Wie war das eigentlich gedacht?

In den ganzen Diskussionen um mFT kommt immer wieder das Argument “Die Kameras und Objektive sind zu groß, das war eigentlich klein und leicht gedacht. Diese großen Trümmer sind alle eigentlich falsch.”

Wie war das nun wirklich? Wie war das gedacht?

Das OM-System – ich meine, das richtige, das von Maitani – hatte seinerzeit einen Wildwuchs an Festbrennweiten entwickelt. Es gab Unmengen davon. Wenn jemand in der Firma der Meinung war, irgendein cooles Objektiv bauen zu wollen, dann ist das produziert worden. Es gab Adapter und Zubehör für alles und jedes.

Als FT entwickelt wurde, ging es gar nicht so darum, das Zeug “klein und leicht” zu machen. Die E-1 war absolut nicht “klein und leicht”. Man überlegte sich seinerzeit, welche Auflösungen die Sensoren in absehbarer Zeit haben würden, und wie groß die Objektive sein müssten um die entsprechenden Sensoren in guter Qualität bedienen zu können. Die berechneten Objektive für digitales Kleinbild waren absurd groß. Und teuer. Also schrumpfte man den Sensor, bis die Objektive nicht mehr größer waren, als die damals üblichen Kleinbildobjektive.

Das war das FT-System. Das FT-System war komplett auf hochwertige Zooms ausgerichtet, weil man der Meinung war, mit richtig guten Zooms Festbrennweiten überflüssig zu machen. Gerade eben weil man den Wildwuchs der OM-Zeit vermeiden wollte. O Wunder, das hat geklappt.

Dann kam spiegellos. Winzige Objektive, ein paar Festbrennweiten, kleine Kameras, digital aufgehübschte Bildgeometrien. Point-and-Shoot. Bei den Mini-Pens musste man sogar das “bessere” Menü extra freischalten. Im Auslieferungszustand ging fast nur Vollautomatik. Professionell war da nix. Panasonic sparte sich sogar den FT-Autofokus.

Doch dann passierten Dinge. Es gab Leute wie mich, die auf einmal mit dem Spielzeug professionell filmen wollten. Sony rückte den 16MP-Sensor raus und mit der E-M5 konnte man auf einmal konkurrenzfähig Bilder machen. Selbst mit FT-Glas. Die E-7 konnte nichts besser als die E-M1, sie war nur größer und langsamer.

Damit war FT tot und die 1er-Linie übernahm den Profibereich. Man versuchte, die TopPros mit mFT-Bajonett auszustatten und weiter zu produzieren, aber das klappte trotz aller Anstrengungen nicht.

Und dann begann die Story mit dem “Klein und Leicht”. Ich weiß nicht mehr, ob es bei der Präsentation der E-M1 in Irland oder bei der Präsentation der E-M1II in Spanien war. Im Hotel stand eine Waage, auf der auf der einen Seite eine Oly mit Objektiv war und auf der anderen Seite eine Kleinbildknipse – um zu zeigen, wie klein und leicht die Olys sind.

Vorher war das irgendwie kein Wert an sich.

Da ging es vorher um abgefahrene fotografische Möglichkeiten. Live View. Foto während Video. ArtFilter, HDR, ProCapture und so weiter.

Olympus hat immer versucht, die Kameras klein zu halten. Weil sie’s konnten. (Mittlerweile kann das DJI besser – die basteln eine komplette Kamera mit FT-Sensor in den Kopf einer Drohne.) FT ist seinerzeit entwickelt worden, um den Analogfilm abzulösen. Digital sollte besser als Film sein, aber nicht größer. und mFT sollte die Limitierungen des Spiegels überwinden. Das war nie gedacht, da nur Hosentaschenkameras mit Winzobjektiven dazu zu bauen. Im Gegenteil, es gab mal eine Zeit, da wollte man mit mFT die Marktführerschaft bei Spiegellos haben und auch dann behalten, wenn die DSLR-Firmen darauf anspringen. Da gab’s beeindruckende Grafiken die damals präsentiert wurden.

Tatsächlich ist das mit dem Gewicht eine journalistische Zielgruppendefinition gewesen. Kleinbild für die Profis, mFT für die Hobbyisten, die’s klein und leicht wollen. Das ist eine klare Message, die man den Lesern rüberbringen kann. Da muss man nicht ins Detail gehen, sondern kann plakativ argumentieren. Und niemand kann sich beschweren. Vor allem keiner von den Inserenten.

Und viele haben das geglaubt.

Titelbild: Das “Bigma” und das 75-300

2 Replies to “Wie war das eigentlich gedacht?”

  1. Für mich war “klein und leicht” tatsächlich das Kriterium, um mit einer E-M10 II bei Olympus einzusteigen. Ich hatte eine Canon 24×36 DSLR mit allen Linsen, die ich wollte, und für Fahrrad- und Wandertouren eine kleine Canon s95, die aber keinen Sucher hatte. Davor hatte ich eine Kompakte mit optischem Sucher, der aber so schlecht mit dem aufgenommenen Bild übereinstimmte, dass ich lange nach einer Kompakten mit brauchbarem EVF gesucht aber nichts passendes gefunden hatte. Die E-M10 II mit dem Pancake-Zoom passte in eine kleine Tasche vorn am Rucksack-Schulterriemen, und nach Bewältigung des unsäglichen Menüs habe ich diese Kamera geliebt; bald hatte ich auch ein paar zusätzliche Objektive und die Canon blieb meistens zu Hause. Inzwischen trage ich auch eine OM-1 mit 12-100, die manch einer schon als viel zu groß und schwer für MFT hält, aber die kleine E-M10 II habe ich ja immer noch (bloß das Pancake ging nach 5 Jahren kaputt, aber mein Exemplar war ziemlich gut!). Fazit: “Klein und leicht” für mich ausschlaggebend für den Einstieg, aber nicht Bedingung dafür, inzwischen fast alles mit MFT zu machen.

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