Luxury cruises für #naturelovers

In letzter Zeit mache ich mich ja nicht mehr über die OM-System Newsletter lustig, weil es irgendwann zu doof ist. Die Gags sind immer wieder die gleichen. Und es ist sinnlos, darauf zu hoffen, dass sich irgendwas ändert wenn die zuständigen Leute alle Kunden außerhalb ihrer Zielgruppe kicken um dann behaupten zu können, dass sie ihre Zielgruppe punktgenau treffen. (Hat VW auch erfolgreich gemacht. Zielgruppe: Leute mit viel Geld und Eigenheim, die wg. Umwelt einen elektrischen Zweit-VW haben wollen. Jetzt ist die Zielgruppe versorgt – und, Überraschung, der Absatz stockt. Also schmeißen wir zweitausend Leute raus.) (Funfact: OMDS hat in den letzten zwei Jahren ca. ein Drittel der Belegschaft „abgebaut“.)

Der neuste Knüller triggert mich aber auf einer anderen Ebene. OMDS hat einen europaweiten Wettbewerb ausgerufen. Man möge doch bitte in maximal hundert Worten erklären, „Was bedeutet die Natur für Dich?“. Der beste Text wird durch eine Jury von vier OMDS-Mitarbeitern ermittelt, dann in der Kommunikation von OMDS verwendet, und der Gewinner kriegt eine OM-5 mit Objektiv und zwei Plätze auf einem Luxuskreuzfahrtschiff, das fünf Tage lang um Island rumschippert. Flug nach Island natürlich inbegriffen. Gesamtwert der Kreuzfahrt: 16.500 Euro. Also vier Übernachtungen an Bord im „Veranda Deck“ in einer Kabine der Kategorie 4, die mindestens ein Fenster hat. Und TV.

Das ganze läuft unter „Expedition“ – weil National Geographic (aka Disney) da seinen Namen dafür hergibt und man mit Schlauchbooten rumschippert. Mitte August. Krasses Adventure.

Die Nummer ist so ziemlich die umweltschädlichste Möglichkeit, Geld auf den Kopf zu hauen und 5 Tage zu verbringen. Lindblad, der Veranstalter dieser Kreuzfahrt, behauptet von sich, 100% Klimaneutral zu sein. Wie stellen die das an? Simpel: Sie kaufen sich Kompensationen. Von „South Pole“. Einer „Klimaberatungsfirma“ in Zürich. Was davon zu halten ist, kann man hier lesen. Nichts. Wer sich mit CO2-Kompensation ein bisschen beschäftigt, weiß, dass es weltweit nur ganze wenige Projekte gibt, die tatsächlich dafür taugen, CO2-Produktion zu kompensieren. Die erfüllen den sogenannten „Gold-Standard“. (Atmosfair zum Beispiel) South Pole kompensiert zwar die Deutsche Bank – aber nicht mal South Pole ist so frech, zu behaupten, sie würden den Goldstandard erfüllen.

Das Ganze ist also eine ziemlich unverfrorene Verarsche.

Dass OMDS ja an Bord dieser Luxus-„Expeditions“-Schiffe OM-System-Kameras zum Ausleihen platziert hat, habe ich ja schon thematisiert. (Kategorie 4 ist übrigens mehr so die Economy Class. Top notch ist Kategorie 7 mit Balkon und größerem Bett. Kostet allerdings dann 26.174 Dollar für die vier Nächte. ) Wildlifefotografen die hier mitlesen, werden mir zustimmen, dass absolute Fotoanfänger mit einer Oly innerhalb von wenigen Stunden ohne Anleitung sofort phantastische Aufnahmen zuwege bringen, die sie animieren, eine komplette Range davon zu kaufen. Und dass Fotografen mit einem Kleinbildsystem ihr System in der Kabine lassen um die einmaligen Walfotos mit dem geliehenen System einzufangen.

Genau. Vollkommen logisch.

Frau Xxxxx, Sie sind als „Executive Director, Marketing Strategy, EMEA, Americas & Oceania“ zuständig für diesen ganzen Unfug. Ich weiß nicht so genau, was die Luft und das Wasser in London so enthält, aber vielleicht würde Ihnen ein längerer Aufenthalt am Lake Hillier guttun. So zwei bis drei Jahre. Oder “ for the foreseeable future“, wie Sie sich in einer Mail an mich ausdrückten. (Man konnte übrigens schon mal Oly-Kameras im Lufthansa-Bordshop erwerben. Das war auch der Umsatzbringer des Jahrhunderts. Deshalb ist das auch wieder eingestellt worden.)

Ach ja, hier übrigens mein Beitrag, den ich nicht einschicken werde:

Natur ist durch die Abwesenheit des Einflusses des Menschen charakterisiert. Und überall wo er ist, beeinflusst der Mensch seine Umwelt und zerstört damit die Natur. Für mich bedeutet, die Natur zu lieben, sie in Ruhe zu lassen.

Update: Auf Facebook hat jemand einen Kommentar bei OMSystem zum Thema nachhaltige Kreuzfahrten hinterlassen. Antwort: „Lindblad betreibt seine gesamte Flotte mit ultra-niedrigem Schwefelgas, um Schwefeloxid und Kohlenstoffemissionen zu reduzieren.“ Das ist Hightech. Schiffsmotoren, die mit Schwefel laufen. Die dürften eine Fahne hinter sich herziehen, da ist ein isländischer Vulkan eine Parfümerie dagegen…

Zu den Bildern: Oben ein Teil der Curchill-Barrier auf den Orkney Islands, 2002, unten, der Rhein Februar 2021 – fotografiert von einem Kollegen.

5 Replies to “Luxury cruises für #naturelovers”

  1. Moin Reinhard,
    so wie Du die Natur in Deinem „nicht einschicken“-Beitrag definierst, existiert sie nicht. Der Wasserkreislauf, verbunden mit dem atmosphärischen, sorgt dafür, dass der menschliche Einfluss bis in die entlegensten Winkel der Erden wirksam ist.
    Mit dem Terminus „die Natur“ habe ich von meiner Ausbildung her ohnehin ein Problem, er ist ein philosophisches Konstrukt.

    Beste Grüße von der Nordseeküste.

    H.-J.

    1. Die Definition der Natur stammt nicht von mir. So wird Natur definiert. Wenn man, wie Du, davon ausgeht, dass Natur auf diesem Planeten überhaupt nicht existiert, dann ist die ganze Kampagne noch mal absurder. Man braucht nur den Begriff „Natur“ durch ein beliebiges anderes, rein philosophisches Konstrukt ersetzen.

    1. Frau Galea war die Geschäftsführerin. Der Nachfolger für Frau Galea ist Herr Rodriguez. Frau Galea ist jetzt Executive Director, Marketing Strategy, EMEA, Americas & Oceania. Herr Rymann ist „Head of Business“. Und ja, das ist alles etwas verwirrend, dass es da so viele Chef*Innen gibt – aber es ist halt so. Und Frau Galea ist nicht weg, zumindest war sie vor ner Woche noch da.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert