
Bischofszell ist irgendwas um die tausend Jahre alt, wenn man die Römer und die Kelten nicht mitrechnet, die den Flecken vermutlich anders genannt haben. Seit 1460 gehört Bischofszell mit dem Kanton Thurgau zur Schweiz. Bischofszell hat zwei Bahnhöfe und 6300 Einwohner, davon 4700 Schweizer. Ich war mal mit dem 14-35 und der OM-1 in der Nacht unterwegs. (Ab und zu hatte ich ein 50mmm f/1,1 drauf, zu dem komme ich beim FolyFos.)
Das Titelbild ist das Wirtshausschild der „Linde“. Die kuckt so aus:

Das habe ich natürlich fotografiert, weil derzeit auf oly-e das Thema „Hotels“ läuft. Aber man sieht schon, die Altstadt ist pittoresk und fotogen. In der Nacht werden natürlich andere Dinge spannend. Und die Farben ändern sich. In Bischofszell haben sie alles, was man an Straßenbeleuchtung hinstellen kann, um die Fotografen zu ärgern. Da die Graukarte im Auto liegt, sind die Farben halt im LmAQuadrat-Style.

Kein Stativ dabei. Das ist der ehemalige Burggraben. 2 Sekunden aus der Hand. Teilweise habe ich 8 Sekunden aus der Hand. Ein F/2-Zoom ist halt ne feine Sache. ISO 800. Mehr ist nicht notwendig.

Das alte Rathaus. Das links meine ich. Der Papierhaufen sieht nur so aus wie bei Hempels unterm Sofa – in der Gegend gibt’s keine blauen Tonnen. Da wird der Papierabfall schlicht auf die Straße gestellt und am nächsten Tag abgeholt. Und natürlich werden die Zeitschriften normalerweise auch ordentlich gebündelt. Und nein, da wühlt niemand rum in der Hoffnung, irgendwelche verdächtigen Dinge zu finden. Hat den großen Vorteil: Wenn da Zeug hingestellt wird, was kein Papier ist, dann fällt das sofort auf. Regen ist halt ein bisschen doof.

Sehr freundlich ist, dass es wirklich viele Sitzgelegenheiten gibt. Und im Gegensatz zu anderen Bänken, die sichtlich mit viel Aufwand unbequem gestaltet werden, damit man dort nicht lange verweilt, ist das doch mal was Anderes. Und wem das nicht reicht, kann ja das Geschäft dahinter besuchen.

Hier ist sogar an den Aschenbecher und ein Prospekt gedacht. Und ja, das Ensemble steht einfach auf der Straße, genauer, in einer Gasse. Da ist keine Kneipe nebendran.

Hier hätten wir Stühle und Tische mit Kneipe. Pizza da Mario. Ruhetage Sonntag, Mittwoch und Donnerstag. Aufgenommen am Freitag.
Restaurants gibt’s mehr:

Das Restaurant Rosengarten ist ne türkische Dönerkneipe. Und das Restaurant „Möhrle“ ist zu:

Da kam sich jemand im Juni 2023 besonders schlau vor. Das Haus ist denkmalgeschützt und die Gaststätte war schon 2023 dicht. „Möhrle“ ist übrigens ein ziemlich verbreiteter Familienname in der Gegend. Ja, das Restaurant hatte am Wirtshausschild eine Afrikanerin abgebildet. Ich konnte aber nicht rausbekommen, wo der Namen tatsächlich herkommt. Vielleicht von Dirk Möhrle, dem Chef des Suhrkamp-Verlags? OK, vielleicht auch nicht.
Historischer Exkurs: das Gebäude stammt aus dem Jahr 1743. Früher war die „Pintenschenke“ wohl einfach nur vom Herrn Möhrle. Nach dem zweiten Weltkrieg dann fand ein Wirt, der eben nicht mehr „Möhrle“ hieß, einen Mohrenkopf im Wirtshausschild an der Pinte lustig und schrieb „Möhrli“ dran. Mit „i“. Bis 2018 war die Eckkneipe, die von den beiden Schwestern Irma und Nelly Brügger betrieben wurde, genau das: eine Eckkneipe. In der sich einfach die Leute aus der Umgebung trafen, rauchten bis die Luft zum Schneiden und der Alkoholpegel auf einem gewissen Stand war. Dann war Schluss und mittlerweile sind beide Wirtinnen tot. 2023 wurde das „Fuck“ noch in Rosa gesprüht, dann wurde es entfernt um keine Nachahmer zu ermutigen – und dann hat die gleiche „aktivistende Person“ es noch mal in Cyan gesprüht. Da der Hausbesitzer keine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung gestellt hat, ist die mutige Tat gegen den alltäglichen Rassismus der beiden toten Wirtinnen in Bischofszell ohne Folgen geblieben.

Der Rosengarten. Bei Nacht. Finster. Richtig finster. 8 Sekunden Belichtungszeit aus der Hand. Da geht’s die Stufen runter…. Und zum Schluss noch etwas Inneneinrichtung:

Der Coiffeur „Elegant“. Sonntag geschlossen. Haircut and shaves. Viele Friseure, Essen-to-go. Geschlossene Gaststätten. Tattoo-Studios. Häuser zu verkaufen. Drücken wir Bischofszell die Daumen.
Ein wunderschöner Nachtbummel! Die Ruhe und besondere Stimmung, wenn die meisten daheim und die Straßen leer sind, hast Du gut eingefangen!
Seit OM-1 hab ich auch weniger Respekt vor „High-Iso“ auch deutlich oberhalb 800 – der Bildstimmung und auch Detailwiedergabe schadet es bei der guten jpg-engine nicht.
Am Wochenende habe ich Fotos bei einem Astronomie-Teleskoptreffen gemacht. In Brandenburg in einer der dunkelsten Gegenden Deutschlands. Als Objektiv das Laowa 7,5mm, f/2,2, ISO 12800 (da braucht man das!) und 2s bis 4s Belichtungszeit aus der Hand.
Was kann der Stabi nicht ausregeln? Die Bewegung der Kamera vor und zurück. Sterne in den Bildecken werden zu diagonalen Strichen in Richtung der Bildmitte, in der Bildmitte ist alles „scharf“ (soweit man das bei ISO 12800 beurteilen kann).
Der Stabi der OM-1 ist ’ne Bank und für mich einer der Gründe, das System nicht zu wechseln.