Frag Pat: Warum gibt es so viele FT-Kamerabücher nur auf Deutsch?

Ich habe wieder mal Post gekriegt. Von Tobias, der mich auf eine Diskussion auf DPReview aufmerksam gemacht hat. Da hat einer nach FT-Kamerabüchern gegoogelt und sich gewundert, warum es so viele auf Deutsch gibt. Obwohl doch so wenig Menschen Deutsch sprechen. Die Erklärungsversuche sind interessant.

Warum gibt es sie nun wirklich?

Vor vielen Jahren haben Autoren Fotobücher rausgebracht, die richtig, richtig hohe Auflagen hatten. Da ist richtig Geld verdient worden. Da sind von einem Buch auch mal 20.000 Exemplare verkauft worden und vor Amazon haben da Verlage und Autoren auch richtig Geld verdient. In Deutschland gab es eine Buchpreisbindung und faire Rabatte für die Buchhändler und Barsortimenter. Alle konnten leben.

Dann kam Amazon und hat die Margen der Verlage und damit die Honorare der Autoren schrumpfen lassen. Da in den „fetten“ Jahren, zu viele Verlage auf den Zug „Kamerabücher“ aufgesprungen sind, gab es auf einmal viele Verlage, die immer schneller produzieren mussten um ihre Bücher vor der Konkurrenz auf den Markt zu bringen. Die Autoren hatten überhaupt nicht mehr die Chance, vernünftig zu arbeiten und viele versuchten es auch gar nicht. Bei drei Monaten Arbeit für ein Honorar von 4000 Euro ist das auch verständlich. Also wurde Masse produziert.

2008 kam dann Herr Dorn von Franzis auf die Idee, Stefan Hendricks, den damaligen Cheffe von oly-e anzurufen und zu fragen, ob er nicht jemanden kennt, der ein Buch zu Olympus-Kameras schreiben könnte. Ich wollte zwar ein Buch zur E-3 schreiben, aber Franzis hat mich überredet, das E-520-Buch zu machen. Und von da an hatte ich immer reichlich zu tun, weil Olympus eine Kamera nach der anderen auf den Markt geworfen hat. Andere Verlage wollten auf diesem Markt auch mitspielen und haben ebenfalls Bücher zu einigen Kameras rausgebracht, natürlich vorzugsweise zu Kameras, von denen man annahm, dass sie sich gut verkaufen würden. Ich war der Einzige, der tatsächlich zu jeder mFT-Kamera ein Buch rausbrachte. Als dann Franzis zu den Büchern auch noch e-Books vertrieben hat und ich davon kaum einen Cent gesehen habe, habe ich mir die digitalen Rechte gesichert und meine e-Books seit dem E-M10-Buch selber verkauft. Samt Updates. Damit killte ich so nach und nach die Umsätze anderer Verlage. Warum sollte man ein Buch kaufen, das bei Erscheinen schon veraltet war und im Wesentlichen nur das Werkshandbuch bebilderte?

Ich entwickelte den Ehrgeiz, auch zu Kameras, von denen ich wusste, dass Sie auf dem Markt nie gehen würden – wie die E-P7 – Bücher zu schreiben und habe dabei teilweise richtig Geld zugesetzt. Der Minusrekord war die E-M10IV mit gerade mal 25 verkauften PDFs. (Angeblich läuft die Kamera wunderbar – ich sehe nichts davon. Die E-M10-PDFs verkauften sich 1200mal…)

Und warum habe ich die Bücher nicht auf Englisch übersetzt? Weil ich keine Vertriebsstruktur im englischen Sprachraum habe. Und wenn ich eines in meinen 30 Jahren Verlegerdasein gelernt habe: Ohne Vertriebsstruktur hilft Dir das allerbeste Buch nichts.

Und warum haben dann keine Engländer oder Amerikaner FT- oder mFT-Bücher geschrieben? Weil die richtig Aufwand sind und man lieber mit Copy-and-paste und gekauften Rezensionen Geld gemacht hat. Es gibt englischsprachige Bücher, aber eben nur zu den „Top-Sellern“. Rosinenpickerei. Ich habe mir einmal einen „Busch“ gekauft, zur E-M1. Weil der ja so toll sein soll und ich immer gerne dazulerne. Zur Funktion „3D-Photo“ – ein Szeneprogramm in der E-M1 – stand drin: „Die E-M1 macht 8 fortlaufende Bilder und kombiniert sie zu einem gut-belichteten Foto mit reduzierter Kamera-Wackelei. (Nur mit einer 3D-Optik möglich)“ Das fand ich spannend und seitdem habe ich keinen Busch mehr gekauft, denn Blödsinn kann ich mir auch selber ausdenken. (Und nein, das ist nicht der einzige Knaller in dem Wälzer. So behauptet er zum Beispiel, nur mit dem MMF-3 könne man FT-Objektive mit voller Performance an der E-M1 betreiben.)

Tscho – deshalb gibt es gute Bücher zu FT oder mFT halt nur auf Deutsch. Weil nur in Deutschland einer wohnt, der seit 15 Jahren so verrückt ist, für n‘ Appel und ein Ei Bücher zu schreiben.

Deal with it.

15 Replies to “Frag Pat: Warum gibt es so viele FT-Kamerabücher nur auf Deutsch?”

  1. Ich habe mir immer Kamerabücher zu einer neuerworbenen Gehäusegeneration gekauft, besonders seit die Unsitte um sich gegriffen hat, dass man 4-stellige Beträge bezahlen muss und nur eine Kurzanleitung bekommt, mit im Wesentlichen unnützen Sicherheitsbelehrungen. Bis vor kurzem für die C-Marke, jetzt für meine Olympuskameras von R. Wagner als pdf. Gewöhungsbedürftig ist für mich das Lesen auf dem Tablet, daran gewöhnt man sich aber. Die Olympusbücher sind Spitze, führen viel besser in die Technik ein, vorallem, wenn man glaubt eigentlich schon alles zu wissen, weil man eben jahrzentelang mit C fotografiert hat.
    Übrigends habe ich mir auch eine E-P7 zugelegt (gebraucht), als immer dabei Kamera. Außer dass man bei Sonnenschein das Diplay nicht sieht, bin ich sehr zufrieden und sie hat mein Smartphone als „immer dabei Apparat“ komplett abgelöst. Die Menüstruktur ist ja kompatibel zu denen vor der OM-1. Dafür brauche ich dann auch kein Buch.

  2. Hallo Reinhard,
    ich habe bei dir vor ein paar Wochen das Buch zur E-M1 III gekauft. Es ist für die Firmwareversion 1.2. Inzwischen hat die Kamera Version 1.6. Gibt es da auch ein Update zum Buch, bzw. PDF? Ich habe mich zwar für den newsletter angemeldet, jedoch nie einen bekommen.
    Ähnliches gilt für das Buch (PDF) zur EM1 II. Es hat die Firmwareversion 3.5, die Kamera inzwischen 3.7.
    Sind die Änderungen im Update so gering, daß es keine Buchanpassung braucht? Oder habe ich was verpasst?
    Grüße,
    Stefan Schwermer

  3. Grad gestern habe ich einem neuen Pen F-Käufer dein Buch nahe gelegt. Es sollte also wieder eines verkauft werden. Damit es einige mehr werden. Auch ein Objektivbuch. Möge es die Lust erhalten, neue Bücher zu schreiben. Da Oly mich grad von Investitionen abschreckt, ist von mir Pause mit Büchern, aber vielleicht schaffen sie es noch. Oder Pana kommt ins Boot.

  4. Ich hatte 2014 schon mehrere Jahre als stiller Leser im Olympus Forum verfolgt, was sich da so tat. Ohne die Erklärungen von Reinhard Wagner hätte ich mich nie getraut, eine E-M10 zu kaufen. Und es war völlig klar, dass ich mir dann sofort auch dessen Kamera Buch zur E-M10 kaufte. Was für ein Glück! Und selbstverständlich habe ich das dann genauso gehalten, als mir die E-M10 auf einem Betonboden zu Bruch ging und ich auf die E-M10 Mk 2 umsteigen musste (wollte). Logisch, dass ich mir dann nach dem Erwerb der E-M1 Mk 2 auch das Wagner-Buch kaufte. Sonst hätte ich nie überhaupt nur ansatzweise verstanden, was man mit diesem Wunderwerk der Technik anfangen kann. Vorwurf an den Produzenten? Nein! Dank an den Autor dieser Fachbücher? Ja! Und klar, es braucht immer jemanden, der sich wirklich auskennt. Sprache allein ist es nicht! Sachverstand aber schon! Und dann ist die Sprache nur noch das Medium. DeepL sei Dank, sollte ja nun jeder in der Lage sein, auch deutschsprachige Bücher in seine Landessprache zu übersetzen….. Ich hoffe, die Wagner-Bücher werden weltweit gekauft…. Ich könnte mir die Mühe nicht machen … Danke dir Reinhard! Ohne dich hätte ich mich nie gewagt, in dieses Olympus Universum einzutauchen…. Und ich habe es bis heute nicht bereut, selbst vor dem Hintergrund, dass die Zukunftsaussichten derzeit wohl eher etwas eingetrübt erscheinen… Aber noch funktioniert bei mir alles und ich kann damit umgehen, weil Reinhard Wagner mir immer wieder beschrieben hat, was man damit anfangen kann… Schön, genau in dieser Zeit gelebt und gekauft zu haben!

  5. Hallo Reinhard,

    danke für diesen Einblick. Es ist selten geworden, dass jemand mit soviel Herzblut bei der Sache ist.
    Und dann auch noch über Dinge schreibt, die der normale Anwender sonst nie gewahr wird.
    Weiter so!!!
    Gruß aus Neuwied
    Rainer

  6. Dieses Blog ist voller Schätze!
    Ich bin selber über diese Diskussion auf Dpr gestolpert und hatte mir das damals mit der deutschen Volksseele erklärt (von wegen Dichter und Denker und so). Jetzt stellt sich raus: der Reinhard war’s!

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