ich erst, wenn ich es sehe. Ich habe hier JPGs aus DXO mit 5184×3888. 20,2 MP. Die RAWs liefern 5220×3912. Das sind 20,4 MP und damit noch weniger als die von Sony angegebenen „aktiven Pixel“ 5280×3946. Und siehe da, wenn ich die 3912 mit den 3,3 multipliziere, dann lande ich unter den 13mm Sensorhöhe. Und das ist das RAW. Das JPG ist kleiner und vor der Verzerrungskorrektur noch kleiner.

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