Das hier ist eine Vespa Faro Basso 125. Baujahr etwa 1952. Faro Basso heißt simpel „niedriger Scheinwerfer“ im Unterschied zu den Vespas, die den Scheinwerfer oben am Lenker hatten. Der Roller hat 4,1PS, läuft etwa 75km/h und ist bekannt geworden, weil Audrey Hepburn und Gregory Peck darauf durch Rom geeiert sind.

Derzeit werden einwandfrei, restaurierte Exemplare mit etwa 15.000 Euro gehandelt. Leider ist diese da längst in der Schrottpresse. Warum ich das poste? Das Design der Vespa genießt nicht nur Designschutz, sondern Urheberrechtsschutz, weil die Schöpfungshöhe so hoch ist. Der Designer der Vespa war Corradino D’Ascanio, der ist 1981 gestorben, demzufolge läuft der Urheberrechtsschutz für die Vespa am 31.12.2051 aus.

Die Vespa gilt also als Kunstwerk.

Nun ist das mit dem Kunstwerke knipsen eine interessante Sache. Man darf, und man darf auch veröffentlichen, wenn das Kunstwerk auf Dauer im öffentlichen Raum montiert ist. Statuen und so Zeug. Zumindest in Deutschland, weil dort die Panoramafreiheit so definiert ist.

Ein Motorroller ist aber nicht auf Dauer im öffentlichen Raum montiert – da ist die StraßenverkehrsOrdnung vor, weil man nicht beliebig lange parken darf.

Ja, darf ich dann ne Vespa überhaupt knipsen? Jo. Darf man. Für private Zwecke.

Im Prinzip ist das Knipsen urheberrechtlich geschützter Kunstwerke jederzeit erlaubt – so nicht das Hausrecht- z.B. eines Museums – dagegen spricht. Nur, sobald ich das veröffentliche, kann ich ein Problem bekommen. Da kann der Urheber klagen. Und zwar selbst dann, wenn ihm das Kunstwerk längst nicht mehr gehört, da sich zwar verschiedene Rechte mit dem Verkauf „erschöpfen“ aber halt andere nicht. Da gab’s je erst vor kurzem das „Tapetenurteil“ in Deutschland, bei dem sich die Gerichte durchaus uneins waren, ob man die urheberrechtlich geschützte Fototapete, die in der eigenen Bude hängt, vor dem Knipsen der Wohnung abmachen muss, oder nicht. Der Tapetenkünstler scheiterte dann zum Schluss daran, dass der Käufer davon ausgehen konnte, dass das Fotografieren der eigenen Wohnung zwecks Vermietung zulässig sei und er eine entsprechende Lizenz erworben habe, solange die Tapete „Beiwerk“ ist.

Bei einer Vespa oder einem Porsche 911 – der auch ein Kunstwerk ist – haben es die Hersteller meines Wissens noch nicht darauf ankommen lassen, auszuprobieren, was die Gerichte dazu sagen, dass jemand die Blechschüsseln knipst. Könnte sein, dass da in den Marketingabteilungen noch eine gewisse natürliche Restintelligenz vorhanden ist, die das verhindert.

Aber im Prinzip könnten sowohl Porsche als auch Piaggio gerichtlich verhindern, dass ihre fahrbaren Untersätze für Dinge verwendet werden, die dem Firmeninteresse zuwiderlaufen. Man denke da an irgendwelche Filme, in denen Nazis aus der hohlen Erde statt auf Dinosauriern zu reiten, mit Vespas oder Neunelfern unterwegs sind. (Kennt jemand IronSky II?)

Und hier noch mal die gleiche Vespa. Das Kennzeichen ist ein sogenanntes „Besatzungskennzeichen“ aus Bayern, gültig bis 1958.

Muss ich mir jetzt Sorgen machen? Ich vermute nicht. Aber so rein prinzipiell…. Hat jemand schon mal von Problemen im Zusammenhang mit dem Fotografieren von fahrbaren Kunstwerken gehört?

Übrigens spannend, welchen Lenkereinschlag die Vespa damals zuließ.

8 Replies to “Kunstwerke”

  1. IronSky II (eig. „Iron Sky: The Coming Race“) läuft am 16.05.2025 um 20:15 Uhr bei Tele 5.
    (Der erste Teil lief gestern und wird am 11.05.2025 um 01:30 Uhr wiederholt.)

  2. Dinge des “täglichen Lebens” oder Dinge die zum Gebrauch in einem anderen Zusammenhang als Kunst vorgesehen sind 70 Jahre über den Tod des Designers/Urhebers hinaus “zu schützen” halte ich für eine “eher unglückliche Entscheidung” des Gesetzgebers.

  3. „Bei … Porsche … Könnte sein, dass da in den Marketingabteilungen noch
    eine gewisse natürliche Restintelligenz vorhanden ist, die das verhindert.“

    Beim Tapeten-Fotografen scheint die Restintelligenz vollständig aufgebraucht
    zu sein oder es gefällt ihm nicht, dass die Knipser im Internet kostenlose
    Werbung für seine Werke veröffentlichen.

    1. Man kriegt für so eine Tapete ein paar Euro als Tantiemen. Das rentiert sich nicht. Wenn man da 50 Leute findet, die die geforderte Summe ohne Prozess zahlen, lohnt sich das. Ist ein anderes Geschäftsmodell. Ob das nett oder nachhaltig ist, ist ne andere Frage. Aber kurzfristig ist das lukrativ.

  4. Wenn wir schon beim Urheberrecht sind: Ich hatte zufällig heute ein Video von einem australischen Fotografen gesehen, der erklärt hat, warum er keine Models mit Tätowierungen fotografiert (oder wenn, dann so dass sie nicht sichtbar sind). Er wurde in der Vergangenheit von einem Tatoo-Artist verklagt: Ein Model hatte ein Bild in ihren Account hochgeladen, der Tätowierer hat’s gesehen und dann die Klage eingereicht. Der Anwalt des Fotografen hat ihm dann erklärt, dass er da keine großen Chancen in einem Prozess hätte …

    1. Ist nicht wirklich neu. Das Tattoo-Problem ist so eklig, dass man da als Fotograf nicht gewinnen kann. Du hast das Recht am eigenen Bild des Hautbesitzers. Du hast das Urheberrecht des Stechenden und wenn Du Pech hast, ist das Design auch noch von wem anders. Und alle drei sind der felsenfesten Meinung, sie hätten alle Rechte.
      Ich habe mit einigen Models, mit denen ich wirklich gerne gearbeitet habe, die Zusammenarbeit eingestellt, weil sie das mit der Körperbemalung übertrieben haben.
      Bei dem Fall, dass jemand sein eigenes Tattoo-Bild hochlädt, dann ist aber eigentlich der Fotograf aus der Haftung, solange er damit nicht selbst nach draußen geht. Ich vermute, dass der Artist über Insta und den dortigen Link beim Fotografen gelandet ist und dort „Aha“ gemacht hat….

Schreibe einen Kommentar zu Reinhard Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert