Vor elf Jahren hat Nikon mal eine tolle Aktion gestartet. Zur Einführung der D7000 haben sie ein Web-Frontend gebaut, bei dem man sein Foto hochladen und den Satz „Ich bin…“ vervollständigen konnte. Als Ergebnis bekam man eine klassische Nikon-Anzeige mit dem eigenen Foto dahinter angezeigt. Das oben ist ein Screenshot von damals. Man konnte sogar was gewinnen – ich glaube, ne Nikon DSLR.
Ich konnte es mir natürlich nicht verkneifen meine E-5 abzulichten und mitzumachen. Hintergrund war, dass die E-5 damals als beste Spiegelreflex geratet wurde. (Ja, ich weiß, Robin Wong behauptet, Olympus hätte damals nix für Profis gehabt. Hatten sie.)
Natürlich haben die Jungs von Nikon entsprechend humor- und kommentarlos reagiert und nicht nur mein Bild nach einem Tag gelöscht, sondern auch viele andere, teils wirklich phantasievollen Werke. So auch ein perfektes Bild einer Gurke mit dem Text „Ich bin wichtig“.
Entsprechend waren die Kommentare in der Community – schließlich hatte man sich ja Mühe gegeben und die Kreativität angestrengt. Klar, man hatte den Konzern ein bisschen auf die Schippe genommen, aber schließlich war das ja auch eine Steilvorlage. Die MUSSTE einfach verwandelt werden. Wenn man dann im Nachhinein die Regeln ändert und sagt „Ja, sooooo ein Tor, das zählt nicht. “ dann sind die Mitspieler beleidigt.
Wie geht man mit sowas um?
Regel 1: Wer ficken will, muss freundlich sein. (Zitat: Le Floid) Wenn ich wem was verkaufen will, kann ich ihn nicht vor’s Schienbein treten weil er ne Krawatte anhat, die meiner Frau nicht passt. Und klar – die Kunden für die D7000 sind nicht bei Nikon – die haben die schon – sondern bei den anderen Kameraherstellern.
Regel 2: Ändere nie die Regeln. Wenn Du eine Lücke in den Regeln hast, die jemand findet, dann belohne seine Kreativität. Und mach das andere mal bessere Regeln. Ich kenne jemand, der mal einen Wettflug gewonnen hat, weil er die Route in umgekehrter Richtung geflogen ist – die Reihenfolge der Zielpunkte war vorher nicht festgelegt. Dadurch musste er sich nicht durch das Feld kämpfen sondern hatte freie Bahn. Die amerikanischen Veranstalter, die bisher immer gewonnen hatten, wollten im Nachhinein die Regeln ändern aber da gab’s bei den Teilnehmern etwas Ärger. Bei der nächsten Veranstaltung war dann die Reihenfolge festgelegt und seitdem haben wieder nur noch Amis gewonnen.
Path to Success: Wenn ich solche Querdenker bei einem solchen Wettbewerb aufspüre, dann kontaktiere ich die. Denen ist klar, dass ihre Bilder Provokationen sind und dass die nicht in bundesweite Anzeigenkampagnen kommen. Aber wenn da das Marketing anruft und sagt „Ey, ihr denkt anders, solche Leute interessieren uns. Was haltet ihr davon, dass wir uns mal nen Nachmittag zusammensetzen.“ dann hat Nikon auf einmal ein Dutzend Leute an der Angel, die wissen, was Guerilla-Marketing ist. Und die finden Nikon dann richtig sexy. Der Aufwand? Ne Packung Tagungskekse und ein Dutzend Bahnfahrkarten. Vielleicht noch ein bisschen Werbekram oder vielleicht ein Dutzend Kompaktknipsen. (Gab’s damals noch.)
Löschen oder Sperren ist dagegen sowas von lame….
Echt ein witziges Motiv, deine Nikon E-5 😉
Zum Thema Regeln kreativ nutzen bzw. querdenken: Ich habe vor über 30 Jahren beim alten Tonbandgerät meines Vaters eine ungenutzte Teilnahmekarte für ein Telefunken-Gewinnspiel gefunden, das wohl schon gut 20 Jahre zurücklag. Die Preisfrage war: „Was schätzen Sie, wieviele Teilnehmer uns die Gewinnspielkarte zurücksenden?“ Weil sie keinen Einsendeschluss angegeben hatten, schickte ich ihnen die Karte mit der Antwort: „Ich weiß nicht, wieviele Karten Sie damals erhalten haben. Aber ich schätze, dass Sie in diesem Jahr genau eine Karte erhalten werden!“
Das Ergebnis: Telefunken schickte mir ein tolles Buch und eine Videokassette mit herzlichen Glückwünschen zu meiner korrekten Antwort. Ich war danach noch viele Jahre zufriedener Kunde der Marke.
Genau.
So.
Geht.
Das.
Hallo Reinhard,
danke für den schönen Beitrag.
Es ist immer wieder erstaunlich, dass es immer noch Marketing-Leute gibt, die
Negativ-Werbung für die Firma machen, für die sie eigentlich werben sollten.
Bitte mehr solcher Hintergrundgeschichten aus der Welt der Foto-Wirtschaft.
Es gab mal eine Kamerawerbung mit dem Slogan „Komm spielen“ 😉
Hallo Pit,
es gibt ein Motiv als Antwort:
„Und die anderen?
Spielen drinnen “
Zum Motiv:
Zu sehen ist eine E1 -im strömenden Regen- auf einem Stativ.
Im Hintergrund eine Person in einem roten Anorak.
Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, dann ist das Foto in der Schweiz bei einem Usertreffen in einem Zoo entstanden und die Person könnte Dieter Bethke sein.
Fotografen, die nicht zu unserer Gruppe gehörten, schauten uns wegen unserer triefenden Kameras mit Fragezeichen in ihren Augen an.
Wir haben alle fotografiert und niemand hatte einen Ausfall zu beklagen.
>>> Wir haben alle fotografiert und niemand hatte einen Ausfall zu beklagen. <<<
Nicht alle Rainer, nicht alle 🙁
Und Du weckst böse Erinnerung in mir …
Vor mehr als 40 Jahren gab es von der Hamburger Polizei einen Fotowettbewerb „Hamburger sehen ihre Polizei“ oder so ähnlich. Als jemand der zu dieser Zeit im Schanzenviertel lebte wollte ich natürlich ein etwas provokantes Bild einstellen. Meine Wahl fiel auf das Portrait einer hübschen Allgäuer Kuh mit herrlich großen, verliebt kuckenden Kuhaugen. Bildtitel: „Ich hab nix gegen Bullen“ Es war klar (und auch beabsichtigt) dass es keinen Preis geben würde. Aber… die Jury bewies Humor. Zwar gewann ich leider nicht den 50 DM Gutschein und zum Glück nicht die Freikarte für’s Polizeikonzert, dafür aber einen herrlich marineblauen Schlips mit hellblau aufgesticktem Wappen inkl. Stern der Hamburger Polizei. Noch heute frage ich mich wer hier letztlich wen auf den Arm genommen hat.
Gruß aus HH
Achim