Der Super Sonic Wave Filter wurde in der Olympus E-1 erstmals eingebaut und beseitigte das größte Problem, das die damaligen Kameras mit Wechselobjektiven hatten: Dreck auf dem Sensor. Damals hatte jeder DSLR-Fotograf immer sein Putzzeug dabei und polierte bei jeder Gelegenheit den Sensor seiner Kamera. Die Oly-Fotografen nicht. Die grinsten sich eins.

Der SSWF war anfangs natürlich eine mystische Angelegenheit. Es lief das Gerücht um, das sei eine Filterfolie und man dürfe da auf keinen Fall drauflangen, weil die Folie sonst beschädigt würde – und putzen dürfe man den SSWF auch nicht. Es dauerte eine ganze Zeit, bis sich die Erkenntnis durchsetzte, dass es sich hier schlicht um eine Glasplatte handelte, die vor dem Sensor montiert war und mit einem Piezolement in Schwingungen von 20 kHz versetzt wurde. Unterhalb der Glasplatte war im Spiegelkasten ein Klebestreifen zum Auffangen der Dreckpartikel, der beim Service turnusmäßig ausgetauscht wurde.

Diese Konstruktion hatte neben der vergleichsweise zuverlässigen Staubentfernung einen fetten Vorteil: der Dreck wurde vom Sensor ferngehalten. Was jetzt nicht so erstaunlich klingt, hatte die dramatische Folge, dass selbst große Staubpartikel, die der SSWF nicht abschütteln konnte, im Bild gar nicht sichtbar waren. Erst bei Blende 16 oder höher machten sich die Partikel als unscharfe Flecken bemerkbar:

Wenn bei Blenden von 8 oder weiter offen Flecken auftauchten, dann waren das richtige “Kawenzmänner”, die man mit bloßem Auge sah und entweder mit dem Püsterich wegpusten oder im Extremfall sogar mit einem Mikrofasertuch vorsichtig entfernen konnte. Oft genug war der Dreck auch gar nicht auf dem SSWF sondern auf der Hinterlinse des Objektivs.

Nur sehr selten fand man sehr scharf umgrenzte Sensorflecken, die sich jedem Putzversuch widersetzten – das waren dann Partikel, die sich in den hermetisch abgedichteten Raum zwischen SSWF und Sensor geschmuggelt hatten. Das wurde dann von Olympus im Service behoben.

Vor kurzem hatte ich einen User da, dessen SSWF anscheinend ab Werk ein Punktmuster aufwies. Da hatte anscheinend eine Maschine in Vietnam verrückt gespielt. Auch das Problem wurde vom Service behoben.

In Laufe der Zeit wurde die Frequenz des SSWF immer weiter erhöht, es gibt unterschiedlichste Angaben darüber, ich kann mich erinnern, dass es zum Schluss 40 kHz sein sollten. Im Gegenzug wurde die Größe des SSWF verringert. Bei der E-1 war das noch eine riesige, runde Scheibe, mit der Einführung des “frei schwebenden Sensors” in der E-M5 wurde die Scheibe deutlich verkleinert, weil ja nun der gesamte Schnapperatismus mit dem Sensor zusammen für die Stabilisierung bewegt werden musste. (Kann sich noch jemand an die E-M5 erinnern? Als die auf den Markt kam, war die recht schnell dafür bekannt, dass sie stark rauschte. Der Stabi machte Geräusche.) Und mangels Spiegelkasten gab es bei den Spiegellosen dann auch diesen Klebestreifen nicht mehr. (Allerdings wurde noch jahrelang behauptet, dieser Klebestreifen würde beim Service ausgetauscht.)

Rein subjektiv hatte ich am wenigsten Dreck auf den alten Spiegelreflexen. E-500, E-3, E-5 haben jeweils über 100.000 Auslösungen und ich habe die Sensoren eigentlich nie geputzt. Bei den Spiegellosen war die E-M1 die problemloseste. Die OM-1 hat bei mir am meisten Dreck angesammelt.

Während man bei den DSLRs einen speziellen Reinigungsmodus aktivieren musste, der den Spiegel hochklappte und den Verschluss öffnete, ist das bei den Spiegellosen weniger ein Problem. Objektiv runter, Kamera ausschalten, Sensor in ein Eck fallen lassen und losfeudeln. Warum ausschalten? Weil es dann nicht passieren kann, dass man beim Rummachen aus Versehen auf den Auslöser kommt. Dann rummst nämlich der Verschluss auf das Sensorreinigungsgerät. Und dann kann man die Kamera auch gleich einpacken und zum Service schicken.

Zu DSLR-Zeiten stand man als Oly-Jünger immer völlig verständnislos vor den langen Schlangen bei den Check&Clean-Ständen von Nikon und Canon bei Hausmessen. “Was machen die da?”. Als dann die Spiegellosen rauskamen, hat auch Olympus Check&Clean angeboten. OMSystem hat das dann wieder eingestellt, jetzt müssen sich die Olyfanten bei Nikon anstellen und Bitte, Bitte sagen. (Fotohändler machen das natürlich, aber das kostet dann.)

Nun gibt es eine Neuentwicklung: Lotusbeschichtung direkt auf dem Sensor. Damit soll der Dreck direkt abfallen. Natürlich ist diese Beschichtung nur dann sinnvoll, wenn man den SSWF weglässt – denn bisher kam ja gar kein Dreck auf den Sensor, der hätte wieder abfallen können.

Den SSWF zu begraben hat verschiedene unbestreitbare Vorteile: Es kann sich dahinter kein Dreck mehr verstecken, der Kunde kann also direkt den Sensor putzen. Der SSWF muss nicht mehr mit dem Stabi bewegt werden. Die Fertigung wird vereinfacht, das Produkt kann also preiswerter hergestellt werden. Und der Kunde sieht es sofort, wenn Dreck auf dem Sensor ist. Es kann sich also kein Reinigungsstau aufbauen.

Der Fortschritt ist unaufhaltsam.

Titelbild: Ein Promofoto von Olympus zum SSWF der E-M1III

22 Replies to “GfO: Der SSWF”

  1. Ist das so zu verstehen, dass bei den aktuellen Modellen kein SSWF mehr verbaut ist? Welches war das Letzte mit SSWF?
    MfG
    Reinhard Lehmann

    1. Kuckst Du in aktuelle Modelle hinein: Da sind überall SSWFs verbaut. OM-1, OM-1II, OM-5, E-PL7, E-M10IV. Überall SSWFs.

      1. Selbst wenn der SSWF auf einmal überflüssig wäre: Die Glasplatte müsste vor dem Sensor bleiben, da sie (hoffentlich) bei der Rechnung der MFT und FT-Objektive berücksichtig ist. Einmal SSWF, immer SSWF

        1. Sie ist berücksichtigt. Deshalb sind lichtstarke Optiken für das 4/3s Format mit nix anderem kompatibel, bzw. bringen weiche Bilder.
          Lässt du den SSWF weg, musst du die Glasstapel auf dem Sensor dicker auslegen.

  2. Wenn selbst bei einer Diskussion über eine Kamera außerhalb der bestehenden Produktlinien und in Anlehnung einer PEN-F sich, nach wenigen Kommentaren in den einschlägigen Foren, alles wieder um Sensortechnik dreht, wäre das Thema manuelle Sensorreinigung doch eine echte Innovation die dazu führt, dass die Foristi mal wieder selbst eine Kamera in die Hand nehmen.

    Da ich mir nicht sicher bin, ob das Thema Sensorputzen allein durch das nächste FolyFos beherrschbar wird oder es darüber hinaus noch einige 1:1 Trainings unter fachkundiger Anleitung benötigt, und die Termine dafür nicht schon längst unter der Hand verschoben werden, hole ich jetzt den alten Fotokoffer vom Dachboden und lege mal ein paar Knopfzellen in die analogen Schätzchen ein, um der Verharzung vorzubeugen. Die Befürchtung ist nämlich groß, dass ich bei den ganzen Innovationen vom Fortschritt abgehängt werde und trotz FolyFos und PAT nicht mehr mithalten kann.

    Auf der anderen Seite hat sich ja die Nano-Beschichtung auf den aktuellen Filtern oder direkt auf den Frontlinsen derart bewährt, dass selbst die „Gegenlichtblende“ eines 12-40mm F2.8 in Kombination mit dem verbesserten Coating das Objektivputztüchlein in Vergessenheit geraten ließ.

  3. “Nun gibt es eine Neuentwicklung: Lotusbeschichtung direkt auf dem Sensor.”

    Wird diese Neuentwicklung bei der neuen OM-3 (oder wie auch immer man sie
    nennen wird) angewendet werden?

    1. Der neu beschichtete Sensor ist tatsächlich einer der aktuell kursierenden Stichpunkte zur “OM-3” auf den Rumors-Kanälen, ja. Dass damit gleichzeitig der SSWF abgeschafft wurde, hatte ich bisher allerdings nicht mitbekommen. Hammer. Da bin ich gespannt, ob die Beschichtung den Schüttler wirklich ersetzen kann… Wenn ja, fein. Allein mir fehlt schon seit einigen Jahren der Glaube, dass derlei Veränderungen bei Olympus und jetzt OMDS nicht ausschließlich der Kostenersparnis dienen. (Wobei der Zwang zur Kostenersparnis nach der massiven Marktschrumpfung von 2010 bis 2020 um eine volle Größenordnung zwangsläufig alle Hersteller getroffen hat – allerdings geht der eine oder andere offensichtlich anders damit um.)

      1. Ich weise darauf hin, dass ich hier keinerlei Tatsachenbehauptungen zu einem mir nicht bekannten Produkt eines bestimmten japanischen Herstellers treffe. OK? Es geht nur um eine rein theoretische Diskussion über technische Dinge.

      2. Leute, redet Euch doch hier nicht um Kopf und Kragen. Ich habe den Ausblick von Reinhard, was vielleicht irgendwann denkbar wäre, als einen herstellerunabhängigen Blick in die Zukunft verstanden, womit einmal die Industrie liebäugeln könnte und welchen Nutzen ihr oder dem Produkt das bringt.

        Vom aktuellen Stand der Anwendung des Lotus-Effekts in der Industrie sind solche Gedankenspiele aber noch weit entfernt. Weder die Versiegelung von Lacken und Wandfarben funktioniert damit zufriedenstellend, das Entfernen von Schmierereien bleibt trotzdem eine Drecksarbeit, noch bringt das Verfahren auf Filtern oder Frontlinsen einen Nennenswerten Vorteil. Es macht in der Praxis halt keinen Unterschied, ob ich 50 oder 20 Regentropfen auf der Linse habe oder ob es Tropfen sind oder ein feuchter Film. Putzen muss ich trotzdem.

        Sicher gibt es da Messwerte die einen positiven Nutzen nachweisen und wenn das den SSWF bei seiner Arbeit unterstützt ist das ja auch prima, wenn das Verfahren angewendet wird. Mit einer provokanten These mal eine Diskussion zum Verfahren anzustoßen ist somit sicher nicht verkehrt. Das was die Pflanze spielend schafft, einen Honigtropfen vollständig abperlen zu lassen, habe ich bei den meisten industriellen Nachahmungen so nicht feststellen können. In der Outdoorbekleidung ist man längst mit dem Thema wieder durch. Nicht nur wegen Nanoteilchen in Sprays, sondern halt auch weil die Wirkung nicht den erhofften Nutzen bringt. Nasse Socken oder etwas weniger feuchte Socken machen keinen Unterschied. Willst Du sicher sein, schmierst Du Dir weiterhin Wachs auf die Stiefel, auch wenn die dann speckig aussehen und das mehr Mühe macht.

  4. Warum keinen SSWF bei Lotusbeschichtung? Ich kann mir schon vorstellen, dass z.B. diese klebrigen Blütenpollen auch da mal haften können. In Verbindung mit dem SSWF sollten dann aber auch Blütenpollen keine Chance mehr haben…

    1. Solange man einen sauber verbauten SSWF hat, kann kein Blütenpollen auf den Sensor. Eine Beschichtung des Sensors ist dann nicht notwendig. Man kann den SSWF mit Lotusbeschichtung versehen, aber hier geht es um eine Beschichtung des Sensors.

      1. Ein hochfrequent wackelnder Sensor (Stabilisator) in Kombination mit einer glatten Oberfläche könnte durchaus gute Wirkung haben und dabei kleiner, leichter und billiger sein.
        Egal, welche Firma ihn in ihre Kamera baut. Macht halt mehr Sinn bei denen, wo der Sensor schon wackelt.

  5. Hm,
    mit der Fluor Beschichtung auf den OM-1 Sensoren/SSWF hat das aber nichts zu tun? Das bewirkt doch einen gewissen Antihaft Effekt.
    Zumindest braucht man da eine andere Reinigungfilm-Flüssigkeit.

    Schönen Gruß
    Werner

  6. “Und der Kunde sieht es sofort, wenn Dreck auf dem Sensor ist. Es kann sich also kein Reinigungsstau aufbauen. ”

    Und ich habe immer gedacht, wir hätten die Kameras zum Fotografieren. Wie konnte ich nur. Eigentlich bin ich künftig wohl eher Reinigungspersonal oder Drecksucher. Es reicht mir, dass es von anderen Herstellern Kameras gibt, die nach jedem Freigang eine Dreckkontrolle benötigen, die meist positiv ausfällt. Reinigungsverweigerer kaufen dort zwei Gehäuse, damit sie nicht Objektive wechseln müssen und der Schlund immer geschlossen bleiben kann. Mehr als zwei Objektive? Pech.

    Meine E-5 musste ich ein einziges Mal reinigen, die OM-1 ist anfälliger als meine Pen F – keine Ahnung wieso. Ich wechsle gleich schnell und nicht öfter.

  7. Zu DSLR-Zeiten hatten ja auch andere Kamera-Hersteller (Canon,
    Pentax, Sony) eine Vibrations-Funktion, um den Staub von den
    Bildsensoren loszukriegen. Bei den aktuellen spiegellosen
    Kameras der vorher genannten Hersteller scheint es diese
    Funktion nicht mehr zu geben.

    Stimmt das?
    Falls ja, welche Staubbeseitigung-Funktion benutzen diese
    Kamera-Hersteller aktuell?

    1. Die haben immer noch eine “automatische Sensorreinigung”. Angeblich versetzen Sie den Filterstack vor dem Sensor in Schwingungen. Quasi wie beim SSWF, nur sparen sie sich die extra Glasscheibe. Aber die Hersteller halten sich da ausgesprochen bedeckt.

  8. Ich halte die technisch inhaltliche Diskussion bzw. Erläuterung des technisch machbaren für nicht so stichhaltig. Aus folgenden Gründen:
    1. Warum sollte man den SSWF mit dem Sensor mitbewegen? Erstmal ist das zusätzliche Masse, zweitens liegt er weit von der Sensorebene entfernt und folglich erzeugt man beim Verschieben des Sensors auch nochmal ein zusätzliches Drehmoment. Da es eine ebene, entspiegelte Glasplatte ist, kann man auch das Teil 3 mm größer bauen und fest im Gehäuse montieren. Selbst wenn er ein paar Minuten verkippt ist, hat das kaum eine Auswirkung. Hinter dem SSWF kann der Sensor sein Anti-Wackel-Ballett allein aufführen.
    2. Der SSWF ist ungefähr 1 mm dick. Wenn man den weglässt, muss man den Glasstapel auf dem Sensor genau einen Millimeter dicker ausführen, damit die Objektive am 4/3s Sensor auch offenblendig wieder scharf abbilden. Der Objektivkosmos von 4/3s unterscheidet sich (neben dem Bildkreis) ja von allen anderen digitalen Systemen dadurch, dass seit der E-1 dieser dicke Glasstapel auf dem Bildsensor mitgeschleppt wird und man davon aus Kompatibilitätsgründen nicht mehr wegkommt. Die einzige Möglichkeit war beim Übergang von 4/3s zu µ4/3s gewesen, dort hätte man einen Teil des Glaswegs in den Bajonett-Adapter packen können, hat man aber verpasst.
    Der Glasweg ist übrigens auch der Grund, warum z.B. die Sigma F1.4er Optiken zu 4/3s Zeiten offenblendig so weich waren und warum heute kaum noch ein Drittanbieter lichtstarke Objektive für 4/3s anbieten will. Sie bräuchten ein eigenes Optikdesign für einen kleinen Teil des Gesamtmarkts.

    Bliebe der Aspekt, dass Dreck hinter dem Filter auf dem Sensor nicht mehr so leicht haften bleibt, wenn er doch bis dort hinkommt. Da ist die Beschichtung sinnvoll.

    1. Ich denke, die einfachste Lösung für das Verifizieren von strittigen Sachverhalten ist, nachzukucken. Mach das Objektiv Deiner Kamera runter und schau, ob vor dem wackelnden Sensor noch ne einen Millimeter dicke Glasplatte sitzt, die nicht mitwackelt.

      1. Ich habe nachgeschaut. Bei der E-M1 schwingt der Dreck auf der ersten Glasfläche (also dem SSWF) tatsächlich mit dem Sensor mit. Vermutlich nehmen sie die Gewichtsproblematik in Kauf, um das ganze in einem hermetisch versiegelten Paket einbauen zu können.
        Bei der E-30 kann ich’s nicht erkennen, weil bei meinem Exemplar die erste Glasfläche zu sauber ist, um erkennen zu können, ob sie sich mitbewegt.

        Bleibt trotzdem das Problem, dass bei Wegfall des SSWFs der Glasstapel auf dem Sensor verdickt werden muss.

        1. Die E-30 hatte noch keinen frei beweglichen Sensor. Der schwang zwar auch schon hin- und her, aber mit weit geringerer Amplitude. Um das überhaupt wahrzunehmen, müsstest Du eine Langzeitbelichtung ohne Objektiv starten, bei der Du der Kamera weismachst, dass Du ein analoges 500mm-Objketiv drauf hast. Nur dann geht der Spiegel aus dem Weg. Du kannst es mir aber auch so glauben – damals stand der SSWF noch fest und der Sensor bewegte sich dahinter.

          1. Man kann bei der E-30 den IS auf z.B. 50 mm Brennweite stellen, das Objektiv abmachen und einfach 30 s belichten und dabei von vorn in die Kamera schauen. Dann sieht man zumindest, wie der Sensor tanzt.

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