
Die bekannte Gerüchteseite hat mal wieder fremden Content verlinkt, und zwar das Video eines YouTubers namens AmazingNature Alpha. Und darunter hat sich dann eine Diskussion ergeben. (Und nein, ich verlinke das Video des YouTubers nicht, weil er schon in den ersten Minuten so viel Umpf von sich gibt, dass es einem die Fußnägel hochrollt. (Vielleicht sollte ich Reaction-Videos drehen?) Ganz nebenbei: ein „Einsteiger“, der mit einer OM-1 und einem 300 f/4 anfängt hat entweder viel zu viel Geld oder ein echt gesundes Selbstvertrauen. Oder beides.
Die Ergebnisse des Vergleichstests zwischen 600 f/4 und 300 f/4 sind wenig überraschend. Der Kleinbildsensor hat mehr Reserven, die Schärfentiefen bei Offenblende sind unterschiedlich, das Bokeh ist unterschiedlich. Knüller. Wer hätte das gedacht. Das 300 f/4 ist kleiner und leichter. Wow.
Ich könnte auch das 90-250 f/2,8 mit dem 40-150 f/2,8 vergleichen. Oder ein 135mm Orestor mit der Kristallkugel. Gut dass wir verglichen haben.

Vergleiche zwischen Kleinbild, Mittelformat, APS, mFT und 1″-Sensoren sind mittlerweile unsinnig geworden. Die Sensortechnologie hat in den letzten Jahren unglaubliche Fortschritte gemacht. Durch Trump (!) und die weltweite Sanktionitis werden gerade die Karten neu gemischt. Firmen, die früher ganz gut miteinander konnten, müssen sich auf einmal spinnefeind sein, Lieferketten fliegen auseinander und vor lauter „Der is voll blöd!“ bastelt jeder an seiner eigenen Baustelle rum. Apple kauft keine Sony-Sensoren mehr für die Handys sondern steigt auf Samsung um und angeblich ist auch in der neuen Action-Cam von DJI ein Samsung-Sensor drin.
Durch diese Lieferantenwechsel ist ein irrer Innovationsschub entstanden, vergleichbar dem Umstieg von Olympus von den 12MP-Pana-Sensoren zu den 16MP Sony-Sensoren. Früher hieß es „X-Megapixel sind genug“ und dann hieß es „Der Sensor war so viel besser, dass wir in den saueren Apfel gebissen haben und 16MP in die E-M5 gebaut haben.“
Auf einmal sind 50MP auf 1″-Sensoren das neue Normal. 200MP Handy-Sensoren sind kommender Mainstream und das in einer Qualität, die über die 20MP-Sensoren für mFT hinausgeht. Dinge, die man allein aufgrund der Beugung nie für möglich gehalten hat.

Die ganze Äquivalenzdiskussion ließ immer vorsichtshalber die Grundvoraussetzung unter den Tisch fallen: „Gleiche Sensortechnologie“ – denn die gab es bei unterschiedlichen Sensorgrößen nie. Das ist jetzt noch mal wilder geworden. Gerade wenn es um Formatentscheidungen geht, funktionieren bisherige Glaubenssätze nicht mehr. Nicht langfristig. Wenn man bisher gesagt hat „Kleinbild ist für die Profis, APS-C für die Semiprofis und mFT für die Hobbyfraktion und Einsteiger“ – dann stimmt das alles nicht mehr. Bei Profis wird längst Mittelformat verlangt und mit 1″-Drohnen werden Kinofilme gedreht. Wir können darauf warten, dass es ein 1″-Kamerasystem geben wird. Mit winzigen Telebrennweiten und Sensoren, die eine Qualität liefern, von der Olympus-User träumen. Es ist nicht mehr die Frage ob, es ist die Frage, wann.
Am Ende des Tages bleibt die Schärfentiefe als einziges Argument. Will ich große Schärfentiefe nehme ich einen kleinen Sensor und kleine Optiken. Will ich geringe Schärfentiefe, muss ich schleppen und zahlen. Alle Sensorformate sind da irgendwo Kompromisse. Wer Mittelformat braucht, wird nicht zu Kleinbild wechseln und wer, wie ich, mit seiner Anwendung mit der Schärfentiefe von mFT mit den f/2-Optiken perfekt klarkommt, der wird dort bleiben. Warum soll ich mehr schleppen, nur um das Zeug dann abzublenden?
Weniger Schärfentiefe ist kein Wert an sich. Genausowenig wie mehr Schärfentiefe. Und nein, „Abblenden kann ich immer“ – wer jemals ernsthaft Produktfotografie gemacht hat, der weiß, dass dieser Spruch falsch ist. Es kommt drauf an, was man will.

Ein Manager hat mir, als ich ihn wegen eines 35-100 f/2 angefleht habe, gesagt, ich solle doch das 12-100 f/4 nehmen. Damit könne ich doch meine Hochzeiten machen. Ein 12-100 ist vergleichbar einem 24-200 f/8 bei Kleinbild. Niemand kommt auf die Idee, mit sowas eine Hochzeit fotografieren zu wollen. Die Brot-und-Butter-Linsen sind die 70-200 f/2,8, die jedes System hat – außer mFT. Upsi, habe ich jetzt eine Äquivalenzdiskussion begonnen? Ja. Denn ich muss liefern. Und wenn die Bilder aussehen wie aus der Kompaktkamera von Onkel Egon, dann kriege ich nur so viel bezahlt, wie Onkel Egon kriegt. Ich muss zumindest den Look eines Kleinbild 70-200 f/4 erreichen, damit mich irgendwer ernst nimmt. Es geht dabei gar nicht so sehr um Rauschen – das kann man heute in der Post beseitigen – oder um „nur 20MP“ – das reicht dicke. Es geht drum, dass man auf dem Handy erkennen muss, dass der Hintergrund unscharf ist. Und dazu braucht man – Äquivalenz hin oder her – große Blendenöffnungen.
Darum geht’s. Ein 600mm f/4 hat eine Eingangspupille von 150mm, ein 300 f/4 eine Eingangspupille von 75mm. Völlig egal was für ein Sensor hinten dran hängt.

Das hier war Apple-Voodoo auf einem Usertreffen…..
„Brot-und-Butter-Linsen sind die 70-200 f/2,8, die jedes System hat – außer mFT“
gibt es das nicht gerade neu von OM System, bloß dass es eben schon bei 50mm anfängt?
Omnivision aus China macht auch schöne kleine Sensoren https://www.ovt.com/products/ov50x50/
Nein. bei mFT wäre das ein 35-100 f/1,4 – mindestens aber f/2.
In welcher Internet-Bubble findet diese unendliche Diskussion denn noch statt?
Gabs da nicht die Nikon 1, die als Systemkamera mit 1“-Sensor eingestellt wurde?