Das Objektiv kam schon 2011 raus – ich hatte es damals für ein paar Bilder auf der Messe an der Kamera – und dann nie wieder in der Hand. Jetzt habe ich das zur Verfügung gestellt bekommen. Der erste Eindruck: das Objektiv ist winzig und lächerlich leicht.
Ich habe es ohne Frontdeckel bekommen und erstmal suchen müssen, ob ich was finde: 46mm Filterduchmesser. Die Lichtstärke ist mit 4,0-5,6 im Bereich der anderen kleinen Teles. Den Stabi im Objektiv kann man nicht abschalten, aber einen Powerzoom für den man gleich zwei Bedienmöglichkeiten hat: einen Zwei-Wege-Taster und einen „Zoomring“.
Einen „echten“ Zoom hat das 45-175 nicht. Nachteil: wirklich flottes „Aufreißen“ der Brennweite geht nicht. Das Objektiv hat Innenzoom, so dass man auch nicht sieht, wo die Brennweite gerade steht und der Powerzoom hat natürlich Verzögerung. Muss man wollen.
Am langen Ende fällt eine Kissenverzerrung auf, genaueres muss im Studio getestet werden. Die Moitverkennung mit der OM-1 funktioniert gut, das Scharfstellen eigentlich auch gut, manchmal braucht die Kamera zwei Bilder im C-AF dass der Vogel getroffen wird, manchmal sitzt aber auch schon das erste Bild. Natürlich sind 175mm etwas kurz für das Birding, aber im Prinzip funktioniert es.
Die Schärfe ist auf den ersten Blick verblüffend. Wenn der AF getroffen hat, scheint jedes Detail kristallklar. Leider ist das extreme digitale Schärfe. Im RAW ist die Schärfe mehr so semi. Ich wusste nicht, dass die Kamera die Objektive dermaßen pushen kann. Der Effekt ist, dass auch die Schärfentiefe des Objektivs scheinbar sehr groß ist, der AF nicht so genau passen muss und das Objektiv sehr hart wirkt.
Was hier nach einem detailreichen Baum im Hintergrund aussieht, ist im RAW grob matschig und trotz ISO 200 verrauscht. 45mm f/4.
Ein Foto aus dem Maschinenraum der Rutlof. Das Boot ist mit über 60 Meter Länge eigentlich nur Maschine und Schaufelräder. Die Kajüte der Besatzung ist in einem winzigen Kabuff untergebracht. Die riesige Dampfmaschine bringt gerade 800PS. Die Rutloff lief im Krieg 1944 auf eine Mine, sank, und lag 12 Jahre im Wasser. Die Ungarn haben sie gehoben, geputzt, und als sie die Maschine wieder anwarfen, lief sie einwandfrei. Sie ist dann noch bis Mitte der Siebziger als Schlepper in Ungarn gelaufen. Kurz bevor sie verschrottet werden sollte, haben sie dann die Regensburger gekauft und restauriert.
Der Maschinentelegraf auf der Brücke – da hat es zwei davon, denn die Rutlof hat auch zwei Maschinen und zwei Schaufelräder. Ungarische Beschriftung.
Der Maschinentelegraf im Maschinenraum. Nicht original, weil bei Schiffen, die zum Verschrotten rumliegen, immer recht schnell diverse Erinnerungsstücke verschwinden. Schiffsglocke und Maschinentelegraf. Was man halt so im Partyraum brauchen kann.
Das ist der Skipper an Bord der Rufloff – zumindest fast. Er ist Mitglied des Vereins, der das Schiff erhält und kümmert sich drum, dass Leute wie unsereiner auf dem Schiff rumlatschen und knipsen können.
Das 45-175 ist natürlich für das Schiff viel zu lang. Die meisten Sachen habe ich mit dem 17er oder mit dem Fishcap gemacht. Aber ich wollte es ja ausprobieren.
Kurzes Zwischenfazit: Kann man brauchen. Die RAWs nicht so genau ankucken, aber für die Urlaubsknipserei? Eine feine Sache. Zusammen mit einem 12-40 und einem Fishcap ist man sehr klein und leicht unterwegs. Die technischen Dinge gibt’s dann beim Studiopost.
Ein technisches Detail noch vorab: Seinerzeit dachte ich, das Objektiv sei Parfokal. Ist es nicht. Irgendwo zwischen 70 und 60mm ist ein scharfer Sprung und die Schärfe ist weg. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern so richtig weit weg. Video mit Powerzoom? Nö. Mit der Oly wird der C-AF während des Zooms nicht nachgeführt und mit MF hat man den Sprung bei 60mm.
Hoi Reinhard
Korrektur: Das Objektiv hat einen Stabi (OIS genannt).
Gruss
Georg
Tatsächlich steht das in den Specs, aber nirgends am Objektiv. Es fällt nur auf, wenn man das Objektiv schüttelt, weil dann was im Objektiv wackelt. Danke für die Korrektur!
Hallo Reinhard,
steht da nicht POWER O.I.S. auf dem Ring um die Frontlinse?
Viele Grüße
Manfred
Tatsächlich. In rot.
Danke Reinhard für diesen interessanten Profi-Test, der sich weitgehend mit meinen Laien-Knipser-Erfahrungen deckt. Ich nutze dieses schön handliche Glas seit dem Kauf meiner ersten OM-D E-M10 im April 2014. Anfangs bekam ich überhaupt keine sinnvolle Schärfe hin. Dafür klapperte stets etwas im Objektiv, auch bei eingeschalteter Kamera. Nachdem ich “Objektiv-I.S. Priorität“ aktiviert hatte, klapperte bei eingeschalteter Kamera nichts mehr, dafür hat die Kamera erfreulich schnell und treffend den Fokus gefunden. Dieses Objektiv stellt ganz offensichtlich mit dem eingebauten Objektiv-I.S. deutlich besser und treffender scharf als mit dem kamera-eigenen I.S.. Ich empfinde das Verhältnis zwischen Preis (neu unter 400,-€, gebr. ab 240,-€), Gewicht (210 Gr), Abmessungen (90mm lang, 62mm Durchmesser), Brennweiten-Umfang (45-175 mm entspr. 90-350mm KB), Lichtstärke (4.0-5.6) und Abbildungsleistung ausgesprochen positiv.