Don’t do that…

Wenn man seit Jahrzehnten in allen Lebenslagen fotografiert, gibt es irgendwann Dinge, die selbstverständlich werden und die man dann nicht mehr erwähnenswert findet. Dinge, die man sowieso automatisch macht. So wie man eben beim Autofahren immer mit einem halben Auge den Rückspiegel im Blick hat und eigentlich gar nicht mehr konzentriert hinkucken muss .

Es gibt aber nichts Selbstverständliches. Ich habe es jetzt wieder erlebt.

Erstes: Wenn man durch den Sucher der Kamera kuckt, sollte man sich nicht vorwärtsbewegen. Man sollte stehenbleiben / sitzenbleiben. Umso dringender, je länger die verwendete Brennweite ist und je geschlossener das zweite Auge ist.

Sonst ist ruckzuck die Lippe dick. Von Schäden an der Kamera ganz zu schweigen.

Das Zweite: Wenn man das Objektiv von der Kamera geschraubt hat, gehört sofort ein neues Objektiv oder der Bajonettdeckel drauf. Wenn man beides gerade nicht hat, gehört die Kamera mit dem Bajonett nach unten auf eine ebene, möglichst staubfreie Unterlage gelegt. Es gibt genau diese Handlungsoptionen. Keine anderen. Finger haben weder auf dem Bajonett noch im Bajonett etwas verloren. Eine Systemkamera ohne Bajonettdeckel/Objektiv darf nicht eingeschaltet werden (es könnte sein, dass der mechanische Verschluss aktiv ist und man versehentlich auf den Auslöser kommt.) und man sollte sie nie auf der Vorderseite halten. Am Handgriff ja und von Displayseite her vorsichtig. Aber nochmal: keine Finger am Bajonett.

Wenn man trotzdem mit dem Finger auf den Staubschutz vor den Sensor gegriffelt hat, auf keinen Fall mit einem herumliegenden Brillenputztuch, T-Shirt, Spüllappen, Klopapier, Scheißegal was, an dem Fettfleck rumschmieren. Bajonett abdecken (Deckel oder Objektiv) und die Kamera zum Check & Clean geben. Staubpartikel sind ein Ding, Hautfett ist ne völlig andere Nummer.

Ach ja: das Objektiv nicht ohne Bajonettdeckel auf das Bajonett stellen. Bei manchen Objektiven steht die Hinterlinse vor oder zumindest fast. Während die Frontlinse auch mal nen Kratzer abkann, ohne dass das groß auffällt, ist das bei der Hinterlinse eklig. Passt auf die auf.

12 Replies to “Don’t do that…”

  1. Das ist das Problem mit den „Automatismus“……
    Ist mir auch schon passiert (Frontlinse verkratzt, „dicke Lippe“ etc.), trotzdem ertappt man sich, dass man diese (schmerzhaften) Erfahrungen einfach vergessen hat.
    Hoffentlich ist Dir nicht allzu viel passiert – das Gerümpel (mein verstorbener Schwiegervater nannte es immer „das Blech“) kann repariert oder (notfalls) ersetzt werden. Gesundheit ist ein ganz anderes Thema!
    LG + pass auf Dich auf

    1. In diesem Fall spreche ich zwar von eigenem Erleben – aber glücklicherweise nur vom eigenen Mit-Erleben. Es war nicht meine Lippe, die dick ist.

  2. Moin,
    zu 1)
    Weitwinkel hat auch so Tücken: Die Welle sieht viel weiter entfernt aus als sie wirklich ist.

    zu 2)
    Bis 2019 mit Pentax und vielen Festbrennweiten fotografirend hieß es neulich, ich solle die Kamera beim Objektivwechsel lieber ausschalten, der offene Sensor sei statisch aufgeladen und sauge Dreck an …
    Wie seht Ihr das?

    zu 3): In einem Fotoladen, bei dem ich mal verschiedene Olympus Zooms ausprobierte hieß es, die MFTs könne man auf das nackte Bajonett stellen, dann fällt kein Staub drauf …
    Da ich allerdings die Standfläche beim 12-40 schon recht klein finde, ist mir das zu wackelig und ich mache es nicht.

    1. Kamera beim Objektivwechsel ausschalten: Kann man machen und es hat vor allem den Vorteil, dass beim Neueinschalten die genauen Objektivkorrekturdaten aus dem Objektiv geladen werden. OK, die Auswirkungen dieser Daten sind eigentlich nicht sichtbar. Man muss wissen, wo man bei dem bestimmten Objektiv hinkucken muss, um überhaupt einen Unterschied messen zu können.
      Wegen der statischen Aufladung. Mal ernsthaft. Damit der Sensor gegenüber dem restlichen Gehäuse eine Ladungsdifferenz aufbauen kann, muss er isoliert montiert werden. Er ist aber nicht isoliert montiert. Dann braucht’s noch irgendeinen Schnapperatismus, der in eingeschaltetem Zustand Ladungen vom Gehäuse auf den Sensor transportiert und dort ablädt. Ist nicht eingebaut. Und vor allem braucht es noch einen zweiten Schnapperatismus, der beim Ausschalten der Kamera den aufgeladenen Sensor wieder entlädt. Und keinesfalls vorher. Auch der ist nicht eingebaut.
      Die älteste Erwähnung eines elektrostatisch aufgeladenen Sensors fand ich bei Digitalkamera.de von 2007, aber da behaupteten die auch ernsthaft, dass das SSWF von Olympus eine „Filterfolie“ hätte. Pixolum behauptet auch die Aufladung, beschreibt allerdings auch eine elektrostatisch aufgeladene Bürste, mit der man den Staub vom elektrostatisch aufgeladenen Sensor wegbekommen soll. Die neueste Erwähnung des Unsinns stammt vom „Sonntagmorgen“ einer zypriotischen Firma, die ihr Geschäft mit Bullshit-Artikeln macht, um die Werbung herumgestapelt wird. Es wird teilweise von Antistatikpinseln phantasiert, die helfen sollen. Jeder, der jemals Elektronik gelötet hat, weiß, dass es gegen statische Aufladung nur ein sicheres Mittel gibt: Ein Armband mit direkter Leitung zur Masse. Antistatikpinsel sind deshalb elektrisch leitend und haben einen Anschluss für das Erdkabel…

      Sollte jemand hier Zugriff auf exakte Messdaten haben, her damit.

      Und das „auf das Bajonett stellen“ ist für einen Fotoladen eine Superidee. Solange das der Kunde mit seinem Krempel macht………

      1. Danke, wieder was gelernt bzgl. Abfrage der Objektivdaten.

        Die Zeilen zur Aufladung des Sensors sind logisch, da fehlte mir der passende Ansatz und Schubser um drüber nachzudenken und selbst drauf zu kommen.

      2. Ja, der Sensor wird aufgeladen durch Lichteinfall auf die Pixel und laufend entladen durch Auslesen der Daten, so geht digitale Fotografie.

        1. Ahhhh -ja. Wenn nun aber gar nicht ausgelesen wird, weil die Kamera abgeschaltet ist, dann müsste sich doch der Sensor immer stärker aufladen????? Das ist super! Dann könnte man doch einfach die Kamera in die Sonne stellen und mit der Spannung, die sich in ausgeschaltetem Zustand am Sensor aufbaut, den Akku laden…..

          😀

  3. „Warum soll ich nicht beim Geh’n, einfach in die Ferne seh’n? Schön ist es auch anderswo, und hier bin ich sowieso!“
    … schrieb schon vor langer Zeit Wilhelm Busch, mit eindrucksvoller Illustration der Folgen. Er hätte sicher auch was zu den anderen Aspekten geschrieben und gezeichnet, wenn die damals schon aktuell gewesen wären.

  4. Zu: Das Zweite… Absolute Zustimmung meinerseits. Griffel von Kontakten aller Art lassen, Body mit Bajonett nach unten halten und sich eine möglichst schnelle Routine für den Objektivwechsel antrainieren.
    Zu: Das Erste… Da sind meine Erfahrungen andere. Auf Veranstaltungen, Konzerten und vor allen Dingen Hochzeiten bewege ich mich sehr häufig während des Fotografierens (Mittendrin statt nur dabei). Egal was an die Kamera geschraubt ist, allerdings immer, wirklich immer mit zwei geöffneten Augen… eins für den Sucher und eins für die Umgebung. In über 50 Jahren mit Kamera und Mikroskop antrainiert und noch nie, selbst im dicksten Getümmel noch nie einen Stolperer oder Rempler, geschweige denn eine dicke Lippe erleben müssen…
    Vielleicht hatte ich bisher aber auch nur Glück…
    Gruß aus HH
    Achim

  5. Der Klassiker. Venedig. Rialtobrücke. Man geht zwei, drei Schritte vor, während man durch den Sucher schaut. Und – platsch.
    Für euch ausprobiert.
    Ich hatte wahnsinnig Glück, dass der Fotorucksack (meine damalige M1 mit zwei, drei Objektiven und ein Stativ) mich am Ufer gehalten hat und ich mit den Armen an der Holzkonstruktion hängen geblieben bin, mit der PEN-F in der Hand.
    Ich wurde dann am Rucksack herausgezogen. Nichts passiert – außer nassen Schuhen und einer bis zu den Knien nasse Hose. Naja, bin ich halt mit nasser Hose weiter durch Venedig gelaufen.
    Und wer mir das jetzt nachtun möchte: Achtung, die Holzkonstruktion vor der Mauer ist nicht mehr da.

  6. Vor dem Gebäude mit den Spiegelteleskopen des MPI für Astronomie auf dem Königstuhl über Heidelberg eine nette Stahlskulptur: Im Laufschritt schaut ein Astronom durch ein sehr langes klassisches Fernrohr in seiner Hand.

    Bei Spaziergängen vorbei am Gelände freue ich mich über die hübsche Skulptur und ärgere mich über den funktionalen Blödsinn.
    In der Hand hält dieser stählerne Astronom eine (in den Ritzen leicht bemoste) Erdkugel mit Angabe der Sternwarten auf der Welt..

    Viele Grüße

    Eckhard

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