Nicht erst seit Erscheinen der E-M1 werden die guten optischen Qualitäten der Pro- und TopPro-Optiken aus dem guten „alten“ FourThirds-Programm auch an mFT-Gehäusen sehr geschätzt.
Bitter, wenn eine dieser grundsoliden Optiken dann aus zunächst unerfindlichen Gründen das Schwächeln anfängt. Einen solchen Problemfall hatte ich seit dem Sommer bei meinem FT-Standardzoom Zuiko Digital 12-60mm F 2.8-4.0 SWD.
Anfangs dachte ich, mir wäre bei Strandaufnahmen im August an der Nordsee ein Sandkorn in die Außenhülle des (abgedichteten) 12-60mm geraten.
Plötzlich war er nämlich da, der Knack beim Zoomen. Bei etwa 18mm (und immer dort) drehte man in Richtung Weitwinkel stets mit einem leisen Knack über einen leichten Widerstand.
Das Objektiv funktionierte ansonsten makellos, nur kann und darf man einen solchen Knack natürlich nicht ignorieren.
Ein Reparaturfall also, nur: Die Garantiezeit war abgelaufen, und seitens Olympus erfolgen Reparaturen dieses Objektivs nur auf Kostenvoranschlag. Die Olympus-Reparaturpauschalen bewegen sich derzeit für ähnliche Optiken bei über 160 €. Also für ein (vermeintliches) Sandkorn letztlich 150€ + x bezahlen? Nö.
Ergo: kurz im Oly-Forum um Rat gefragt und dort von Reinhard den Link zu einem ähnlich klingenden Fall bekommen (Danke!). Und tatsächlich: Genau so, wie H.Verheyen es in seinem oly-e-Beitrag beschrieben hatte, war das Problem auch bei meinem Exemplar gelagert – es gab also noch mehr Menschen in diesem Universum mit meinem 12-60-Fehlerphänomen. Und die Problemquelle war auch schon identifiziert…
Beschreibung der Problemquelle im Objektivinneren: Eine beidseitig mit Klebestreifen an einer schmalen Metalllasche fixierte Leiterbahn, die beim Zoomen aus-/zusammenfährt, wölbt sich etwas zu weit in den Objektivinnenraum hinein, weil der Klebefilm sich an der bajonettfernsten Stelle der Lasche durch die Bewegung gelöst hat. Dieser kleine Wulst der Leiterbahn kollidiert dann bei +/- 18mm-Stellung des manuellen Zoomrings mit dem federnd gelagerten Innentubus, der zum Weitwinkel hin zunehmend durch die bajonettwärts fahrende Hinterlinse zusammengedrückt wird.
Nach ein bisschen Tüfteln fand ich eine „kostenneutrale“ Reparaturmöglichkeit, die ich hiermit nun auch anderen Betroffenen weitergeben möchte:Ein vorsichtiges, minimales bajonettnahes nach-außen-Biegen der Metalllasche (dort ist genügend Freiraum, ca. 1-2mm reichen) löst das Problem.
Bevor eine Reparaturanleitung mit Bildern folgt, hier zuerst das Kleingedruckte:
- Wer dies nachmacht und es geht schief, ist selbst Schuld. Ich übernehme keinerlei Gewähr.
- Es muss nicht erwähnt werden, dass bei einer solchen Operation die noch vorhandene Garantie eines solchen Objektivs automatisch erlischt. Man sollte sich das also gut überlegen…
- Fachgerechte Arbeitsbedingungen (möglichst staubfreie Umgebung, gutes Licht, rutschfeste Unterlagen) und Feinmechanikerwerkzeug sind Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Reparatur
- Wenn Staub in das Objektiv eindringt, ist die nächste Reparatur fällig. Ein leistungsfähiger Blasebalg ist wichtig, aber kein Ersatz für eine wirklich staubarme Umgebung!
- Wer handwerklich unbegabt ist, sollte die Finger von dem feingliedrigen Inneren einer solchen Optik lassen. Ein abgerutschter Schraubendreher, und alles kann „dahin“ sein.
Nun die Reparatur-Details:
- Werkzeug: Präzisionsschraubenzieher (Schlitzschraubendreher SL 1%, Phillips-Kreuzschlitzschraubendreher PH 1,4%), eine sehr kleine Spitzzange und sensible Finger sind alles, was man an Werkzeug benötigt.
- Zunächst einprägen, wie die Dichtlippe im geschlossenen Objektivzustand aussehen muss (sehr schmaler Saum außen um Bajonettmetall!), damit beim späteren Zusammenbau alles wieder dicht wird.
- Die vier metallfarbenen Bajonettschrauben vorsichtig mit dem Kreuzschlitz lösen. Hierdurch werden mehrere fixierte Metall- und Plastikringe sowie die Dichtlippe des Bajonetts gelöst. Man sollte sich hierbei genau einprägen, wie die Schraubenlöcher übereinander gehören (die Ringe verdrehen sich leicht), damit der Zusammenbau reibungslos (!) funktioniert.
- Für eine sichere Unterlage und eine bereitliegende Plastiktüte sorgen, denn nun geht es an die drei schwarzen Schlitz-Miniaturschräubchen, die den Innentubus halten und die man im Fall, dass sie herunterfallen, aufgrund ihrer Winzigkeit und Farbe im Regelfall nicht mehr finden dürfte!
- Die drei Schräubchen vorsichtig lösen und sofort in das Tütchen verstauen. Den gefederten Innentubus herausziehen (Bild 1). Nun ist der Blick in das Hightech-Innere der SWD-befeuerten Optik frei (Bild 2). Keine Angst: Es kann (sollte!) nichts herausfallen (dürfen).
- Dreht man nun den Zoomring von 12mm bis 60mm und zurück, dürfte kein Geräusch und kein Knack mehr die Bewegung stören. Sollte das nicht der Fall sein, liegt der Fehler woanders, und diese Reparaturbeschreibung kann nicht helfen.
- Die Metalllasche und die darauf vom Bajonett weg ins Objektivinnere verlaufende Leiterbahn befindet sich etwa gegenüber der elektrischen Außenkontakte des Bajonetts . Die Lasche ist aufgrund ihrer geschwungenen Form nicht zu verwechseln (Bild 3). Am innersten Punkt/Ende der Metalllasche sollte im Fehlerfall nun die Leiterbahn etwas nach innen (zum Zentrum der Optik) gewölbt sein (Kreis in Bild 3).
- Andrücken hilft nicht. Ankleben auch nicht (entgegen meiner anfänglichen Annahme). Zudem ist vom Einsatz von Flüssigklebern im Innern des Objektivs dringend abzuraten. Das ist Harakiri nicht nur aufgrund der Gefahr, dass der Kleber an andere Teile (z.B. die Hinterlinse) kommt, sondern die Dämpfe/Ausdünstungen können (und werden) zudem die Linsenvergütungen und Dichtungen chemisch angreifen. Das geht gar nicht.
- Die Metalllasche ist glücklicherweise so dünn und dabei steif, dass sie sich (vorsichtigst!) ohne Kraftaufwand geringfügig nach außen verbiegen lässt. Nun mit der Spitzzange nah am Bajonettrand (keine Berührung mit anderen Teilen!) ansetzen und die Metalllasche mitsamt der aufgeklebten Leiterbahn um 1-2mm (gemessen am Leiterbahn-Wulst) nach außen drücken, so dass sie dort bleibt.
- Das akute Problem ist damit gelöst, der Innentubus wird beim Zoomen nun nicht mehr von dem Leiterbahn-Wulst touchiert, und die (reversibel) verbogene Metalllasche kommt räumlich nicht in Konflikt mit anderen beweglichen Teilen innerhalb des Objektivs. Meines Erachtens ist das eine hinreichend gute Abhilfe, sofern sich die Leiterbahn nicht noch weiter ablösen kann.
In diesem hypothetischen Fall allerdings dürfte es dann (aufgrund der größeren und bajonettnäheren Ablösungsfläche) vielleicht schon möglich sein, den doppelseitigen Klebestreifen erfolgversprechend auszuwechseln. - Objektiv mit Blasebalg noch einmal auspusten, Schrauben in umgekehrter Reihenfolge wieder vorsichtig andrehen, Bajonett mit präzise eingesetzter Dichtlippe anbringen – fertig. Das Zoomen sollte nun ohne Knick und Knack funktionieren.
Zur Reparaturdauer: Für die Reparatur sollte man sich natürlich Zeit nehmen, aber selbst wenn man alles sorgfältig nach Anleitung und mit Ruhe und Geduld macht, dürfte die Reparatur in wenigen Stunden abgeschlossen sein.
Hoffentlich kann dieser Text jemandem nachhaltig helfen, der vor demselben Problem steht. Das Fehlerphänomen tritt ja offensichtlich nicht nur bei vereinzelten 12-60-Exemplaren auf.
Viel Erfolg wünscht
Ulf