Es stand in der Zeitung

Mal wieder, diesmal allerdings ohne Tote und Verletzte:

Dithmarscher Landeszeitung: „Zugfotograf löst Polizeieinsatz aus.“

Ein Lokführer hatte eine Person an den Gleisen gesehen und die Bundespolizei alarmiert. Die nachfolgenden Züge wurden angewiesen, in diesem Bereich langsam zu fahren. Die Bundespolizei hat den 37-jährigen aufgegriffen. Was er da treibe? Züge knipsen. Der Mann war nicht im Gleisbett gestanden und auch nicht im unmittelbaren Gefahrenbereich. Trotzdem hat er einen Platzverweis erhalten.

Die Bundespolizei weist darauf hin, dass bereits der Aufenthalt in Gleisnähe einen Polizeieinsatz auslösen kann, wenn ein Lokführer eine Person sieht und eine Schnellbremsung auslöst. Bei einer solchen Schnellbremsung kommt es regelmäßig zu Verletzten im Zug.

Eine ICE mit 250km/h hat einen Bremsweg von 1,7km, ein Regionalzug mit 80 km/h von 180 Metern, jeweils bei Schnellbremsung. Eine Bremsung ist also nur sinnvoll, wenn die Person am Gleisbett noch weit entfernt ist. Da sind weder Kleidung noch die Kamera zu erkennen. Sondern lediglich eine Person, die sich in Gleisnähe bewegt. Wer das mal nachrechnen will: Hier gibt’s einen Verzögerungsrechner.

Noch eine „Kleinigkeit“, die oft vergessen wird: es gibt zwar in der BRD eine Art „Rechtsfahrübereinkunft“, aber wenn das andere Gleis gerade irgendwo gesperrt oder anderweitig in Betrieb ist, können Züge auf einem Gleis aus zwei Richtungen kommen. Und nein, man hört sie nicht kommen. Und auf irgendwelche Fahrpläne verlässt sich sowieso niemand mehr.

Der Weltrekordtaurus (357km/h) fährt zum zweiten Rekordversuch auf dem „falschen“, dem linken Gleis. Bremsweg bei Schnellbremsung: 3,3km.

Warum liest man so wenig über diese „Personenunfälle“ in der Zeitung? Weil die meisten Ad Hoc als Selbstmorde klassifiziert werden und die deutschen Zeitungen – Ausnahme, Bildzeitung – sich abgesprochen haben, über Selbstmorde nach Möglichkeit nicht zu berichten um keine Nachahmer zu produzieren. Entsprechend gibt es auch keine Journalisten, die darüber berichten, weil es keinen Absatzmarkt für diese Bilder und Berichte gibt.

Ja, die OM-1 und die X haben eine Zugerkennung drin. Aber haltet Abstand. Und zwar so weit, dass die Lokführer nicht irgendwas befürchten müssen.

4 Replies to “Es stand in der Zeitung”

  1. Es gibt ja genug Stellen, an denen man dtehen kann, ohne dass es den Lokführer irritiert. Brücken oder beschrankte Bahnübergänge (aber klar im sicheren Bereich) sind auf jeden Fall für beide Seiten entspannter. Über ein den Geleisen abgewandtes oder parallel stehendes Fahrzeug ist vermutlich auch weniger alarmierend für das Zugpersonal.

  2. Wenn über Suizid berichtet wird, kann auch gerne auf Anlaufstellen zur Hilfe hingewiesen werden.
    Telefon 0800 / 111 0 111 , 0800 / 111 0 222 oder 116 123 online.telefonseelsorge.de

  3. Hallo, gerade gestern erlebt. Alles lief gut von Lausanne bis Koblenz dann PERSONEN IM GLEIS. Toll 20min gewartet der Zug wurde umgeleitet Bonn nicht angefahren, 1,5 Std Verspätung alle Anschlüsse verpasst 2,5Std später angekommen. Da sollte man sich mal überlegen welche Kosten ein solches Foto nach sich ziehen kann.
    Gruß Gerd

  4. Letztens stand ein Paar, um die 30, auf den Gleisen, um Selfies zu machen. Auf einer amerikanischen Webcam rannte eine ganze Horde von Jugendlichen aufs Gleis, um sich vor dem herannahenden Güterzug zu fotografieren. Die Verblödung, gepaart mit Selbstdarstellung, nimmt allerorten zu.
    Ich fotografiere seit Jahrzehnten Züge (die OM-1 und die 1X haben eine ziemlich gute Zugerkennung) und weiß, dass man die Züge oft nicht mehr kommen hört. Ich bleibe auf Abstand. Bisher fand ich eine orangene Arbeitsweste, wie sie viele Eisenbahnknisper tragen, albern. Ein Lokführer sagte mir aber, dass er so viel besser einschätzen könne, dass da jemand steht und im Zweifelsfall ungefährlich ist.
    Dicht am Zug können im dümmsten Fall Schottersteine aufgewirbelt werden. Der Luftzug kann ein Problem werden. Bei Güterzügen können Planen und Spannbänder, die sich gelöst haben, auch noch zwei bis drei Meter neben dem Gleis flattern und einem um die Ohren fliegen.
    Vor Jahren, nach Weihnachten, habe ich gesehen, wie die Überreste eines Menschen, der sich auf dem Gleis von einem ICE überfahren ließ, mit der Petrischale zusammengetragen waren. Ich sah auch die Beule, die ein Kopf auf einem anderen Triebwagen hinterlassen hat. Die Lokführer leiden oft ein Leben lang unter der Last, einen durchgeknallten Selfie-Deppen oder Selbstmörder totgefahren zu haben.
    Bleibt von den Gleisen weg!

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