OMDS hat ja nun eine „neue“ Marke erfunden, damit sie nicht mehr Olympus auf ihre Kameras draufschreiben müssen. OM System. Das ist ja nun nicht wirklich neu, denn das OM-System gab es schon in den 70ern. Und ist eigentlich einem Markenstreit geschuldet, denn das System sollte eigentlich M-System heißen, aber da hatte Leica was dagegen. Also hat Olympus kurzerhand ein O davorgesetzt.
Das „M“ steht für Maitani, der mittlerweile zum Säulenheiligen von Olympus geworden ist. Obwohl sie ihn eigentlich seinerzeit heftigst ausgebremst haben. Das M-System war nämlich ganz anders konzipiert. Modular und ausgesprochen aufwendig. Aber schon damals hatte das Controlling das Sagen und die wirklich innovativen Geräte wurden in den Giftschrank gesperrt und stattdessen kam nur ein Bruchteil des Systems auf den Markt. Das „kleine“ Besteck. Die M1 eben – später, nach Leica-Protest – OM-1. Zur OM-Serie gab’s dann so ziemlich alles, was man an ein Bajonett anschließen kann, inklusive Winder und verschiedenen Blitzen. Das OM-System eben.
Nachdem Olympus die Entwicklung des AF erfolgreich verschnarcht hat, wandelte sich das OM-System Ende der 80er Jahre von einem professionellen System zu einer Cashcow für Fanboys. Bis dann das System ohne viel Federlesens eingestellt wurde – und einige dieser Fanboys bis heute mit Olympus deshalb grollen.
Nachdem Maitani aber kurz nach der Präsentation der E-P1 gestorben ist, taugt er jetzt prima zur Heldenverehrung und der „Technical Expert Central“ von OMDS hat nun auf YouTube die Story verbreitet, Herr Maitani sei auf die Idee mit dem Halbformat gekommen.
Naja, das „Halbformat“ ist einfach das Standard-35mm-Stummfilmformat. Das war schon 1959 ein ziemlich alter Hut. Das gab’s schon, bevor Otto Barnack auf die Idee gekommen ist, den 35mm-Film längs statt quer zu belichten. Es ist nur kaum einer auf die Idee gekommen, dieses Format für Fotos zu verwenden, weil das bezahlbare Filmmaterial vor 1950 so lausig war.
Allerdings gab es im real existierenden Sozialismus, genauer, beim Volkseigenen Betrieb Zeiss Ikon einen Walter Hennig, der trotzdem eine Halbformatkamera für die Serienfertigung entwickelte. Die hieß zuerst Orix und wurde dann in – Achtung – Penti I umbenannt. Das Patent stammt vom 8.11.1957. Die Kamera wurde vom April 1958 bis 1961 im VEB Welta Werk in Freital produziert (weil die Ost-Zeiss-Ikon von der West-Zeiss-Ikon ausgerechnet zu dieser Zeit ihres Namens und ihrer Existenz beraubt wurde.) Damit man nicht zurückspulen musste, wurden Rapid-Kassetten verwendet. Vorder- und Rückseite bestanden aus eloxiertem, goldfarbenem Blech, den Rahmen gab es in schwarz, türkis, rot und cremeweiß. Insgesamt sind von Penti I und Penti II 800.000 Stück gefertigt worden.
Der Verschluss hatte 1/125 1/60, 1/30 und 1/8. Das Objektiv war ein 30mm f/3,5 von Meyer Optik.
Ein Jahr nach der Penti I kam Olympus mit der Pen auf den Markt. Die hatte ein 28mm f/3,5 und auch nur vier Belichtungszeiten: 1/200 1/100 1/50 und 1/25s. Und auch keine Belichtungsmessung.
1961 kam übrigens die Penti II mit Belichtungsmessung – fette Selenzellen vorne dran. Und siehe da, ein Jahr später brachte Olympus die Pen EE – auch mit fetten Selenzellen, aber hier um das Objektiv rum angeordnet. (Zu sehen am Titelbild.)
Das Nachempfinden von europäischen Kameras war damals bei Olympus ziemlich in Mode. Gleichzeitig mit der Pen wurde die Eye-44 vorgestellt, ein MeToo der Baby Rolleiflex, die aber nie produziert wurde, weil schon bei der Präsentation klar wurde, dass die Zeit des 4×4-Hypes schon wieder rum war.
Maitani war, als die Pen rauskam, gerade mal drei Jahre bei Olympus. Ein talentierter Einsteiger. Richtig mitspielen durfte er erst bei der PEN-F, die kam 1963 raus und war ein tolles Stück Technik – aber eben keine Sucherkamera, sondern eine Spiegelreflex. Aber auf die Idee mit dem Halbformat – das waren andere.
moin,, moin,
nach dem Lesen des interessanten Beitrags hab ich gleich noch mal meine Oly Pen EE und meine OM-1n in die Hand genommen. Waren/sind schon kleine (im wahrsten Sinne des Wortes) Schätzchen und das beste ist – sie funktionieren immer noch, wie am ersten Tag. 🙂 Ob meine digitalen Olys (E-System und E-M1) so lange überleben,, wage ich zu bezweifeln…
Besonders die Oly Pen hat mich lange Zeit um die ganze Welt begleitet und war wegen der kompakten Grösse immmer parat. Nebenbei hat das Halbformat mir so manchen Dia-Film gespart.
es geht doch nichts über ein paar nostalgische Gedanken im November :-))
Horst
Danke Reinhard für diesen Ausflug in die Photogeschichte. Das mit der Penti war mir neu. Ich meine mich auch errinnern zu können, dass das Messsystems der OM-2 auch seinen Ursprung in der ehemalige DDR hatte.
Dir eine gute Zeit und
herzliche Grüße
Thomas
Danke Reinhard für das Schließen einer „Bildungslücke“. Auch mir war die Penti nicht bekannt . (Exa und Exakta usw. schon.) Lange und gern habe ich mit den Halbformat in der Pen FT fotografiert mit ihrem schnellen Rotationsschlitzverschluss und den recht kleinen und teilweise lichtstarken Objektiven.
Lutz
Penti kenne ich auch nicht. Wohl Petri. Meine erste Spiegelreflex Petri TTL. Mit M 42 Schraubgewinde.
Gruß Wolfgang
Danke Reinhard für die interessante Querverbindung zwischen japanischer und ex DDR Kameraindustrie!
Auch ich kannte Penti (Pentacon ?) nicht, wohl aber die Robot Kameras, mit 24x24mm zwischen ‚Halb-‚ und ‚Vollformat‘ liegend.
Seit diesem Jahr freue ich mich über eine schwarze Pen F mit 40/1.4 die ich von einem Bekannten gegen ein paar Flaschen Wein eintauschen konnte. Er hielt meine Pen-F für eine Leica und erinnerte sich dann, dass er so eine Olympus noch im Keller liegen habe. Das schöne Stück funktioniert prima.
Christoph
Hallo Reinhard,
vielen Dank für den Exkurs zum Halbformat, das war mir auch neu, daß Halbfomat zuerst bei der Penti aus Freital kommerziell verwendet wurde. Die Penti I war lange in unserer Familie in Nutzung, aber nicht sehr geliebt wegen der schlechteren Bildqualität. Heute sehen zwei Penti-s in meiner Vitrine, eine Penti I in gold und rot und eine Penti II in gold und elfenbein (mit Belichtungsmesser).
Ein ehemaliger Arbeitskollege von mir arbeitete in den 80-er Jahren in der Entwicklung bei Pentacon und er hat ein Patent auf eine Steuerung der Helligkeit der Sucheranzeigen in Abhängigkeit der Allgemeinen Helligkeit. Dieses Patent wurde von OLYMPUS genutzt – im Gegenzug gab es dafür biegsame Leiterplatten für die BX-Serie. Ich werde meinen Kollegen nochmals auf weitere Einzelheiten ansprechen, er wohnt jetzt in Kalifornien.
Gruß Jürgen