Die ideale Kamera:
„Keine Kamera – nur Gedankenkraft“ ist das langfristige Kameraprojekt von Maitani. Sie basiert auf dem Konzept der Erfassung, Messung und Aufzeichnung der elektrischen Schaltkreise des menschlichen Gehirns.
„Wenn Sie in Ihrem Arbeitszimmer sitzen, können Sie sich eine schöne Landschaft vorstellen: das ist Erinnerung oder vielleicht Phantasie. Aber keine der heutigen Technologien wird es uns erlauben, Bilder mit demselben Mechanismus aufzuzeichnen!“
Auch wenn seine ideale Kamera vielleicht nie realisiert wird. Er hat seinen Traum noch nicht aufgegeben. „Der Blick auf das Leben sollte ein ewiger sein, denn wenn wir aufhören, nach Fortschritt zu suchen, hat das Leben keinen Sinn.“
Technik:
„Die Pflicht eines Fotografen ist es, seine Technik zu verbessern und zu steigern! Denn die Kenntnis der Technik ist das einzige Werkzeug, um die Kamera optimal zu nutzen. Viele Fotografen überschätzen die Funktion der Kamera an sich – aber ich fürchte, ein Koch, der sich nur auf ein scharfes Messer verlässt, hat keine Garantie für ein gutes Gericht.“
„Das Ziel der Fotografie ist es, das auszudrücken, was man im Herzen und im Kopf hat. Die Technik ist nichts weiter als ein Mittel, um diesen Ausdruck zu vermitteln. Ganz gleich, wie sehr wir die Kameras automatisieren, die Automatisierung wird die Aktivitäten des Fotografen nicht einschränken. Vielmehr wird sie diese erweitern.“
Film:
„Der Film oder das Band oder die Platte oder was auch immer verwendet wird, war immer ein Zwischenschritt bei der Übermittlung des Bildes vom Fotografen zum Betrachter und wird es immer sein. Es ist nichts heilig am Silberfilm, und es ist mir gleichgültig, ob er weiter verwendet wird oder aus Gründen der Effizienz oder der Kosten anderen Materialien Platz macht.“
Design:
„Was das Kameradesign betrifft, so habe ich mir nie allzu viele Gedanken darüber gemacht, was die Mechanik-Freaks wollen.“
„Fast alle großen Unternehmen entwickeln Produkte auf der Grundlage von Marketingdaten. Wir verlassen uns nicht so sehr auf diese Art von Forschung, weil die gewonnenen Daten oft oberflächlich sind.“
„Eine Kamera ist nur ein Werkzeug, um Fotos zu machen. Als Designer möchte ich eine Kamera entwerfen, die untrennbar mit dem Fotografen verbunden ist, eine Kamera, die ihm nicht im Weg steht. Aber ich fotografiere auch, und mir ist klar geworden, dass die moderne Kamera an ihre Grenzen stößt, und dass die Überschreitung dieser Grenzen ein Problem ist, das der Fotograf selbst lösen muss.“
„Im Japanischen gibt es ein Sprichwort, das besagt, dass Feuer und Wasser gute Diener, aber schlechte Herren sind. Obwohl die Kamera ein untrennbarer Teil des Fotografen sein sollte, ist sie doch ein Werkzeug. Sie kann eine Hilfe oder ein Hindernis sein, je nachdem, wie man sie einsetzt.“
„Man kann kein wirklich herausragendes Produkt herstellen, wenn man es nicht aus der Sicht des Benutzers entwickelt.“
„Es ist einfach, etwas zu entwerfen. Aber es ist sehr viel schwieriger, etwas zu entwerfen, das sich auch verkauft.“
Maitani ist sich bewusst, dass die Kameras, die unsere Vorgänger hinterlassen haben, Teil eines technologischen Welterbes sind. Er ist der Meinung, dass es nicht nötig ist, dasselbe zweimal zu machen.
Maitanis grundlegende Philosophie beim Kameradesign entspringt dem Wunsch, ein Foto zu machen. Er wird keine Kamera entwerfen, die es bereits gibt. Viele Leute denken, dass die Kameras von Maitani einzigartig sind, aber er sagt, dass er nur Kameras herstellt, die er braucht und die es nirgendwo gibt.
Einige seiner Ideen sind nur seine persönliche Meinung darüber, wie eine Kamera sein sollte. Sie werden vom Markt noch nicht akzeptiert. Das macht es Maitani schwer, das Management von Olympus davon zu überzeugen, seinen Vorschlag anzunehmen.
Fotografie:
„Ich glaube, dass in Zukunft alle, die etwas hinterlassen wollen, in irgendeiner Form Fotografen sein werden. Unser Begriff des Fotografen wird sich erweitern. Er wird alles umfassen, von denjenigen, die wissenschaftliche Aufnahmen machen, bis hin zu denen, die damit alles im Haushalt festhalten. Und es wird viele geben, die Ausstellungen veranstalten und fotografische Sammlungen als Mittel des persönlichen Ausdrucks veröffentlichen werden. In dieser Welt der Zukunft wird es auch Menschen geben, die mit Fotos statt mit Worten versuchen, die Gesellschaft zu verändern.“
„Die Fotografie hat viele verschiedene Aufgaben, und die Bildung ist eine ihrer wichtigsten. Die Fotografie ist wertvoll, weil sie das vermittelt, was nur man selbst sehen und somit verstehen kann. Der Wert der Fotografie liegt in ihrer Fähigkeit, als eine Erweiterung des menschlichen Auges zu fungieren. Solange die Menschen ihre Augen benutzen, wird es immer einen Bedarf an Fotografien geben.“
„Jede Form der menschlichen Kommunikation beginnt als reiner Gedanke im Gehirn, passiert aber die Hand oder den Mund, die wie ein Filter wirken. Selbst wenn eine Person sehr einfühlsam ist, kann es sein, dass sie ihre Bedeutung nicht richtig vermitteln kann, wenn sie die Sprache oder Körpersprache nicht beherrscht. Da das fotografische Medium eine getreue Aufzeichnung ermöglicht, werden die Bilder ohne diese Filter gemacht. Es gibt einen spontanen, reinen Ausdruck, der einzigartig für die Fotografie ist.“
„Die scheinbare Leichtigkeit der Fotografie verleitet die Menschen oft dazu, zu viel zu fotografieren, Dinge zu fotografieren, die sie eigentlich nicht fotografieren wollen. In solchen Momenten hätte man gerne den Filter. Das sollte man immer im Hinterkopf behalten, wenn man eine Kamera in die Hand nimmt.“
Olympus & Maitani:
Die Geschichte von Maitani ist Teil der Geschichte von Olympus.
Seit seinen frühen Anfängen hat Olympus eine Unternehmenskultur, die auf die Entwicklung innovativer Produkte ausgerichtet ist. Obwohl Maitani diese Kultur nicht beigebracht wurde, hielt er sich selbst für einen Olympus-Mitarbeiter.
Maitani hat viele Kameras mit dem einzigartigen Olympus-Stil entwickelt. Das liegt einfach daran, dass er versuchte, Dinge herzustellen, die man nicht überall kaufen kann.
Maitani war zwar fest entschlossen, Kameras zu entwickeln, die es noch nie zuvor gegeben hat. Dennoch war er der Meinung, dass alles in der Hand von Olympus liegt.
Visionen und Hindernisse:
„Die Entscheidung, welche Produkte man herstellen will, ist die gleiche wie die Entscheidung, wie man sein Leben leben will. Das Wichtigste ist Ihre Vision. Sie müssen eine Vision, einen Traum, eine Philosophie haben, denn je nachdem, ob Sie eine Vision haben oder nicht, wird sich der Verlauf Ihrer Zukunft ändern. Du kannst dich nicht einfach ziellos durchs Leben treiben lassen; der erste Schritt ist zu entscheiden, was du mit dem Rest deines Lebens anfangen willst.“
„Selbst wenn Sie diese Entscheidung getroffen haben, ist es unwahrscheinlich, dass der Rest der Welt sich nach Ihren Plänen richtet. Irgendwann werden Sie auf Widerstand oder Hindernisse stoßen. Ich glaube, es gibt zwei Barrieren: die technologische Barriere und die Barriere der akzeptierten Weisheit. Man kann nichts erreichen, solange man diese beiden Barrieren nicht durchbricht.“
Titelbild: Präsentation der E-P1 in Berlin. Die E-P1 wurde Maitani vorgestellt und er hat sie abgenickt. Entsprechend wurde er bei der Präsentation immer wieder erwähnt.
„Ich glaube, dass in Zukunft alle, die etwas hinterlassen wollen, in irgendeiner
Form Fotografen sein werden. Unser Begriff des Fotografen wird sich erweitern.
Er wird alles umfassen, von denjenigen, die wissenschaftliche Aufnahmen machen,
bis hin zu denen, die damit alles im Haushalt festhalten. Und es wird viele
geben, die Ausstellungen veranstalten und fotografische Sammlungen als Mittel
des persönlichen Ausdrucks veröffentlichen werden. …
… Die scheinbare Leichtigkeit der Fotografie verleitet die Menschen oft dazu,
zu viel zu fotografieren, Dinge zu fotografieren, die sie eigentlich nicht
fotografieren wollen. …“
Da hat der Herr Maitani wohl die Zukunft gesehen. Bei Instagram und anderen
„Sozialen Medien“ geschieht genau das, was er prophezeit hat.
Wann hat Maitani diese Aussagen gemacht?
Ich habe keine Ahnung. Die „Maitani-Fan-Seite“ nennt eigentlich fast nie Quellen. Ich übersetze sie, weil sie anscheinend noch nie auf Deutsch zugänglich war und eben gelegentlich spannende Einblick drin sind. Der „Maitani-Fan“ hat seinerzeit viel aus der Presse und Veröffentlichungen von Olympus zusammengeklaubt, deshalb ist das auch in großen Teilen stark „olympisch“ gefärbt. Aber selbst wenn einiges erfunden ist, dann ist es zumindest sehr schön erfunden.
‚Die ideale Kamera:
„Keine Kamera – nur Gedankenkraft“ ist das langfristige Kameraprojekt von Maitani. Sie basiert auf dem Konzept der Erfassung, Messung und Aufzeichnung der elektrischen Schaltkreise des menschlichen Gehirns.‘
Es mag daran liegen, dass ich Gelegenheitsknipser bin und kein Profi, aber diese Idee spricht mich gar nicht an. Evtl. könnte eine solche „ideale Kamera“ Profis die Arbeit erleichtern, aber für mich ist es eher das Gegenteil, was mich am Fotografieren reizt: die durch die Technik ganz andere Perspektive als die der alltäglichen menschlichen Wahrnehmung. Sobald ich durch den Sucher schaue sehe ich etwas anderes als einfach nur mit den Augen. Sicher, man lernt diese Perspektiven ein Stück weit, fotografieren ist dann ein Wechselspiel zwischen antizipierter Perspektive und dem, was die Technik dann tatsächlich abbildet, und der Profi kann vielleicht nahe 100% gedanklich vorwegnehmen – aber würde das auch funktionieren, wenn man niemals eine nicht-ideale Kamera vor den Augen gehabt hätte?
Das ist ne ausgesprochen spannende Frage. Sobald man mal so weit ist, dass man im dreidimensionalen Raum Objekte, Belichtung und Bewegung erfassen und damit vorhersehen kann, von welchem Standpunkt aus mit welcher Brennweite welches Bild gemacht werden kann, wünscht man sich genau diese „ideale Kamera“. Und denkt, jeder andere müsse das doch auch wollen. Hauke und ich predigen „Du musst das Werkzeug im Schlaf beherrschen und ohne nachzudenken einstellen können.“ Das ist wahrscheinlich auf dem gleichen Level. „Brain to Cam“-Schnittstelle. Derzeit halt noch die Finger, die automatisch auf die richtigen Knöppke drücken.
Aber gerade dieses „3D-Erfassung des Motivraumes“ erfordert eben Übung, Übung, Übung und nochmal Übung. Mit verschiedenen Brennweiten, Blenden, Belichtungszeiten. Mit Lichtformern, Reflektoren und unterschiedlichen Lichtquellen aus allen undenkbaren Richtungen. Bei Seminaren werde ich oft gefragt „Woher weißt Du, was ich bei meiner Kamera einstellen muss? Wo das Licht hin muss?“ Weil ich es jahrelang geübt habe. Weil ich Fehler gemacht habe. Weil aufgeben keine Option war, weil ich niemals den einfachen Weg gehen durfte, weil ich ja meinen Lesern auch den schweren Weg erklären musste – und sei es auch nur, um ihnen begründet davon abzuraten.
Denke nicht in „Gelegenheitsknipser“ vs „Profi“-Dimensionen. Es ist auch für den Hobbyisten unglaublich befriedigend, wenn man ein Motiv sieht, die Kamera richtig einstellt, sich an den richtigen Ort stellt und dann einfach das eine Bild macht. Ohne rumprobieren, sondern einfach nur „Klick“ – Bild. Man wird vom Ablichter der Realität zum Gestalter der Realität. Affengeil.
Letzteres scheitert an den von dir genannten 3 Hürden: Übung, Übung und Übung 😉
Mit der mechanischen Nuss ist wohl eher ein Technikverrückter gemeint.
Danke! Ich habe beim Übersetzen dreimal im Original nachgekuckt und mir ist die Redewendung „I’m nuts“ auch bekannt, aber in Verbindung mit „Mechanical“ konnte ich damit nichts anfangen. Danke! Hab’s korrigiert.
„Dem Silberfilm ist nichts heilig“. Würde „Der Silberfilm ist nicht heilig“ in dem Kontext nicht mehr Sinn machen?
Du hast völlig recht. Ich habe es geändert in „Es ist nichts heilig am Silberfilm“ was wohl wörtlich ist. DANKE!
(Schwarmintelligenz schlägt künstliche Intelligenz. Ich bin begeistert.)
Für mich ist dieser Satz der wichtigste:
„Man kann kein wirklich herausragendes Produkt herstellen, wenn man es nicht aus der Sicht des Benutzers entwickelt.“
Und abgewandelt könnte der auch für das Fotografieren selbst gelten, wenn man sich in die Sicht des Betrachters zumindest teilweise hineinversetzen könnte.
Danke für die interessanten Ausführungen.
Ich finde die Gedanken zur Technik (der Vergleich mit dem Koch und seinem Messer) und zum Material interessant in ihrer Offenheit.
Wenn ich das mit den verbissenen Diskussionen über Kameratechnik und -funktionen sowie z.B. mit der Diskussion analog vs. digital an anderer Stelle vergleiche, würde uns etwas dieser Offenheit auch heute gut tun.