
Ich verlinke es diesmal nicht. Nein. Schaut euch das nicht an, es sind 2:09 rausgeworfene Lebenszeit. Ellie Cartwright hat die zweite Folge ihrer Videos für Olyfanten rausgehauen. Diesmal komplett ohne Streulichtblende. Dafür mit Vario-Graufilter. Ich habe es mir angekuckt, weil ich dachte, da geht es um Verschlusszeiten und so.
Jo. Es geht um die Kinoregel: filme immer mit einer Verschlusszeit, die dem Doppelten der Bildrate entspricht. Also bei 30fps mit 1/60, bei 200fps mit 1/400s. Der Grund: Weil man dann Bewegung filmen würde, wie es das Auge sieht. (Zumindest habe ich das so verstanden, sie hat da ein bisschen gehaspelt.)
Und wenn das Licht schlechter würde dürfe man auf keinen Fall länger belichten, man solle die ISO hochsetzen. Und wenn zu viel Licht da ist, nehme man einfach einen variablen Graufilter.
Hier meine Meinung zu variablen Graufiltern.
Warum haben Profis eine Mattebox und fixe Graufilter? Zu viel Geld? Zu doof, nen billigen variablen Graufilter zu verwenden? Nö, weil man mit fixen Graufiltern eine definierte Belichtung hat. Weil die besser sind. Weil man einfach einschieben kann und nicht mit Drehfassungen rummachen muss. Weil man dann immer noch ne Streulichtblende hat – die die gute Frau eben mal wieder für komplett überflüssig hält.
Und was hat es nun mit dem „Cinematic Look“ auf sich und dem Doppelten der Bildrate? Das ist die berühmte 180°-Regel, die aus Filmzeiten kommt, Damals hatte man mechanische Verschlüsse. Das waren keine solchen Verschlüsse, wie sie an den Fotos sind, bei denen ein Vorhang runterrasselt, sondern das war so eine Art Propeller. Der drehte sich und deckte immer das Bild ab, während der Film weitertransportiert wurde. Da etablierte sich die 180°-Regel. Das bedeutete, der Propeller deckte in der Hälfte der Zeit den Film ab – da konnte er transportiert werden – und in der anderen Hälfte eben nicht. Da konnte belichtet werden.
Und siehe da. Wenn ich mit 24 Bildern pro Sekunde gefilmt habe, war die Belichtungszeit 1/48s, weil eben in der anderen 1/48s der Film transportiert wurde. Wollte ich kürzer belichten, brauchte ich einen schnelleren Filmtransport und ein schneller drehendes Rad. Oder ein Rad, das eben den Wechsel der Dunkel/Hell-Phasen bei 90° hatte. Wenn ich länger belichten wollte, brauchte ich einen Filmtransport, der das dann in 1/96s schaffte, dann konnte ich 3/96s belichten. Das machte den Kohl aber auch nicht fett, deshalb haben sich 180° eingebürgert.
Was hat das nun mit diesem „Cinematic Look“ zu tun, den da Frau Cartwright beschwört?
Wenn man sehr kurze Belichtungszeiten hat, was die Olys gerne machen, wenn man auf „P“ oder „A“ filmt, dann kommt es bei schnellen Bewegungen dazu, dass der fertige Film abgehackt wirkt. Wir sehen so um die 70 Bilder pro Sekunde. Da sind die üblichen 30fps zu wenig, Was macht man als Abhilfe? Man macht unscharfe Bilder, bei denen die Bewegungsunschärfe verhindert, dass die Bewegung abgehackt wirkt. Man „schmiert“ quasi die Lücken zwischen den Bildern zu. Überraschung – das ist nur dann interessant, wenn man schnelle Bewegungen hat. Ein Interview kann ich locker mit 1/500s filmen. Da wirkt nichts abgehackt.
Unsere Kameras haben keinen Verschluss mehr Die filmen mit elektronischem Verschluss. Es ist da problemlos möglich, mit dem Kehrwert der Framerate zu filmen. Also bei 30fps mit 1/30s. Ich habe hunderte Filme damit gedreht. Gerade bei schlechtem Licht.
Diese „Cinematic Rule“ ist heutzutage – gerade bei unseren Kameras – Bullshit.
Es gibt bei Frameraten unterhalb von 50fps und Belichtungszeiten länger als 1/50s in sehr seltenen Fällen bei sehr schnellen Bewegungen so eine Art „Unschärfeeffekt“. Die Betonung liegt auf „sehr seltenen Fällen“. In hunderten Stunden Filmmaterial, das ich mit 1/30s gedreht habe, hatte ich solche Effekte nie.
Gerade bei Zeitlupe gibt es keinerlei Grund, mit 180° Shutter zu filmen.
Ich bin erschüttert – wieder ein Video völlig ohne Sachverstand, mit blankem Unsinn und nicht mal mit grundlegender Kenntnis des beworbenen Equipments.
Es hat mich jemand angeschrieben, die Videos von OMDS wären doch toll für Einsteiger. Nein. Das, was da erzählt wird, ist Unsinn. Gerade für Einsteiger ist das nichts.
Und: SloMo gerade bei einem Waldbach – o Verzeihung „incredible waterfall“ – ist albern. Das sieht nach nichts aus. Aber wahrscheinlich ist das der OMDS – Waldbach für die LiveND-Aufnahmen….
Titelbild: ein norwegischer Wasserfall mit der TG-850 mit dem „Magic Mirror“. Geiles Spielzeug. Warum gab’s das nie für die mFTs?
Sehe eigentlich nur ich bei Deinem Titelfoto einen Bären, der einen fetten Wasserschwall von hinten bekommt?
… aber dies nur so nebenbei!
Viele Grüße
Alfred
liebe Grüße an den Bären von Dr. Rorschach 😉
Jetzt wo du’s sagst, duscht da ordentlich der Bär.
Ich sehe Anubis und eine Buddha.
was raucht ihr denn alle, kann mir wer was abgeben 🙂
Also ich sehe ohne zu rauchen einen Wolf mit aufgestellten Ohren.
Spieglein, Spieglein an der Wand
ein kleiner Klick verwandelt Land,
hier wird das Bildchen doppelt groß,
und soweit ist das harmlos.
Wenn nur das Tool, das kommen wird,
zwischen Kellerfreak und Bird
endlich Frieden schaffen mag –
das wär seit langem ein guter Tag.
Ich hoffe, der langersehnte Kick
beruht nicht auf dem Spiegeltrick…