Gastbeitrag: MUT im „wilden Süden“

Von Willy Hartusch.

Waiblinger Neidköpfe

Oft laufen wir durch Altstädte und merken nicht, dass wir von oben beobachtet werden. Und wenn wir es merken, fragen wir uns „Was bedeutet diese Maske an der Hausfassade?“. Bei unseren letzten Mini-User-Treffen im wilden Süden sind wir diese Frage nachgegangen. Wir haben uns in der Waiblinger Altstadt mit einem Experte in der Materie, Karl Hussinger (Vorsitzender Gesellschaft für Stadt- und Kunstgeschichte – Heimatverein Waiblingen e.V.), getroffen. Karl widmet sich dem Thema seit Jahren und hat eine Forschungsarbeit geschrieben. Er hat uns mit seinem unendlichen Wissen über Stadt, Neidköpfe und Geschichte in einer spannende Zeitreise durch die Waiblinger Altstadt mitgenommen.

Diese Motive gibt es schon seit ewig, in allen Kulturen, Gott Bes aus dem alten Ägypten, oder Gorgoneion-Motiven aus römischer Zeit. Die Meinungen über ihre Bedeutung gehen auseinander. Für die Einen sind es Schmuckstücke / Zierelemente an Fassaden um die Häusern identifizieren zu können, damals gab es keine Hausnummern, für die Anderen Abschreckung gegen böse Geister, Blicke und Neider.

Der „böse Blick“- wenn man der Abschreckungsthese folgt – musste abgewehrt werden und die Neidköpfe waren da um diese umzulenken. Das erste Bild oben zeigt 3 Zungenblecker unter einem Erker am Knospenkapitell die den bösen Blick auf sich ziehen sollen.

Neidköpfe können auch als Löwenköpfe (Bild oben), Mischgestalten (teils Mensch, teils Tier), Wilder Mann / Soldatengesichter (Bild unten) oder schöne Gesichter gefunden werden. In der Waiblinger Altstadt kann man verschiedenen Motiven finden. Waiblingen ist mit ihren 28 Stück an der 3.Stelle von Städten mit Neidköpfe in Baden-Württemberg. Davor sind Heidelberg mit 55 und Tauberbischofsheim mit 31 Motiven.

Die Neidköpfe findet man an Fassadenseiten, also nur an Seiten, die Fremden zugänglich sind. Zum Beispiel auf Eckkonsolen, Eckständer, unter Giebeln, Fenstererkern, Tür- und Torrahmen. Manche sind nicht so offensichtlich und man muss zweimal hinschauen um Sie zu entdecken.

Falls Ihr in der Gegend seid, kann Ich Euch eine Neidköpfe Entdeckungstour durch Waiblingen wärmstens empfehlen. Hier könnt Ihr Euch die „Waiblinger Neidköpfe“ Broschüre holen: als PDF oder im Papierformat an der Waiblinger Touristinformation – i-Punkt.

Danke an Karl für die sehr unterhaltsame Führung mit tiefen Einblicke in dieses spannendes Thema, ab jetzt werden wir die Städte, die wir besuchen mit anderen Augen erkunden.

Ah! Noch einen Hinweis, das Bild unten zeigt keinen Neidkopf! Es ist in der Tat eine Hausmarke, man erkennt es an der Freundlichkeit und Berufsbezeichnung an den Tafeln, in diesen Fall ein Feldmesser.

2 Replies to “Gastbeitrag: MUT im „wilden Süden“”

  1. Vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag. Seitdem bin ich mit anderen Augen in unserer Stadt unterwegs.
    Immer mit einem Blick nach oben. Ich habe auch schon einige Gesichter und Köpfe entdeckt.

    1. Hallo Ralf,
      schön wieder von Dir zu hören und freut mich, dass der Beitrag einen Impuls nach oben zu schauen ist. Aber bitte kein „Hans guck in die Luft“ machen 🙂
      Viele Grüße
      Willy

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