Frag PAT: Langzeitstabilität von Optiken

Wieder mal ne Frage, die auf den ersten Blick harmlos ist: Wie oft soll ich meine Objektive zur Wartung schicken? Soll ich überhaupt?

Was kann mit Objektiven passieren?

Der Klassiker. Glaspilz. Wenn ein Objektiv Glaspilz hat, dann schickt man es nicht zur Wartung, sondern liefert es beim Wertstoffhof als Schrott ab. Einige tapfere Werkstätten zerlegen die Optiken, desinfizieren die Einzelteile, schleifen die Linsen nach und stellen dann Rechnung. Sinnvoll ist das selten, weil schon die Vergütungen und Beschichtungen der Linsen nach der Behandlung beim Teufel sind.

Dejustierungen. Dejustierungen passieren meistens, weil man mit dem Objektiv irgendwo anhutzt und die Gläser in ihren Fassungen verrutschen. Das kann sehr, sehr wenig sein, oder auch sehr viel. Fast jedes Objektiv, das zehn Jahre häufigen Gebrauch hinter sich hat, hat vermutlich eine zumindest leichte Dejustierung. Hat man nun eine Werkstatt, die solche Objektive wieder perfekt einstellen kann, dann ist eine Wartung alle zehn Jahre absolut angeraten. Ich habe mal mein 14-35 „zur Pflege“ nach Prag geschickt, und was zurückkam, hatte mit dem, was ich hingeschickt hatte, nichts zu tun. Das Ding war besser als das, was ich seinerzeit gekauft hatte. Kleines Problem daran: man muss halt jemand finden, der die Dinger einstellen kann.

Dreck. Die Objektive sind – bestenfalls – Staub und Spritzwassergeschützt, aber sie sind nicht luftdicht. Kohlenwasserstoffe kommen problemlos durch alle Dichtungen und können sich als Film auf den Linsen niederschlagen. Je nach Nutzung lohnt es sich, Objektive nach zehn Jahren zerlegen und reinigen zu lassen. Vor allem bei starken Rauchern ist das eine gute Idee, eventuell schon früher.

Gummiringe. Die Gummiringe in den Dichtungen altern. Sie leiern aus, werden brüchig. Je nach Nutzung sind sie nach etwa zehn Jahren am Ende. Vor allem die belasteten Gummiringe an den Zoommechaniken leiern gerne aus und schieben sich dann beim Zoomen aus der Halterung. Abhilfe: Jedes Jahr den Tubus mit etwas Teflon einreiben. Dadurch werden die Gummiringe nicht so belastet.

Griffgummierungen. Die altern vor allem, wenn man Hand- oder Sonnencreme verwendet. Was der Haut gut tut, kann den Gummi zersetzen. Bei den älteren FT-Objektiven gibt es nur noch Helge Süss, der Ersatzgriffgummis herstellen kann.

Klebstoffe im Inneren der Objektive. Bei vielen FT-Objektiven altern die Kleber, die die flexiblen Kabel im Inneren des Objektivs festhalten. Sobald die Kabel sich dann frei bewegen, blockieren sie die Zoommechaniken und mit etwas Pech reißt man die Kabel dann beim Zoomen ab. Wenn man es rechtzeitig merkt kann man das mit etwas Fingerspitzengefühl und Uhrmacherschraubendreher und etwas gutem Kleber selbst reparieren.

Kabelbruch: Vor allem bei den Objektiven mit „Collapsable Design“ brechen die Leitungen gerne. Berüchtigt ist das 14-42EZ. Da kann man vorab nichts durch „Wartung“ retten. Man kann nur warten, bis das Objektiv verreckt und es dann einschicken.

Motoren, AF: Gelegentlich verrecken die Motoren und AF-Einheiten. Das muss gar nicht der Motor sein, es kann auch die Motorsteuerung sein. Vorbeugung ist da hoffnungslos, wenn kaputt, dann kaputt.

Bajonette: Ein Bajonett auszutauschen erfordert im Wesentlichen nur das Ersatzteil, fünf Minuten und einen Kreuzschlitzschraubendreher. Es gibt die verschiedensten Gründe, warum Objektivbajonette beschädigt sein können, eine regelmäßige Wartung kann das nicht verhindern. Aber man sollte ein beschädigtes Bajonett austauschen, bevor Brösel in die Kamera kommen und das Bajonett durch den Materialverlust „weich“ wird.

Blendenmechaniken: Auch die Blendenmechaniken sind ein Quell von Ärger. Besonders „beliebt“ sind die FT-Objektive: 40-150 f/3,5-4,5, 12-60 2,8-4,0 und 50-200 SWD. Die einzige Vorbeugung da ist, diese Objektive nicht zu kaufen, die Wahrscheinlichkeit, dass sie nach einiger Zeit ausfallen ist fast 100%. Auch nach einer Reparatur wird das nicht besser, weil auch die ausgetauschten Mechaniken nicht besser sind.

Fazit : es ist absolut sinnvoll, hochwertige Objektive alle fünf bis acht Jahre „auf Kur“ zu schicken. Voraussetzung ist eine Werkstatt, die diese Kur auch fachmännisch durchführen kann. Das kostet natürlich Geld, aber wenn man es rechtzeitig macht, sind nicht einmal Ersatzteile notwendig, sondern nur Fachwissen. (Höchstens ein paar Dichtungen.) Dies sorgt aber nicht notwendigerweise für eine längere Lebensdauer der Objektive, sondern nur für eine bessere Qualität während der Lebensdauer.

18 Replies to “Frag PAT: Langzeitstabilität von Optiken”

    1. Ich habe hier ein Sigma-Tele mit Glaspilz. Ich habe mir gedacht, ich zerlege das und putze mal. …… Tscho.
      Ich hab’s wieder zusammengebaut. Wer sich mal versuchen will…. Der Glaspilz hat vor allem die Eigenschaft, zwischen verkittete Linsen zu kriechen und sich da drin auszutoben…. (Das Objektiv wird übrigens strikt getrennt gelagert.)

      1. Da hat jemand am falschen Ende gespart und einen Optikkitt oder Randlack ohne Fungizid verwendet. Gut für die Mitarbeiter, schlecht für die Haltbarkeit.
        Wenn es nur die offenen Flächen befällt, könnte man es je nach Beschichtung mit Putzen wegbekommen. Da die Pilzsporen vermutlich im ganzen Objektiv umherwabern, muss sich dann hinterher aber etwas an der Lagerung des Objektivs verbessern. Sonst hat man das Problem in vier Jahren wieder.

        1. Wie gesagt, wenn Du es probieren willst: viel Spaß.
          Versuch macht kluch.
          Zeiss hat es vor Jahren abgelehnt, Objektive mit Glaspilz zu reparieren.

    2. Es gibt Experten die das bei Glaspilz auf der Frontlinse machen, bevor sie das Geraffel dann auf Verkaufsplattformen verticken wollen. Man sollte das aber mit etwas Glück erkennen können, weil der Glaspilz die organische Vergütung beschädigt.

      1. Die Beschichtungsmaterialien für Linsen enthalten keine organischen Komponenten. Das sind meistens Metall und Halbmetall-Oxide, Fluoride oder Nitride.

          1. Hey, die Dame kenne ich sogar persönlich.
            Nanostrukturierte Kunststoff-Schichten („Mottenaugen-AR“) verwendet höchstens in Wafer-Optiken wie z.B. Handy-Objektiven. Bei konventionellen Fotoobjektiven ist das mit nicht bekannt. Allenfalls noch auf der aufgepressten Asphärenfläche.

            1. Das ist das Problem. Man glaubt es schlicht nicht, was in den letzten 150 Jahren auf Objektive draufgeschmiert wurde. Niemand (!) weiß wirklich umfassend, welche Arten an „Gläsern“ und Beschichtungen verwendet wurden. Deshalb ist es ganz schwierig, da Aussagen zu treffen „Gibt’s nicht.“

            2. Hallo Daniel,
              es gibt z.B. diese Schutzfilter, welche in der ersten Version durch ihre Vergütung sogar Flares minimieren konnten und später auch noch eine Nanobeschichtung zur Verringerung von Beschlag oder Wassertropfen bekommen haben. Diese sind vielen Leuten hier bekannt, Hersteller interessiert eigentlich nicht, denn es geht nicht um einen Mangel.

              Ich habe schon früher auf Schutzfilter (kein UV oder Skylight) gesetzt, da meine Frontlinsen desöfteren Ölspritzern ausgesetzt sind. Das Reinigen ist dann lästig, einen Filter hingegen schraubst Du eindfach ab und wirfst ihn in ein Reinigungsbad. Bei neueren Filtern ist mir irgendwann mal aufgefallen, dass in der (farblichen) Refexion des Filters, wenn man ihn seitlich betrachtet, helle (farbneutrale) Stellen auffallen. Der Hersteller hat darüber mit mir relativ offen kommuniziert. An den Stellen ist schlichtweg die Beschichtung weg. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Die Beschichtung hält bei sachgerechter Verwendung eine Menge aus. Aber heißes, saures Öl ist halt nicht unbedingt ihre Stärke. Für die beschiebene Anwendung (und nur für diese) verwende ich nun wieder einfachere Filter ohne Nano-Beschichtung. Nano-Beschichtungen findest Du zum Beispiel auch auf Frontlinsen von neueren/ überarbeiteten Objektiven.

              Aber unabhängig vom Thema Vergütungen und zurück zum Thema Glaspilz. Säuren beschädigen langfristig auch Gläser und diese werden halt durch Fungus erzeugt. Da hilft dann auch kein Putzen mehr.

              https://www.zeiss.de/consumer-products/service/content/fungus-bei-objektiven.html

              Viele Grüße
              Frank

  1. Durch die vielem Beiträge zu den FT-Objektiven, insbesondere an der OM-1, habe ich nun auch ein paar Pro-FTs zu gelegt. Kürzlich kam noch ein neuwertiges 2/14-35 dazu. dieses und das 50-200 SWF sind mittlerweile meine Lieblingsobjektive. Gibt es überhaupt noch Werkstätten, die eine Reinigung ggfs. mit einem Tausch der Dichtungsringe und Justage vornehmen?

    1. Mir ist nur noch ViaDaVinci bekannt, der Techniker dort macht aber auch nicht mehr alle Objektive. Anfragen.
      Alle anderen Werkstätten, die gelegentlich noch genannt werden, existieren nicht mehr.

  2. Mein Foto-Meccano sagt, dass „Glaspilz“ eigentlich nicht stimme. Der Pilz stehe auf den Kitt zwischen den Linsen und nicht auf die Gläser. Putzen helfe nicht.

    Das mit dem Werkstoffhof hat bei ihm nicht geklappt. Er bekommt immer wieder ganze Sammlungen von altem Fotokram, meist von Witwen. Das kann er aber nicht wie gewünscht abgeben, weil es nicht Metall ist (auch Kunstoff + Glas) und reines Glas halt auch nicht. Er nimmt solches Material nicht mehr an, weil es in die Mulde für Bauschutt (heisst bei uns so) muss, nachdem man an der Bezahlwaage vorbei ist. Man kann sich den Weg dorthin sparen.

    Vielleicht ist es aber für die Fotoseele einfacher, den ehemaligen Schatz dort sorgsam in eine Holzkiste legen zu wollen als ihn schnöde in eine Mülltüte zum Restabfall zu geben.

    Volltreffer: alle genannten Problem-Objektive sind in meinem Bestand, die zwei Pro als Lieblingsobjektive.

  3. „Jedes Jahr den Tubus mit etwas Teflon einreiben. Dadurch werden die Gummiringe nicht so belastet.“
    Was nimmt man denn dafür, eine Salbe wie Loctite oder ein Kriechöl à la WD40?

    1. NEEEIIIINNNN!
      Sehr wenig Teflon-Spray auf einen sauberen, fusselfreien Lappen sprühen, den Tubus kurz damit einreiben, zwei-dreimal zoomen und dann mit nem trockenen Lappen drüber und gut is… Hier ist viel weniger mehr. WD-40 erhöht die Chance dein Objektiv zu zerstören…
      Gruß aus HH
      Achim

    2. Joachim hat es perfekt beschrieben. Ergänzend noch dazu: TEFLON-Spray- Kein Silikon-Spray. Gibt’s von Ballistol oder auch Weicon. Ist auch unter dem Namen „PTFE-Spray“ zu bekommen. Kleinste Dose tut, man braucht nur winzigste Mengen. Und unbedingt vorsichtig damit sein. Nur in einen Lappen sprühen. Der Sprühnebel macht alles außenrum unglaublich glatt. Fußboden wird gemeingefährlich.

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