Ich durfte mal wieder vorab einen der neuen Silberlinge von Olympus ausprobieren – diesmal das 17mm f/1,8. Erst mal geht ein Dank dafür nach Hamburg zu Olympus! Ist nicht selbstverständlich! Vor allem: wie immer bekomme ich keine Vorgaben – ich darf ehrlich schreiben, was mir zu der Optik auffällt. Und wie immer geht es mir um den Nutzen in der Praxis. Leider ist es immer so: sobald ich von Olympus ein tolles Vorab-Objektiv bekomme, wird bei mir in der Gegend das Wetter schlecht. Und kaum habe ich es verpackt und zurückgeschickt, kommt die Sonne ‚raus. It never fails…
Wer schon mal das m.Zuiko 12mm in der Hand gehabt hat, wird sich mit dem 17er sofort zurechtfinden. Auch das 17er hat wieder den mechanischen Schärfering mit Schärfentiefeskala – das Objektiv erinnert ein bisschen an meine alten, silbernen Tessare für die Exa.
Da ich ja zur Zeit mit der E-PL5 unterwegs bin, habe ich das 17er gleich auf die Kamera montiert und bin abends in Stein bei Nürnberg losgezogen.
Stein ist jetzt nicht wirklich die pulsierende Großstadt, hier gibt es die Bleistiftfabrik Faber-Castell – und dann kommt ziemlich lange nichts.
Das Wochen-Werbeblättchen wird bisweilen in Ermangelung von Briefkästen per Plastiktüte verteilt – für mich natürlich eine willkommene Gelegenheit, Bokeh, Unschärfe und Gegenlichtverhalten zu demonstrieren. Wie schon bei der Straßenszene: die Flares halten sich in engen Grenzen.
Bei Faber-Castell dann eine knallgelbe Türe in der Gasse – sowas kann man sich nicht entgehen lassen:
schon allein, damit man ein paar parallele Linien hat. Doch auf einmal tauchte ein Gesicht auf:
Die Dame hat mir erklärt, dass ich hier vor dem Eingang der „Fazit“-Ausstellung stehen würde. Und es wäre innen drin ausgesprochen spannend. Und nein, sie stellt selbst nicht aus, eines ihrer Bilder sei aber auf der Dürer-Ausstellung in Nürnberg gezeigt worden. Kinnladerunterklapp meinerseits – ja es handelte sich tatsächlich um die Ausstellung „Der frühe Dürer“ im Germanischen Nationalmuseum. Auf jeden Fall ist Frau Müller super, super nett – und so habe ich mich doch spontan überreden lassen, „Fazit“ zu besuchen.
Drinnen waren – außer den ausgestellten Werken der Akademie-Absolventen – zwei Jazzer zu besichtigen, einer davon der Saxophonist Juri Smirnov – Sound gibt’s bei myspace – Hier das Sax von Herrn Smirnov:
Man muss beim 17er genau aufpassen, dass die Schärfe da liegt, wo man sie gerne haben möchte. Schludrigkeiten a la „Ist ein Weitwinkel, das erschlage ich mit der Schärfentiefe“ können sich bei f/1,8 böse rächen. Also bei so dünnen Gegenständen wie dem Sax den kleinen Fokusrahmen aktivieren – dann klappt’s auch mit dem Fokus.
Und hier noch ein Sax:
diesmal mit Schärfeverlauf…
Und hier gleich noch ein Video aus der E-PL5, freihand mit dem 17er. Damit es nicht zu langweilig wird, mit ein paar anderen Videos der Ausstellung geschnitten – und da ich natürlich keine zwei Kameras dabei hatte, ein paar Fotos überlagert.
Wer den Abspann nicht mitbekommen hat: am Vibraphon hat Ivan Ivanchenko gezaubert. und Frau Dr. Petronella Prottung hat mir die Genehmigung erteilt, ein bisschen zu filmen. Vielen, vielen Dank nochmal!
Den Praxistest hat das Objektiv für mich bestanden: sauschnell, videotauglich und mit der E-PL5 schön klein und unauffällig. Die Brennweite ist sowieso ideal für Streets und solche Innenaufnahmen. Man ist nah genug dran ohne den Leuten auf die Pelle zu rücken, perspektivische Verzerrungen wie bei den starken Weitwinkeln gibt’s noch nicht.
Wie schlägt sich das Objektiv nun im Vergleichstest?
Wir vergleichen es mal mit dem TopPro Zuiko 14-35, Neupreis um die 2400 Euro. Wie man sieht, ist schon allein die Gegenlichtblende des 14-35 größer, Vorteil des 17mm: klein, leicht, unauffällig und deutlich mehr retro. Und ja: das 14-35 ist besser. Und fast fünfmal so teuer.
Ich habe deshalb das 17mm gegen das Zuiko 11-22 f/2,8-3,5 antreten lassen. Eine Pro-Linse, die zwischen 800 und 1000 Euro gehandelt wird. Nicht so lichtstark, dafür eben ein Zoom.
Für den Test habe ich meinen alten Polytone und meinen Framus-Bass in ein Lichtzelt gestellt und mit Blende 3,2 abgelichtet. f/3,2 deshalb, weil das 11-22 bei 17 mm da mitspielt.
Scharf gestellt wurde manuell auf die E-Saite des Basses zwischen Griffbrett und Tonabnehmer. Die erste Überraschung: bei dem Vorserienmodell, das ich zur Verfügung hatte, war ein exakter manueller Fokus nur mit dem mechanischen Ring möglich – Focus by wire reagierte nur mit Verzögerung.
Die zweite Überraschung: beim gleichen Bildwinkel meldet das 11-22 (und auch das 14-35) eine Brennweite von knappen 16mm zurück.
Die dritte Erkenntnis war dagegen weniger überraschend: auch das 17mm hat unkorrigiert eine ziemliche Tonne – das obige Bild sieht im unkorrigierten RAW so aus:
Während eine solche Tonne für mich früher ein absoluter Showstopper war, sehe ich das mittlerweile entspannter: solange ich keine geraden Linien fotografiere, hat die Tonne den Vorteil, dass die Proportionen von Personen auch am Bildrand natürlicher erscheinen. Und durch die digitale Korrektur hat man die Wahl: unkorrigiertes RAW für Landschaft und Natur – oder eben glattgezogenes JPG.
Und nun zu den 100%-Crops: obere Reihe: 17mm. Untere Reihe: 11-22, beide an der E-PL5, manueller Fokus. Die Crops sind aus den jeweiligen JPGs, Large Fine und Rauschunterdrückung „Aus“. Die RAWs des 17mm sind vor allem an den Rändern noch etwas besser, weil natürlich die digitale Korrektur etwas Auflösung kostet.
Mein persönliches Fazit: Das 12er hat nie den dauerhaften Weg in meine Fototasche gefunden: ich bin damit nicht warm geworden. Für Personen war’s zu extrem, für Events musste man den Künstlern fast auf den Füßen stehen, für Architektur brauchte ich die f/2,0 nicht (und dafür habe ich das phantastische Zuiko 7-14) und Weitwinkelfreisteller habe ich zu wenig gemacht. Das 17er dagegen hat sich auf meiner Kamera sofort wohl gefühlt. Und es kostet nur die Hälfte des Preise, der anfangs für das 12er aufgerufen wurde. Das Objektiv wird wohl den Weg zu mir nach Hause finden…