Der Profi und die Tipps

Gestern wieder so ne Mail im Briefkasten gehabt: „Der Profifotograf verrät seine tollsten Tipps.“ Es geht mit dem Knallerinsidertipp los: „Hab keine Angst davor, den ISO-Wert zu erhöhen, um die Verschlusszeit zu verlängern“.

Sacken lassen, nochmal lesen.

Ich habe mehrere Mails zu dem Thema bekommen, die vor allem aus „Gröööööl“ und „Schenkelklopfer des Tages“ bestanden.

Ich habe einer Bekannten das gezeigt und die hat mich gefragt, ob das bei denen keiner kontrolliert, bevor das rausgeht? Das wär ja endpeinlich.

Was will man da antworten? Dass der Laden so viel damit zu tun hat, seine Kunden und Händler zu verprellen, dass sie keine Zeit haben, ihre Zwangsmailings korrekturzulesen? Dass da keiner wäre, der auch nur grob nen Plan von Fotografie hat? Dass es den Leuten scheißegal ist?

Ist ja nicht so, dass das bei der Firma ein Ausreißer ist – das ist der Standard.

Ich habe mir jetzt ne neue Antwort ausgedacht, wenn mich mal wieder jemand fragt: „Das ist ein Deal, den ich mit denen gemacht habe. Sie verbreiten regelmäßig Dummfug und dann müssen die Leute meine Bücher kaufen.“

Oder habt ihr ne bessere Erklärung?

24 Replies to “Der Profi und die Tipps”

  1. ich dachte die wollen dir nichts Gutes mehr tun…
    Könnten sie gleich einen Link zum Bookshop mit reinnehmen, falls sie das fehlerfrei hinbekommen 🙂

    Früher gab es mal zu allen möglichen Themen Sammlungen von Stilblüten, sollte man wieder anfangen damit.

    1. „Könnten sie gleich einen Link zum Bookshop mit reinnehmen, falls sie das fehlerfrei hinbekommen “
      Da kommt eher ein mFT 35-100 f2.0 🙂

      Ich sollte den Newsletter doch wieder regelmäßig lesen, zumindest der Unterhaltungswert scheint wieder Topniveau zu haben.

  2. Ist doch klar: Die Zahl wird größer, also länger. Der Praktikant, der das am 1. Tag seines Praktikums eigestellt hat, war leider im Matheunterricht regelmäßig beim Kreide holen oder, heuzutage wahrscheinlicher, hat Ohrenstöpsel getragen und Youtube-Videos geschaut.

    1. Seit wann schaut ChatGPT auch Youtube Videos?
      Hatte gerade neulich wieder einen Fall, wo die KI ganz exakt subtil daneben gelegen ist. War sogar mit einem Zitat belegt, das halt auch falsch war. Sieht aber für den Laien sehr seriös aus.
      Wer KI übersetzen lässt oder gar einen Text erstellen lässt und danach nicht die Zeit investiert,das zu kontrollieren, wird Mist bekommen.

  3. Stelle mir folgende Frage: Wenn man auf einen solchen Fehler aufmerksam gemacht wird. Warum korrigiert man ihn nicht schnell? Ist das eine Art Unternehmensphilosophie? Geht man mit erkannten Fehlern bei Hard- und Software ebenso um?

    1. Das Problem sind Strukturen. Manche Dinge können direkt von der Kontaktperson behoben werden, andere Dinge hat eine Agentur gemacht, da hat die Firma überhaupt keinen unmittelbaren Zugriff.
      Das ist natürlich keine Ausrede, denn die Strukturen hat die Firma ja etabliert. Aber das ist wie bei vielen Firmen, die Parkinsons Gesetz folgen: Niemand geht mehr das Risiko ein, irgendjemand zu kritisieren, der Einfluss auf das eigene Gehalt hat. Wenn dann noch alle ohne Kundenkontakt im HomeOffice sitzen, dann sinkt die Motivation noch mal erheblich.

  4. Im entsprechenden französischen Newsletter tönt es doch ganz vernünftig:

    „N’ayez jamais peur d’augmenter la sensibilité ISO pour conserver une vitesse d’obturation élevée.“

    1. Im englischen auch: „Never be afraid to push your ISO up to keep your shutter speed high“. Das Problem bleibt: Keiner, der eine Ahnung hat, schaut sich die Übersetzung an.

  5. Es verhält sich wahrscheinlich genau so wie mit dem Begriff „kleinere Blende“, wenn man beispielsweise meint, dass f/1,4 kleiner ist als f/2,8. Nach der Logik 1,4 ist ja weniger als 2,8. Das ist jetzt kein Zitat aus einem Newsletter besagter Quelle, aber so ein Stuss ist allgegenwärtig im WWW, wenn Anfänger fachsimpeln.

    1. früher hat man ja noch f 1:5,6 geschrieben. Würde heute auch nix helfen, weil das maximal als Spielergebnis interpretiert würde 😉

  6. Ist doch wunderbar, man bleibt so halt immer im Gespräch. Und liest die Artikel dann doch. Vielleicht ist der/die techn. Redakteurin aktuell im Urlaub. 😉

  7. „Hab keine Angst davor, den ISO-Wert zu erhöhen, um die
    Verschlusszeit zu verlängern.“

    Ist doch ein guter Tipp.

    Das Problem ist aber, dass meine Kamera diese Vorgehensweise
    nicht zu verstehen scheint: Wenn ich im (Halb-)Automatik-Modus
    fotografiere, dann macht meine Kamera das genaue Gegenteil. 😉

    Hier mein „Profi“-Tipp:
    Diese Profis sollten ihre Tipps nicht an Benutzer der Kameras,
    sondern an Hersteller der Kameras verschicken, damit die
    Kamera-Hersteller diese neue/innovative Funktion in ihre Kameras
    einbauen. 😉

    Damit einige Hersteller keine alte Ware leicht verändert auf
    den Markt bringen müssen:
    https://www.photografix-magazin.de/neue-kamera-traegt-wieder-olympus-markennamen/
    https://jp.omsystem.com/product/astronomical/em1mk3_astro/index.html

  8. Ich bekomme jeden Tag Dutzende von langweiligen Emails, auf die ich auch noch reagieren muss. Da wirkt der OMDS Newsletter geradezu erfrischend komisch.

  9. Über den Patzer könnte man noch schmunzeln, wenn der Rest nicht so von oben herab daher käme:

    – „Ich fotografiere regelmäßig mit ISO 6400 und das ist für mich in Ordnung, also wird es auch für dich in Ordnung sein, wenn du es brauchst.“

    Es mag ja vom Inhalt ok sein, nur bekomme ich bei so einer Ansage schon automatisch eine Blockade.

    Genauso ist es sicher hilfreich, die Tasten der Kamera blind zu finden. Ob dann als nächster Schritt gleich die Empfehlung, möglichst ALLE Tasten individuell zu belegen, in einem Newsletter sinnvoll ist, der sich wohl eher an Einsteiger richtet, wage ich zu bezweifeln.

    Da ist der Ratschlag von Reinhard, zu Beginn nicht die gesamte Kamera umzukonfigurieren, sondern sich nach und nach in die einzelnen Funktionen einzuarbeiten doch näher an der Praxis und zeigt, dass Profi sein allein eben nicht ausreicht um Wissen zu vermitteln. Da braucht es auch Leute dazu, die sich in die Probleme und Nöte von Einsteigern hineinversetzen können, also jemanden der auch tatsächlich mit solchen Leuten in Kontakt ist.

  10. Ein redaktionelles Versehen. Vielleicht auch automatische Übersetzung ohne Gegenlesen, und ich kann aus Erfahrung sagen: KI ist noch nicht so weit. Sie bringt zwar Texte zustande, die sich auf Anhieb schön lesen, ob sie aber richtig liegt, das steht auf einem ganz anderen Blatt.

    1. ist eine Erklärung aber keine Entschuldigung. außerdem hat das Versehen Methode. Sowas tritt viel zu häufig auf um statistisch zufällig zu sein.

      1. Dieser Verdacht ist mir auch schon gekommen.
        Wirklich tot bist du erst, wenn niemand mehr über dich spricht (kleine Abwandlung des Urzitats von Bertold Brecht).
        Eine Firma mit Nahtoderfahrung muß unbedingt am Boulevard bleiben, mit jedem Mittel.
        Auf „da werden sie geholfen“! hat einmal ein TV-Sternchen eine ganze Karriere aufgebaut; der naiv wirkende Sager war kalkuliert.

        1. Verona Poth/Feldbusch war schon vor dem Telefonauskunft-Spruch bekannt. Sie hat vor ein paar Jahren erzählt, wie der Spruch zustande kam. Sie war bereits für dümmliche Auftritte auch in der Werbung („Spinat mit Blubb“) bekannt und die Agentur wollte ihr wieder ein paar Artikel durcheinanderwürfeln – Methode: Never change a winning campaign – wogegen sie sich gewehrt hat und eben die Nummer mit dem „Da werden sie geholfen“ in den Raum geworfen hat. Nur hat es von den Marketinghelden erst mal keiner gemerkt, dass da ne Frau vor ihnen steht, die weit mehr auf dem Kasten hat, als sie selbst.

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