React: Objektive für Hochzeitsfotografie

Der amerikanische Fotohändler B&H hat Ende August einen ausgesprochen hilfreichen Artikel geschrieben, welche Objektive man für Hochzeitsfotografie braucht. Unbedingt. Und das bekannte Gerüchteportal hat den aufgrund der Sauregurkenzeit ausgegraben und gefeatured, eventuell in der Hoffnung, dass irgendjemand die Objektive über seine Affiliate-Links daraufhin bestellt.

Ich weiß, dass es Leute gibt, die Hochzeiten fotografieren und da mit den von B&H empfohlenen Brennweiten hinmarschieren: 42,5mm 1,2, 7-14, 8mm Fish, 25mm 1,2, 1,4 und 0,95, 30mm Makro, 60mm Makro, 12-40 f/2,8 40-150 f/2,8. Also alles was kurzbrennweitig und halbwegs lichtstark ist.

Um Appetit zu machen, ist als Anreißer ein Foto von MD-Pictures eingebaut, der natürlich Models fotografiert hat und vor zwölf Jahren eine Kleinbildknipse verwendet hat.

Denn natürlich geht das Foto mit den im Artikel empfohlenen Objektiven gar nicht.

Und ja, man kann Hochzeit mit Fisheye und 7-14 fotografieren. Supidupi Effektfotografie. Ich habe einmal erlebt, wie eine Braut die Supidupi-Fotos vom Fotografen bekommen hat. Und in Tränen ausgebrochen ist. Weil das Supidupi-Objektiv sie in alle Richtungen verzerrt hat. Geld zurück und nochmal machen ist natürlich keine Option.

Auf der Imaging World hat mir am Fuji-Stand einer erklärt, dass es derzeit total cool ist, Hochzeiten analog zu fotografieren. Mittelformat. Ganze Hochzeit mit zwei Filmen und dafür dann 3000 Euronen. Mindestens. Die Knipser würden halt 3000 Bilder durchballern. Ich mache auf einer Hochzeit auch bis zu 3000 Bilder. Warum? Weil ich meinen Ehrgeiz dreinsetze, ein Bild der Hochzeit abzuliefern, auf dem alle lachen, alle fröhlich sind. Und von manchen der 100 Gäste brauche ich dann halt 20 Bilder oder mehr, bis ich sie einmal beim Lächeln erwischt habe. Klar. Wenn man nur das Brautpaar knipsen soll und die dann auch alle beide Modelmaße und professionelles Lächeln draufhaben, dann reichen 60 Bilder.

Ansonsten braucht man mehr Bilder und – vor allem – Zooms. Lichtstarke Zooms. Ja, ich habe schon Hochzeiten so fotografiert, dass meine Partnerin mit dem 40-150 hinten stand und ich mit dem 35-100 und dem 14-35 vorne. Ja, aus dem 40-150 sind zwei wichtige Fotos rausgekommen, die ich von der Perspektive von vorne nicht hinbekommen hätte. Aber die TopPros liefern halt ganz anders ab.

Hochzeiten mit mFT? 14-35, 35-100, 150 f/2.

Der ganze Weitwinkelkram ist lustig, aber die Leute, die am Rand stehen, schauen Sch…… aus. Ja, für einen kurzen Überblick in der Kirche, wo man sieht, wie voll der Laden ist – kann man so ein Objektiv nehmen. Aber meistens ist genau das Gegenteil der Fall: die Kirche ist im Wesentlichen leer und man braucht lange Brennweiten mit viel Hintergrundunschärfe um das zu kaschieren.

Gerade in kleinen Kirchen stehen mittlerweile überall Plakatwände rum mit Hinweisen auf den nächsten Konfi-Tag. Will man die auf den Fotos haben? Nein. Also Offenblende und lange Brennweite.

Aber klar: gute Zooms für mFT für die Hochzeitsfotografie gibt’s nicht mehr zu kaufen. (Außer gerade in der Fundgrube.) Also behauptet man kurzerhand, das Problem sei ein Nagel – weil man eben nur Hämmer verkauft.

So schade es ist, weil gerade mFT mit den FT-TopPros ideal für die Hochzeitsfotografie ist, wenn man neu kaufen will, ist mFT das falsche Format. Die beiden Pana-Zooms 10-25 und 25-50 sind ein Anfang, aber das wichtigste Objektiv fehlt eben. Und mehr als bei jeder Messe rumnerven kann ich nicht…

Und nein, die Idee, mit dem 30er Makro ein Closeup der Brosche im Dekolletee der Braut zu machen – wer kommt auf sowas?

Die Hochzeit ist der Tag des Brautpaares. Nicht der Tag des Fotografen. Das größte Lob für einen Hochzeitsfotografen ist: “Tolle Bilder, ich habe gar nicht mitbekommen, dass Du das fotografiert hast.”

7 Replies to “React: Objektive für Hochzeitsfotografie”

  1. Ich bin „nur“ privat auf Hochzeiten etc unterwegs, daher kein Anspruch für Vollständigkeit, i.e. alle Personen müssen nicht auf den Bildern sein. Das 75 mm 1.8 nehme ich da immer mit. Aus zweiter Reihe sind da tolle Bilder möglich, auch in der eher dunklen Kirche. Und wie Du geschrieben hast: Fast keiner hat es gemerkt. Weitwinkel nehme ich da nie mit, Gesichter wie Pfannkuchen sind komisch.

    1. Als Privatknipser kann man da machen, was gefällt, solange man nicht wem auf den Wecker fällt. Aber als Profi muss man liefern und da gelten keine Ausreden. Kein Foto ist kein Foto.

  2. Kommentar meiner Liebsten (hat sehr lange in diesem Bereich gearbeitet):
    “Du hast ja sooooo recht!”.
    LG

  3. Ohne den Finger in die Wunde legen zu wollen: In Nürnberg habe ich auch mal über den Tellerrand geschaut und mir Marken angesehen, die ich sonst nicht anfasse 😉
    Die Kombination einer Sony mit dem 2.0/28-70 und dem 2.0/50-150 hat mir schon sehr gut gefallen (vom Preis mal abgesehen). Die neuen Linsen sind wesentlich leichter geworden und man benötigt keinen Sackkarren mehr.
    Auch das Sigma 2/200 hatte ich für eine halbe Stunde geliehen, für mich eine tolle Linse, ich weiß aber nicht wofür ich sie mehr als einmal im Jahr nutzen würde…
    Aber toll, dass es inzwischen diese Optiken gibt!

    1. Eben, alle können liefern. Und auch die Brot-und Butterlinsen gibt es überall, nur nicht bei mFT. Ich habe den Menschen bei Panasonic gefragt, warum sie für L ein 70-200 f/2,8 haben und kein 35-100 f/2 für mFT, das nicht größer wäre. Schulterzucken, mFT ist keine Priorität…

      1. Das ist vermutlich das Problem: Priorität hat viel mit mit geplanten und erreichten Verkaufszahlen zu tun. Ich habe leider keine Ahnung wieviele Objektive Pana von den lichtstarken Zooms verkaufen wollte und wieviele verkauft wurden. Wenn es aber der Kassenschlager gewesen wäre (dann viel Profit) hätten sie vermutlich noch einen oben drauf gesetzt. Das jetzt einige hundert Fotografen sehnlichst auf eine Ergänzung nach oben warten hat vermutlich wirklich keine Priorität… Mit einer Auflage von unter 1000 Objektiven wäre der Profit in Relation zu den Entwicklungsaufwänden vermutlich eher gering.
        Vermutlich verkaufen sie von dem neu vorgestellten 100-500 für l-mount wesentlich mehr…
        Oder würdest du den Bedarf an einem 2.0 Tele in der heutigen Zeit wirklich in tausenden erwarten? Gibt es irgendeine Größenordnung wie viele von den Top Pros hergestellt wurden?

        1. Bezüglich des 35-100: das dürften locker 10.000 Stück gewesen sein, ich kann mal auf die Seriennummern kucken. Das 300 f/2,8 war Einzelanfertigung, das waren vielleicht 3000 oder 5000 Stück, das 90-250 ebenfalls. Aber die anderen TopPros sind durchaus in Stückzahlen gegangen. Das 14-35 weniger, weil das sehr spät kam. 10.000 Objektive sind für hochpreisige Objektive eine vernünftige Stückzahl.
          Im Übrigens stellen andere Hersteller sehr wohl f/2-Zooms her. Halt nicht für mFT….

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